Judith Richter

Geburtsjahr und Geburtsort?

Judith Richter: Ich bin 1977 geboren, in Arnsberg, Nordrhein-Westfalen, im Sauerland.

Du lebst jetzt in Linz seit wann?

Judith Richter: Seit Sommer 2007/08 eigentlich, seit der Spielzeit bin ich da.

Welche kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten und Funktionen übst du derzeit aus?

Judith Richter: Ich bin Schauspielerin im Theater Phönix seit dieser Spielzeit und seit Oktober 2009 bin ich Obfrau des Kulturvereins Musentempel.

Wie würdest du die eigene Tätigkeit am ehesten bezeichnen? Wäre es ok, wenn da stehen würde: Schauspielerin am Theater Phönix und Obfrau des Kulturverein Musentempels oder würdest du eine andere Bezeichnung bevorzugen?

Judith Richter: Na ja, also am Theater Phönix bin ich engagiert, dort verdiene ich mein Geld, das ist der Grund warum ich nach Linz gegangen bin. Insofern ist das mein Hauptberuf und dieser Kulturverein ist einfach eine großartige Möglichkeit, andere Sachen auszuprobieren. Ich bin ausgebildete Schauspielerin, ich habe die Ausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien gemacht, 2002 abgeschlossen. Also ich bin Diplom-Schauspielerin, in diesem Beruf bin ich ausgebildet und mit diesem Kulturverein sind wir eher selbständig, auch kulturpolitisch aktiv. Wir bemühen uns Orte, Raum zu erobern, eigentlich den öffentlichen Raum bereit zu machen zur kulturellen Nutzung, desgleichen das kreative Potenzial in der Stadt irgendwo zu bündeln oder ein Forum aufzubauen an diesen Orten, wo man sich austauschen und begegnen kann. Es gibt irrsinnig viele Initiativen in Linz und es ist das Ziel, einen Ort zu schaffen, wo man sich auch jenseits der Diskussion austauschen kann.

Seit wann gibt es den Musentempel?

Judith Richter: Gegründet wurde er im Herbst 2008, im November war das Gründungsfest. Wir haben ihn damals ziemlich schnell gegründet, Lisa Fuchs, die auch meine Kollegin am Theater Phönix ist und ich. Innerhalb des ersten Jahres haben wir dann vier Salons gemacht, im Apothekerhaus, im Brückenkopfgebäude Ost, tatkräftig unterstützt von unseren weiteren Vereinsvorstandsmitgliedern, Andreas Wipplinger und Verena Henetmayr. Verena Henetmayr studiert an der Kunstuniversität, Andreas Wipplinger studiert Kulturmanagement und ist eigentlich, Schatzmeister, Geschäftsführer des Musentempels, aber auch im kreativen Bereich arbeiten wir alle zusammen.

Welche Zielgruppen werden durch die Arbeit besonders angesprochen?

Judith Richter: Unser Publikum ist ein junges, erwachsenes Publikum, eigentlich von 16 bis 60 in der Spanne. Wir versuchen, eine Vielfalt herzustellen, ein Begegnen mit dem Anderen, einerseits zwischen den Künstlern, zwischen den Kunstsparten, auch den Künstlern einer Kunstparte. Bei den Tänzern wären das Breakdancer und die Ballerina – es gibt da sehr viele verschiedene Ausformungen. Es gibt die Bruckneruniversität genauso gibt wie das VÖEST-Orchester, insofern ist es eine weit gestreute Zielgruppe und ich glaube es sind eben vor allem Leute, die sich selber beteiligen wollen, die kritisch sind, die sich konfrontieren und auseinandersetzten möchten, die sich einbringen möchten.

Auf welchen geografischen Wirkungsbereich zielt die Arbeit in erster Linie ab?

Judith Richter: Es ist sehr stark mit der Stadt verbunden und will auch mit dem operieren, was die Stadt zu bieten hat. Das ist einiges. Ich kenne noch lange nicht alle Initiativen, die es in Linz gibt. Wir versuchen eigentlich, hier die Identität zu stärken, eben über das Tun. Was können wir alles machen, dass man selbstbewusst auftritt, dann auch nach außen? Wir versuchen auch immer, Künstler aus Deutschland einzuladen, aus der Schweiz, aus Wien – gut das ist naheliegend, weil wir oft nicht das Geld haben, um denen Fahrkarten zu zahlen, daran scheitert es leider öfter noch. Jetzt im Januar 2011 haben wir den Musentempel Orientalis im Salzamt gemacht. Das war dann mit türkischen Künstlern, also Sena Basöz war gerade zu Gast im Salzamt, die hat dann mit Künstlern von hier zusammengearbeitet in einer Ausstellung, wir hatten Musiker aus der Türkei, haben auch die Linzer Türken befragt. Es ist erstaunlich, mit wem man aller ins Gespräch kommt. Insofern, wenn wir Internationalität herstellen können, dann her damit.

In welchen künstlerischen Disziplinen bzw. kulturellen Arbeitsfeldern ist der Musentempel hauptsächlich tätig? Darstellender Bereich, Theater, Tanz, Performance als Hauptdisziplin, aber mich würden auch die Verbindungen zu anderen Disziplinen interessieren?

