Ulrich Fuchs

Geburtsjahr und Geburtsort?

Ulrich Fuchs: 1951, Neustadt an der Waldnaab in Bayern.

Du lebst jetzt in Marseille und in Bremen ist das richtig?

Ulrich Fuchs: Ich habe den Hauptwohnsitz in Bremen und den zweiten Wohnsitz in Marseille.

Von den kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten, die du derzeit ausübst, wie sagt man da? Künstlerischer Leiter von Marseille 2013?

Ulrich Fuchs: Stellvertretender Intendant der Europäischen Kulturhauptstadt Marseille – Provence 2013.

Würdest du sonst noch irgendwelche wichtigen Funktionen gerne angeführt haben, außer deiner ehemaligen stellvertretenden Intendantenfunktion von Linz09, die wir hier auch anführen sollten?

Ulrich Fuchs: Ja klar, also die auf jeden Fall. Du könntest noch dazu schreiben: beurlaubter Hochschullehrer der Universität Bremen und Werder-Fan.

Zu Linz, ein kurzes Assoziationsspiel: Welche Begriffe fallen dir ein, wenn du an „Kulturstadt Linz“ denkst?

Ulrich Fuchs: Unterschätzt, entwicklungsfähig, mit Linz09 großer Sprung, ungenügende politische Konsequenzen.

Wenn du die letzten Jahre betrachtest: Was lief deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung der Stadt Linz?

Ulrich Fuchs: Ich glaube schon, dass ein absolut positiver Aspekt die langfristige Orientierung der Kulturpolitik der Stadt auf die Bewerbung zur Kulturhauptstadt hin war, die hat ja weit vor dem Zeitpunkt stattgefunden hat, zu dem ich zu Linz Bezug herstellen konnte oder Linz mit mir. Das würde ich rückblickend sagen, gerade im Vergleich jetzt mit anderen Kulturhauptstädten beispielsweise, dass die Orientierung der Linzer Kulturpolitik ab 1990 doch ganz deutlich dieses Ziel vor Augen hatte und da ist auch ohne jegliche Einschränkung die Rolle von Siegbert Janko hervorzuheben, als jemand, der das lange Jahre gesteuert hat, Christian Denkmaier auch, aber ich habe mehr Janko mitbekommen, und dann auch die Gruppen, die sich mit ihm zusammengetan haben, die lagen sicher mehr außerhalb der Politik oder des engeren Politikfeldes. Dann auch, dass die Stadt sich ab 1990 in den entsprechenden Etappen entwickelt hat, die du besser kennst als ich, bei der das Lentos eine Rolle gespielt hat und die Pläne, die das Ars Electronica Center betreffen usw. Das ist schon etwas, was ich auf jeden Fall als Bemerkenswertes der Stadt kennzeichnen würde, zumal ich eben gesehen habe in Bremen und auch in Essen, Ruhrgebiet oder auch in Marseille, dass städtische Kulturpolitik selten in der Lage war, in der Vergangenheit so ein Projekt wie Kulturhauptstadt, was ja eine große Etappe darstellt, alleine in Angriff zu nehmen. Das waren meistens von außen gesteuerte oder nicht von der Kulturpolitik gesteuerte Prozesse, die das in anderen Städten ausgelöst haben.

Auf der anderen Seite, mit welchen kulturellen Entwicklungen der letzten Jahre bist du überhaupt nicht zufrieden?

Ulrich Fuchs: Womit ich gar nicht zufrieden war, das schließt einen kritischen Blick auf unsere Tätigkeiten mit ein, dass ich glaube, dass in Hinblick auf den Schwung, den die Kulturhauptstadt ausgelöst hat, für den nachfolgenden politischen Prozess sowohl bei der Stadt selbst als auch bei den politisch Verantwortlichen keinerlei wirkliche Bereitschaft da war, das Projekt als einen Meilenstein einer weiteren Entwicklung zu definieren. Uns ist es aber auch gleichermaßen nicht gelungen, dass in den fünf Jahren zu etablieren. Ich sehe vom Ergebnis her, dass vieles positiv angestoßen worden ist, darauf kommen wir vielleicht noch zusprechen, aber ich sehe schon auch, dass es nicht gelungen ist, so wie das in anderen Kulturhauptstädten teilweise oder mit großen Projekten oft gelungen ist, dass das wie ein Sprungbrett gewirkt hat für die nächste Etappe.

Wo du auch sagen würdest, dass es nicht verstanden wurde, dass Kultur – ich glaube du hast es einmal in einem Zitat gesagt – als Motor der Stadt- oder Regionalentwicklung funktionieren kann?

