Markus Fischer

Geburtsjahr und Geburtsort?

Markus Fischer: Geboren 1961 in Linz.

Wohnhaft in Linz?

Markus Fischer: Wohnhaft in Linz.

Seit wann?

Markus Fischer: Seit meiner Geburt. Ich habe meinen Hauptwohnsitz in Linz, meine Familie, zwei schulpflichtige Kinder und eine erwachsene Tochter, die bei mir arbeitet. Mein familiärer Lebensmittelpunkt ist in Linz, mein beruflicher teilt sich zwischen Linz und Wien. Vieles was ich als Produzent mache, Drehbuchlesen, Konzepte schreiben, Telefonieren, Planen, Organisieren, ist genauso in Linz wie in Wien möglich. Dafür ist es vollkommen egal, ob ich in Linz am Traunsee oder sonst wo sitze, das geht mit Mobiltelefon und Laptop. Das Back-Office meiner Firma war – auch wenn wir Wiener Projekte bearbeiten – immer in Linz. Viele Termine mit Kreativen, Förderern etc. sind dann natürlich auch in Wien.

Welche kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten übst du derzeit aus? Da bitte nicht nur Fischer Film, sondern auch Funktionen, die du sonst ausübst.

Markus Fischer: Na ja, die berufliche Arbeit ist die des kreativen Produzierens, ich verstehe meine Tätigkeit als überwiegend kreativ und inhaltlich, im Entwickeln und Realisieren von Projekten. Natürlich bin ich als Produzent auch Kaufmann, um Filme zu finanzieren, Verträge zu verhandeln und die Firma am laufenden zu halten. Zusätzlich arbeite ich immer noch als Kameramann, was ich auch zu den kreativen Tätigkeiten zähle. Ich bemühe mich, jedes Jahr ein bis zwei Dokumentationen selbst zu drehen, das ist so eine Erdung, am Set zu sein, ins Leben besonderer Persönlichkeiten einzutauchen. Das ist ein besonderer Prozess. Darüber hinaus bin ich Mitglied im österreichischen Produzentenverband und in einigen Ausschüssen der Musik- und Filmindustrie der Bundeswirtschaftskammer.

Wenn dein Name irgendwo steht, welche Tätigkeitsbezeichnung würdest du bevorzugen? Creative Producer? Geschäftsführer von Fischer Film?

Markus Fischer: Creative Producer.

Ich hätte noch ein paar Fragen zu Fischer Film, gegründet 1988 in Linz, soweit ich weiß, oder?

Markus Fischer: 1988 in Linz gegründet, 1994 habe ich in Wien eine Filiale gegründet, 1997 eine eigene GmbH in Wien.

Welche Zielgruppen werden deiner Meinung nach durch die Arbeit von Fischer Film besonders angesprochen? Zielt ihr auf ein spezifisches Segment ab?

Markus Fischer: Unsere Arbeit richtet sich an ein qualifiziertes Publikum in TV, Kino und Web, wir bedienen viele Nischen und produzieren für nationale und internationale TV-Anstalten und ein Europäisches Art-House-Publikum.

Auf welchen geografischen Wirkungsbereich würdest du sagen, zielt die Arbeit in erster Linie ab?

Markus Fischer: Der deutschsprachige Raum ist sicherlich der erste Radius, den man definieren kann, sowohl was Publikum und Zuseher betrifft als auch unsere Kunden, sprich die Sender und auch das Produktionspotenzial, das zur Verfügung steht, also die Kreativen wie die Koproduzenten und Förderer. Gleichzeitig haben wir immer wieder Projekte, die englischsprachig sind, zuletzt unsere Slatin-Pasha-Dokumentation, die gerade fertig wird und aufgrund der Protagonisten und Drehorte wie London und Sudan englisch gedreht wurde und dadurch auch die Chance hat, ein größeres Publikum zu erreichen.

Wie sieht es mit der vorhandenen räumlichen und technischen Infrastruktur aus? Gibt es irgendeinen Bedarf nach quantitativer oder qualitativer Erweiterung, hier vor allem in Linz?