Judith Richter: Es ist schon so, wir kommen vom Theater, also die Gründungsmitglieder auf jeden Fall. Und neben den Salons haben wir bis jetzt drei freie Theaterproduktionen gemacht, alles Uraufführungen, zwei Mal Sommertheater im Parkbad, große Seeschlachten auf Schlauchbooten, große Klassiker in Neuinterpretation von Stefan Fent. Die Blutgräfin im Stadtkeller von Peter Pertusini haben wir im April letzten Jahres gemacht, was auch sehr an den Ort gebunden war, die Geschichte vom Haus auch aufgegriffen hat, die für Linz ja durchaus relevant ist. Wir sind dem Theater sehr verbunden und im Theater treffen sich ja auch sehr viele Künste wieder, Musik, Bühnenbild, Kostüm, dann oft Tanz oder Gesang, es ist die Literatur auf jeden Fall da. Wir haben im letzten Jahr dann diese Salonreihe auch unter den Schwerpunkt Drama gestellt, haben einen Autorenwettbewerb gemacht, zudem das Theater Phönix freundlicherweise den Preis gestiftet hat, also die Gewinnerin ist aufgeführt und produziert worden, regulär im Phönix und es ist etwas Tolles entstanden. Natürlich haben wir uns egoistischer Weise auch Rollen auf den Leib schreiben lassen, wo wir inspiriert werden von den Schriftstellern, die wir wiederum inspirieren. Mit Hilfe des Theater Phönix konnten wir dann einige Autoren einladen und im Sommer haben wir vor, in der Tabakfabrik die Publikumssieger aus diesen Stücken zu produzieren. Also in dem Theaterfestival und in diesen Salonreihen haben wir das Theater, das ist eher so ein Kreativ-Pool, eine Experimentierstätte, wo man ziemlich spontan im sehr kleinen Rahmen erstmals für einen Abend zusammenarbeiten kann. Da haben wir das Theater benutzt, um zu moderieren. Da geht es auch nicht um die ganz so hohe Kunst, sondern darum, die anderen Künste zu präsentieren. Wir haben immer zu einem offenen Wettstreit eingeladen, eben Tänzer, Kampfkünstler, Modemacher und Schriftsteller, Poetry Slam im ersten Jahr, da herum gab es immer Ausstellung, verschiedene Musik, klassischer oder moderner oder fetziger Natur. Dieses Konzept wollen wir eigentlich mit dieser Uraufführung im Sommer zusammenführen, zu einer Musenwoche, die neun Tage umfasst: Jede Muse ein Tag, für Dionysos, den Meister des Theaters, Gottestheaters, Rausch, Ektase den ersten Tag. Das ist eigentlich ähnlich wie beim antiken Vorbild, wo das Theater zwar im Mittelpunkt stand und als Instrument zur politischen Bildung diente. Da wurden immer Mythen verhandelt, aber in einen aktuellen, politischen Zusammenhang gesetzt. Ähnlich ist es mit den Stücken auch, das sind durchaus archaische Themen, aber sehr über den Kampf im Hier und Jetzt und dieses Rahmenprogramm. Wir wollen bereits um 16 Uhr beginnen und dieses Areal, die Tabakfabrik, diesen städtischen Raum auch allen anderen Kunstsparten zur Verfügung stellen. Alles was urbanes Leben ausmacht, wo dann die Grenzen fließend sein sollen zwischen Handwerk und Kunst, wir wollen gerne Wettstreite wieder machen. Das kann dann urbane Fortbewegung sein, wo man so etwas wie Bike Kitchen, Skaten, Rollstuhlfahren, was auch immer macht, alles was es da eben gibt. Dass so etwas den Nachmittag füllt, dass man gemeinsames Essen hat, dass man verschiedene Linzer Gastronomen einladen kann, dass man Raum für Diskussionen hat – aber eigentlich ist es ein sehr spielerischer Zugang.

Von den Räumen beim Musentempel: gibt es da eine Konstante, etwa das Apothekerhaus?

Judith Richter: Für die Aufführungen nicht, aber für die Salons waren wir vier Mal drinnen. Aber es gibt keinen fixen Raum. Wir hatten das sehr große Glück, dass Walter Mayer uns das großzügiger Weise zur Verfügung gestellt hat. Damit war es immer einfach reinzukommen. Das ist bei vielen städtischen Institutionen nicht so, beim Salzamt war es sehr unkompliziert, da hat Holger Jagersberger uns das sehr schön ermöglicht. Der Raum ist nicht ganz einfach, weil er totrenoviert wurde. Die Theatergeschichten im Stadtkeller waren auch ziemlich unproblematisch. Es ist natürlich immer eine Herausforderung, da die ganze Infrastruktur hinein zu bringen.

Gibt es bezüglich der räumlichen Infrastruktur als solches einen Handlungsbedarf, d. h. den Wunsch nach quantitativer Erweiterung oder qualitativer Verbesserung?

