Claudia Dworschak

Geburtsjahr und Geburtsort?

Claudia Dworschak: 1963 in Linz.

Und du lebst seit wann in Linz?

Claudia Dworschak: Immer schon.

Welche kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten und Funktionen übest du aus?

Claudia Dworschak: freundinnen der kunst, diekönigin mit Marion Geyer-Grois, hauptsächlich im Videobereich, dann SPACEfemFM Frauenradio, ist auf Radio FRO seit gut zehn Jahren auf Sendung, dann bin ich jetzt auch bei dorf tv angestellt mit zehn Stunden im Moment, dort mache ich Live-Programmkoordination. Ein Lehrauftrag an der Kunstuniversität MKKT und freie Projekte sind auch jetzt im Moment gerade aktuell … mit einer Tänzerin zusammen mache ich ein Video-Dokumentar-Projekt und sonst gibt es auch Videoprojekte, das sind Auftragsarbeiten, verschiedene. Sei es jetzt für das Theater oder für ein Konzert, wo ich mitfilme. Das ist aktuell. Aber das ändert sich sehr oft sehr schnell alles wieder.

Wie würdest du deine eigene Tätigkeit am ehesten bezeichnen?

Claudia Dworschak: Ich schreibe jetzt in letzter Zeit immer Künstlerin und Kulturarbeiterin, also mangels Beschreibungen. Wenn dich wer fragt, was du machst, ist das immer sehr kompliziert, oder?

Kunst- und Kulturarbeiterin?

Claudia Dworschak: Ja, das gefällt mir zwar nicht wirklich, aber mir fällt nichts Besseres ein.

Zur Einrichtung, beziehungsweise zu den Einrichtungen. Da müsste man alle drei hintereinander machen. Also freundinnen der kunst, diekönigin und SPACEfemFM. Kannst du mir das Gründungsjahr der Einrichtungen kurz nennen?

Claudia Dworschak: Also freundinnen der kunst: das war 1999, diekönigin war 2004 und SPACEfemFM war auch 1999.

Welche Zielgruppen werden durch die Arbeit der drei Einrichtungen besonders angesprochen?

Claudia Dworschak: SPACEfemFM ist eine Sendung, die sich mit Themen beschäftigt, die Frauen betreffen, aber Zielgruppe sind Männer genauso. freundinnen der kunst ist automatisch … da wir halt Frauen sind, die miteinander arbeiten, haben wir natürlich sehr stark unsere eigenen Themen, die frauenspezifische oder feministische Themen sind. Aber Zielgruppe, das ist schwer zu sagen. Ich finde das vollkommen offen. Und mit diekönigin war es bis jetzt so, dass wir Videoproduktionen gehabt haben, und die dann bei Festivals irgendwo gelaufen sind. Das ist dann eher ein begrenztes Festivalpublikum.

Auf welchen geografischen Wirkungsbereich zielt die Arbeit der drei Initiativen in erster Linie ab?

Claudia Dworschak: Da muss man wieder mit dem Radio anfangen. Da ist natürlich einerseits der Schwerpunkt auf dem Sendegebiet von Radio FRO, das ist Linz, Wels, Steyr, kann man jetzt einmal sagen, aber nicht nur, weil SPACEfemFM auch einen fixen Sendeplatz in Wien hat auf Radio Orange, und in Graz, Radio Helsinki und in Innsbruck und in Salzburg und in Zürich zum Teil. Es wird nicht jede Sendung übernommen, sondern eine oder zwei pro Monat. Und dann ist es natürlich auch über das Cultural Broadcasting Archive sowieso offen, weltweit hörbar, wenn es jemanden interessiert. freundinnen der kunst ist im Grunde genommen sehr stark auf Linz bezogen, würde ich sagen, leider, aber es ist so. Und die Öffentlichkeit der Arbeiten von diekönigin ist zum Teil ein bisschen in Linz, aber das war auch eher im Universitätsumfeld, sonst halt eben bei bestimmten Festivals. Das ist europaweit bis jetzt gewesen.

In welchen künstlerischen Disziplinen bzw. kulturellen Arbeitsfeldern sind diese Initiativen hauptsächlich tätig?

Claudia Dworschak: Radio FRO ist klar, Recherche, Interviews führen und das Zusammenstellen einer Radiosendung. diekönigin ist hauptsächlich im Video, bis auf wenige Ausnahmen, aber eigentlich war es Video. Und bei freundinnen der kunst ist es unterschiedlicher. Da ist es jetzt stark Performance, was manchmal mit Video zusammenhängt, aus dokumentarischen Gründen oder weil das Video überhaupt gleich ein Performance-Video ist. Da ist also der Schwerpunkt mehr auf Performance kann man sagen. Aber natürlich ist es auch die Grafik und alles was dranhängt, Fotografie genauso. Es gibt auch installative Arbeiten.

Gibt es in Bezug auf die vorhandene räumliche und technische Infrastruktur aktuell einen Handlungsbedarf, d. h. den Wunsch nach quantitativer Erweiterung oder qualitativer Verbesserung?

Claudia Dworschak: Ja, wir überlegen eigentlich schon lange, dass wir von da wieder weg wollen. Die Räume gefallen uns gut, aber wir sind hier ganz versteckt. Wir wollen einfach viel mehr ins Zentrum. Und wir suchen schon seit einem Jahr, mehr oder weniger intensiv nach einem Raum. Schon etwas mit Schaufenster, das ist uns sehr wichtig, auf das haben wir immer Wert gelegt. Aber mit diesem Schaufenster machen wir jetzt nichts künstlerisches, weil es keinen Sinn hat. Wir haben es am Anfang ein bisschen probiert, aber als Ausstellungsfläche hat es keinen Effekt, weil da geht niemand durch die Straße. Es steht zwar extrem viel leer, es gibt viele spannende Räume in der Stadt, aber sie sind nicht leistbar oder sie gehören der Stadt Linz und die gibt sie nicht her. Das ist ein großes Thema, weil es einfach wirklich ganz viele klasse Sachen gibt und es einfach schade ist, dass das seit zehn Jahren leer steht.

Um wie viele Quadratmeter geht es da bei euch?