Ulrich Fuchs: Genau. Paradigmatisch war für mich das Wort von Bürgermeister Dobusch beim Neujahrsempfang 2010, als er gesagt hat, jetzt haben wir ein aufregendes Jahr hinter uns und alle haben unheimlich viel gearbeitet und zusammengearbeitet und das war auch positiv, aber jetzt schalten wir mal einen Gang runter und gehen wieder auf Normalstand und fahren sozusagen wieder die Motoren runter. Und das ist als Botschaft, meiner Ansicht nach, dem Grund nach falsch. Die Botschaft hätte sein müssen, Anfang 2010 – aber wie gesagt, diese Fehlerbeschreibung beziehe ich auch auf unsere Unfähigkeit, dass eben nicht entwickelt zu haben – super, das war jetzt in vielerlei Hinsicht ein Erfolg und in mancher Hinsicht vielleicht nicht so erfolgreich, aber das ist jetzt das Sprungbrett und jetzt geht es weiter und wir machen Tempo und die nächste Etappe ist usw. Das ist schmerzlich, finde ich, das ist schlecht, dass das nicht gelungen ist bei denen, die jetzt politisch das Sagen haben. Ich würde auf der anderen Seite sagen, was ich mitbekomme und ich bekomme relativ viel noch mit, weil der Kontakt auch noch ganz eng ist, zum Beispiel auf der Ebene zwischen Kultur und Tourismus sehen, dass sich da vieles tut oder vieles nicht stehengeblieben ist. Und daher will ich ausdrücklich sagen, dass eben meiner Ansicht nach vor allem auf der Ebene der offiziellen Stadtpolitik es schwer war und schwer ist, die Kulturhauptstadt als eine Etappe zu begreifen und nicht nur als einen Abschlussprojekt

Was wäre dein sonstiges Resümee von Linz09?

Ulrich Fuchs: Ich muss sagen, je weiter das wegrückt und je mehr ich dann ständig Vergleiche hier mit der Arbeit in der Marseille ziehe – das tue ich natürlich ständig – finde ich schon, dass in vielerlei Hinsicht Erstaunliches gelungen ist. Damit meine ich zum Beispiel gerade diese Verbindung, die sich jetzt mit der Eröffnung von Höhenrausch 2 abzeichnet. Ich bin beispielsweise mit Petra Dallinger in regelmäßigen Mailkontakt, sie schreibt mir fast jeden Freitag und ich antworte ihr Sonntags und da merke ich eben, dass das StifterHaus in diesem Gesamtaufwind, was Höhenrausch 2 betrifft, dass sie da einen großen Anteil mitspielen. Dass Georg Steiner mit seiner Tourismuswerbung sich um das StifterHaus bemüht und sie umgekehrt und dass Martin Sturm und Petra Dallinger, die sich natürlich davor auch schon kannten, jetzt zusammen etwas basteln usw. Diese Synergie, die da entstanden ist zwischen einigen Kulturtreibenden, die ja auch im Kulturhauptstadtjahr eine Rolle gespielt hat, das ist ein absolut positives Ergebnis. Oder was diese Bewusstseinswerdung betrifft, derjenigen, die im Handel und Gewerbe in Linz ihr Ein- und Auskommen finden, also von den Hoteliers bis zu den Taxifahrern, Restaurants, Hot Spots usw., dass da eine Qualitätsverbesserung zu bemerken ist, die auch eine kulturelle Qualitätsverbesserung ihrer Serviceleistungen anbetrifft, dass da einiges gelungen ist, was jetzt nicht danach abbricht, sondern wo Initiativen weitergehen sollen. Das finde ich sehr beachtlich. Drittens, dass Kulturinstitute, die durch die Kulturhauptstadt in besonderem Maße eine Rolle gespielt haben, zumindest starke Anstrengungen unternehmen und sich auch immer wieder vergleichen mit dem, was sie jetzt machen, mit dem was 2009 möglich war, also als Referenzbeispiel. Das ist für viele Kulturinstitutionen ja nach wie vor noch wichtig und nicht jetzt all das, was wir an Konflikten auch hatten. Das ist eigentlich im Resümee nicht das, was vorherrscht, auch wenn man es nicht vergessen sollte.

Womit kann Linz deiner Meinung nach im österreichischen Städtewettbewerb punkten, vor allem im Vergleich zu ähnlich großen Städten wie Graz, Salzburg oder Innsbruck?