Judith Richter: Was ich mir von der Stadt wünschen würde, dass es sich da am antiken Griechenland, der Wiege der Demokratie, ein Vorbild nimmt. Da war es klar, dass für diese Dionysien, diese Festspiele, sich ein städtischer Beamter um die ganze Infrastruktur gekümmert hat. Das Sponsoring der einzelnen Stücke haben reiche Bürger übernommen, aber sonst wurde alles von einem Beamten organisiert, was als große Ehre galt. Zum Beispiel hatten wir das Problem, dass die gesamte Förderung, die wir im ersten Jahr von der Stadt bekommen haben, oder auch im zweiten, dann für die Miete vom Parkbad drauf gegangen ist, was schwierig ist, weil die Linz AG gehört zu Linz, soweit ich weiß. Und wenn das von einer Tasche in die andere fließt, dann muss alles für die Infrastruktur aufgewendet werden. Natürlich sparen wir dann an den Künstlern. Das wäre wirklich schön, wenn man einmal wenigstens die Hälfte vom üblichen Mindesttarif zahlen könnte für solche Gelegenheiten. Das ist auch ein Problem. Vom Bund würde ich mir wünschen, dass da klarere Verhältnisse sind, mit der Bundesimmobiliengesellschaft, weil anscheinend niemand wirklich zuständig ist. Man erhält auf Nachfragen nicht wirklich Auskünfte und erstmals ein kategorisches „Nein“. Dann steht das Ding wieder leer, ewig lange und ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass der Bund halt in Wien beheimatet ist und dorthin auch alle Gelder ausschüttet oder daran, dass da niemand einen Bezug hat oder den Wert erkennt eines Zollamts für die Stadt. Das Brückenkopfgebäude steht auch irrsinnig lange leer und wir sind ja nicht die einzigen. Wir haben oft das Problem, Probenräume zu finden, für die man möglichst nicht nochmals Miete zahlen muss usw., weil sonst macht man halt die künstlerische Arbeit zum Nulltarif, weil alles für solche Dinge drauf geht.

Wie sieht das vom Personal her aus beim Musentempel. Ihr seid zu dritt im Kernbereich vom Verein?

Judith Richter: Zu viert.

Alles auf ehrenamtlicher Basis?

Judith Richter: Ja, alle organisatorischen Geschichten laufen ehrenamtlich ab, alles was kreative Ideen ist usw. Die ersten beiden Jahre haben wir keine Förderung beantragt und dann logischer Weise nichts bekommen. Es war allerdings auch damals der Wunsch, es war Linz im Herbst 2008, Linz09 stand vor der Tür und wir haben die Vorwehen mitbekommen, als das Theater Phönix ausgestiegen ist aus der Kooperation. Ich war gerade das erste Jahr da, ich habe gerade erst Einblick bekommen, halbwegs in die Kulturszene von Linz, die wahrscheinlich auch durcheinander gewirbelt war durch diesen Linz 09-Hype. Und was wir mitbekommen haben, war eben diese starke Unzufriedenheit in der Freien Szene, wo man das Gefühl hatte: Wir sind nicht erwählt worden, es werden viele Sachen, die keinen Bezug haben, eingeladen. Die bekommen unverhältnismäßig viel Geld usw. Wir dachten dann: Nun gut, diese ganzen Diskussionen, das ist natürlich alles traurig, wenn das nicht so läuft, wie sich die Leute das wünschen. Aber andererseits spricht es doch dafür, wenn so viele Leute unzufrieden sind, dass es zumindest Leute gibt, die sich damit beschäftigen und engagieren und ein enormes kreatives Potenzial. Dann dachten wir, genug geredet und diskutiert und geklagt, nicht auf Linz09 warten, jetzt ist Linz08 und etwas tun. Wir haben zwar kein Geld, arm aber sexy und jetzt haben wir geschaut: Ok, Apothekenhaus können wir haben, und rein, wir machen Vereinsfeste und jeder kann kommen. Alles etwas spielerischer und leichter nehmen und so ist das entstanden und insofern war es schon ganz richtig, das ohne Geld und ohne finanzielle Unterstützung zu machen. Ich glaube, das war wichtig für diesen Geist, aber jetzt nach zwei Jahren … das kann man nicht ewig machen. Wir möchten natürlich den Musikern, die bei uns auftreten – und das sind zumeist Profis – und den Schauspielern zumindest eine Art Anerkennungssumme für ihr Schaffen bei uns zahlen.

Kurzes Assoziationsspiel: Welche Begriffe fallen dir ein, wenn du an „Kulturstadt Linz“ denkst?

Judith Richter: Kulturstadt – Stahlstadt. Das ist wahrscheinlich das erste, was sich aufdrängt, weil es ständig in Zusammenhang gebracht wird. Das ist jetzt vielleicht gar nicht meine Assoziation. Freie Kulturstadt, selbständige Kulturstadt, Zukunftsstadt. Keine Ahnung wohin, aber mal los. Gewaltiges demokratisches Potenzial eigentlich.

Wenn wir die letzten Jahre ansehen. Was ist deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung der Stadt gelaufen? Hast du da irgendetwas wahrgenommen, wo du dir denkst, das ist gut gelaufen?

