Thomas Pohl

Geburtsjahr und Geburtsort?

Thomas Pohl: Ich bin 1967 in München auf die Welt gekommen.

Du lebst in Linz?

Thomas Pohl: Seit 20 Jahren lebe ich in Linz, durchgängig.

Welche kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten und Funktionen übst du aus?

Thomas Pohl: Ich bin von meinem Grundberuf Schauspieler, was ich jetzt nicht mehr so oft ausübe. In zweiter Profession bin ich Regisseur, was ich heuer wieder bewiesen habe, dass ich das mache. Ich bin Spielleiter an vielen verschiedenen Schulen derzeit, an Schulen wo ich schon öfters etwas gemacht habe, ich arbeite mit Lehrlingen vom Magistrat zusammen, das erste Mal, und erarbeite mit jeder Gruppe eine szenische Abfolge, die auch einer Präsentation entgegenblickt vor Publikum, ob das jetzt dann im Lentos ist oder in der Schule oder im Volkshaus oder im Landestheater, im Eisenhand oder bei „Lange Nacht der Bühnen“, das ist dann unterschiedlich. Das mache ich jetzt schon einige Jahre, Spielleitungen in verschiedenen Gruppen, unterschiedlichen Alters, auch mit Erwachsenen. Ich mache immer wieder Lesungen, Moderationen, Anmoderationen von Aktionen und Festivitäten, aber momentan bezeichne ich mich als freiwilliger Kultur- und Wertevermittler.

Bist du Einzelkünstler oder bist du irgendwo in einem Verband, einer Initiative, einem Verein auch tätig?

Thomas Pohl: Ja, aber wir sind leider nicht mehr so viel tätig. Wir haben vor 18 Jahren die „Niederträchtigen“ gegründet, das ist eine Musik-Kabarett-Formation, wo wir zu dritt auf der Bühne stehen, zwei Männer und eine Frau, aus verschiedenen Professionen kommend beziehungsweise aus verschiedenen Richtungen der Kunst kommend. Katrin Weber kommt vom Jazzgesang und vom klassischen Gesang, deshalb kann sie auch Opernparodien machen, Arien-Parodien, David Wagner kommt vom Klavier und vom Dirigieren, das ist unser großer Arrangeur und Manager und ich komme vom Schauspiel. Regisseurin war immer Heidelinde Leutgöb, die hat aus allen drei Personen auf der Bühne das beste herausgeholt. Wir haben Programme gemacht von Travestie-Revuen mit alten Schlagern bis hin zu einem reinen Kästner-Programm mit Vertonungen von Komponisten und Vertonungen von meinen KollegInnen und ein reines Heinz-Erhardt-Programm, das wir immer noch spielen, wenn auch selten.

Du bist im Stadtkulturbeirat im Vorsitzendenteam. Hattest du sonstige Funktionen in Beiräten, Jurys, Gremien in der letzten Zeit oder noch aktuell?

Thomas Pohl: Nein, also vor zwei Jahren war ich einmal in der Jury im Rahmen des Zündstoff-Festivals, das ist dieses Festival für Schülertheater, wo Schülergruppen für Schülerpublikum spielen. Da ging es um die Auswahl der Gruppen, die da antreten dürfen. Das war eigentlich das einzige Mal, dass ich in der Jury gesessen bin. Nein, außer im Stadtkulturbeirat nichts dergleichen.

Gibt es in Bezug auf die vorhandene räumliche und technische Infrastruktur aktuell einen Handlungsbedarf, d. h. den Wunsch nach quantitativer Erweiterung oder qualitativer Verbesserung?

Thomas Pohl: Den gibt es auf jeden Fall. Ob ich jetzt Einzelkämpfer bin oder immer mal wieder in der Gruppe agiere, also Proberäume und Veranstaltungsräume, sei es für Musik oder kleine szenische Theaterereignisse, da ist es auf jeden Fall gefragt. Und dadurch, dass wir eben über den Stadtkulturbeirat und mit der Beschäftigung mit diesem Thema wissen, dass der Raum da ist, wollen wir ihn halt jetzt ganz speziell verstärkt fordern.