Claudia Dworschak: Na ja, das sind jetzt 75, wobei da herinnen sind jetzt nicht nur die freundinnen der kunst und diekönigin. Wir haben dazu einen großen Keller, wir haben oben noch einen Abstellraum, wo viel Zeug drinnen ist. Wir brauchen viel Fläche, wo wir unsere Sachen unterbringen. Und wir hätten uns auch gerne noch erweitert, also es gibt auch noch andere Leute, mit denen wir uns gerne zusammentun wollten. Wir möchten gerne so eine Kombination aus einem Geschäft, also wirklich auch eine Verkaufsfläche, einer Arbeitsfläche und einer Ausstellungsfläche. Wir hätten gerne etwas größeres, was billig ist und für mehr Leute.

Wenn man noch kurz diekönigin und SPACEfemFM betrachtet. Gibt es dort aktuell einen Handlungsbedarf was die vorhandene räumliche und technische Infrastruktur anbelangt?

Claudia Dworschak: Ja, diekönigin ist im Moment nicht so aktiv, das war schon mal mehr, das hat sich bisschen durch Kinderpausen etwas reduzierte. Infrastruktur, natürlich ist die Technik auch immer ein Thema. Da muss ich jetzt sagen, das hat auch den Vorteil, dass man sich teilweise auf der Universität etwas ausleihen konnte oder kann. Wenn das alles nicht geht, steht man blöd da, weil du dann das Equipment nicht hast. Oder dass das jetzt teilweise wieder bei dorf tv möglich ist. Man kann sich die ganzen Sachen einfach nicht alle selbst zulegen. Wenn ich jetzt spezielle Lampen brauche, muss ich irgendwo Möglichkeiten haben und das haben wir im Moment glücklicherweise .Aber das ist auch nicht selbstverständlich, dass ich mir immer irgendwo etwas ausborgen kann und das kostet mich wenig bis gar nichts.

Und wie sieht es mit personellen Ressourcen aus? Wie viele Personen waren bei den Initiativen mit Stand 1. Jänner 2011 insgesamt beschäftigt? In welchen Arbeitsverhältnissen (Vollzeit, Teilzeit, freie Dienstverhältnisse, …) befanden sich diese Personen? Sei es über freie Dienstverträge, Werkverträge, über Angestelltendienstverträge.

Claudia Dworschak: Bei den freundinnen der kunst ist es schon so, dass wir uns bei unseren Projekten auch Honorare auszahlen. Bis jetzt war es so, dass wir irgendwo Aufträge bekommen haben und dann haben wir Projektgeld gehabt und in diesem Projektgeld waren halt auch die Honorare drinnen. Das ist jetzt eh noch immer so. Und dass wir bei der Stadt Linz angesucht haben und das schon sehr schwierig ist … bei diekönigin … da war jetzt gar nichts seit 1. Jänner 2011, glaube ich. Nein, heuer haben wir noch gar nichts gemacht, aber sonst ist das auch eine Auftragsarbeit. Dann bekommen wir Geld. Und bei SPACEfemFM ist es so, dass da zum Beispiel eine von uns die gesamte Organisation übernimmt und dafür bezahlt wird und alle die Sendungen machen, arbeiten eigentlich gratis.

Wenn ein durchschnittliches Arbeitsmonat oder ein typisches Projekt betrachtet wird: Wie viele Personen sind schätzungsweise für die Initiativen auf freiwilliger Basis tätig?

Claudia Dworschak: Na ja, es besteht die ganze Arbeit immer aus einem Teil, der bezahlt wird und einem Teil, den machst du gratis. Also das ist schwer zu sagen. Den Stundensatz darf man da eh nie rechnen. Also bei SPACEfemFM ist es so, dass eigentlich alle, das sind zehn Leute gratis arbeiten, wenn wir nicht ein eigenes Projekt haben, das in dem Jahr gemeinsam läuft. Das ist so, als SendungsmacherIn bekommt man kein Geld. Bei diekönigin ist das schwer zu sagen. Wir bekommen Geld für die Vorlesung an der Kunstuni oder wir bekommen Geld, wenn eben zum Beispiel irgendjemand zu uns sagt, sie wollen ein Video haben oder so, dann bekommen wir auch Geld dafür. Wenn wir jetzt etwas machen, weil wir sagen, uns nervt irgendetwas oder wir wollen da jetzt irgendetwas dazu machen, dann bekommen wir nichts.

Und gibt es bei den freundinnen der kunst, wenn ihr Projekte macht, im Umfeld dann noch Leute, die auf ehrenamtlicher Basis irgendwie für euch arbeiten?

Claudia Dworschak: Nein, die zahlen wir dann schon alle.

Der Hauptblock handelt von der kulturellen Entwicklung, Situation und Zukunft von Linz. Da würde ich gerne mit einem kurzen Assoziationsspiel beginnen: Welche Begriffe fallen dir ein, wenn du an „Kulturstadt Linz“ denkst?

Claudia Dworschak: Na ja, die Kulturhauptstadt fällt mir gleich einmal ein, Freie Szene, wo man sich halt bewegt. Aber wenn man das jetzt von einer andern Position her sieht, sind es so klassische Bauten wie Lentos, AEC, OK und Landesgalerie als Ausstellungsraum. Mir fallen dann halt auch immer die Stadtteile ein oder das Kulturleben in den Stadtteilen und die Unterschiedlichkeit der Stadtteile. Und das vieles fehlt.

Wenn du die letzten zehn Jahre, also die Jahre 2000 bis 2010, betrachtest: Was lief deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung der Stadt Linz?

Claudia Dworschak: Ich glaube, dass es sehr viele, sehr spannende Einzelpersonen gibt, oder Gruppierungen in der Stadt, die qualitativ echt sehr gute Sachen machen. Da bin ich schon überzeugt davon, dass eigentlich eine relativ hohe Qualität da ist. Es ist schon eine kontinuierliche Entwicklung da, oder ich habe den Eindruck, dass sich etwas entwickelt, sich aufbaut. Was mich sehr beeindruckt hat im Rahmen der Kulturhauptstadt, wie viel Publikum auch mobilisierbar ist für Kultur. Das waren auch wirklich sehr extravagante Sachen, wo die Leute nicht gewusst haben, was auf sie zukommt. Da haben sich ganz viele Leute darauf eingelassen. Ich glaube, dass eigentlich auch ein gutes Publikum da wäre in der Stadt, aber es findet sich irgendwie nicht. Ja, es sind viele gute Sachen, finde ich. Die Kunstuniversität ist sehr spannend. Es gibt sehr viele „Zellen“ oder Gruppen oder Einzelne, die sich gut entwickeln, die spannend sind, die Potenzial haben.

