Beate Rathmayr

Dein Geburtsjahr und Geburtsort?

Beate Rathmayr: 1960, Geburtsort ist Wels.

Du lebst in Linz?

Beate Rathmayr: Ja.

Seit wann?

Beate Rathmayr: Seit 22 Jahren, würde ich jetzt sagen.

Welche kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten und Funktionen übst du derzeit aus?

Beate Rathmayr: Derzeit bin ich als Projektentwicklerin im Kunstraum Goethestrasse xtd beschäftigt.

Hattest du irgendwie Funktionen in Jurys oder Gremien in der letzten Zeit?

Beate Rathmayr: Nein, in Jurys bin ich nicht. Die zweite Geschichte war noch diese acht Jahre Ehrenamt in der Künstlervereinigung Maerz.

Wie würdest du deine Tätigkeit am ehesten bezeichnen?

Beate Rathmayr: Künstlerin.

Bei den Einrichtungen würde ich darum bitten zuerst kurz für die Künstlervereinigung Maerz zu antworten und dann für den Kunstraum Goethestraße xtd. Wenn man die Künstlervereinigung Maerz anschaut, welche Zielgruppen werden durch deren Arbeit besonders angesprochen?

Beate Rathmayr: Freischaffende Künstler aus drei Sparten: bildender Kunst, Literatur und Musik.

Und beim Kunstraum Goethestraße xtd? Die Zielgruppe?

Beate Rathmayr: Wir sagen, das wir arbeiten an der Schnittstelle zwischen Kunst und Psychosozialem. Es soll eine breite Öffentlichkeit erreichen, das heißt einfach viele und das ist schwer zu definieren, es gibt allerdings projektbezogen immer wieder Zielgruppen, z.B. Projekte für Jugendliche oder StadtteilbewohnerInnen.

Auf welchen geografischen Wirkungsbereich, würdest du bei der Künstlervereinigung Maerz sagen, zielt die Arbeit in erster Linie ab?

Beate Rathmayr: Das ist schwierig. Österreichweit vielleicht.

Und beim Kunstraum Goethestrasse xtd?

Beate Rathmayr: Das ist auch schwierig. Man sucht immer internationale Möglichkeiten, eher international, aber auch Österreichweit.

Die künstlerischen Disziplinen, in denen die Künstlervereinigung Maerz tätig ist, hast du zuvor schon genannt: Bildende Kunst, Literatur und Musik. Wie sieht es beim KunstRaum Goethestrasse xtd aus? In welchen künstlerischen Disziplinen und kulturellen Arbeitsfeldern ist er hauptsächlich tätig?

Beate Rathmayr: Der Kunstraum hat einen erweiterten Kunst- und Kulturbegriff, partizipatorische Methoden in der bildenden Kunst bis hin zu Methoden aus dem Theaterbereich, auf alle Fälle ist Kunst im öffentlichen Raum wesentlich.

Gibt es in Bezug auf die vorhandene räumliche oder technische Infrastruktur aktuell einen Handlungsbedarf, also einen Wunsch nach quantitativer oder qualitativer Erweiterung bei der Künstlervereinigung Maerz?

Beate Rathmayr: Nein, der Raum ist wunderbar. Bei der technischen Infrastruktur wünscht man sich sicher immer etwas. Das kommt aber immer darauf an, in welche Richtung man geht, oder welche … die Künstlervereinigung Maerz hat das Problem, dass sie halt verschiedene Bereiche abdeckt, was einfach heißt, du bräuchtest eine technische Ausrüstung in jedem Bereich, was einfach nicht machbar ist.

Und beim Kunstraum Goethestraße xtd?

Beate Rathmayr: Ja, da wünscht man sich auch immer etwas. Aber der Raum dort ist auch super. Da haben wir jetzt echt gekämpft, dass wir den Raum behalten können, der ist total lässig.

Wie viele Personen waren in der Künstlervereinigung Maerz mit Stand 1. Jänner diesen Jahres beschäftigt, also haben in irgendeiner Art und Weise Entgelt erhalten?