Markus Fischer: Das ist ein komplexes Thema. Ich beobachte die Entwicklung in Linz seit ich mich für das Filmgeschäft zu interessieren begann. Früher hat es gar nichts gegeben, also definitiv nichts. Da war das Landesstudio Oberösterreich, die haben Radio gemacht und Fernsehnachrichten auf 16 mm Umkehrfilm produziert, und dann kam die Kleinelektronik, seit 1984 regelmäßig eine wöchentliche Sendung und seit 1988 gibt es täglich OÖ Heute, wodurch gewisse Strukturen und Zulieferer entstanden sind. Diese Infrastruktur hat sich natürlich auch im Umfeld von Institutionen wie dem Posthof, Theater Phönix oder dem OK verbessert, auch durch die Kunstuniversität und die Fachhochschulen. Du findest jetzt schon Profis, die ein Licht aufstellen können oder die eine Ahnung haben, was ein Ton ist. Um industriell Filme zu produzieren, ist das natürlich zu wenig, um eine Routine zu bekommen vollkommen unzulänglich, um viele Menschen auch routiniert in Arbeit zu halten. Von einer Filmindustrie kann man da nicht reden. Klar wäre es gut, wenn es in Linz Studiokapazitäten gäbe, mehr Infrastruktur, Geräteverleiher und alle anderen Gewerke, die man so braucht.

Letzte Frage zu dem Block, die mit personellen Ressourcen zu tun hat. Wie viele Personen waren mit Stand 1. Jänner dieses Jahr für Fischer Film beschäftigt? Kann man das noch trennen, auf Linz bezogen?

Markus Fischer: Nein, kann man eigentlich nicht, weil Linz und Wien nicht zu trennen sind, alles sind Fischer-Film-Projekte. Im Moment sitzt für unseren aktuellen Film eine junge Journalistin, Slawistin, die eigentlich Kärntnerin ist, in Wien im Büro und macht Research und Redaktion, Sandra sitzt in Linz und macht Produktionsleitung und Ina und Bertram als Second-Unit-Kamerateam sind in Linz, Peter Donke, unser Filmgeschäftsführer, der das finanziell abwickelt ist, auch in Linz, Karin Rudle, meine Büroleiterin sitzt auch in Linz. Der Kameramann, der den aktuellen Film dreht ist nur für die Drehzeit beschäftigt, also ca. 35 Tage, der ist ein Wiener, der in München lebt und Martin Leidenfrost, Autor und Reporter des Films, der zur Zeit auch bei uns beschäftigt ist, ist ein Niederösterreicher, der in Bratislava lebt. Also das ist die Konstellation bei diesem Projekt. Ansonsten besteht die Stammbesatzung aus vier Angestellten in Linz, und Peter Donke als ständig freier Mitarbeiter mit Gewerbeschein.

Wenn man ein durchschnittliches Projekt oder ein Arbeitsmonat, je nachdem was praktikabler ist, ansieht: Gibt es einen Anteil an Personen, die in irgendeiner Art und Weise freiwillig, vielleicht auf Volontär-Basis, mitarbeiten?

Markus Fischer: Ja, aber auch eher projektbezogen, die sind nicht in der Routinearbeit eingesetzt. Wir haben immer wieder Praktikanten oder Leute, die etwas lernen wollen. Ich mache jetzt ein Projekt über Gebärdensprache bei dem wir ein, zwei Praktikanten beschäftigen werden.

Letzte Frage zu diesem Block, die Disziplinen, künstlerischen Disziplinen, kreativen Disziplinen, in denen Fischer Film tätig ist, beschränken sich, soweit ich das von außen wahrnehme, nicht nur auf Film, sondern es gibt auch interdisziplinäre Verschränkungen, oder?

Markus Fischer: Ja, wir machen seit über zehn Jahren ein Gebärdensprachprojekt, MUDRA, ein bidirektionales Lexikon der österreichischen Gebärdensprache, das uns immer wieder intensiv beschäftigt. Zurzeit arbeiten wir an der Weiterentwicklung, die von einer AWS-Impulse-Förderung und von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mitfinanziert wird. Das Projekt ist sehr forschungsintensiv, hat mit Sprache, E-Learning, mit Spielentwicklung und neuen Medien und mit 3D zu tun. Unser wissenschaftlicher Partner bei dem Projekt ist das Future Lab im AEC. Darüber hinaus machen wir auch Projekte mit Künstlern, die jetzt nicht Filmproduktionen im klassischen Sinn sind. Weil da gerade der Katalog von Inge Dick liegt, eine oberösterreichische Künstlerin, eine ganz großartige noch dazu … wir haben vor zwei Jahren mit ihr eine Arbeit gemacht, die „Zinnober“ hieß, eine Installation, die im Landesmuseum ausgestellt wurde. Vorigen Sommer waren wir mit ihr am Sonnblick und haben zwei Tage lang den Himmel gefilmt: „blau, unendlich“. Diese Verschränkung mit Kunst und Avantgarde schärft auch den Blick der Mitarbeiter abseits der täglichen Fernseharbeit. Wir arbeiten seit Jahren mit Dietmar Brehm zusammen, der bei uns im Haus mit Bertram Hellermann als Cutter seine Filme schneidet und seine DVD-Editionen konfektioniert. Eine wunderbare Arbeit, von der Alle profitieren.