Aber ich lese ein bisschen heraus, dass es vielleicht noch zu wenig Vernetzung und zum anderen zu wenig Anbindung gibt, wo es auch um Vermittlungsarbeit geht? Bezüglich Publikum, das nicht zusammen kommt?

Claudia Dworschak: Ja, ich glaube, man trifft sich irgendwie nicht. Irgendwie rennt man immer aneinander vorbei, habe ich das Gefühl.

Und mit welchen kulturellen Entwicklungen der letzten zehn Jahre bist du überhaupt nicht zufrieden?

Claudia Dworschak: Da kommt man natürlich schnell einmal aufs Geld. Also die budgetäre Situation finde ich eigentlich eine Katastrophe. Es sollte mehr passieren, es wird aber weniger ausgegeben oder das Geld bleibt gleich und wird somit weniger. Das hat aber auch etwas mit der Wahrnehmung von der politischen Seite zu tun, oder einer Nicht-Wertschätzung oder mit einer Ignoranz, die ich eigentlich total schlimm finde für eine Stadt, die sich als Kulturstadt bezeichnet. Ich denke mir, Leute, die da politische Verantwortung haben und alles negieren, was da passiert, das finde ich eigentlich sehr bedenklich. Über das warum habe ich mir irgendwie noch zu wenige Gedanken gemacht, aber was nicht funktioniert, sind diese Strategien. Also wenn man sich in Linz bewegt und ich gehe wohin, wo etwas Spannendes passiert, treffe ich immer dieselben 20, 30, 50 Leute. Ich bin mir sicher, dass es da viel mehr Leute gäbe, die das genauso interessieren würde. Zum Beispiel die Hafenhalle linz09 mit den Theatergeschichten, was da für Leute waren, wie voll das war. Wo sind die jetzt wieder alle? Ich bin jetzt eh nicht dafür, dass man dieses kommerzielle Denken als Künstler oder Künstlerin hat und es immer sofort um Vermarktung geht, aber irgendwie fehlt es da in irgendeiner Form, es muss da auch irgendwie andere Strategien geben.

Das hat wahrscheinlich auch mit Ressourcen irgendwie zu tun, oder?

Claudia Dworschak: Klar, hat das mit Ressourcen auch zu tun. Einfach schon, dass man das thematisiert und einmal überlegt. Mir ist auch aufgefallen bei den Stadtteilgeschichten, bei Linz09 hab ich mitgearbeitet beim Kulturhauptstadtteil des Monats, was da schon überall vorhanden ist in den Stadtteilen und wo auch wirklich Interessierte Leute tätig sind, die auch irgendwie eingebunden gehören in das Ganze. Aber eben, das ist sicher eine Ressourcenfrage.

Womit kann Linz deiner Meinung nach im österreichischen Städtewettbewerb punkten, vor allem im Vergleich zu ähnlich großen Städten wie Graz, Salzburg oder Innsbruck, wenn man Kunst- und Kultur betrachtet?

Claudia Dworschak: Ich kenne die anderen Städte jetzt nicht so gut, muss ich gestehen. Ich bin auch eher Wienorientiert oder interessiere mich mehr für Wien. Aber das sind jetzt auch vielleicht mehr Vorurteile oder Imagefragen. Ich finde jetzt Linz bedeutend spannender als Salzburg oder Innsbruck. Und das hat schon auch eine kulturelle Geschichte für mich. Mich persönlich interessiert einfach mehr die zeitgenössische Kunst oder aktuelle Kunst und das sehe ich dann schon sehr positiv, dass wir in Linz drei Ausstellungshäuser haben, wo wirklich auch sehr aktuelle, interessante, spannende Sachen gezeigt werden. Und so etwas hat Salzburg nicht. Ich meine, Graz ist auch sehr spannend in vielen Bereichen. Was mir sehr gut gefällt, auch wenn man es ambivalent sehen kann, sind Festivalzeiträume, wo es für mich in Linz spannend wird. Wichtig ist da das Crossing Europe, ein spannendes Festival oder das Festival der Regionen ist auch so etwas, das mit Linz sehr viel in Verbindung steht. Und Ars Electronica. Diese Festivals finde ich schon sehr wichtig und spannend für eine Stadt, weil es dann auch etwas hereinbringt, zumindest für eine gewisse Zeit. Und es verändert die Stadt, es fühlt sich irgendwie anders an. Und das ist auch etwas, was eine Qualität an Linz ist und eben, wie ich zuerst schon gesagt habe, dass es ein großes Potenzial gibt und die Freie Szene sehr, sehr viel zu bieten hat. Wer immer auch die Freie Szene ist, das ist auch sehr schwierig zu sagen. Manche stoßen sich halt an dem Begriff. Aber es gibt so viele Leute, die aktiv sind und die für so wenig Geld oder für gar kein Geld auch noch so viel machen und das ist echt bewundernswert. Und das bekomme ich in Linz halt mehr mit. Ich glaube nicht, dass das in Salzburg so ist oder in Innsbruck, zumindest nicht in diesem Umfang. Eher noch in Graz.

Inwieweit denkst du, dass Linz international als Kulturstadt wahrgenommen wird? Und welche geografische Reichweite hat die internationale Wahrnehmung Ihrer Meinung nach?

Claudia Dworschak: Nicht recht weit, glaube ich. Gestern waren wir in Salzburg und haben ein Interview mit Jemanden aus Berlin gemacht und ein Anknüpfungspunkt zu Linz war halt gleich einmal Hitler. Das ist schon ein ganz ein großes Thema in der Außenwahrnehmung.

Ist ihnen sonst noch etwas eingefallen zu Linz?

Claudia Dworschak: Nein.

