7. Kunst und Kultur vermitteln

Kulturelle Bildung bildet die Summe aller Räume, Situationen, Formen und Strukturen, in denen eine Auseinandersetzung mit künstlerischen Disziplinen angeregt wird. Neben der ästhetischen Bildung, die sowohl die kreative Entwicklung des Individuums als auch die Reflexion des Menschen über sich, seine Umwelt und die Gesellschaft im künstlerischen und kulturellen Kontext umfasst, zählen auch soziale und politische Bildung dazu. In diesem erweiterten Verständnis ist kulturelle Bildung im Sinne von „Kultur für alle“ die essenzielle Grundlage für eine selbstbestimmte Persönlichkeitsentwicklung, für eine aktive Teilnahme am kulturellen Leben einer Gesellschaft und für die Wahrnehmung der Vielfalt im Zusammenleben. Kunst- und Kulturvermittlung ist das ergänzende kommunikative Element, das sich über unterschiedliche Formate und Zielgruppen definiert und sich verschiedenster Mittel und Techniken bedient – von pädagogisch-didaktischen Ansätzen über interkulturelle* Angebote bis hin zu Kommunikationstechnologien und Social Media*. Kulturelle Bildung steht für einen ganzheitlichen Lernansatz und für lebenslanges Lernen, das alle Bevölkerungsgruppen und Generationen einschließt. Für die Wachstumsbranche Kultur- und Kreativwirtschaft übernimmt kulturelle Bildung auch die Funktion der beruflichen Verwertbarkeit von Inhalten, was eine Höherstellung der musischen und ästhetischen Bildung vor allem im berufsbildenden Schulbereich und in der Lehrlingsausbildung sowie in beruflichen Weiterbildungsprogrammen dringend notwendig macht.

Die Stadt Linz befürwortet daher Maßnahmen zur Stärkung der Kreativausbildung im Pflichtschulbereich, die im Rahmen einer Zusammenarbeit der Kunstuniversität und der Anton Bruckner Privatuniversität mit den Pädagogischen Hochschulen in Linz erfolgen könnte. Gleichzeitig unterstützt die Stadt Linz eine Aufwertung von Universitätsstudien und -lehrgängen mit kunstpädagogischen und kunstvermittelnden Inhalten gegenüber den rein künstlerischen Fächern in Musik, bildender, angewandter und darstellender Kunst. Interdisziplinäre* Ausbildungen sollen AbsolventInnen von Kunstuniversitäten im Sinne einer Verschränkung von künstlerisch gestaltender, vermittelnder und kulturwissenschaftlicher Praxis für neue Berufsfelder qualifizieren, von denen Erwachsene, Jugendliche und Kinder gleichermaßen profitieren.

Damit einhergehend forciert die Stadt Linz Prozesse, um das Berufsbild von Kunst- und KulturvermittlerInnen weiter zu etablieren und die Rahmenbedingungen für Kunst- und Kulturvermittlung in Bezug auf Ausbildung, Qualifizierung und Professionalisierung zu verbessern. Eine Plattform zur Bündelung dieser Anstrengungen soll installiert werden, um die beteiligten Einrichtungen, Initiativen und Personengruppen in Linz zum Informations- und Erfahrungsaustausch zu vernetzen. Weiters sollen dabei die Qualitätsentwicklung und -sicherung diskutiert, die Beteiligten für Schwerpunktthemen des Kulturentwicklungsplans sensibilisiert und die Rahmenbedingungen für Kunst- und Kulturvermittlung insgesamt verbessert werden. Im Kontext dieser Bemühungen sind auch die Betroffenen aus dem Bereich der Ausstellungskonzeption und -produktion einzubeziehen. Nicht zuletzt ist das Angebot der Kunst- und Kulturvermittlung auch auf die touristische Perspektive abzustimmen [siehe Kapitel „Vernetzung und Kooperation stärken“].