Judith Richter: Der Musentempel ist gut gelaufen, wirklich überraschend. Ich kann es natürlich schlecht vergleichen, weil ich erst seit Herbst 2007 da bin, ob das einfach der Lauf der Dinge in Linz ist. Ich habe sehr oft gehört, dass es sich gerade in den letzten Jahren enorm verändert hat, wesentlich offener geworden ist, selbstbewusster und mehr seine kreative Seite hervorkehrt. 2008 waren enorm viele Baukräne da, da war ganz Linz eine Baustelle. Es ist ein großer Mut da, modern zu bauen, der manchmal schon an Tollkühnheit grenzt. Ich finde manche Sachen machen dann ein bisschen arg „auf Großstadt“, die passen eigentlich nicht wirklich. Aber ich finde es eigentlich ziemlich spannend.

Gibt es auf der anderen Seite Entwicklungen, mit denen du nicht zufrieden bist, wo du dich geärgert hast?

Judith Richter: Na ja, die Einführung der Stadtwache. Dass spotsZ nicht weitergeht, finde ich wahnsinnig schade, weil es gibt keine vergleichbare Zeitschrift, die allen Initiativen offen steht und es fehlt unglaublich jetzt in Linz, dass man so eine handliche Zeitung hat, wo man alle möglichen Termine finden kann. Linz-Labyrinth gibt es noch, das war eigentlich auch eine sehr schöne Initiative. Was ist noch bedauerlich? Ja, Linz09 habe ich mitbekommen, dass das zu großer Unzufriedenheit geführt hat, aber da habe ich zu wenige Vergleichsmöglichkeiten zu anderen Kulturhauptstädten. Ich weiß nicht, für mich war es bis jetzt eine spannende Zeit. Das mit der Tabakfabrik geht ein bisschen zäh, diese Strategie des Zeitlassens, sofern es eine Strategie ist. Damit kann man leider Begeisterung auch vollkommen aushungern. Dass wird die Tabakfabrik aber einfach brauchen.

Beschreib bitte dein Resümee von Linz09 anhand von drei Punkten.

Judith Richter: Ich habe selber vor allem in der Hafenhalle ziemlich viel internationales Theater sehen können, das war natürlich toll. Es gab einige sehr interessante Sachen. Ich konnte nicht so wahnsinnig viel wahrnehmen, weil wir im Theater Phönix ziemlich dicht spielen. Ich habe schon einiges mitbekommen, die Unzufriedenheit habe ich auch mitbekommen. Ich fand jetzt auch nicht alles Gezeigte gut, aber das ist wahrscheinlich nie so. Diese Tiere sind mir noch gut in Erinnerung, die bei der Klangwolke waren.

Womit kann Linz deiner Meinung nach im Städtewettbewerb punkten, vor allem im Vergleich zu ähnlich großen Städten wie Graz, Salzburg oder Innsbruck oder zu ähnlich großen Städten in Deutschland?

Judith Richter: Mit seiner Persönlichkeit. Irgendwo ist es dann doch wieder überschaubar. Wenn man in den Roten Krebs geht, dann trifft man einen Großteil von den Leuten, mit denen man eh etwas zu besprechen hat. Ich hatte jetzt den Eindruck als neu Hinzugekommene, dass man sehr schnell Anschluss findet, wenn ich es vergleiche mit Wien. Wenn ich da so auftrete, mit den Leuten ins Gespräch komme, dann glauben die, ich will sie blöd anmachen. In Linz ist eine gute, entspannte Nach-Vorne-Haltung. Und eben auch diese Eigeninitiative. Ich glaube, in den 1980er-Jahren sind ziemlich viele Sachen entstanden, das Theater Phönix, die KAPU, die Stadtwerkstatt. Da ist etwas, das noch zu spüren ist, dieser Geist, dass man ziemlich schnell mitmischen und selbst machen kann. Das finde ich sehr gut. Manche Sachen könnten vielleicht vereinfacht werden. Wenn man von Kultur spricht, kommt man auch ganz schnell auf die Landschaft und ich finde das schon ziemlich einzigartig, diese Mischung. Eigentlich ist es eine Industriestadt, aber wenn wir an die Donau denken, ist es ein Naturparadies. Ich finde, man hat eine sehr hohe Lebensqualität hier und viele tolle Orte, die man nicht auf den ersten Blick entdeckt. Wenn man die kulturell nutzen kann und es einem leichter gemacht würde, wäre da sehr viel drinnen.

Inwieweit denkst du, dass Linz international als Kulturstadt wahrgenommen wird? Wenn du ans Sauerland denkst, wie du 2007 gesagt hast, du gehst jetzt nach Linz zum Theater, war dann die Frage: Linz am Rhein?

Judith Richter: Das haben mich tatsächlich Leute gefragt, weil ich war vorher in Koblenz engagiert, das ist nicht weit von Linz am Rhein. Linz als internationale Kulturstadt: Erstmals nicht so sehr. Ich glaube, es hat immer noch diesen Qualtinger-Spruch im Kopf: In Linz müsste man sein. Oder es wird eher mit Stahl in Verbindung gebracht und mit Hitler noch eher als mit Kultur. Aber ich spreche immer davon, dass es anders ist.