Ulrich Fuchs: Zum Einen habe ich jetzt einmal nicht nur in Marseille, sondern auch in Frankreich, weil ich jetzt auch öfter in Paris tätig war, in touristischen Angelegenheiten, erstaunlicher Weise von ganz vielen Leuten gehört: „Ja, Linz das haben wir mitbekommen.“ Und zwar ganz erstaunlich oft auch so: „Ich war da.“ Also auch Journalisten, es gibt diesen Guide de Routard, das ist ein französischer Globetrotter, ein Reiseführer, und einer, der einen Fahrradreiseführer herausgegeben hat für Europa, und auch andere: „Ja, sie waren da 2009, sie haben sich das angesehen, auch in Hinblick auf die Kulturhauptstadt.“ Ich glaube, vor fünf Jahren hätten bei der Erwähnung der Stadt Linz weniger Leute mit irgendeiner Assoziation reagiert als es derzeit der Fall ist, selbst in Frankreich, und in Marseille klar. In Marseille ist es eindeutig so, dass das über meine Person läuft und ich erwähne dann auch immer, dass ein Marseiller Künstler, der an dieser Friche-Belle-de-Mai tätig ist und der in Marseille wenig bekannt ist, viel weniger bekannt ist, als er sein müsste, dass der mit einer Theaterinstallation in Linz zu sehen war. Das war diese Geschichte vor dem Lentos, die diese Auffanglager der europäischen Außengrenzen thematisiert hat. Das ist für mich immer ein ganz gutes Beispiel, wenn die Marseiller freie Kulturszene sich beschwert, wir würden zu wenig für sie machen, was ja ähnlich wie in Linz war. Dann sage ich: „Ja, wir haben zum Beispiel nach Linz Jean Michel Bruyère eingeladen, weil diese Arbeit von ihm so außergewöhnlich interessant war. Damit war das Theater Phönix jetzt auch nicht unbedingt glücklich, dass wir jemanden aus Frankreich eingeladen haben, aber das ist eben halt die Aufgabe einer Kulturhauptstadt, dass man auch Referenzen von außen holt. Von daher, Linz ist sicher in Frankreich oder da wo Kultur gehandelt wird … oder hat durch diesen Kulturhauptstadtstatus einen Zugewinn an Kenntnis bei den Leuten, die nicht da waren. Es gibt eine Art eindeutigere Assoziation, die eben einerseits über die Ars Electronica nach wie vor läuft – das kennen wirklich auch viele – und dann ist aber, finde ich, eine Assoziation jetzt stärker vorhanden, sozusagen: Linz ist Zeitgenössisches in Österreich. Das geht dann über den Begriff der Nouvelles technologies, wie hier die Medienkunst genannt wird, hinaus. Zeitgenössisches erwartet man sich nicht von Wien oder von Salzburg, sondern von Linz und das war der Ausgangspunkt für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt, das war in gewisser Weise auch, verglichen mit anderen Programmen von Kulturhauptstädten, eindeutig ein Schwerpunkt von Linz09, wo Zeitgenössisches eine starke Rolle gespielt hat und das ist meiner Ansicht nach auch ganz klar das Potenzial. Damit hat Linz gegenüber Kassel oder Münster zumindest gleichgezogen, ich würde nicht sagen überlegen. Kassel hat die Documenta und die Gesamthochschule, danach ist es schon schwierig mit Kassel etwas zu verbinden. Münster hat diese Skulptur.Projekte und eine große Universität, im viel breiteren Sinne als jetzt in Linz das der Fall war und eine Orientierung als ökologische Stadt, das muss man bei Münster ganz klar sagen, aber in der Hinsicht hat Linz, glaube ich, zumindest einmal aufgeschlossen. Ich finde es richtig, dass man die Parameter für Vergleich von Linz auch außerhalb von Österreich aussucht. Ich meine, Graz ist sicher immer wieder eine Referenz für Linz, aber dass man sich auch eine außerhalb von Österreich sucht und dass man dabei eben dann nicht irgendwie nach Berlin oder Hamburg oder Köln oder so greift, sondern dass man tatsächlich, selbst wenn es die dritte Stadt Österreichs ist, nicht das dann verhebt und sagt Lille oder Liverpool.

Ich glaube, das hat sich in der Kunst und Kultur noch nicht so herumgesprochen, im Tourismus schon, Second Cities. Nächste Frage: Wie schätzt du das Verhältnis von Hochkultur – Subkultur – Volkskultur in Linz ein?

Ulrich Fuchs: Alle drei sind jetzt nicht die starken Felder, muss man als erstes sagen, es sei denn man definiert Hochkultur – und das würde ich durchaus so verstehen – unter expliziter Einbeziehung zeitgenössischen Kulturwirkens. Das muss man da, glaube ich, so sehen. Die starken Faktoren, starken Institutionen, die Hochkultur in diesem oder in weiterem Sinne auch vertreten, sind für mich ganz klar nach wie vor das OK, das Lentos, sicherlich auch die Landesgalerie und die Ars Electronica. Wenn man unter Hochkultur nicht nur die Oper oder das Stadttheater oder das Landesmuseum versteht, sondern das auch im Bereich der Hochkultur auffasst, dann sind das die starken Faktoren. Aber das, was jetzt vielleicht ein Burgtheater ist oder das Kölner Schauspiel oder das Thalia Theater, da ist Linz sicherlich in der Hinsicht kein ausgesprochen interessanter Ort, was Hochkultur in dieser betrifft. Was Subkultur betrifft, da ist Linz für mich ein Beispiel einer neuen Definition. Man sieht ganz klar, dass sich dieser Bereich neu definieren muss, weil Subkultur halt über lange Jahre eine Rolle gespielt hat, als die bürgerliche Hochkultur sich nicht auf Experimente eingelassen hat, sondern wirklich nur tradiertes und abgesichertes und publikumsfreundliches auf das Programm gesetzt hat. In der Hinsicht war Linz dann offenbar – also vor der Zeit, zu der ich es kennengelernt habe – ein Ort, in dem Subkulturelles eine große Chance hatte, sich zu entwickeln, Nischen auszubilden, innovative Ansätze zu entwickeln usw. Das fand ich in der Zeit, in der ich in Linz gelebt habe, eher mühsam, dass aus diesem subkulturellen Bereich Anstöße für die Kulturhauptstadt gekommen wären. Aber das ist wiederum kein Spezifikum, das war in Bremen ähnlich, das hat etwas mit der veränderten Bandbreite der Hochkultur zu tun.

Dass so etwas wie eine Vereinnahmung fast stattfindet von subkulturellen Strömungen?