Wir kommen zum Hauptblock. Jetzt geht es um die Stadt. Ich möchte gerne mit einem kurzen Assoziationsspiel anfangen. Irgendwo steht „Kulturstadt Linz“. Was würdest du damit assoziieren? Egal ob es jetzt Namen, Begriffe oder Themen sind.

Markus Fischer: Weil wir gerade geografisch so nahe sind. Ich würde hinschreiben: Keine Oper, dann AEC, Brucknerhaus, Lentos, Festivals, Kunstuni, Stadtwerkstatt,…

Wenn du die letzten zehn Jahre betrachtest, also ab dem Jahr 2000 in etwa: Was würdest du sagen, ist besonders gut in der kulturellen Entwicklung dieser Stadt gelaufen? Was fällt dir da als erstes ein?

Markus Fischer: Auf jeden Fall der Bau des Lentos , das neue AEC, Crossing Europe, … Dann, dass es zumindest doch noch irgendeine Art von Off-Szene gibt, die Musik, die aus Linz kommt und seit kurzem DORF TV.

Und auf der anderen Seite: Wenn du negative Entwicklungen beschreiben müsstest, gibt es irgendetwas in der kulturellen Entwicklung der Stadt, mit dem du überhaupt nicht zufrieden bist, in den letzten zehn Jahren?

Markus Fischer: Dass wir uns eine Oper leisten, die mich städtebaulich, von der Architektur, der Verkehrssituation und der Dimension verstört. Das Geld, das da hineinfließt, geht uns nämlich jetzt schon ab. Auch die ganze Kulturhauptstadt-Nummer war mir viel zu unreflektiert, zu eventbezogen und zu wenig nachhaltig.

Weil du gerade dabei bist. Wenn du ein kurzes Resümee von Linz09 geben müsstest, anhand von höchstens drei Punkten, was kommt dir da als erstes in den Sinn? Das kann in beide Richtungen gehen. Du hast jetzt schon gesagt, also in Verbindung mit Eventisierung und Nachhaltigkeit, fehlende Nachhaltigkeit, aber was sonst noch?

Markus Fischer: Na ja, ich meine, mit Linz09 … fangen wir gleich damit an, dass die Eröffnungsparty auf der zugigen Nibelungenbrücke stattgefunden hat, das musste nicht sein. Wir haben seit der ersten Klangwolke in Linz, ich glaube es war 1979, großes Know-How, wie man für 100.000 Leute Veranstaltung im Donauraum und am Hauptplatz inszeniert. Die Politiker, die da auf der LKW-Plattform gestanden sind, das war doch alles irgendwie peinlich. Es gab einige sehr schöne Theaterproduktionen, das Gelbe Haus wird wahrscheinlich immer wieder erwähnt, ein sehr schönes Signal da auf diesem Tunnel und stadtteilverbindend und so kleinere Sachen, die eigentlich, wenn man jetzt von Nachhaltigkeit redet, kultiviert gehören oder es verdient hätten, permanent beachtet zu werden so wie die Arbeit von Dagmar Höss, [Anm.: In Situ], die war ganz bescheiden, wunderbar. Und die hausgemachten Sachen wie der Höhenrausch, aber das können die auch ohne Hilfe von außen, der Kepler Salon und der Ruhepol. Mir fällt sonst nicht viel ein zu Linz09, ich glaube in Salzburg hätten sie die Herrschaften nicht engagiert. Es wäre gescheiter gewesen, sie hätten gesagt: „Hey, wir verteilen ein Drittel vom Geld an die vorhandenen Strukturen und um ein Drittel holen wir uns sechs Kuratoren, die uns ein paar feine Ausstellungen machen oder irgendetwas und den Rest sparen wir uns auf für die nächsten zehn Jahre, weil die Kohle brauchen wir eh, weil das Theater frisst uns eh arm.“ Das wäre zum Beispiel schick gewesen.