Wie schätzt du das Verhältnis von Hochkultur – Subkultur – Volkskultur in Linz ein?

Judith Richter: Ich denke, die Hochkultur hat einen sehr hohen Stellenwert. Ich habe wenig Ahnung von Fördersummen, aber ich glaube das Landestheater hat nicht so einen Geldmangel oder mit dem Bau des neuen Musiktheaters … auch im Zuge von Linz09 sind sehr viele Sachen eingeladen worden, die sehr hochpreisig waren. Volkskultur … zum Beispiel die Klangwolke ist, denke ich, ein Stück Volkskultur. Da war ich echt ziemlich baff, wie ich die das erste Mal gesehen habe, da habe ich mir gedacht: Wow, da fliegt aber eine ganz schöne Technik oder ein ganz schön riesiges Kulturbudget gerade feuerwerksmäßig in die Luft. Aber es hat natürlich auch seine Berechtigung, es kommen ja irrsinnig viele Leute. Die Subkultur, was für einen Stellenwert hat die? Klar wäre sie nicht Subkultur, wenn sie nicht immer unter der wirklichen Gewinngrenze entlang kriechen würde und subversiv arbeitet. Ich finde sie immens wichtig für die Stadt, ich glaube, deswegen ist Linz so lebendig und deshalb macht es mir so viel Spaß, hier selbst kulturschaffend tätig zu sein. Es ist schon ein Wille zur Gestaltung da, diese Eigeninitiative. Ich würde der Subkultur einen riesigen Stellenwert einräumen, aber von der Förderung hat es den, glaube ich, wenig.

Wenn du einzelne künstlerische Disziplinen wie Malerei und Grafik, Tanz, Theater, Musik, Literatur, Film, Fotografie usw. betrachtest: Wo würdest du meinen, wäre in der Stadt noch Entwicklungspotenzial vorhanden?

Judith Richter: Eine bestimmte Kunstsparte? Das ist natürlich schwierig zu sagen, weil man das stärker wahrnimmt, wo schon mehr vorhanden ist. Ich würde natürlich sagen, im Theater, aber ich glaube, ich bin überfragt damit. Im Tanz zum Beispiel habe ich es letzthin gesehen, wegen Red Sapata, dass sie sich formiert haben. Das ist ein ziemlich großer Schritt, so ein offenes Haus. Es gibt von der freien Tanz- und Theaterszene schon lange den Wunsch, dass Anliegen und Vorhaben, einmal ein offenes Theaterhaus für die Freie Szene zu haben, wo man günstig Probenräume anmieten kann, aufführen kann, wo turnusmäßig die Leitung wechselt. Das ist sicherlich eine Sache, wo Entwicklungsbedarf besteht. Die Vernetzung zwischen den Kunstsparten ist aber auch eine wichtige Sache.

Und welche drei thematischen Schwerpunkte mit Kunst- und Kulturbezug werden zukünftig die größten Herausforderungen für die Stadt darstellen?

Judith Richter: Das Auftreten gegenüber bzw. die Zusammenarbeit mit der Politik. Stichwort die ganze Nutzung der Infrastruktur und die Förderpolitik. Ich finde, das ist dringlich, wie man mit der Politik und Verwaltung kommuniziert. Insgesamt auch dieses: Was für ein Ziel haben wir eigentlich mit unserer Kunst und Kultur? Warum ist es wichtig für die Gesellschaft, warum ist es wichtig für eine Demokratie? Ist es wichtig, das klein im Spielerischen auszuprobieren und Begegnungen zu ermöglichen, auch vor dem Hintergrund dieser gesamtpolitischen Entwicklung, die sehr nach rechts driftet? Ich bin immer sehr erschrocken im Wahlkampf, wenn ich sehe, dass die gemäßigten, christlichen, mittleren Parteien als Mittel, die Wahl gegen die Rechten zu gewinnen, die noch einmal rechts überholen. Diese Solidarität im Kleinen: Was ist denn die Stadt? Was kann man da bewirken? Auf großer Ebene sieht man ja, wie Solidarität verloren geht. Das ist ein großes Thema, das man kommunizieren sollte und mit diesem Bewusstsein auch der Politik gegenüber zu treten. Man wird sehr oft als eine Art Bittsteller behandelt, aber das eigentlich nicht so, sondern die Politiker, die Leute, die da verwalten sind dazu da, dass sie dem Volk dienen, dass man zusammenarbeiten kann. Das finde ich, wäre eine wichtige Sache. Hand in Hand damit geht diese Raumfrage: Woran liegt das, dass bei Sachen, die in Bundeshand sind, eine Kommunikation so schwierig ist? Da läuft doch etwas falsch. Die sind doch auch Staatsvertreter und wären verpflichtet, zu kommunizieren und bereit zu stehen dafür. Konkret interessiert mich die Tabakfabrik, aber da bin ich jetzt wahrscheinlich betriebsblind. Wahrscheinlich gibt es noch tausende wichtigere Sachen, die diskutiert gehören.