Ulrich Fuchs: Ganz genau. Ich glaube, man kann es im Theaterbereich ganz gut festmachen. Bevor Michael Klügl das Landestheater geöffnet hat, hatte das Theater Phönix wirklich die autonome Stellung dafür, dass subkulturelle Theaterströmungen in Linz eben auch vorkamen. Und nachdem das Landestheater sich programmatisch gesehen erweitert hat, ist dieser Spielraum für das Phönix enger geworden. Da hat eben auch das Landestheater, was weiß ich, sogar auf der Hauptbühne oder auf den Nebenbühnen, Eisenhand usw. Stoffe behandelt, die ursprünglich einmal das Privileg und das Monopol der subkulturellen Theaterszene waren. Nachdem das nicht mehr der Fall war, ist es schwer, zu definieren, was macht dann eine freie Theaterszene aus? Dann habe ich halt Zweifel, ob das dann „Kabale und Liebe“ oder eine Schilleraufführung ist, wo dann die subkulturelle Szene eine Differenz zur Hochkultur machen soll. Da glaube ich, auch das Phönix hat in Linz nicht so richtig seine Rolle gefunden, wie es sich abseits dieses geöffneten Stadttheaterprogramms neu positionieren kann und das trifft möglicherweise für andere Bereiche auch zu. Wo ich immer gedacht habe, da wäre es am einfachsten, ist der Musikbereich, weil das Brucknerhaus ist ja wirklich immer noch Tempel der bürgerlichen Hochkultur gewesen und der Posthof hat die Funktion, im Musikbereich eine ganz andere Schiene zu fahren, aus meiner Sicht nicht wirklich sich aufdrängend wahrgenommen in der Vorzeit, also in der Phase der Kulturhauptstadtvorbereitung. Was Volkskultur anbetrifft um das dritte Feld zu streifen, glaube ich, dass die Kulturhauptstadt oder dass diese Erfahrung 2007, 2008 und 2009 wirklich hochinteressant war, weil sich da in diesem Projekt „Brauhaus“, was vielleicht nicht so richtig wahrgenommen worden ist … wir hätten es wahrscheinlich viel länger machen sollen und auch prominenter. Wir waren ja selber überrascht von dem Erfolg, entgegen dem, was ein Teil der Landeskulturdirektion unter Volkskultur versteht, die ja die alleinigen Pächter dieses Begriffes sind, weil in der städtischen Kulturpolitik spielt das ja kaum eine Rolle. Die haben eigentlich nach wie vor einen Volkskulturbegriff getragen und vermittelt, der mit der Realität im Brauhaus relativ wenig zu tun hatte und da muss ich auch sagen, dank Gotthard Wagner und Susanne Possega usw. ist da wirklich eine Programmierung entstanden, die Volkskulturelles zu Tage befördert hat, was ehemals vielleicht Subkultur war und mittlerweile aber auf Publikumsakzeptanz gestoßen ist, die ganz erstaunlich war. Also das finde ich jetzt auch für den Kulturentwicklungsplan für Linz interessant, was sich da aus der Volkskultur an neuen Strömungen ergibt, mit diesem Festival, das Wagner in Freistadt macht und was in Oberösterreich ohnehin vorhanden ist, teilweise auch in Linz, eine Aufnahme von volkskulturellen Elementen und die Weiterentwicklung in moderner Musik und Poesieformen. Dieses G’stanzlgedicht mit politischen Anspielungen war auch etwas, was mich sehr überrascht hat. Das sind Potenziale, sicher nicht die riesengroße Schiene, aber es ist Potenzial.

Wenn du einzelne künstlerische Disziplinen wie Malerei und Grafik, Tanz, Theater, Musik, Literatur, Film, Fotografie usw. betrachtest: Wo würdest du meinen, wäre in der Stadt noch besonderes Entwicklungspotenzial vorhanden?

Ulrich Fuchs: Ich glaube schon, dass die Szene, die aus der Kunstuniversität entsteht und zu der wir aufgrund von verschiedensten Konflikten mit der Kunstuniversität und deren Leitung schweren Zugang gefunden haben … das war sicherlich auch einer der Negativpunkte, dass das nicht gelungen ist, die Kunstuniversität auf eine attraktive und aktive Art und Weise einzubeziehen. Aber ich habe da immer das Gefühl gehabt … es haben sich ja dann einige von den Hochschullehrern und Studierende in Projekten wiedergefunden, wenn auch nicht auf eine explizite Art. Also ich glaube schon, dass das für Linz nach wie vor ein Potenzial wäre, Leute, die im Bereich Design und Architektur, gerade Architektur, ausgebildet werden, denen ein kulturelles Format zu geben und eine kulturelle Äußerungsform oder eine Plattform, wo dieses kreative Potenzial, das aus der Universität erwächst, in der Stadt auch sichtbar und spürbar wird. Das glaube ich, hätte Potenzial für Linz. Ich glaube auch, dass Literatur in Linz Potenzial hat. Das muss ich auch sagen, wenn ich da rückblicke. Das ist zwar ein Klischee, dass Österreich und die Schweiz immer die Länder waren, die vergleichsweise, was deutschsprachige Literatur betrifft, viel größere Produktivität und Phantasie entwickelt haben, verglichen mit Ost- oder Westdeutschland, wenn man jetzt einmal die Größe annimmt, aber ich denke, dass in Oberösterreich außerordentlich viele literarische Talente sind. Und das StifterHaus ist unglaublich kompetent in der Leitung, fachlich, aber angesichts eines zu kleinen Rahmens, den das Land Oberösterreich vorgibt, nur bedingt handlungsfähig. Das ist auch eine klassische Kulturinstitution, die sich in der Leitung erneuert hat und einen guten Weg geht, aber wo es unglaublich schwer ist für die Leitung, mit einem über Jahre geronnenen Betrieb, neue Wege zu gehen.