Linz09 hat auch zu tun mit der internationalen Wahrnehmung. In kurzen Worten, kannst du ein Resümee von Linz09 anhand von drei Punkten ziehen?

Claudia Dworschak: Es war ein sehr spannendes, bereicherndes Jahr. Das ganze Jahr waren Menschen von außerhalb Linz da, mit denen ich Kontakt gehabt habe. Auch für die freundinnen der kunst war es spannend, weil wir in diesem Jahr relativ präsent waren und es hat uns irgendwie sehr gut getan, in unserer gemeinsamen Entwicklung, dass das so ein intensives Jahr war und dass auch das erste Mal gefühlsmäßig eine Außenwahrnehmung da war, die vorher immer nur in Linz war. Und da waren dann auf einmal Kontakte nach außen da. Aber nicht nur die freundinnen der kunst, sondern auch diese Festivalgeschichten. Da hat man das Gefühl gehabt, das ganze Jahr ist wer angekommen, ist wer weggefahren. Es waren einfach andere Menschen da in der Stadt, die da auch gearbeitet haben und viele neue Beziehungen und Kontakte waren dadurch da, die jetzt wieder weg sind.

Sonst noch irgendetwas, das dir zum Resümee über Linz09 einfällt?

Claudia Dworschak: Ja, was mich auch irgendwie beeindruckt hat, war natürlich diese … … es war teilweise im Theaterbereich beziehungsweise bei den Stadteilprojekten sichtbar, dass Leute mobilisierbar und aktivierbar sind. Sowohl Publikum wie auch Beteiligte. Oder auch mit dem gelben Haus, wo in einem Stadtteil einfach auf einmal was passiert ist.

Dann kommen wir wieder zurück zu strukturellen Merkmalen im Kunst- und Kulturbereich in Linz. Wie schätzt du das Verhältnis von Hochkultur – Subkultur – Volkskultur in Linz ein?

Claudia Dworschak: Ich glaube, dass es da ganz starke Berührungsängste bis hin zu Antipathie zum Teil gibt oder Unverständnis. Und da spielt vielleicht auch Neid eine gewisse Rolle, was finanzielle Dinge betrifft. Ich glaube, dass keiner richtig offen ist, den anderen gegenüber. Ich glaube, da gibt es nicht recht viele Überschneidungen, da gibt es eher ein sehr distanziertes Verhältnis.

Zwischen allen dreien?

Claudia Dworschak: Ja, irgendwie schon.

Und wie würdest du es vom Stellenwert her sehen, diese drei Bereiche in Linz?

Claudia Dworschak: Na ja, Hochkultur ist vom Stellenwert, von der allgemeinen Wahrnehmung her an erster Stelle. Und die Subkultur, ich würde da jetzt auch die Freie Szene dazurechnen, die wird wahrscheinlich in der Mitte drinnen sein. Und ich glaube, dass die Volkskultur … ja, das ist jetzt mein Eindruck, aber das ist vielleicht auch falsch … ich würde das jetzt eher so sehen, dass das von der Wahrnehmung am geringsten ist.

Wenn du einzelne künstlerische Disziplinen wie Malerei und Grafik, Tanz, Theater, Musik, Literatur, Film, Fotografie usw. betrachtest: Wo würdest du meinen, wäre in der Stadt noch Entwicklungspotenzial vorhanden?

Claudia Dworschak: Überall wahrscheinlich. Das ist echt eine schwierige Frage. Ich sage das jetzt nur spontan, weiß aber nicht, ob das stimmt. Ich würde das jetzt nicht als höchstes bewerten. Mir ist jetzt nur als Besucherin aufgefallen, dass mir Sachen fehlen in der Stadt. Und das ist so etwas wie das brut in Wien, wo Sachen gezeigt werden, die sich zwischen Theaterperformance und Tanz bewegen und die ich einfach sehr spannend finde. Und da gibt es einfach in Linz gar nichts. Also die Theaterhäuser, die da sind, lassen sich auch auf solche Sachen überhaupt nicht ein. Und ich würde solche Sachen auch gerne in Linz sehen können. Aber da müsste man halt auch, aus Berlin und Wien verschiedenste Gruppierungen einladen. Das ist zum Teil passiert, während Linz09 waren einfach Gruppen da, die sonst nie nach Linz kommen. Also der Zwischenbereich zwischen Performance, Tanz und Theater, der nicht unbedingt Theaterräume braucht. Aber das andere ist, was brauchen Leute, die in der Stadt aktiv sind? Wenn ich jetzt an meine Söhne denke, die in einer Band spielen, die keine Räume haben zum Proben. Die haben dann ihre Auftritte in den Jugendzentren. Sicher, im Musikbereich gibt es auch ganz viel, wo es fehlt.

Welche drei thematischen Schwerpunkte mit Kunst- und Kulturbezug werden zukünftig die größten Herausforderungen für die Stadt darstellen?

Claudia Dworschak: Die gesellschaftlich größte Herausforderung ist das Thema Migration oder wie wir damit umgehen und das wäre natürlich auch für den Kulturbereich eine ganz zentrale Geschichte. Das ist wahrscheinlich das, wo ich immer am meisten perplex ist, was da passiert. Ein anderes Thema? … für mich sind das bei den kulturellen Themen immer die gesellschaftlichen Themen und das ändert sich ständig. Aber was mich derzeit beschäftigt … also wenn ich jetzt einen Film mache, dann mache ich das, weil mich das gerade beschäftigt und dann ist das nicht die Herausforderung für die nächsten zehn Jahre. Ich meine, das ist jetzt zu grob gesehen, aber frauenspezifische Themen sind mir natürlich schon immer wichtig. Das müsste man wahrscheinlich ein wenig spezifizieren. Ja, und dann sind es noch die Stadtteile oder die Beteiligungsmodelle oder einfach Aktivierung. Oder, dass die Bedeutung von Kunst- und Kultur mehr ins allgemeine Bewusstsein kommt und das geht über die Stadtteile vielleicht.

Zu den einzelnen Themenbereichen. Welche Rolle spielt deiner Meinung nach das Thema „Gender“ derzeit im kulturpolitischen Diskurs in Linz?