Beate Rathmayr: Eine Person mit 20 Stunden.

Und beim Kunstraum Goethestraße xtd?

Beate Rathmayr: Der KunstRaum Goethestrasse xtd wird von unterschiedlichen Förderungen finanziert. Aktuell sind wir zu zweit in Vollbeschäftigung.

Du hast vorher bereits erwähnt, acht Jahre ehrenamtliche Tätigkeit für die Künstlervereinigung Maerz. Wie sieht es aus, wenn man ein durchschnittliches Projekt oder Arbeitsmonat, je nachdem was praktikabler ist, betrachtet. Wie viele Personen sind schätzungsweise für die Künstlervereinigung Maerz auf freiwilliger Basis, also ehrenamtlich tätig?

Beate Rathmayr: Das sind ungefähr zehn oder elf Personen, wenn man sagt, die ganzen Bereiche. Und dann ist ja immer einer, der Projektleitung macht. Der Vorstand hat vier Leute. Ja ungefähr 11 Personen.

Und beim Kunstraum Goethestraße xtd?

Beate Rathmayr: Projektbezogen sind es auch ungefähr zehn Personen, würde ich sagen. Die sechs Personen, die eh kontinuierlich mitarbeiten und dann halt noch Personen, die bei speziellen Projekten mitarbeiten. Aber das ist sehr unterschiedlich, weil da gibt es oft Projekte, die einfach viel mehr Leute brauchen … da kann ich es viel weniger sagen, weil es viel mehr fluktuiert.

Ok, der Hauptblock des Interviews handelt von der kulturellen Entwicklung, Situation und Zukunft von Linz. Ich würde gerne mit einem Assoziationsspiel anfangen. Wir stellen uns vor, irgendwo steht „Kulturstadt Linz“. Was würdest du da dazuschreiben, frei assoziativ?

Beate Rathmayr: Mein Arbeitsplatz, vielleicht, also ja es ist mein Arbeitsbereich.

Wenn du die letzten zehn Jahre höchstens betrachtest, also seit der Jahrtausendwende: Was ist deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung der Stadt gelaufen?

Beate Rathmayr: Grundsätzlich glaube ich, dass es so etwas wie eine Dynamik schon gibt oder immer wieder gibt, das ist halt unterschiedlich je nach Jahr oder je nach Ereignis. Und dass es eigentlich ganz spannend ist da zu arbeiten, weil es schon etwas Geschäftiges hat. Diese Stadt hat im Kulturbereich schon etwas, wo Dinge passieren. Es ist nicht irgendetwas klassisch Konservatives, es ist auch aktuell oder besser ein bisschen lebendiger. Grundsätzlich tut sich schon etwas. Ich glaube, da hat sich schon viel entwickelt, was ganz ok ist.

Und mit welchen kulturellen Entwicklungen der letzten zehn Jahre in der Stadt bist du überhaupt nicht zufrieden?

Beate Rathmayr: Mit was ich nicht so zufrieden bin, ist die Entwicklung dahingehend, dass große Häuser große Dinge machen können und die kleinen einfach ein bisschen verloren gehen. Gerade Non-Profit-Geschichten haben es extrem schwer, zu überleben. Wie ich auch finde, ist es schwierig international zu arbeiten, weil einfach die Bedingungen nicht gegeben sind teilweise, hauptsächlich in finanzieller Natur. Für mich in meinem Bereich gibt es ganz viel, was man dann selber und gratis leisten muss.

Wenn man Linz vergleicht mit anderen Städten, auch wenn es schwierig ist, also Wien finde ich vermessen zu vergleichen, aber Salzburg oder Innsbruck oder Graz, gleich große Städte, nicht unbedingt nur in Österreich gelegen: Was würdest du sagen, mit was kann Linz da in kultureller Hinsicht punkten? ist das nur die Ars Electronica oder ist es mehr?