Ok, nächste Frage. Salzburg hast du angesprochen, im Vergleich zu Linz. Wenn wir Linz mit anderen Städten vergleichen, jetzt nicht mit Wien, weil das ist einfach zu groß, aber mit Graz, Salzburg oder Innsbruck, mit österreichischen Städten, die in einer gleichen Größe zumindest sind. Womit kann Linz deiner Meinung nach in kultureller Hinsicht da punkten?

Markus Fischer: Ich finde, Christine Dollhofer macht das ganz wunderbar vor mit Crossing Europe, das irgendwie entstanden ist, ich weiß gar nicht wie. Da ist etwas entstanden und auf einmal stellt sich heraus, das ist wunderbar gelungen da in der Woche und darüber hinaus, Linz in einem Segment zu etablieren, wo wir relativ wenig Background oder Geschichte haben, oder irgendwelche Referenzen. Linz als Filmstadt, das war eher in Wels. Wels war eine Filmstadt. Linz und Film, da war gar nichts und da kommen jetzt routiniert eine Woche Leute her. Das passt auch gut mit Kunstuniversität, Fachhochschule, AEC, Neue Medien … also wenn die Grazer einmal die Diagonale nicht mehr wollen, würde ich sofort empfehlen, die Diagonale nach Linz zu holen. Macht auf jeden Fall Sinn. Ansonsten, was zeichnet uns aus oder was ist besonders? Ich glaube schon, das merkst du bei jeder Ars Electronica, wie diese Stadt freundlich und unaufgeregt die Japaner und anderen Gäste aufnimmt und wie wohl sich die da Alle fühlen und wie klasse das funktioniert. Das ist ausbaufähig und hat natürlich auch mit dem kreativen Potenzial der Leute zu tun, den Studenten, den Musikern usw. Für mich zeichnet Linz auch sein konzentriertes Umfeld aus, eben diese Unaufgeregtheit. Es ist vielleicht auch ein Vorteil, dass sich halt keiner einmischt. Und wenn sich dann wer einmischt, in dem Moment, wo die Institutionen ins Spiel kommen und planen und verwalten, also das Gegenteil von organischem Wachsen passiert, verliert vieles an Charme, verliert es an Lebendigkeit. Ein Beispiel ist für mich das Salzamt, das für mich im Substandard attraktiver rüber gekommen ist als jetzt. Da fällt mir diese wunderbare Festivalwoche ein als das AEC am Graben im Ausweichquartier war und das Festival in der Marienstraße. So etwas von genial in dieser morbiden Straße, mit zum Teil Baulücken und alten Häusern und beim Chinesen im Hinterzimmer. Das hatte einen Charme, da hast du geglaubt, du bist irgendwo in Amsterdam oder weiß ich nicht wo, und das war so organisch, nichts Aufgesetztes, das hat einfach … jeder hat sich quasi seine Nische gesucht oder einen Raum erobert oder sich da hingestellt. Da hast du gespürt, wie diese ganze latente Kreativität lebendig wird, die da in unheimlich vielen Menschen steckt, die da studieren oder ihre Dinge machen. Ich meine, die sind ja alle da.

Inwieweit denkst du, dass Linz eigentlich international als Kulturstadt wahrgenommen wird? Oder wie weit reicht diese Wahrnehmung? Du bist ja auch viel unterwegs.

Markus Fischer: Wenn ich wo hinfahre, wenn ich in New York irgendwo stehe … oder in London oder sonst wo in Köln oder Berlin ist es immer das AEC und das Festival, das die Leute kennen, im Filmbereich und bei Festivals wo ich mich häufig herumtreibe ist es natürlich Crossing Europe.

Ich hätte noch drei Fragen zu diesem Hauptblock, die etwas mehr mit der Struktur des Kunst- und Kulturbereiches in Linz zu tun haben. Wie schätzt du den Stellenwert von Hochkultur zu Subkultur zu Volkskultur in Linz ein?

Markus Fischer: Ich würde sagen, die Volkskultur, gibt es die überhaupt in Linz? Also die volkstümliche Kultur, die Eventkultur, inklusive Straßenspektakel, Maibaum aufstellen und Krone-Fest etc. ist die Nummer eins in der Wahrnehmung. An zweiter Stelle sehe ich die Hochkultur, von den Festivals, dem Brucknerhaus, Theater und den Museen, Lentos, Landesmuseum, OK etc. Und Nummer drei ist dann die Popkultur, Musik von KAPU über Stadtwerkstatt bis Posthof bis zur Subkulturszene.