Claudia Dworschak: Wo ist der kulturpolitische Diskurs in Linz? Ich glaube, da hat es überhaupt keinen Stellenwert. In dem Bereich nicht, im Kunstbereich wird das Thema auch sehr vernachlässigt. Ich denke, die Situation war schon besser, diskursiver und jetzt wird gerade wieder vieles unter den Teppich gekehrt wird. Ich glaube, dass es gerade gar kein Thema ist.

Woran glaubst du, dass das liegt?

Claudia Dworschak: Es gibt so viele Themen, die auch wichtig sind, dass man sagt, ok, jetzt machen wir einmal eine Reihung um was wir uns zuerst kümmern müssen. Vielleicht ist das ein Grund, ich weiß es nicht. Aber es ist mir aufgefallen, weil ich eben gerade wieder einiges Filmmaterial angesehen habe und mir gedacht habe, das ist jetzt 25 Jahre aus, was hat sich da eigentlich getan? Ich glaube, wenn man sich das ansieht, wenn man sich die Zahlen ansieht, sind wir genau dort und nirgends weiter.

In welchen konkreten Bereichen werden Frauen benachteiligt, wenn du den Kunst- und Kulturbereich in Linz betrachtest? Fallen dir dazu einige Beispiele ein?

Claudia Dworschak: Finanziell liegt es, glaube ich auf der Hand, oder da ist es am ehesten messbar, dass generell in vielen künstlerischen Bereichen und Branchen, ich glaube auch international gesehen, wenn es wirklich um große Budgets geht, um wirklich große Projekte und um viel Geld, sind die Frauen weg.

Werden sonst noch wo Frauen strukturell benachteiligt, mit Bezug auf Kunst- und Kultur in Linz?

Claudia Dworschak: Ich weiß jetzt nicht, inwieweit das kulturpolitisch ist oder ob das manchmal so ein … das wäre jetzt eine lange Geschichte … ich habe das Gefühl, immer wenn es um viel geht, ich meine jetzt nicht nur ums Geld, sondern um Entscheidungsprozesse, dass Frauen dann nicht dabei sind. Das eine ist halt Geld und das andere Macht, dass ist immer so ein Punkt, wo es so auseinander geht.

Gremien, Jurys oder Entscheidungsstellen?

Claudia Dworschak: Ja, jetzt nur ein Beispiel, die Umbauwerkstatt des architekturforums, da ist keine einzige Frau drinnen. Ich denke mir dann manchmal, eigentlich darf so etwas nicht passieren. Es ist natürlich auch bei Linz09 gewesen, da kann man auch sagen, das waren zwei Männer, die das Ganze geleitet haben. Es waren ganz viele Frauen, die gearbeitet haben, aber die, die dann wieder Öffentlichkeit bekommen haben aus dem ganzen Pool, waren wieder Männer. Das war ja wirklich sehr frappierend. Wo ich mir denke, wieso, warum, wie gibt es das, wie passiert das? Aber ja, das passiert ja allgemein in der Gesellschaft, da gibt es verschiedene Gründe und Muster, warum solche Sachen immer wieder passieren. Aber jetzt im Kunst- und Kulturbereich und speziell auf Linz bezogen? Weil es ist ja auch so, dass ich mir denke, jetzt gerade an einer Kunstuniversität, wenn man da schaut, wie viele Frauen eine Professur haben oder wie präsent die von Frauen geleitet wird. Aber wer ist dann wieder der, der „bumm“ macht und irgendwie wird dann wieder wo etwas Großes hingestellt und dann stehen wieder alle und sagen „wow“. Es ist irgendetwas mit dem Nach-Außen-Gehen oder mit dem Verkaufen, oder etwas, dass eben nicht so akzeptiert oder gesehen wird.

Welche besonderen Maßnahmen sollte die Stadt Linz setzen, um eine Gleichberechtigung der Geschlechter im Kunst- und Kulturbereich sicherzustellen?

Claudia Dworschak: Na ja, dass, wenn es wirklich um Entscheidungen geht und Gremienbesetzungen und irgendwelche Jurys und was weiß ich, dass man dann quotenmäßig vorgeht, oder bevorzugt schaut, dass man Frauen findet und die dann eben nicht in die zweite Reihe stellt, sondern in die erste, also sich dann wirklich speziell zu bemühen darum, wenn es um Entscheidungen und Besetzungen geht.

Der nächste Themenbereich ist Interkulturalität, Migration und Integration. Wie schätzt du die Entwicklung der migrantischen Kulturarbeit in Linz in den letzten zehn Jahren ein?

Claudia Dworschak: Ich glaube, dass da maiz eine ganz wichtige Rolle gespielt hat und dass die halt auch wirklich mit einem Selbstbewusstsein und einem Auftritt da waren, was total wichtig war und gut war und ist. Alle anderen migrantischen Kulturvereine sind nicht spürbar, nicht da. Bei den Kulturvereinen, da geht es eher darum … also mein Gefühl ist, dass es darum geht, sich eine Basis zu schaffen, wo man sich austauscht, sich trifft. Was eher für die eigene Community ist und wo es nicht so sehr um eine Außenwirkung geht, wo man dann gar nicht mitbekommt, um was es da genau geht. Das ist gut und hat seine Berechtigung, dass diese Kulturvereine ihre eigene Community irgendwie auffangen, aber ich würde mir halt auch wünschen, dass ich von dem mehr mitbekomme, was passiert, und ich finde halt auch – das hat jetzt aber nichts mit der Kultur zu tun, sondern mit der Gesellschaft – wie damit umgegangen wird, ist auch katastrophal. Das hat auch mit dem Status von Asylwerbern und der gesetzlichen Situation zu tun.

Und wenn man sich den Kunst- und Kulturbereich ansieht, mit welchen besonderen Problemen sind MigrantInnen im Kunst- und Kulturbereich in Linz konfrontiert?