Beate Rathmayr: Linz ist mit anderen Hauptstädten ganz schwer zu vergleichen, weil jede Stadt eine andere Basis hat. Ich glaube, das ist schwierig zu erklären und da bin ich mir auch nicht ganz sicher, aber diese Grundlage … diese Stadt hat als Stadt einfach wirklich Potenzial, auch etwas in einem kulturellen oder in einem Kunst- und Kulturschaffen zu bearbeiten oder mitzutragen. Was vielleicht ein bisschen ein Problem ist, dass wir immer etwas anderes sein wollen als wir sind. Wir sind eine Arbeiterstadt, es gibt einfach eine Industrie, die ganz wichtig ist oder es gibt einfach eine Geschichte, mit der man irgendwie arbeiten muss. Und das macht es vielleicht auch so spannend, weil sie so eine reale Stadt ist, finde ich. So ist halt das Leben und … also ich finde das sehr spannend. Wenn ich jetzt zum Beispiel zum Vergleich … das ist schon ganz lange aus, aber das habe ich gemerkt, wie ich in Holland war, Amsterdam, Rotterdam war für mich auch so ein Vergleich. In Rotterdam ist einfach das Leben Thema und da passiert eine andere Art, sich auszudrücken wie in Amsterdam.

Denkst du, wenn man Amsterdam oder Rotterdam sagt, dass man dort nach Linz fragt?

Beate Rathmayr: Nein, das glaube ich nicht. Das kann ich jetzt ganz leicht und schnell beantworten.

Wie weit denkst du überhaupt, dass Linz, wenn man so will, international als Kulturstadt wahrgenommen wird?

Beate Rathmayr: Ich glaube, nicht besonders. Ich glaube, dass viele gar nicht wissen, wo Linz liegt.

Nach wie vor nicht? Glaubst du, dass sich durch die Kulturhauptstadt da etwas geändert hat oder war das nur ein Einmal-Effekt?

Beate Rathmayr: Ich glaube, es hat sich dort geändert, wo man einen Partner hatte und die dann auch durch Arbeiten nach Linz gekommen sind. Das liegt an diesem Dilemma einer Kulturhauptstadt, das ist einfach nicht nachhaltig, ganz egal, wie man es anlegt. Die Städte, die ich kenne, die Kulturhauptstadt waren und wo ich mit Leuten geredet haben, die halt da auch gearbeitet haben, im Kulturbereich, das war immer ein Dilemma. Es ist einfach ein schlechtes Format, glaube ich. Es ist ein Jahr, man bereitet sich drei Jahre darauf vor, dann will man die Welt verändern in dem einen Jahr, aber das geht nicht und man merkt, dass das ganz schnell wieder anders wird.

Wenn du Linz09 resümierend für dich fassen müsstest, anhand von 3 Punkten, was war das für dich?

Beate Rathmayr: Eine Herausforderung, eine Möglichkeit, eine Auseinandersetzung.

Ich hätte noch drei Fragen, die mit den strukturellen Bedingungen des Kunst- und Kulturbereiches in Linz zu tun haben. Wie schätzt du, von der Stadt her gesehen, den Stellenwert ein, welcher der Hochkultur, der Subkultur und der Volkskultur in Linz entgegengebracht wird?

Beate Rathmayr: Die Hochkultur hat, glaube ich, einen hohen Stellenwert, aber ist nicht für alle interessant. Ich glaube, sie wird anerkannt, sie hat auch Unterstützung, sie wird gefördert, aber ich würde sie als zweite reihen vom Stellenwert, die Hochkultur. Die Subkultur hat den geringsten Stellenwert. Und die Volkskultur hat den höchsten. Da gehören für mich auch die populären Formate dazu, Kultur für Alle, Pflasterspektakel, LinzFest usw.