Kunst- und Kulturvermittlung ist selbstverständlicher Bestandteil jeder Einrichtung, Initiative und Vereinigung in der Linzer Kunst- und Kulturszene. Mit der Erweiterung des Vermittlungsangebots in Linz muss auch der gesellschaftlichen Diversität der Stadt Rechnung getragen werden. Bei der Konzeption und Umsetzung von besucherorientierten Vermittlungsprogrammen soll es zu einer Beteiligung von PublikumsvertreterInnen im Allgemeinen und zur Einbindung von Zielgruppen im Besonderen kommen. Generell wird eine verstärkte Kooperation von Kulturund Bildungseinrichtungen bzw. -initiativen angestrebt. Gleichzeitig soll das Selbstverständnis von Kultureinrichtungen als Orte interdisziplinären* Lernens intensiviert und eine wissensproduzierende und von Institutionen unabhängige Kunst- und Kulturvermittlung gestärkt werden.

Mit dem Wissensturm wurde bereits ein europaweit beachtetes Beispiel barrierefreier kultureller (Erwachsenen-)Bildung in Linz geschaffen, das mit der Volkshochschule, der Stadtbibliothek, der Medienwerkstatt und dem Lernzentrum LeWis Kultur und Bildung umfassend verschränkt. In Bezug auf die Lesekompetenz als zentraler Schlüsselfaktor in der Vermittlungs- und Bildungsarbeit ist die Stadtbibliothek eine wichtige Anlaufstelle, um das bestehende Angebot zur Leseförderung weiter auszubauen.

Als größte Musikschule Österreichs ist die Linzer Musikschule der lokale Standort einer breiten musischen Bildung und arbeitet bereits kontinuierlich in Kooperationen sowohl mit anderen Kultureinrichtungen wie dem Brucknerhaus oder dem Ars Electronica Center als auch mit Schulen. Gerade im Hinblick auf den österreichweiten Ausbau von ganztägigen Schulformen soll die Linzer Musikschule neue Formate dafür entwickeln. Um diesen pädagogischen Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden, müssen die notwendigen infrastrukturellen Maßnahmen gesetzt werden. Im Fall der Musikschule bedeutet das eine Sicherung des Raumbedarfs für Gruppen- und Ensembleunterricht. Zukünftig soll die Strahlkraft des Wissensturms und der Linzer Musikschule auch in einer Stärkung der dezentralen Einheiten dieser Einrichtungen als Lernorte und integrierte Bildungs- und Kulturzentren in den Stadtteilen münden [siehe Kapitel „Räume nutzen und schaffen“].

Das 2011 erneuerte Selbstverständnis der Linzer Museen definiert als Zielsetzung für das kommende Jahrzehnt die Positionierung der Museen als Lern- und Bildungsorte, als vernetzte Orte und als Orte der innovativen Museumsarbeit. Diese Vision umfasst unter anderem auch, schwierige und kontroverse Inhalte, die zeitaktuell auf die Stadt und ihre Themen reagieren, publikumsbezogen zu präsentieren und möglichst zielgruppenorientiert zu vermitteln.

Der Neubau des Ars Electronica Center 2009 verkörpert in baulicher Hinsicht, mit Einrichtungen wie Deep Space und Labors, das inhaltliche Grundkonzept des Museums der Zukunft als Ort der Interaktion und Partizipation. Mit der Kreation neuer Vermittlungs- und Veranstaltungsformate bleibt die Ars Electronica als Zentrum des Experimentierens und der Innovation weiterhin über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus Pionierin in diesem Feld.

Für Museen sind insbesondere SchülerInnen, Kinder und Jugendliche eine wichtige BesucherInnengruppe. Zukünftig soll die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Kindergärten, Horten und Kultureinrichtungen auf die Ebene langfristiger Kooperationen gehoben werden, um dem Ziel der Stadt zu entsprechen, allen SchülerInnen im Pflichtschulbereich sowie Kindern und Jugendlichen Zugang zu Kulturprojekten zu ermöglichen. Die Qualität einer Partnerschaft definiert sich über ein gegenseitiges Abstimmen der Bedürfnisse, die gemeinsame Entwicklung neuer Beteiligungsformen und die erfolgreiche Implementierung der Vermittlungsarbeit.