Claudia Dworschak: Das ist jetzt auch nur eine Vermutung, das weiß ich nicht genau. Ich glaube, dass es da auch darum geht, dass sie Gelder und Ressourcen brauchen. Und eine Black Community will auch eine Außenwahrnehmung haben, das glaube ich schon. Ich meine der Ike Okafor alleine kann das nicht auf die Beine stellen. Und das sind natürlich Ressourcenfragen. Ob das jetzt die Flüchtlingsheime sind oder sonst was ist, die eigentlich auch wollen, dass etwas passiert und dass KünstlerInnen mitarbeiten und … aber sie haben kein Geld und sie haben keine Zeit. Da gibt es schon immer wieder Versuche, könnten wir nicht irgendwie zusammenkommen, können wir nicht irgendetwas miteinander machen. Und es ist auch so, dass wenn man sagt, mit MigrantInnen, die jetzt kulturelle Angebote in Anspruch nehmen … weil die teilweise eh mit ihrem Leben und ihrem Dasein so zu kämpfen haben, dass sie dann nicht noch irgendeine Off-Theaterproduktion dazwischen anschauen gehen. Das muss auf einer anderen Ebene passieren. Und ich finde das sehr erfrischend von maiz, wie es mal war, dass KünstlerInnen gesagt haben sie nehmen sich jetzt dieser Problematik an und sie sich dann gewehrt haben dagegen, dass sie als Migrantinnen nicht missbraucht werden von irgendeiner Künstlergruppe. Also dass man da auch schauen muss, wie man mit dem Thema umgeht. Ich kann jetzt nicht mit meinem super Leben, fix da in Linz, sagen, ich nehme mich jetzt dieser Thematik an und mache Kunst. Aber andererseits ist es natürlich ein extrem wichtiges Thema für eine Gesellschaft und deswegen muss sich auch die Kunst damit beschäftigen.

Also die Problematik mit Selbstbestimmung und Autonomie?

Claudia Dworschak: Ja genau. Aber eben durch maiz oder verschiedene Formationen, wo sich Leute mischen und dann wieder gemeinsam irgendetwas machen … das finde ich zum Beispiel recht spannend. Zum Beispiel bei SpacefemFM, das ist eigentlich eine recht gute Mischung, weil das einfach so viele unterschiedliche Frauen sind, die wahrscheinlich nicht zusammengefunden hätten, aber durch dieses gemeinsame Ding Radiomachen funktioniert so etwas sehr gut. Und vielleicht müssten solche Sachen noch mehr forciert oder gefördert werden.

Wie würdest du die Verbindungen zwischen den verschiedenen migrantischen Kultureinrichtungen in Linz beschreiben?

Claudia Dworschak: Wir haben das jetzt bei den Stadtteilen immer wieder versucht mit migrantischen Vereinen. Und das war einfach nicht möglich. Wir haben dann auch immer überlegt, was machen wir für Fehler? Dann versuchst du halt, alle Flyer in allen Sprachen zu produzieren, aber das ist es natürlich auch nicht. Ich glaube, was ich auch von Migrare so mitbekommen habe, dass die untereinander nicht so zusammenkommen, dass es da keine Verknüpfungen und Verbindungen gibt. Vielleicht am ehesten noch über so etwas wie die Black Community, dass es da Verbindungen gibt, und bei maiz, das sind eher die Dinge, wo ich schätze, dass es etwas breiter wird. Bei den anderen schätze ich, dass es da auch Formationen gibt. Ich glaube, dass ist ein sehr, sehr schwieriges Gebiet, wo man sich wirklich ganz gut auskennen muss oder sich wirklich damit beschäftigen muss, wie so Dinge funktionieren oder welche Personen sich als was gruppieren, mit welchen Intentionen sie an die Sache herangehen. Das zu vernetzen und zu verknüpfen ist, glaube ich, extrem schwierig.

Und wie würdest du die Verbindungen zwischen den migrantischen und den nicht-migrantischen Einrichtungen aus dem Kunst- und Kulturbereich in Linz beschreiben?

Claudia Dworschak: Ich glaube, dass es da gar keine Verbindung gibt. Ich glaube sowieso, dass es schwierig ist, dass man diese migrantische oder auch nicht-migrantische Kulturvereine … es gibt jetzt ja auch Kulturvereine in Stadtteilen, die Veranstaltungen machen … dass das sowieso extrem abgeschlossene Systeme sind. Wir haben da einmal ein Projekt gemacht in Dornach/Auhof, wo wir gesagt haben, es sollen sich jetzt einmal alle Gruppen, die da arbeiten, kennen lernen. Und das war ja schon der Wahnsinn an dem Projekt, dass die sich auf einmal gegenseitig besucht haben. Da ist eine Theatergruppe, die war noch nie bei den anderen, die wissen nicht, wie die Räume von den anderen aussehen.

Und sind aber alle im Volkshaus?

Claudia Dworschak: Nein, nein, da gibt es ganz, ganz viele verschiedene Räume in Dornach/Auhof, aber die gehen oder gingen nicht zu einer Veranstaltung von den anderen. Und haben nicht einmal gewusst, wer die Leute sind. Das sind jetzt auch Leute in einem Kulturverein, die haben ihre Jobs, die arbeiten, dann treffen sie sich mit den anderen, organisieren diese oder jene Kabarettveranstaltung, also die haben im Grunde genommen auch keine Kapazitäten. Aber da wäre natürlich ein Potenzial da, wenn man die Leute zusammenbringen würde. Und es ist jetzt nicht mehr so, dass da die Schwarzen und dort die Roten sind, da die Kirche und dort die Universität. Die hätten schon Verknüpfungsmöglichkeiten.

Welche Maßnahmen sollte die Stadt Linz setzen, um Interkulturalität zu fördern?