Wenn du einzelne künstlerische Disziplinen betrachtest, die bildende Kunst, Grafik, Malerei, Bildhauerei, Tanz, Theater, Musik, Literatur, Film, Fotografie, Medienkunst, das gesamte Kaleidoskop an künstlerischen Disziplinen. Jetzt könnte man mit Blick auf Linz sagen, dass überall Entwicklungspotenzial vorhanden wäre, mehr oder weniger, wahrscheinlich in fast jeder Disziplin. Mich würde aber interessieren, ob es deiner Meinung nach künstlerische Disziplinen gibt, wo du besonderes Entwicklungspotenzial in der Stadt siehst, also irgendetwas, wo du in den letzten Monaten oder Jahren darüber diskutiert oder reflektiert hast und gesagt hättest: In der Disziplin, das würde eigentlich auf der Hand liegen, da wäre Potenzial da, da wären junge Talente da, es würde zur Stadt passen und da müsste eigentlich etwas passieren in der Stadt.

Beate Rathmayr: Nein, das habe ich nicht, weil ich glaube, dass besondere Talente überall vorhanden sind und dass es darauf ankommt, wie es gefördert wird. Wenn ich jetzt eine Universität habe, die halt irgendwie in Musik ausbildet, dann wird man dort diese Talente sichtbar machen, genauso ist es in jeder anderen Disziplin. Ich glaube nicht, dass es spezielle Richtungen gibt, die auf der Hand liegen. Die wären schon längst da, weil sie sich eh durchsetzen würden. Ich kopple das stark mit Bildungseinrichtungen, mit Personen, mit Geldern.

Wenn wir uns von den Disziplinen weg bewegen in Richtung kulturelle Themen, kulturelle Themenschwerpunkte, kulturpolitische Themen, wenn man so will. Welche höchstens drei thematischen Schwerpunkte mit Kunst- und Kulturbezug werden deiner Meinung nach zukünftig die Stadt vor die größten Herausforderungen stellen?

Beate Rathmayr: Schwierig. Ich glaube, wirklich eines von den wesentlichsten Themen ist die Identifikation mit der Stadt und der Bezug zur Kultur, also zu Ereignissen oder Ideen für eine Kunst- und Kulturlandschaft. Dann Hierarchien vielleicht, Hierarchien im Kunst- und Kulturbereich. Und dann: Was braucht die Stadt? Ich glaube, dass Kunst und Kultur immer mit der Zeit und mit dem ganzen Leben rundherum und besonders mit der Stadt verbunden ist, und dass die stärksten künstlerischen Äußerungen durch Notwendigkeiten entstehen.

Zu den einzelnen Themenbereichen. Zuerst zu Arbeitsbedingungen, Arbeitsverhältnissen und sozialer Lage von Kunst- und Kulturschaffenden. Wenn du dein näheres kulturelles bzw. künstlerisches Umfeld betrachtest: Welche Arbeitsverhältnisse (Vollzeit, Teilzeit, Freie Dienstverträge, …) dominieren hier?

Beate Rathmayr: Ich glaube, freie Dienstverträge und Werkverträge.

Und die Arbeitsbedingungen, unter denen du arbeitest, wie würdest du die in aller Kürze beschreiben?

Beate Rathmayr: Ich persönlich habe eigentlich gute Arbeitsbedingungen. ich habe den Luxus, dass ich arbeiten kann, wo es mir gefällt und ich bekomme sogar mittlerweile Geld dafür bezahlt. Das war lange nicht so. Ich weiß, dass ich wirklich eine Privilegierte bin, was aber wichtig und notwendig ist, und auch selbstverständlich sein müsste. Ich weiß, dass ganz viele Leute das nicht so haben wie ich.

Du würdest sagen, wenn man diese Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbedingungen anschaut, unter denen du arbeitest, dass die nicht typisch für den Kunst- und Kulturbereich in Linz sind?