Welche drei thematischen Schwerpunkte mit Kunst- und Kulturbezug werden zukünftig die größten Herausforderungen für die Stadt darstellen?

Ulrich Fuchs: Ich beantworte die Frage jetzt wirklich subjektiv. Ein Thema ist ganz klar, dass ich noch einmal versuchen würde zu besprechen, ohne jetzt die Zielgerichtetheit, wir vergeben Subventionen oder wir vergeben Budgetmittel für 2009. Was sind jetzt – ohne rhetorische Verrenkungen – die positiven und negativen Erfahrungen von Kulturhauptstadt? Wo hat man Fehler gemacht, wo war eine richtige und gute Linie usw.? Das zweite, was ich ansprechen würde, wäre, wo sind jetzt die größten Hemmnisse für eine nach vorne gerichtete Kulturpolitik in Linz. Ich hätte da dann zwei oder drei Analysen zu geben, die ich auch sagen würde und würde dann sagen: Wie kann man diese Hemmnisse und Blockaden lösen? Und das dritte wäre, dass ich auf jeden Fall vorschlagen würde: Wo können wir uns von außen Diskussionseinflüsse organisieren? Also wer hat Erfahrungen, wer hat Kontakte, wer hat Arbeitsbeziehungen, wer hat Interesse, welche zu entwickeln? Dass man sagen kann, lasst uns schauen, wie geht man in einer Stadt wie Marseille mit 30 bis 40 Prozent Migranten um? Oder lasst uns schauen nach Kassel, wie bauen die alle vier oder fünf Jahre die Documenta auf und was passiert in der Stadt in der Vorbereitungs- oder in der Nachbereitungsphase? Also Vergleichbare Beispiele im internationalen europäischen Bereich. Das wären die drei Themen, die ich ansprechen würde.

Zu einzelnen Themenbereichen. Kurz zu junge Potenziale und Nachwuchsförderung …

Ulrich Fuchs: Ich glaube einfach, dass das jetzt in Hinblick auf die ATW, auf quasi eine zweite Etappe zwischen 2010 und 2020, in Linz meiner Ansicht nach der entscheidende Faktor ist. Einerseits liefert Linz durch seine Universitäten, durch die Kunstuniversität und durch die sonstigen Hochschulen, jedes Jahr eine ganze Menge AbsolventInnen aus der Universität. Und ich glaube das nach wie vor, diese mehrfach wiederholte Überzeugung, dass so genannte Second Cities dann erfolgreich sind, in der Ansiedlung von jungen Leuten, wenn sie drei entscheidende Faktoren liefern. Das ist die Möglichkeit, Arbeitsplätze zu finden oder Einkommen zu sichern, wenn sie ein entsprechendes Kultur- und Bildungsangebot in der Stadt vorfinden, weil AbsolventInnen nach ihrem Abschluss in der Regel auch einen Teil daran denken, Familie zu gründen und Kultur- und Bildungsangebote da wichtig sind und drittens, wenn sie den Faktor von Freizeitangeboten bieten, die überdurchschnittlich sind für eine mittlere Stadt oder die über dem Durchschnitt liegen. Das glaube ich wirklich, dass das fast europaweit gilt, dass diese Nicht-Metropolen eigentlich nur dann bei der knapper werdenden Ressource von gut ausgebildeten jungen Eliten eine Chance haben, wenn sie auf diesen drei Sektoren punkten.

Zum Themenbereich Internationalität, Linz09. Inwieweit ist es deiner Meinung nach wichtig, dass sich Linz überhaupt als internationale Kulturstadt positioniert?

Ulrich Fuchs: Wichtig ist es meiner Ansicht nach deswegen, weil die ökonomische Entwicklung von Linz ganz klar auf Internationalität ausgerichtet ist und daher auch eigentlich eine größere Sichtbarkeit der Internationalität oder Wirksamkeit der Internationalität vorhanden ist. Ich habe da in Linz immer gefunden, dass im ökonomischen Bereich, was die Vernetzung der strukturgebenden Industrien oder der Wirtschaft von Linz anbetrifft, die international mehr weiterentwickelt sind als der Politikbereich oder als der Kunst- und Kulturbereich oder als der zivilgesellschaftliche Bereich insgesamt. Während viele Akteure im Provinziellen herumtummeln, ist eigentlich diese Ebene – der Bereich VÖEST Alpine, Borealis, Chemie Linz, Textil Linz usw. – längst in der Internationalität angekommen. Ich glaube, dass es für das Verhältnis zwischen Kultur und Wirtschaft, was ja auch ein Punkt war, der durch Linz09 zumindest ein paar Anstöße bekommen hat, gut wäre, aufzuschließen oder anzuschließen. Wenn ich jetzt zum Beispiel an die Biennale Cuvée denke oder an das Festival Ars Electronica, dann ist das ja zum Teil auch realisiert und stark angestrebt usw. Insofern glaube ich schon, dass Linz von den österreichischen Städten her, wenn man jetzt von der Hauptstadt absieht, aber viel mehr als Salzburg und Graz, Potenzial hat, im internationalen Bereich sich zu positionieren.

