Städte stehen im Wettbewerb, werden in Rankings abgebildet und permanent miteinander verglichen. Linz bildet hier keine Ausnahme. Deshalb wurde in der vorliegenden Arbeit an die interviewten Persönlichkeiten aus dem Kunst- und Kulturfeld eine Frage gerichtet, womit Linz in kultureller Hinsicht gegenüber ähnlich großen Städten wie Graz, Salzburg oder Innsbruck – oder darüber hinaus gegenüber Regensburg, Kassel, Münster, Freiburg, Karlsruhe, Basel oder Genf – punkten kann.
Wie bei der Frage nach der internationalen Wahrnehmung von Linz als Kulturstadt
wird auch hier oftmals mit kulturellen Einrichtungen oder Ereignissen geantwortet, allen voran wiederum mit dem Festival Ars Electronica, wobei häufiger das Ars Electronica Center oder der Schwerpunkt Neue Medien und Technologien bzw. Medienkunst und Medienkultur zusätzlich genannt werden. Auch das Crossing Europe Filmfestival wird mehrfach als besonderes Merkmal im Vergleich zu anderen Städten hervorgehoben, von den Einrichtungen werden ansonsten nur vereinzelt Lentos und Kunstuniversität genannt.
Der größte Unterschied wird – insbesondere zu den von der Größe her vergleichbaren
österreichischen Städten Graz, Salzburg oder Innsbruck – in der fehlenden Tradition
gesehen. Es existiert kein Ballast der Hochkultur (insbesondere im Vergleich zu Salzburg), ein (Bildungs-)Bürgertum fehlt weitestgehend und das kulturelle Erbe spielt keine prägende Rolle, wobei manche der Interviewpartner_innen einschränkend anmerken, dass Linz die Verantwortung für ein historisches Erbe sehr wohl zu tragen habe. Durch die fehlende Tradition war und ist es in Linz noch immer möglich, Ressourcen für Neues einsetzen zu können und sich auf die Gegenwart und die Zukunft zu orientieren. Dieser Vorteil, immer Neues in der Stadt entwickeln zu können, wird vielfach hervorgehoben. Linz bewegt sich abseits des Mainstreams, ist experimentierfreudig, eine moderne und offene Stadt, immer bereit für neue Entwicklungen, es gibt ein Bekenntnis zur Förderung zeitgenössischer Kunst. Die Stadt ist geprägt von Dynamik und einer zeitgemäßen Urbanität. Die Kehrseite dieser Medaille, dieser postmodernen “Anything goes”-Mentalität, ist jedoch eine fehlende eindeutige Profilierung.
In diesem Zusammenhang müssen auch jene Antworten gesehen werden, die auf das vielfältige und breite kulturelle Angebot der Stadt hinweisen. Vereinzelt wird dabei auf Teilaspekte, spezifische Bereiche oder Personen hingewiesen, die Linz von anderen Städten abheben (die starke Vernetzung der Freien Szene, das Vorherrschen von Pioniergeist, Eigeninitiative und DIY-Charakter, der gute Mix im Theaterbereich, die musikalische Vielfalt zwischen U-Musik und E-Musik, das Vorhandensein von künstlerischen Persönlichkeiten, …).
Als weitere Punkte, mit denen Linz gegenüber anderen Städten im Vorteil ist, werden
darüber hinaus in den Interviews insbesondere genannt:
- Allgemein die Größe der Stadt und damit einhergehend die Überschaubarkeit des Geschehens sowie kurze Wege in der Stadt (wobei dies für gleich große Städte auch zutreffen wird).
- Ein grundlegend liberales Klima, was sich u. a. in einer gewissen Unaufgeregtheit widerspiegelt.
- Die Bereitschaft zur Kooperation über Institutionen und Generationen hinweg.
- Das Ineinandergreifen von Kulturentwicklung und Stadtentwicklung.
- Möglichkeiten der Mitsprache und Teilhabe, die u. a. mit dem Konzept “Kultur für Alle” und der Niederschwelligkeit der Angebote in Verbindung stehen.
- Der (kulturell zu wenig genutzte) Donauraum und die Nähe zur Natur.
- Grundsätzlich die hohe Lebensqualität in der Stadt.
- Die Nähe zu Wien.
- Einzelne grundsätzlich interessante Orte und Räume in Linz wie z. B. der Hauptplatz oder die Altstadt.
- Das Spannungsfeld zwischen Industrie und Kultur und die Entwicklung als Arbeiterstadt.
- Die Vermittlung von Authentizität und Direktheit.