Die LIVA Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH der Stadt Linz führt mit dem Brucknerhaus, dem Posthof und dem Kinderkulturzentrum Kuddelmuddel zentrale Kulturstätten, die für alle Generationen ein vielfältiges Angebot im Musik-, Theater- und Tanzbereich schaffen. Um der Unterrepräsentanz der Bereiche Theater und Tanz im schulischen Kontext entgegenzuwirken, soll in diesen Einrichtungen verstärkt Vermittlungsarbeit zu den darstellenden Künsten geleistet werden. Weiters besteht der Bedarf nach ungeregelten, experimentellen Freiräumen für Kinder und Jugendliche [siehe Kapitel „Junge Menschen beteiligen“].

Maßnahmen:

  • Linzer Kultureinrichtungen und VertreterInnen der freien Kunst- und Kulturvermittlung initiieren gemeinsam eine Linzer Kunst- und Kulturvermittlungsplattform zur Vernetzung der in diesem Bereich Aktiven und zur projektorientierten Bündelung der Vermittlungsangebote in Linz. Darüber hinaus soll diese Plattform, die von Linz Kultur koordiniert wird, Fragen zur Qualitätssicherung, zu den Schwerpunktsetzungen des Kulturentwicklungsplans und zu Rahmenbedingungen der Linzer Kunst- und Kulturvermittlung erörtern.
  • Die Volkshochschule entwickelt gemeinsam mit Kultureinrichtungen und den Pädagogischen Hochschulen Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote für Kunst- und Kulturvermittlung.
  • Die städtischen Kultureinrichtungen und Linz Kultur erhöhen den Stellenwert der Kulturvermittlungsarbeit durch einen zweckgebundenen Budgetansatz für Vermittlungsarbeit und durch eine Neustrukturierung von Projektabläufen, indem sie bei Ausstellungen, Festivals und anderen Formaten Kunst- und KulturvermittlerInnen bereits mit dem Beginn der Konzeptionsphase einbinden.
  • Städtische Kultureinrichtungen und Linz Kultur entwickeln Vermittlungsprojekte, die Zielgruppen selbst zu VermittlerInnen qualifizieren (wie Menschen mit Migrationshintergrund, Jugendliche, Lehrlinge, Menschen mit Beeinträchtigungen).
  • Die Zweigstellen der Stadtbibliothek haben Partnerschaften mit Schulen, Kindergärten sowie Horten und erweitern ihr Angebot zur Leseförderung und zur Entwicklung von Lesekompetenz (z. B. KiBuLeLa – KinderBuchLeseLand).
  • Die Initiative „Musikalischer Südwind“ der Musikschule der Stadt Linz wird im Sinne der Förderung von Chancengleichheit mit dem Ziel vorangetrieben, mittelfristig in allen Linzer Volksschulen ein Sing- und Rhythmusschulangebot zu etablieren.
  • Linzer Kultureinrichtungen und Initiativen der freien Kunst- und Kulturszene bilden Partnerschaften mit Linzer Schulen, Kindergärten und Horten. Dafür nominiert jede Linzer Kultureinrichtung eine „Kontaktperson“ zur Förderung von Kulturpartnerschaften und Projekten. Die Koordination dieser Maßnahme übernimmt die Kulturdirektion gemeinsam mit der Abteilung Schulen der städtischen Dienststelle Schule Sport Linz.
  • Kultureinrichtungen in Linz sorgen für einen Ausbau von Vermittlungsformaten in den
    unterrepräsentierten Kunstformen wie Tanz, Architektur, Medienkultur und Design.
Dieser Beitrag wurde unter Kapitel veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.