Wenn du künstlerische Disziplinen betrachtest, also das gesamte Spektrum, das gesamte Kaleidoskop, vom Film angefangen, Musik, bildende Kunst, Grafik, Malerei, Fotografie, Tanz, Theater und so weiter und so fort. Wo denkst du, ist besonderes Entwicklungspotenzial vorhanden, wo etwas vielleicht da ist, das deiner Meinung nach unbedingt ausgebaut gehört, wo es etwas gibt, wo die Anlagen schon da sind, was auch zur Stadt passt, wo man gar nicht soviel dazu tun müsste, um das zu entwickeln?

Markus Fischer: Na ja, die Musik ist sicherlich ein besonderer Exponent in Linz, glaube ich, also da gibt es ganz großartige Beispiele und Potenzial. Ich denke, das funktioniert schon ganz gut, könnte natürlich mehr unterstützt werden. Dann der ganze Bereich der da aus dem Stadtwerkstatt-Umfeld herausgekommen ist, bis hin zu Radio FRO und DORF TV, die ordentlich gefördert gehören. Da sehe ich großes Entwicklungspotential.

Wenn wir uns von den Disziplinen wegbewegen und in Richtung Themen, Themenschwerpunkte gehen. Welche drei thematischen Schwerpunkte mit Kunst- und Kulturbezug würdest du sagen sind es, welche die Stadt zukünftig vor die größten Herausforderungen stellen werden?

Markus Fischer: Nachdem ich davon ausgehe, dass Kunst und Kultur sozusagen in allen Richtungen ein Kitt des Zusammenlebens ist, dann ist das erstens das Gemeinwesen und Zusammenleben und insofern wäre es für mich wichtig, Kultur als Querschnittmaterie überall zu verankern. Und ein notwendiges Thema wäre, um zukünftiges – nämlich wirklich jetzt mit der Perspektive in 50 Jahren – Zusammenleben zu ermöglichen, zu fragen, wie geht man miteinander um, was tun wir mit den Alten, mit den Blinden und den Lahmen, mit den Arbeitslosen, mit der Überalterung, wie geht sich das aus mit den Youngsters, und vor allem, wie geht sich das aus mit dem Generationenvertrag? Wer wird die Pensionskassen füllen? Wie locken wir denn hochkarätige junge Menschen an, die sich da niederlassen und vermehren, Forscher, Künstler, Kreative? Also welche Soft Skills können wir bieten? Vor zwei Jahren hat Borealis 150 hochkarätige Forscher nach Linz geholt und auf einmal war das möglich, also unter massivem Druck der OMV, die gesagt haben, Freunde wir investieren da oder wo anders. Ich kann mich erinnern, ich war bei einer Pressekonferenz, da sind auf einmal im Sitzungszimmer im Landhaus fünf Leute gesessen, die alle für Schulen zuständig waren, einer für die Kindergärten, einer für die Häuser, einer für die Volksschulen usw. und dann haben Sie relativ unkompliziert beschlossen für die Kinder der Forscher und ihre Familien englische Kindergärten und Schulklassen nach internationalem System einzurichten, weil die bestehenden Angebote nicht zumutbar waren. Inklusive der Gründung eines Instituts an der Universität, zum Ansaugen von kreativem Hirnschmalz und zum Anlocken von Studenten, in schwerer Konkurrenz mit der Montanistik in Leoben. Also das möchte ich im Kunst- und Kulturbereich erleben. Wenn man will, geht das.

Zu den Themenbereichen. Junge Potenziale, Nachwuchsförderung. Inwieweit denkst du, dass Linz ausreichend Möglichkeiten zur Betätigung bietet für junge Kunst- und Kulturschaffende?

Markus Fischer: Zu wenig. Jetzt wieder auf meinen Bereich gemünzt, weil es zum Beispiel für den ganzen Bereich Kunstuniversität, Film, Neue Medien, Fachhochschule etc. keine tatsächlichen Möglichkeiten gibt, dann zu arbeiten, in größere Produktionen integriert zu werden, nicht permanent in prekären Verhältnissen zu arbeiten. Viele, die da aus der Uni oder den Fachhochschulen kommen und in der Medienbranche arbeiten wollen, landen in Ich-AGs oder der EPU-Selbstausbeutung.

Was würdest du der Stadt empfehlen, welche konkreten Maßnahmen, um die Abwanderung von jungem Potenzial zu verhindern? Was könnte man machen?