Inwieweit hat eigentlich Linz09 dazu beigetragen, dass sich Linz international stärker positioniert?

Ulrich Fuchs: Was ich immer noch versuche, sehr stark mitzufördern aus der Ferne ist das Salzamt. Klein aufgestellt, zu klein aufgestellt, zu schwach von der Finanzierung, von der personellen Ausstattung, leider, aber bei all den Treffen der Kulturhauptstädte, die ja nach wie vor regelmäßig stattfinden freue ich mich sehr, dass Holger Jagersberger als Vertretung von Gerda Forstner bei diesen Treffen auftaucht. Und ein Thema, das Holger Jagersberger immer wieder aufgreift bei der Gelegenheit, ist eben auch, dass er bei den künftigen Kulturhauptstädten das Artists-In-Residence-Programm vom Atelier Salzamt anbietet oder ins Spiel bringt und da versucht Kontakte, zu knüpfen. Ich glaube, dass Liverpool das ganz geschickt gemacht hat. Die sind eigentlich immer noch in diesem Netzwerk der Kulturhauptstädte aktiv, obwohl das jetzt drei Jahre her ist, sie gelten als Experten für Evaluation von Kulturhauptstädten, unter anderem durch dieses Impact-08-Projekt, von Beatriz Garcia getragen. Linz könnte sich zum Beispiel bei den künftigen Kulturhauptstädten positionieren als die Stadt, die Artists-In-Residences regelmäßig im Salzamt als „Botschafter“ von Kulturhauptstädten anbietet. Damit schafft man umgekehrt Bedingungen, weil die bei den Kandidaten oder ernannten Kulturhauptstädte angewandten Regeln auch in der Vorbereitungsphase gelten. Das heißt, mit denen zu verhandeln, ist aussichtsreicher als wenn du die Kulturverwaltung in Regensburg anschreibst oder irgendeine Partnerstadt von Linz wie Modena oder Tampere oder sonst wo. Da glaube ich schon, dass ein Potenzial besteht. Ansonsten glaube ich, dass die größeren Kultureinrichtungen wie Lentos, AEC, OK, Landesgalerie, zumindest einen Schub bekommen haben, was Internationalität betrifft und das auch fortzusetzen denken, was ich so mitbekomme. Bei anderen ist es sehr einmalig geblieben.

Welche Maßnahmen, außer Artists-In-Residence, sollte die Stadt setzen, um sich im Kunst- und Kulturbereich weiter international zu öffnen? Was würdest du als Sofortmaßnahmen setzen?

Ulrich Fuchs: Mir fällt jetzt gerade ein, dass ich ein bisschen mit Bedauern feststelle, wenn ich hier in Frankreich, mit einem in Marseille großen Akteur rede, der international wahnsinnig gut vernetzt ist und auch gut finanziert ist, der Straßenkunst repräsentiert – die Organisation heißt „Lieux Publics“, also Öffentliche Orte, und die haben eine europäische Förderung von 1,5 Millionen Euro, was ein wahnsinniger Betrag ist und die sind bei uns mit einem Projekt namens „Metamorphosen“, die Umgestaltung von Stadtteilen durch Straßenkunstbeauftragte, mit einem sehr hohen Budget von unserer Seite – und wenn ich mit denen über Österreich rede und Internationalität, dann erwähnen sie Graz und das Straßentheater-Festival „La Strada“. Wenn ich ihnen dann sage, es gibt aber auch in Linz das „Pflasterspektakel“, dann sagen sie: „Ja, das haben wir schon einmal gehört, aber eigentlich waren wir nie da. Die haben auch keinen Kontakt mit uns, obwohl das ein europäisches Netzwerk ist.“ Das liegt sicherlich weder an der mangelnden Kenntnis von Gerda Forstner, noch am mangelnden Willen, am europäischen Netzwerk mitzuarbeiten, aber an Ressourcen. Da komme ich jetzt auf den Punkt, den ich meine. Eine Stadt, die, was ihre internationalen Beziehungen anbetrifft, mit einem gutwilligen und prima aufgestellten Referenten bearbeitet, Oliver Theusl, der aber allenfalls 20 Prozent seiner Arbeitskraft in Internationales stecken kann und dabei noch viele Formalitäten mit, ich glaube 16 verschiedenen Partnerstädten für die Vizebürgermeisterin abwickeln muss … und damit ist aber Internationalität, was die Stadt anbetrifft, Schluss. Es gibt keine Referenz dafür, im Kulturbereich beispielsweise, und im Tourismusbereich ist es Good Will, aber mangels Kompetenz schwach entwickelt. Als Kulturreferent würde ich bei Linz Kultur auf jeden Fall darauf achten, dass da jemand ist, der diese Internationalität, vielleicht in einer Stabstelle a la Theusl, nach vorne trägt.

Ein Büro für internationale Beziehungen?