Claudia Dworschak: Wahrscheinlich ist es ähnlich wie bei den Frauen, dass man auch in den Gremien schauen muss, dass man möglichst viele Leute hineinbekommt, die migrantischen Hintergrund haben, die irgendwie bei dem Thema sensibilisiert sind. Das ist die eine Variante, dass die Themen einfach auftauchen, dass die in Entscheidungen Platz haben, dass die mitgedacht werden. Natürlich muss man sich auch irgendwelche Strukturen überlegen, weil da einfach gar nichts da ist und weil das auch noch keine Tradition hat wie etwa andere Kulturvereine mit einem normalen Ablauf, wo man halt ansucht oder Projekte realisiert. Man muss sich wahrscheinlich überlegen, wie man das intensiver unterstützen kann. Das braucht wahrscheinlich einen Prozess, das kann ich so gar nicht sagen. Oder so Sachen, die finde ich schon irgendwie … wie ich gesagt habe zum Beispiel bei SpacefemFM, oder am Samstag ist die Demonstration in Wien und da gibt es diese Radical-Cheerleading-Geschichte, wo eben maiz mit FIFTITU% zusammen dort ist und verschiedene Gruppierungen. Dieses gemeinsame Projektmachen, das finde ich schon sehr gut. Das ist vielleicht auch eine Variante, die man speziell noch irgendwie fördern kann, dass sich so Sachen einfach besser vermischen. Das passiert jetzt nur im Frauenbereich, fällt mir gerade ein, also durch maiz passiert so etwas nur im Frauenbereich, diese Verknüpfungen. Und wie kannst du das fördern? Durch eine entsprechende Projektförderung oder es kann sich auch in strukturellen Förderungen niederschlagen. Gerade mit Projektförderungen kannst du in diesem Bereich natürlich einiges erreichen.

Kommen wir zum letzten Themenbereich: Stadtteile, Stadtrand und Region. Wie schätzt du das Verhältnis von Stadtzentrum zu Stadtrand in Linz ein, wenn du an die kulturellen Aktivitäten in der Stadt denkst?

Claudia Dworschak: Na ja, das hier wirklich alles geballt im Zentrum passiert, aber eben sowohl Hochkultur als auch Subkultur. Vielleicht ist jetzt die Heimatkultur, wenn man es in diesen drei Bereichen lässt, noch eher in den Stadtteilen, aber die anderen beiden Bereiche sind wirklich nur so um den Hauptplatz herum zentriert, kann man sagen. Und wirklich auf sehr engem Radius.

Würdest du sagen, dass das üblich ist, in anderen Städten auch …

Claudia Dworschak: Ich würde jetzt sagen, dass das fast ein bisschen etwas Linzspezifisches hat. Ich weiß es nicht, aber irgendwie habe ich schon den Eindruck. Also in Wien ist es auf jeden Fall ein bisschen breiter, weil es einfach andere Bezirke gibt, wo etwas passiert oder irgendwelche Häuser, um die herum sich wieder etwas entwickelt hat. Es versucht ja immer wieder mal jemand, ich weiß nicht … im Franckviertel, weil es einfach lässig ist, dort ein Atelier zu nehmen und dann sitzen die alleine da unten. Also es passiert nichts, es passiert das nicht, dass irgendjemand wohin geht und dort fängt dann was zu leben an. Darum wollen wir auch wieder zurück ins Zentrum, weil es das einzige ist, wo sich etwas bewegt ein bisschen, wo ein Austausch möglich ist.

Ich finde auch, also Stadtteilkulturarbeit, das erste Beispiel, das mir da immer einfällt, wo das funktioniert ist Kunstraum Goethestraße.

Claudia Dworschak: Ja, oder Time’s Up fällt mir da jetzt auch noch ein. Es gibt ja so viele spannende Plätze in dieser Stadt. Auch der KunstRaum ist schon fast Stadtrand. Es ist wirklich für mich auch immer ein weiter Weg. Da hinaus dann auch noch, aber dabei ist das fast noch Fußgängerzone.

Welche Verbesserungsmöglichkeiten fallen dir hinsichtlich der Stadtteilkulturarbeit in Linz ein?

Claudia Dworschak: Das ist auch wieder eine Ressourcenfrage und eine finanzielle Frage. Man kann natürlich schon etwas machen. Es gibt im Franckviertel das Stadtteilbüro, wo einfach etwas passiert. Das Franckviertel ist eh eines von den Vierteln, wo ein bisschen ein Leben und eine Aktivität da ist. Ich meine, die machen nach wie vor ihre Stadtteil-Frühstücke gemeinsam. Da passieren schon Sachen, aber das geht fast nur mit Stadtteilbüros. Da ist fast gar nicht anders möglich, glaube ich.

Welche Maßnahmen könnte die Stadt abseits von finanziellen Förderungen setzen, um die Arbeit der Stadtteilkulturvereine und -initiativen zu erleichtern?

Claudia Dworschak: Na ja, was übrig geblieben ist von damals, von unserem Projekt, ist ja dieser Förderpreis der Kulturviertel, wo glaube ich, auch nicht wirklich etwas raus kommt dabei. Ich habe das jetzt ehrlich gesagt nicht verfolgt, was die letzten Projekte waren. Ich habe das am Anfang mitbekommen. Die spannenden Sachen, die da eingereicht werden, sind dann wieder von maiz. Also es ist jetzt nicht so, dass das dem Kulturverein XY in Kleinmünchen zu Gute kommt. Dieses Stadtteilprojekt bei Kulturhauptstadt09, da ist es schon darum gegangen, die Stadtteile zu besuchen, mit den Leuten zu reden und dann war es auch verwunderlich, wie viele Projekte eingereicht werden. Nur kommt das nicht einfach von so, es braucht einfach Arbeit dahinter. Ich weiß auch nicht, was da passiert mit dem Nachfolgeprojekt von Bellevue, das vielleicht, so verstehe ich das, die Idee ist, ein bisschen mehr einen Festivalcharakter in den Stadtteil zu bringen. Ich weiß es nicht, also ich bin da sehr zwiespältig, ob ich das jetzt interessant finde oder ob das jetzt der Weg ist, den ich gut finde. Es ist halt wieder einmal ein anderer Versuch.

Die Möglichkeit, bestehende Angebote, die es sowieso schon gibt, aber die aufs Stadtzentrum fokussiert sind, in die Stadtteile zu dezentralisieren. Wäre es für dich vorstellbar, das LinzFest als ein Stadtteilkulturfestival durchzuführen oder würde das nicht funktionieren?