Markus Fischer: Mehr Geld in die Hand nehmen, um hier institutionelle Möglichkeiten zu schaffen, die Menschen zu beschäftigen. Ich meine, das ganze macht ja nur einen Sinn, wenn es kommerziell funktioniert und nicht als permanent gefördertes Ding dahinvegetiert. Das heißt jetzt auch wieder auf meine Branche, interdisziplinär verschränkte Dinge, wo es eben um Neue Medien, Film und Fernsehen geht. Das kann sein, dass man in diesen Bereichen Profit-Center hat, kleine Fabriken oder Manufakturen, die ihr Know-How und ihren Nachwuchs und ihr Standing dadurch begründen, weiter entwickeln und nähren, indem sie im Umfeld von einem AEC-Future-Lab und einer Kunstuni stattfinden. Alle sind ganz stolz darauf, dass John Laseter für seine kleine Lampe „Luxo Jr.“ die Goldene Nica beim Prix Ars Electronica bekommen hat, noch vor dem Oscar. Wenn wir einmal schauen, was mit Laseter passiert ist seither, mit Pixar und Disney, also her mit Ihm als Professor für einen Lehrstuhl an der Kunstuni, oder ein Institut im AEC, mit angeschlossenen Studios in der Tabakfabrik, 3D-Cluster, Zukunfts-TV-Labore etc.

Das verhindert nicht nur die Abwanderung von jungem Potenzial, sondern das zieht auch Leute an.

Markus Fischer: Das zieht Leute an. Das hängt natürlich damit zusammen, wer da unterrichtet, wie locken wir die Top-Leute, welches Institut gründen wir noch? Und das lockt Studenten und diese Ressourcen locken die Industrie. Genau so, wie die Chemie sagt: „He, Freunde, wenn ihr wollt, dass wir die neuen Plastikkugeln bei Borealis in Linz entwickeln und nicht nach Dubai gehen, weil da sitzt unser Viertel-Eigentümer, und der Lehrstuhl in Linz errichtet wird und nicht in Leoben, dann …“ Das sind die Perspektiven, die auch für die Creative Industries gelten müssen. Man kann da ein MIT-ähnliches Institut aufbauen und sagen, da gibt es das AEC Future Lab, das gehört zu den fünf hochkarätigsten Institutionen in dem Bereich weltweit, darauf kann man aufbauen. Wenn du wirklich mutig bist, sagst du, bevor wir jetzt fünf Sachen neu erfinden … ich wäre dafür, wenn wir sagen, wir haben zwei, die bauen wir aus, da gehört sicherlich das Future Lab und die Kunstuni dazu, da nehmen wir richtig viel Geld in die Hand. Und in diesem Umfeld entwickeln wir eine kleine feine Filmindustrie. Es gibt in ganz Europa den so genannten Fördertourismus im Sinne von „Wo filme ich die nächste Serie, wer gibt mir das meiste Geld?“ Vernünftige Förderungsregeln bringen Geld in die Region und können neben touristischen Effekten vor allem steuerungspolitisch für Standort- und Branchenentwicklung eingesetzt werden. Dann kann das schon sein, dass ich sage, wir haben da Know-How, wir haben 3D-Spezialisten, wir haben ein Studio. In Wien gibt es bald kein Studio mehr. Seit Jahren diskutieren die im Großraum Wien, Niederösterreich, Burgenland: „Wo machen wir ein modernes Studio?“ Die Gemeinde Wien will im 3. Bezirk ein Medienquartier inklusive Neubau des ORF errichten, die Rosenhügelstudios sind verkauft. Wer sagt denn, dass das Kinderprogramm in Wien produziert werden muss und nicht in Linz zum Beispiel? Wir haben ja einiges dafür da, Fachhochschule Hagenberg, Kunstuniversität, AEC, Tabakfabrik, …

Was wäre dein Wunsch oder deine Anforderung an die bestehenden Bildungseinrichtungen in Linz, gerade auf das, was du soeben beschrieben hast?

Markus Fischer: In allen Bereichen die Medienschienen ausbauen, von den Volksschulen über die NMS, die FH Hagenberg, die ja in allen in Bereichen gut aufgestellt sind, bis zur Kunstuniversität. Und dafür zu sorgen, dass die Absolventen dann in Ihren Gebieten auch Arbeit finden.

Ok, wir sind am Ende angelangt. Ist dir irgendetwas abgegangen, willst du noch irgendetwas loswerden?

Markus Fischer: Vorwärts, auf geht’s!

Danke für das Interview.

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