Beate Rathmayr: In Linz. Wo anders kann ich es nicht sagen, aber ich glaube, das ist überall so, also das wird ganz oft wo ein Thema sein. Ich glaube, dass es wirklich ganz schwierige Bedingungen sind für viele Leute. Gerade dieses Hin und Her. Was mir ein wenig Sorge oder ein bisschen Schwierigkeiten macht, ist diese Mischung aus seltständig und angestellt arbeiten. Das ist ganz, ganz schwierig ist. Ich zahle ganz viel mehr Steuern, glaube ich, wie viele andere bzw. von dem, was ich verdiene, geht ganz viel wieder weg an irgendwelche Systeme. Ich zahle halt alles zweimal. Das sind nicht Bedingungen, die klasse sind, aber ich kann mit denen jetzt ganz gut umgehen. Es gibt schlimmere.

Oft ist es so, wenn man sich über die soziale Lage von Kunst- und Kulturschaffenden unterhält, dann ist man recht schnell bei Diskussionen um die KünstlerInnensozialversicherung und ähnlichem, Sachen, die eher auf einer Bundesebene angesiedelt sind. Jetzt sind wir aber in der Stadt Linz und mich würde interessieren, ob es irgendwelche Maßnahmen gibt, welche die Stadt Linz setzen könnte, um die Arbeitsbedingungen und die soziale Lage von Kunst- und Kulturschaffenden zu verbessern?

Beate Rathmayr: Ich weiß nicht, ob man das trennen kann. Kann man das trennen? Sie muss auch schauen, dass Künstler in der Stadt gute Bedingungen haben, aber ich glaube, dass das ohne der Bundesebene nicht geht, also dass es grundlegende Veränderungen brauchen würde oder grundsätzliche Diskussionen. Ich glaube, das ist ein viel größeres Ding. Was die Stadt machen kann, ist, dass sie darauf hinweisen und Vorschläge entwickeln kann und Ideen bringen kann, wie man damit umgehen kann, welche Flexibilität es geben kann. Ich glaube, das ist wirklich etwas Wichtiges, weil dann auch viel mehr Künstler sich mehr trauen würden, wenn es bessere Bedingungen gäbe, wenn ich etwas aufhören kann, um etwas Neues anzufangen oder mich über ein großes Vorhaben trauen kann, aber finanziell eine Unterstützung brauche. Da muss man sich wirklich einen Kopf machen dazu. Die Flexibilität, glaube ich, ist ganz wichtig, einfach verschiedene Arbeitsverhältnisse gleichzeitig machen zu können, ohne dass man alles dreimal abrechnen muss. Wenn man dann nicht so fix auf seinem eigenen Arbeitsplatz ist, dann gibt man wieder wem anderen die Chance. Also mehr Offenheit für Veränderungen. Das ergibt sich auch dadurch, dass man zuerst einmal finanziell abgesichert sein muss. Wenn man das nicht ist, geht das nicht.

Nächster Themenbereich. Kunst am Bau, Kunst im öffentlichen Raum. Gerade bei Kunst am Bau würde mich am Anfang interessieren. Was fällt dir zu diesem Thema im Zusammenhang mit Linz ein?

Beate Rathmayr: Dass es da vor kurzem eine große Untersuchung oder eine große Zusammenführung oder Zusammenfassung gegeben hat, das fällt mir ein. Große Häuser, da gibt es schon einiges, was Linz in Kunst am Bau gemacht hat.

Wenn man sich die neuere Diskussion über Kunst am Bau ansieht, gerade wenn man nach Wien blickt, geht das sehr stark in Richtung Kunst im öffentlichen Raum, wo man sich von diesem reinen Kunst am Bau nach außen bewegt, in den Raum, wenn man so will. Kunst im öffentlichen Raum ist überhaupt ein großes Thema, auch in der Stadt, da gibt es eine lange Tradition in Linz, Forum Stahl, Forum Metall, Forum Design, Klangwolke, Ars Electronica, die ganzen kleinen Initiativen dazu. Mich würde interessieren, wie du die aktuelle Situation in Bezug auf Kunst im öffentlichen Raum in Linz einschätzt? Würdest du sagen, die Situation für Kunst im öffentlichen Raum in Linz ist perfekt?