Claudia Dworschak: Es würde sicher nicht so funktionieren, wie es jetzt funktioniert. Es ist jetzt einfach eine eingefahrene Schiene, da gehen die Leute hin, das ist, wie wenn sie auf den Urfahranermarkt gehen. Ich sage jetzt einmal, das ist einfach vom Ort abhängig … natürlich funktionieren Sachen wie Festivals auch erst über eine Zeit, wenn ein Ort definiert ist und eine Zeit und die Leute wissen, was sie erwartet. Ich weiß jetzt nicht, ob das so gescheit ist, so umstritten wie das immer ist, aber in seinem Dasein so wie es ist, funktioniert, für die Leute, die das organisieren und veranstalten. Vielleicht muss man etwas Neues erfinden? Ich weiß nur, was mich begeistert hat, aber ich glaube, das war das Festival der Regionen, in Ebelsberg, im Schloss draußen diese Veranstaltung. Ein Beispiel dass es gibt so viele klasse Plätze und Orte in dieser Stadt gibt. Wobei das war dann so, dass kein einziger Ebelsberger dort war. Das war halt einfach Stadtwerkstatt. Also wieder das gleich Publikum, einfach in einem anderen spannenden Ort in der Stadt. Das hat halt auch fast ein bisschen etwas Schickes, oder? Jetzt fahren wir mal dort hin, in den Stadtteil und machen dort etwas. Also das ist jetzt nicht das, was ich meine mit dem, dass dort wirklich etwas ist und die Leute, die dort leben miteinbezogen werden. Das ist jetzt auch, dass die Freie Szene das irgendwie gar nicht so sehr im Blickfeld hat, dass es andere Orte noch gäbe. Aber das ist jetzt vielleicht eine andere Geschichte als die, die ich jetzt meine. Was Stadtteilkultur ist, ist vielleicht jetzt nicht, dass ich persönlich die Veranstaltung dort recht toll fände, sondern für die Leute dort ist das etwas Klasses. Aber natürlich kann man da Formate entwickeln und das haben sie im Franckviertel viel getan. Wir haben einmal im Franckviertel einen DJ-Workshop gemacht, einen ganzen Tag im Volkshaus, wo halt zuerst Workshops waren, wo Texta, Mieze Medusa und verschiedene Leute da waren, mit den Leuten gearbeitet haben und am Abend ist aufgelegt worden. Das war eine irrsinnige Anspannung, den ganzen Tag schon und auch der Abend im Franckviertel. Wir haben das mit dem Jugendzentrum zusammen gemacht und da war eine ganze Crew, die das übernommen hat, die gesagt hat, sie checken das jetzt. Da waren viele Jugendliche, die haben die Möbel hergeschleppt und alles organisiert. Und dann gibt es natürlich auch Spannungen unter den migrantischen Jugendlichen, die genauso bei den Workshops dabei waren und die aber total im Clinch gelegen sind. Das war wirklich so, dass da die … das haben alle gewusst im Franckviertel, dass das passiert und da sind die türkischen Männer alle patrouilliert, die ganze Nacht, damit das jetzt nicht eskaliert, die Geschichte. Das war sehr, sehr angespannt irgendwie. Wir haben nachher erst mitbekommen, was da für eine Situation war, aber es war eine extrem schöne Veranstaltung, muss ich sagen.

Was könnte getan werden, um die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Linz und den umliegenden Gemeinden bei kulturellen Aktivitäten zu verbessern? Egal ob es jetzt Ottensheim ist oder Asten.

Claudia Dworschak: Na ja, Ottensheim ist eh so ein Beispiel, wo das auch funktioniert. Aber das hängt mit den handelnden Personen dann zusammen, oder? Ich glaube jetzt, eine Uli Böker hat einen anderen Zugang zur Kultur oder eine andere Wertschätzung dem Ganzen gegenüber und auch ein anderes persönliches Interesse. Ich kenne jetzt den Bürgermeister von Asten nicht, aber das muss auf politischer Ebene passieren, oder? Und wenn auf der politischen Ebene kein Bewusstsein für ein kulturelles Leben da ist, dann wird es auch keine Verknüpfungen geben. Sowohl in Linz wie auch in der jeweiligen Gemeinde.

Ok, wir sind am Ende des Interviews angelangt. Ist dir irgendetwas abgegangen, möchtest du noch irgendetwas Wichtiges mitteilen?

Claudia Dworschak: Ja, das Thema habe ich zuerst einmal kurz angesprochen. Was mir schon sehr wichtig ist, ist diese … das ist eines von den Themen, mit den Räumen, mit der Nutzung. Einfach jetzt auch aus unserer persönlichen Situation heraus, diese vielen Leerstände in der Stadt, die ich einfach total schade finde und das einfach ganz anders funktionieren könnte. Und damit wäre auch eine gewisse Vermittlung oder eine gewisse Öffnung möglich. Die Stadt hat viel, was ihr gehört und leer steht. Also der ganze Hauptplatz gehört ihr, zumindest rund ums Rathaus. Man hört auch immer von diesen Ängsten. Ich habe das Thema Zwischennutzung … diese Ängste, dass sie die Leute nicht mehr rausbekommen. Das ist irgendwie komisch, das sind so komische Argumente, das kann es irgendwie nicht sein. Ich weiß nicht, was der Grund ist, warum sie es nicht wollen.

Gibt es irgendetwas, das du mir sonst noch mitgeben möchtest, wo du denkst, auf was man bei der Erstellung des neuen Kulturentwicklungsplans, also gerade bei der partizipatorischen Phase, besonders achten sollte?

Claudia Dworschak: Du hast es vorher schon angesprochen. Ich finde es dann immer traurig, die Bedenken, so wie beim Stadtkulturbeirat, der macht einen Kulturentwicklungsplan, der Prozess, der Zeitraum, in dem das entsteht, ist eigentlich recht spannend, weil da wird diskutiert und da wird ausgetauscht und dann ist er fertig und dann warten wir wieder zehn Jahre. Das ist das, wo ich echt Bedenken haben, bei solchen Dingen. Eben, dass man nicht benützt wird immer irgendwie, dass man so etwas macht und dass so etwas dann dasteht und dann ist es das wieder. Wir haben ein Papier, juhu, und jetzt brauchen wir nichts mehr tun. Da ist es notwendig, dass man sich irgendwie eine weitere Vorgehensweise überlegt, wie das auch überprüft wird oder wie auch wirklich dann vorgelegt werden kann, das stimmt, was da drinnen steht, da müssten wir jetzt dann hinkommen, wir sind aber so und so weit davon entfernt. Vielleicht kann man auch etwas machen, dass man das auch verwenden kann.

Gut, passt, danke.

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