Zu den einzelnen Themenbereichen. Zuerst zu Leerständen und Zwischennutzung. Inwieweit denkst du, dass Leerstände interessant für Kunst- und Kulturschaffende in Linz sind?

Judith Richter: Sehr. Alle sind auf der Suche nach Räumen, alle sind auf der Suche nach Proberäumen, Aufführungsräumen, ich selber eingeschlossen und es gibt wunderbare Leerstände, wie schon erwähnt, das Zollamt, das Brückenkopfgebäude, sicherlich ganz groß. Im Fruchtgenuss wird ja auch immer einiges vorgestellt und es gibt eben irrsinnig viel zu entdecken im Zentrum, eben die genannten, aber auch was rechts und links liegt, und die Tabakfabrik, klar.

Sind dir Initiativen oder Personen aus dem Kunst- und Kulturbereich bekannt, die „auf der Suche“ nach Möglichkeiten für Zwischennutzungen sind? Kannst du das näher beschreiben?

Judith Richter: Na ja, also wenn man nicht die Sachen, die in Bundesbesitz oder städtischem Besitz, sucht … Beispiel Apothekerhaus, da war es ein Privatmann, der sich das eben leisten kann, kunst- und kulturfreundlich ist und erfreulicherweise auch noch unkompliziert, da bekommt man den Schlüssel. Wir haben jetzt für Proberäume in der Arbeiterkammer angefragt, das ist Elfi Sonnberger, eine wunderbare Person, die gesagt hat: „Natürlich, ihr könnt gerne bei uns proben, allerdings in den normalen Zeiten, also Wochentags zwischen acht und fünf.“ Da muss ich dann sagen: „Vielen Dank, aber wir arbeiten dann doch eher ehrenamtlich und jenseits unseres Brotberufs und arbeiten dann eher mal nachts und am Wochenende.“ Dass man jetzt wirklich einmal einen Schlüssel bekommt, das ist ein zäher Kampf und da sind natürlich Leerstände wunderbar. Wenn sie eh schon demnächst renoviert werden sollten … ich glaube, das ist für Künstler ganz schwierig, das ist besser als etwas ganz frisch Renoviertes wie das Salzamt. Ich kenne das alte Salzamt nur aus Legendenerzählungen und das muss ja atmosphärisch gewesen sein. Im Moment ist es halt sehr klinisch.

Welche Maßnahmen könnte die Stadt setzen, um die Nutzung von Leerständen zu erleichtern?

Judith Richter: Die Auflagen vielleicht etwas erleichtern oder Kosten übernehmen in so einem Fall, also Naturalsponsoring praktisch betreiben, sich mehr in dem Punkt für die Kunst- und Kulturszene verantwortlich fühlen. Das denke ich.

Was würdest du dir hinsichtlich des derzeit größten städtischen Leerstandes, der Linzer Tabakfabrik, wünschen?

Judith Richter: Ich glaube, da ist schon relativ viel dadurch erreicht, dass sich dieser Aufsichtsrat jetzt formiert hat, die sich wirklich dafür einsetzen, dass jetzt etwas passiert und die richtigen Dinge hoffentlich, weil ich glaube, es besteht da einfach ganz dringender Bedarf, auch weil ich so den Eindruck hatte, die Stadt erwirbt das, ohne wirklich einen Plan zu haben, was sie damit wollen. Sie hatten sich wahrscheinlich auch mit dem Land nicht wirklich koordiniert und es ist einfach ein riesiges Ding. Und natürlich sollte man einen langfristigen Plan haben, wo es hingehen soll, weil es geht ja schon sehr in Richtung Stadtteilplanung. Aber eine Stadt kann man nicht aus dem Boden stampfen und wenn das halbwegs wachsen soll und in wirklich kreativer lebendiger Art, dann sollte die Stadt, die Politik, die Verwaltung sich auf keinen Fall dieses beschriebene Potenzial der Stadt Linz entgehen lassen, was von den Bürgern ausgeht, von den Initiativen. Ich habe jetzt im Zuge unserer Bemühungen, einen Zutritt zu erlangen, mit so vielen unterschiedlichsten Initiativen gesprochen, die dort etwas machen wollen und das beleben wollen. Es könnte ein großartiger Ort werden, es könnte auch diese irrsinnige Konzentration, die in Linz herrscht, 100 Meter rechts und links von der Landstraße ist es irgendwie zu Ende, auflösen, ein bisschen den Schwerpunkt zum Hafen hin ziehen. Es könnte wirklich fast ein eigener Stadtteil werden, mit eigenen Qualitäten und das ist nicht alleine mit Geld und Mörtel und so zu machen. Diese Euphorie und Bereitschaft, sich da zu investieren von den Leuten, die müsste wirklich viel mehr wertgeschätzt werden und schleunigst auch ein ganz klares Zeichen gesetzt werden und ein Bekenntnis von der Stadt, dass sie das freigeben wollen. Ich glaube, da ist eine sehr große Angst da, zu sagen: „Kommt und schaffet alle hier!“, weil eine Angst ist, dass man die Leute nicht mehr los wird. Und natürlich sind da Leute, die sagen: „Ja, wir wollen uns da investieren, aber mit der Aussicht auf längerfristig.“ Da muss man schauen, da muss man klare Regelungen finden, man muss sich um Dialog bemühen, muss selbst eine klare Vorstellung haben. Ich spreche jetzt von dem, was ich von der Stadt erwarte, weil ich bin jetzt auch schon zwei Jahre dabei, in die Tabakfabrik reinzukommen mit dem Musentempel. Da hat sich schon viel geändert, allerdings am Anfang haben die Leute noch gesagt: „Tabakfabrik ja, ja, ja!“, und jetzt sagen sie: „Tabakfabrik – wirklich? Das tut ihr euch an? Seid ihr sicher? Passt aber gut auf!“ Das wäre ein unschätzbarer Verlust, wenn die Stadt da jetzt weiter auf Zeit spielt, dann verliert sie viele Möglichkeiten.