Beate Rathmayr: Nein, das glaube ich auf keinen Fall. Sagen wir es anders, ich trenne stark zwischen Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum. Mein Verständnis von Kunst im öffentlichen Raum ist, dass ich Kunst in den öffentlichen Raum bringe, was meistens etwas Temporäres ist. Aber das ist halt auch, weil ich im Kunstraum arbeite. Das ist etwas, was ganz großartig ist, wenn man es umsetzt. Ich glaube, dass das viel mehr gemacht werden muss, aber dass es da nicht um Kunst am Bau geht. Es geht nicht darum, dass man jetzt einer Öffentlichkeit … also teilhaben zu können, oder eine Auseinandersetzung, oder die Kunst einfach dort hin zu bringen, wo sie normalerweise nicht ist, das ist für mich Kunst im öffentlichen Raum, aber nicht, dass es um die Gestaltung einer Fassade geht. Das ist es gar nicht. Ich glaube, wenn man Kunst im öffentlichen Raum mit Kunst am Bau vergleicht, ist man ganz wo anders. Das hätte ich gar nicht zusammengebracht. Diese Kunst im öffentlichen Raum würde auch die erste Frage, diese Frage, was braucht die Stadt, viel mehr mittragen, weil man es auch wissen will, was die Stadt braucht, was die Stadt ist und wer da lebt. Das hängt viel mehr mit den Menschen und dem Leben in der Stadt zusammen. Das ist etwas, was ich total reizvoll finde daran.

Siehst du eine Differenz zwischen Kunst im öffentlichen Raum und Kultur im öffentlichen Raum, dass in Linz mehr Schwerpunkt auf dem zweiten liegt? Also wenn ich jetzt an LinzFest, Pflasterspektakel und ähnliches denke, das findet ja alles im öffentlichen Raum statt?

Beate Rathmayr: Das stimmt, das kann man auch so interpretieren, dass die Kultur im öffentlichen Raum da ist. Klar ist das etwas anderes, das eine ist mehr Unterhaltung und Angebot der Freizeitgestaltung und das andere etwas, was man sonst nicht hat, was einem hilft, weiter zu denken oder Perspektiven zu öffnen, das ist ganz etwas anderes.

Kunstprojekte im öffentlichen Raum wie der kranke Hase fallen mir in den letzten Jahren nicht so viele ein, trotz Linz09. Es hat natürlich einiges gegeben, Bellevue gehört dazu, da waren sicher Formate, die im öffentlichen Raum statt gefunden haben. Würde es mehr davon vertragen in Linz?

Beate Rathmayr: Unbedingt, unbedingt.

Warum gibt es nicht mehr davon?

Beate Rathmayr: Na ja, ich glaube, ein wesentlicher Teil ist diese Reglementierung in der Stadt, die ist einfach eine politische, dass man alles geordnet haben will, dass man für alles eine Zugehörigkeit hat. Das ist die Stadt. Darum braucht es auch mehr von den Kunstprojekten im öffentlichen Raum, finde ich.

Wenn wir noch einmal zu Kunst am Bau zurückgehen. Fallen dir irgendwelche Maßnahmen ein, welche die Stadt Linz setzen könnte um Kunst am Bau als solches besser zu machen?

Beate Rathmayr: Da steige ich jetzt wo ein, wo ich noch nicht so viel Erfahrung habe. Ich persönlich habe zumindest nicht so viele gute Erfahrungen gemacht. Ich glaube, wir sind recht konservativ, was Kunst am Bau betrifft. Ich glaube, es gibt wirklich viel mehr Projekte oder Ansätze, die in einen partizipatorischen Ansatz gehen bzw. viel mehr weg von einer Gestaltung hin zu einer Auseinandersetzung mit dem Leben in der Stadt.

Also keine experimentellen, partizipativen Formen?