Ulrich Fuchs: Ja. Das ist auch etwas, wo ich mir im Rückblick fast wieder Vorwürfe mache. Es ist uns nicht gelungen, so eine qualifizierte Frau wie Brigitte Zierhut längerfristig zu positionieren. Ich weiß nicht, ob du die kennengelernt hast, die bei Linz09 diese 122 Delegationen betreut hat, die im Laufe des Jahres da waren. Sie macht jetzt die Öffentlichkeitsarbeit bei diesem Festival in Gmunden bei Jutta Skokan. Und Brigitte Zierhut ist jemand, die enorm viel an internationalen Kontakten hergestellt hat, hätte eigentlich sofort von der Stadt engagiert werden müssen, zum Beispiel im Kulturbereich, wenn auch nicht mit einer festen Stelle, aber zumindest mit einer Mission, also mit dem Auftrag, diese Internationalität weiter zu pflegen. Ich befürchte, dass das jetzt ein bisschen versickert. Ich wünsche Julius Stieber, dass er da die Energie aufbringt, das zumindest zu einer seiner Prioritäten zu machen. Ich weiß, dass es wahrscheinlich alltagsbedingt auch andere Prioritäten gibt, aber noch ist es nicht zu spät, diesen Anschluss, was Internationalität anbetrifft, irgendwo als eine Mission von Linz Kultur zu sehen, notwendigerweise zusammen mit dem Land auch. Weil Landeshauptmann Pühringer investiert ja relativ viel oder hat zumindest eine Personalressource und auch Geld. Dann ist das etwas unbeholfen manchmal, wie sich das artikuliert, mit „Ihr Oberösterreicher in der Welt“ , dann holt er Botschafter, die über die Attraktivität Oberösterreichs berichten usw. Aber ich habe auch den Eindruck, dass das, was wir da angestiftet haben, dass Stadt und Land zumindest und der Tourismus sich gemeinsam verantwortlich gefühlt haben für diese internationale Vernetzung, für die Gäste, dass das auf der Spur „unter ferner liefen“ gelandet ist.

Zurück zu junge Potenziale, Nachwuchsförderung: Inwieweit denkst du, dass Linz für junge Kunst- und Kulturschaffende ausreichende Möglichkeiten zur Betätigung bietet?

Ulrich Fuchs: Ich finde nach wie vor, wenn man den Maßstab einer 200.000-Einwohnerstadt nimmt, bietet Linz wirklich viel, gerade auch aufgrund der Orientierung zum Zeitgenössischen hin, da gibt es sehr viel Potenzial. Also für eine 200.000-Einwohnerstadt, die Maßstäbe Kassel, Münster usw., verglichen damit, hat das, wenn man da einen Benchmark anlegen würde, wirklich erhebliches Potenzial.

Und trotzdem passiert es, dass die Diskussion relativ stark geführt wird, zumindest im Kunst- und Kulturbereich, nämlich die zwei Bewegungen, die es gibt. Eine hast du schon beschrieben, die Abwanderung von jungen Potenzialen. Das zweite ist natürlich, dass es nicht nur darum geht, die Abwanderung von jungen Potenzialen zu verhindern, sondern auch darum, wie man junge Talente, junge KünstlerInnen verstärkt in die Stadt locken kann. Was müsste dazu getan werden, um die eine Bewegung zu verhindern und die andere zu verstärken. Da wird es nicht nur getan sein mit Artists-In-Residence-Programmen, oder?

Ulrich Fuchs: Aus meiner Sicht braucht es gezielte Existenzförderungsprogramme. Ich meine, der Bereich der in Linz beim Wirtschaftsressort angesiedelt ist, bei Stadträtin Wegscheider, was von der Sache her nicht verkehrt ist. Ich hatte immer den Eindruck, dass die Leute, die bei Wegscheider dahinter stehen, hinter diesem Kreativwirtschaftsprogramm, vergleichsweise mit anderen Bereichen in Linz eine relative Kompetenz auch ausgestrahlt haben und wie Wegscheider sich geäußert hat zu diesem Thema war sie nicht schlecht gebrieft zumindest. Zum Beispiel so eine Vernetzung zwischen Kulturpolitik und diesem Bereich von Wirtschaftsförderung unter Einbeziehung des Aspekts Kreativwirtschaft, dass wäre sicherlich eine Spur, die für Linz maßgeblich wäre, also Attraktivität bedeutet. Das ist ja etwas, was in anderen Bereichen staatlicher Wirtschaftspolitik fast gang und gäbe ist, also mit Sicherheit wird dann die Klein- und Mittelindustrie und das Techcenter, die TMG … da sind ja Instrumente vorhanden. Ich glaube, was noch nicht richtig gelungen ist, ist die Vernetzung dieser wirtschaftspolitischen Instrumentarien mit dem, was ein Kulturentwicklungsplan in Linz auf dem Schirm hätte. Wenn es euch da gelingt, mit einem Kulturentwicklungsplan 2 für eine stärkere Vernetzung dieser Politiken im Kulturbereich und im Wirtschaftsbereich zu sorgen, wäre viel geholt.