Zum Themenbereich Netzwerke, Kooperation und Zusammenarbeit. Wie sieht die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen in Linz aus? Welche positiven und negativen Erfahrungen hast du in diesem Zusammenhang gemacht? Wo befinden sich hier Grenzen?

Judith Richter: Die Grenzen sind, dass es so viele interessante Leute gibt, dass man das gar nicht hinbekommt, mit allen zusammenarbeiten. Wir haben einfach mit irrsinnig vielen Initiativen inzwischen zusammengearbeitet. Ich finde manchmal, mit den Medien, mit den Zeitungen, mit der Presse … das ist auch ein sehr wichtiges Instrument, die Tageszeitungen, da geht dann immer wieder etwas vereinzelt sehr, sehr gut, aber manchmal macht und tut man und es kommt einfach keine Kritik und dann stellt sich später heraus, die Redakteurin, die jetzt da war, war mit einer der Schauspielerinnen privat befreundet und möchte nicht, weil … das ist ja Kindergarten, unprofessionell, nicht angemessen. Oder wie gesagt, was die spotsZ war, das fehlt, finde ich, im Moment. Ansonsten, lustiger Weise mit den Kampfkünstlern war es ein bisschen schwierig. Vielleicht ist das dann auch meine Begrenzung, wo ich dann oft nicht genau weiß, wie ich wirklich kommuniziere. Aber nein, also jetzt gerade im kreativen Bereich sind die Grenzen wirklich sehr weit offen und wenn jemand keine Lust hat, dann sagt er es halt und dann ist es auch in Ordnung.

Wie sieht es bei der Zusammenarbeit mit öffentlichen Einrichtungen aus, insbesondere mit den städtischen Einrichtungen?

Judith Richter: Wie gesagt, Salzamt, Pflasterspektakel wunderbar. Ich weiß nicht, Veranstaltungsanzeigen, Veranstaltungsbewilligung, die sind auch sehr freundlich im Neuen Rathaus. Wir haben auch mit der Kunstuniversität sehr gut zusammengearbeitet. Bei denen bekommen wir natürlich auch keinen Proberaum, aber ich glaube, das ist kein böser Wille. Das ist auch keine städtische Einrichtung, die Bundesimmobiliengesellschaft, da weiß ich nicht, da habe ich einfach keinen Ansprechpartner oder das Gefühl, niemand der wirklich entscheidungsberechtigt wäre. Ja, mit den städtischen Einrichtungen, gut wenn es dann zu so Förderfragen kommt usw., da geht die Politik einfach manchmal seltsame Wege, da verstehe ich zu wenig von der Materie.

Ich frage deswegen, weil es könnte ja auch ganz anders sein. Wenn ich jetzt Wien oder Salzburg hernehme, ist es wahrscheinlich als freie Initiative nicht einfach möglich, dass der Burgtheater-Chef anklopft, oder?

Judith Richter: Nein, das ist eigentlich toll. Wir kooperieren ja auch eher über die Ausführenden. Wenn wir mit einer Institution zusammenarbeiten, dann wenden wir uns meistens direkt an die Leute. Bei diesem Drama-Wettstreit brauchen wir immer jede Menge Schauspieler und dann haben wir gefragt: „Hast du Lust mitzumachen? Es ist verdammt viel Arbeit und du bekommst kein Geld und wir haben verdammt wenig Zeit.“ Das klingt ja wahnsinnig verlockend und für uns ist es halt auch schlimm, weil sonst triffst du deine Kollegen einmal auf ein Bier danach, aber jeder spielt ständig und einmal zusammen zu spielen ist schwierig. Da haben wir eben mit Leuten von der Bruckneruniversität gearbeitet und vom Landestheater und vom u\hof: und aus der Freien Szene, vom Theater des Kindes. Andreas Baumgartner, der Leiter des Theater des Kindes, ist dann bei uns einmal aufgetreten, weil er in seiner Freizeit halt sehr gerne und sehr gut Wienerlieder spielt. Es ist auch, wo von den Leuten die Leidenschaft hinkommt. Es hat schon den Anspruch, professionell zu sein, aber es ist jetzt nicht gnadenlos perfektionistisch.

Zwischen welchen künstlerischen Disziplinen in Linz könnte die Zusammenarbeit noch optimiert werden?