Beate Rathmayr: Genau das ist es. Wo ich mir denke, Künstler, die großartig wären für so Sachen, die würden nie eingeladen. Das ist auch sehr starr, sage ich jetzt einmal.

Und wenn wir den anderen Bereich anschauen, Kunst im öffentlichen Raum. Welche Maßnahmen könnte da die Stadt Linz setzen? Vorher hast du schon angesprochen die zu starke Reglementierung in der Stadt.

Beate Rathmayr: Ja, bei der Reglementierung müsste man ganz stark arbeiten. Ich kann kein einziges Poster aufhängen in der Stadt, ohne dass man irgendwie eine Anzeige bekommt. Und es hängt auch ganz stark mit Finanzierungen zusammen. Wenn man kein Geld hat. Wenn die Stadt Kunst im öffentlichen Raum will, dann muss sie auch Geld zur Verfügung stellen. Und dann muss es halt Ausschreibungen oder einfach mehr Unterstützungen geben. Das ist es einfach.

Was hast du für Erfahrungen mit den großen Projekten, auch in Zusammenhang mit Linz09, die aus dem Kunstraum heraus entstanden sind? Fällt dir da noch irgendetwas ein, wo du sagen würdest, das könnte man ändern?

Beate Rathmayr: Mir fällt jetzt gerade ein, diese Arbeiten bei Kunst im öffentlichen Raum, die halt wirklich zu Diskussionen führen, sind meistens nicht von den großen Häusern bzw. von denen, die das Ansehen haben oder die Berechtigung, sondern sie sind meistens von den kleinen. Und die Kleinen haben es einfach viel schwieriger, diese Zustimmung zu erhalten oder diese Bereitschaft. Wie zum Beispiel das Baumhaus, das tut mir immer noch leid, dass das nicht bleiben konnte. Warum da die Sicherheitsvorschriften ganz andere sind wie bei irgendeinem anderen Ding, wo genauso viel passieren kann? Da wird schon ein wenig unterschiedlich gemessen. Da müsste man viel mehr Mut haben für die kleinen, die zu unterstützen. Ich glaube, das würde die Stadt ein wenig lebendiger machen.

Der letzte Themenbereich hat mit den Verbindungen von Kunst und Sozial- und Gesundheitswesen zu tun. Abseits vom Kunstraum Goethestraße, welche Verbindungen zwischen Kunsteinrichtungen, Kunstinitiativen und Sozialeinrichtungen fallen dir in Linz noch ein?

Beate Rathmayr: Da fällt mir keine mehr ein, zumindest nicht so, wie wir das angehen.

Was müsste die Stadt Linz tun, um da mehr zu machen? Das kann es ja nicht sein, dass alles am Kunstraum Goethestraße hängenbleibt.

Beate Rathmayr: Nein. Es muss ein Thema sein und es muss mehr Geld geben.

Mir kommt vor, wenn es ein Thema ist, dann eher auf Landesebene, aber nicht auf Stadtebene, oder?

Beate Rathmayr: Was die Stadt tun kann, ist, es einfach in den Kulturentwicklungsplan hineinzunehmen, dass das etwas Wichtiges ist. Das hängt immer damit zusammen, für was man irgendwie einen Schwerpunkt setzt, oder? Und das tut sie halt da nicht. Aber das ist dieser erweiterte Kunst- und Kulturbegriff, der viel stärker ein Thema sein müsste, dass es nicht nur um dieses resultatorientierte oder um dieses eventorientierte Kunst- und Kulturschaffen geht, sondern dass Kunst und Kultur viel mehr das Leben in einer Stadt verändern könnte.

Was würde dir da vorschweben? Wenn man jetzt zuerst einmal den Bereich ansieht, kunst- und kulturbezogene Angebote für psychisch beeinträchtigte Menschen, was braucht es da in der Stadt?