Es materialisiert sich ja auch, wenn du sagst Ateliers. Das Salzamt als Beispiel ist ein reines KünstlerInnen-Atelierhaus, klein, unterdotiert, abgeschottet in Richtung dieses Wirtschaftsbereichs. Auf der anderen Seite gibt es mittlerweile vier Kreativwirtschaftszentren, die aus der Wirtschaftspolitik kommen, wo nur GrafikerInnen, kleine Werbeunternehmungen, drinnen sind. Aber die Verbindung zwischen den beiden Bereichen, die wichtig wäre, ist auf keinen Fall gegeben.

Ulrich Fuchs: Du denkst da wahrscheinlich an die Lederfabrik?

Genau, als ein Beispiel dieser Kreativwirtschaftszentren.

Ulrich Fuchs: Das habe ich mir damals auch angesehen, diese Lederfabrik. Das war etwas, das Wegscheider am Herzen lag, auch zu Recht. Das bietet viel Potenzial, aber da fehlt dann eine entsprechende Kompetenz, was den Content der Sache betrifft. Aber da sind ja diese Leute, die bei Wegscheider arbeiten, durchaus nicht beratungsresistent. Da fehlt das Bindeglied zwischen Kulturpolitik und Wirtschaftspolitik.

Welche Rolle spielt die Kunstuniversität in diesem Zusammenhang? Die wäre ja prädestiniert für ein derartiges Bindeglied?

Ulrich Fuchs: Absolut, aber auch da ist … ja vielleicht fehlt es da auch. Die Kunstuniversität ist, was städtische Politik anbetrifft, bei Stadtrat Mayr angesiedelt. Ich meine, diese Ressortaufteilung in Hinblick auf diese Stadträte ist ja das Ergebnis von Koalitionsverhandlungen, ein Austarieren von politischen Kräften oder von politischen Interessen und nicht jetzt der logischen oder inhaltlichen. Aber wenn dem dann so ist, dass Kultur in dem einem Ressort liegt, Wissenschaft und damit die Kunstuniversität in dem anderen und Wirtschaft noch einmal in dem dritten, dann wäre es zumindest auf der Ebene der Administration, die ja dann meistens die politischen Wechsel überlebt, wichtig, dass da Schnittstellen beschrieben werden und dass auf der Ebene von Direktoren oder von Leitungspersonal klare Aufträge formuliert werden, wie diese Schnittstellen zu bearbeiten sind. Da habe ich jetzt gerade drei Bereiche genannt, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft, die in der Hinsicht schwach miteinander vernetzt sind. Und wo jetzt obendrein, was die politische Leitung oder die politische Verantwortlichkeit anbetrifft, unterschiedliche Kräfte wirken, also ein ÖVP-Kulturreferent, eine ÖVP-Wirtschaftsreferentin und ein SPÖ-Wissenschafts- und Finanzreferent und auf der Ebene der Kultur bis dato mit Siegbert Janko ein sozialdemokratischer Verantwortlicher, der in dieser Hinsicht vergeblich probiert hat, den Spagat zu schaffen.

Zum Bereich der Kreativwirtschaft. Ist dir im Zusammenhang mit Linz09 ein Bereich aufgefallen, wo du überrascht warst, dass der unerwarteter Weise gut aufgestellt ist?

Ulrich Fuchs: Im Bereich der Kreativwirtschaft? Ich fand überraschend am Ende des Jahres – das hat Kannonier neulich bei einem Interview bedauert, dass das bei Linz09 nicht den entsprechenden Stellenwert hatte und da ist auch ein bisschen etwas dran, aber zumindest hat es eine sehr späte Wirkung gehabt – was mit dieser Tagung zum Thema Design im Kepler Salon stattgefunden hat und auch mit diesem Designparcours, der da durch die Stadt an einem Wochenende im Oktober gelegt wurde. Da war ich überrascht. Da ist sicherlich, auch wenn Kannonier das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hat, etwas dran, dass dieser Bereich Design in Linz eigentlich stärker vertreten ist als ich das am Anfang mitbekommen habe und als wir es auch entwickelt haben. Diese Idee von einem Designparcours habe ich jetzt übrigens, ohne dass ich die Autorenschaft Linz09 genannt habe, hier in den Kopf der Mitarbeiter bei Marseille – Provence 2013 implementiert, weil Marseille ist in der Hinsicht vergleichsweise für eine große Stadt nicht besonders entwickelt, also es gibt kein großes Designprojekt in dem Sinne. Das ist dann doch mehr in Paris und Lyon. Aber so ein Parcours durch das, was vorhanden ist, um es zu stärken, das wird es 2013 geben. Das ist ein Bereich, der überraschender Weise stärker war, als ich gedacht habe.

Willst du noch irgendetwas mitteilen, auf das wir bei der Erstellung des Kulturentwicklungsplanes achten sollten?

Ulrich Fuchs: Ich glaube, das erste was mir einfällt ist, legt Wert darauf, dass ihr euch vergleichbare Städte anschaut, also Masterpläne gibt es ja zum Thema. Ich würde mich da wirklich umsehen. Aus meiner Sicht in Deutschland, Aachen da weiß ich es genau, Aachen hat einen Kulturentwicklungsplan erstellt, auch mit jemanden, den ich kenne, Christoph Backes. Ich würde mir da wirklich Referenzbeispiele ansehen und dann immer – klar, es gibt nichts etwas, was man kopieren kann – schauen, was man als Anregung aufgreifen kann aus anderen Stadtentwicklungsplänen.

Danke.

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