Judith Richter: Das denke ich mir eigentlich permanent, vor allem, da ich selber als Theaterschaffende in meinem Saft koche. Da nehme ich mir dann vor, zu dieser Ausstellung zu gehen und tue es dann doch nicht. Gleich beschäftigen mich sehr viele Disziplinen, weil dieses Festival im Juli soll ja eine Einladung sein für sämtliche Kunstsparten, kreatives Potenzial zu kommen, Vermittlung auch zu schaffen und Publikum. Ich denke, es wäre sicher nicht schlecht, Politiker einzuladen zu einer Podiumsdiskussion, wo sie zuhören dürfen. Also man trifft sich sehr viel und es gibt da sehr viele Diskussionsforen oder Initiativen oder Kartelle und das wäre eben ein gemeinsamer Spielplatz für zehn Tage. Und ich würde es nicht machen, wenn ich nicht glauben würde, dass es Bedarf gibt.

Letzter Themenbereich. Neue Infrastruktur, neue Formate. Wie beurteilst du die vorhandene kulturelle Infrastruktur in Linz? Inwieweit siehst du noch quantitativen oder qualitativen Ausbaubedarf?

Judith Richter: Was heißt Ausbaubedarf? Ich glaube, es ist wunderbar, dass es so viele neue Gebäude wie den Wissensturm gibt. Das ist ja toll, mit dem Aufzug da hoch zu fahren. Oder das Salzamt. Es läuft dann halt manchmal daneben. Ich weiß nicht, mit wem sie dann genau sprechen bei der Renovierung. Was eher fehlt, sind die gefragten, alternativen Orte, wo es, glaube ich, tausend Mal wertvoller wäre, den Zugang zum Brückenkopfgebäude zu öffnen und zu sagen, das ist im Herzen der Stadt, das gehört eigentlich auch den Bürgern, es gibt viele Leute, die etwas machen wollen. Man muss halt einen Deal finden, wie man es vernünftig verwaltet, aber unkompliziert. So etwas wäre viel mehr wert als wieder irgendetwas Geschniegeltes hinzubauen, was eher aussieht wie ein Laborhaus, wo die Nutzungsbedingungen so kompliziert sind: Wie Nachts reinkommen? Am Wochenende reinkommen? Was aber die Arbeitsrealität ist für Kunstschaffende, vor allem im freien Bereich, weil du meistens noch irgendwo anders arbeitest, einfach weil du auch etwas zu essen brauchst und von dem was du frei machst niemals leben könntest. Rein baulich sollte man vielleicht, bevor man wieder etwas in einen neuen Bau investiert, überlegen, wie man das Vorhandene reaktivieren kann, wie man es zugänglich machen kann und bevor man etwas renoviert, unbedingt mit den Leuten, die dort ausstellen sollen, sprechen. Wie zum Beispiel beim Salzamt. Man sieht, dass das ein schönes Haus wird, dass die sich alle Mühe gegeben haben, das Tip-Top zu renovieren, nur man denkt halt eher daran, hier könnte ich eine Herztransplantation machen als sinnlich Kunst zu schaffen.

Wie steht es um Formate wie Festivals und Biennalen in Linz: zu viele, genau richtig, zu wenige?

Judith Richter: Ich finde es toll eigentlich. Ich finde, das macht einen großen Reiz aus im Linzer Kulturleben, auf den ich vorher nicht gekommen bin. Das finde ich eine ganz tolle Sache. Man merkt auch immer wieder, wie das so einen Energieschub der heimischen Szene gibt, die eben viele Vorteile hat dadurch, dass sie so überschaubar ist. Aber so ein frischer Wind tut gut, wenn Leute von außerhalb kommen.

Wie beurteilst du die Qualität der vorhandenen Formate?

Judith Richter: Ich glaube, allgemein sind die auf einem sehr guten Niveau. Ich habe einige jetzt noch selbst gar nicht mitbekommen, das Pflasterspektakel werde ich dieses Jahr das erste Mal sehen. Aber was ich an Festivals mitbekommen habe, da ist das Niveau sehr hoch und eine super Stimmung eigentlich immer.

Sind dir kunst- und kulturbezogene Formate aus anderen Städten bekannt, deren Umsetzung auch für Linz interessant sein könnten?

Judith Richter: Na ja, das Festival, wo ich finde, das fehlt, das plane ich gerade. Das kenne ich jetzt so nicht aus einer anderen Stadt, aber mir würde sonst spontan nichts einfallen. Ich finde, dass bei riesigen Festivals gerade Linz viel mehr Großstadt ist als in diesen Bauten, die das vorgeben wollen. Da merkt man auch irgendwie, dass ich vorher in Koblenz gearbeitet habe. Da sind ständig irgendwelche Feste, aber das geht dann in Richtung Weinfest und Schinkenfest und da merkt man, das ist noch viel mehr Beamtengesellschaft, eigentlich viel spießiger. Natürlich gibt es das in Linz auch zur Genüge, aber man merkt, dass da immer ein ganz kräftiger Wind weht, es hat etwas sehr Modernes, finde ich.

Danke für das Interview.

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