Beate Rathmayr: Ein Selbstverständnis für unterschiedliche Zielgruppen, das braucht es. Ich habe zuerst gesagt, es gibt nur den Kunstraum Goethestraße. Wir haben uns ganz stark auf dieses Selbstverständnis eingelassen, darauf, Projekte zu entwickeln, wo ein gemeinsames Tun oder gemeinsame Projekte entwickeln möglich wird. Ich halte einfach ganz wenig von Nischen-Geschichten, wo man dann sagt, auch behinderte Menschen können Bilder malen oder psychisch kranke Menschen haben auch etwas zu erzählen und erstaunliche Geschichten. Dieses ganz normale, gar nicht lange zu sortieren, oder gar nicht lange auf diese Biografien zu schauen. Weil man in einer Stadt die Möglichkeit bekommt, ganz egal wie die Voraussetzungen sind, ein Leben zu führen, das einem halt dieses Ding ermöglicht. Da geht es viel mehr um ein Bewusstsein, vielleicht um Diskussion, mehr Möglichkeiten, die man erhält, um mehr Kooperation mit anderen Häusern zu machen.

Das heißt dann nicht nur partielle Integration, sondern echte Integration durch Kooperation und Partizipation.

Beate Rathmayr: Beim Thema Integration in Kunstprojekten da geht ganz viel schief. Man muss sich die anschauen, die das wirklich leben oder die Vorschläge machen, die wirklich funktionieren bzw. die halt nicht so aufgesetzt sind. Gerade in der Integration gibt es ganz, ganz viele aufgesetzte Sachen. Da muss man sich andere Modelle anschauen, die irgendwie anders funktionieren. Das ist ein schwieriges Thema, aber das hat die Stadt … auch wenn es heißt, wir tun ganz viel für Integration, das ist ein schwieriges Thema.

Eine Frage würde mich in dem Zusammenhang noch interessieren. Die Frage zielt auf den Bereich Armut und Armutsgefährdung ab. Es gibt einige Maßnahmen, die in der Stadt gesetzt worden sind in den letzten Jahren, die den Zugang zu Kunst und Kultur für in Armut befindliche oder armutsgefährdete Menschen erleichtern sollen, angefangen vom Aktivpass der Stadt Linz, der natürlich nicht nur den Kunst- und Kulturbereich betrifft, oder die, nicht von der Stadt Linz ausgehende Aktion Hunger auf Kunst und Kultur. Was würdest du einer Stadt wie Linz noch vorschlagen an Maßnahmen zu setzen, um den Zugang zu Kunst und Kultur für in Armut lebende oder armutsgefährdete Menschen zu vereinfachen? Kultur für alle steht ja in Linz immer über allem drüber, aber die Frage ist, ob zwischen diesem Schlagwort und dem, was dann wirklich passiert, nicht irgendwie eine Kluft gibt.

Beate Rathmayr: Das glaube ich schon. Ich finde, der Hunger-auf-Kunst-Pass ist eines der besten Dinge, die man sich einfallen hat lassen können. Ich finde, der gehört erweitert auf Studenten zum Beispiel. Da gibt es nämlich Regelungen für StudentInnen, in denen das Einkommen im Haushalt berechnet wird. Das sind dann ganz andere Zahlen. Da fehlt es wieder an dem Selbstverständnis. Das ist wieder so etwas, was du immer diskutieren musst und wo du Kontingente ausverhandeln musst. Da gibt es etwas, was war denn das? Irgendwann hat es einmal eine Ausstellung gegeben, mit einem Eintritt kann man sich die ein ganzes Monat lang anschauen. War das in Wien bei einer Ausstellung? Was ich wirklich großartig fand, dass man dann ein Monat lang in die Ausstellung gehen kann mit nur einem Eintritt. Also das sind so Sachen, die man ausprobieren könnte. Da gibt es sicher mehr Ideen, die andenken könnte. Das glaube ich auch, dass man das erweitern könnte.

Danke für die Antworten. Ist dir noch irgendetwas abgegangen? Willst du noch irgendetwas Wichtiges mitteilen?

Beate Rathmayr: Nein, jetzt auf die Schnelle nicht.

Danke.

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