Thema Leerstände?

Thomas Pohl: Ja, genau.

Kurzes Assoziationsspiel: Welche Begriffe fallen dir ein, wenn du an „Kulturstadt Linz“ denkst?

Thomas Pohl: Nicht immer schon. Als ich Freunden erzählt habe, dass ich in Linz engagiert bin, 1991, haben die gesagt: „Ach Linz, spinnst du? Warum gehst du nicht nach Wien? Das ist eine graue Stadt.“ Die haben wirklich ein Horrorszenario an die Wand gemalt und ich habe gedacht, ich komme jetzt in eine völlig verstunkene, schwarzschwadige, lichtarme Stadt, wo man nur mit Atemmaske bestehen kann. Das war teilweise schon so, aber die Luft hat sich verbessert. Ich hatte weiße Fensterbretter an der Theaterwohnung in der Sandgasse und die waren nach drei Tagen schwarz. Das habe ich spürbar gemerkt, diese Veränderung, diese Verbesserung. Wenn wir so über Linz reden, mit Leuten die nicht aus Linz sind oder die es nicht gut genug kennen, dann erzähle ich zum Beispiel immer, dass die Salzburger von der E-Bühne damals, als ich meine Ausbildung gemacht habe, nach Linz gefahren sind, um Klamotten zu kaufen, weil es halt keine coolen Klamotten gegeben hat in Salzburg in den 1980er-Jahren. Man merkt diesen krankhaften, fast schon krankhaften Zwang, sich von dieser Arbeiterstadtmentalität und von diesem Image zu lösen und eben jetzt zu einer Kulturstadt zu werden und das auch zu pflegen. Da sind dann halt schon außerordentliche Dinge entstanden wie diese riesigen Spektakel, Pflasterspektakel und LinzFest und diese ganzen Sachen, Kronefest, die ich immer großräumig meide und denen ich immer großräumig ausweiche, wenn es geht. Da habe ich den Wandel mitgemacht, gesehen, beobachten können in 20 Jahren.

Wenn wir es auf die letzten zehn Jahre beschränken, ab der Jahrtausendwende: was lief deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung der Stadt Linz?

Thomas Pohl: Das ist schwer zu beantworten. Ich war zwar mit meiner Musikgruppe unterwegs und wir haben sehr wohl Förderungen bekommen, als wir im Ausland waren, da gibt es dann auch Fahrtkostenunterstützung. Zu den großen, zum Landestheater habe ich aber keinen Kontakt mehr, außer dass ich dort den Jugendclub habe, aber mit Förderungen und so kenne ich mich nicht aus. Mein Gefühl war immer, dass die Freie Szene und die kleinen Gruppen, wie sie jetzt alle heißen, theaternyx und Bühne04 und so, dass die gerade am Limit dahinvegetieren und große Events halt extrem gefördert werden, offenbar, offensichtlich. Da weiß ich keine Zahlen. Das hat Erfolg und es sind auch gute Produktionen zu sehen und sie machen da auch, glaube ich, eine tolle Arbeit, die OrganisatorInnen und die Gruppeneinlagen zu diesen Festivals, aber es ist ein Unverhältnis kommt mir vor. Wir müssten die Zahlen … um die habe ich mich nie gekümmert, aber das habe ich immer gespürt, dass da ein totales Unverhältnis da ist. Im Gegensatz zu den großen, riesigen Dingen die kleinen, feinen Sachen, die da halt passiert sind.

Du differenzierst gleich. Gibt es sonst noch etwas in der kulturellen Entwicklung der letzten zehn Jahre, wo du sagst, das ist besonders gut gelaufen oder etwas wo du überhaupt nicht zufrieden bist? Überhaupt nicht zufrieden bist du anscheinend mit diesen großen, spektakulären Festivalformaten. Auf der Plusseite war jetzt die Entwicklung der Freien Szene, aber natürlich nicht mit den entsprechenden Möglichkeiten. Gibt es da noch mehr bei der kulturellen Entwicklung, was du auf die Haben oder Nicht-Haben-Seite schreiben würdest?

Thomas Pohl: Es gibt schon prägnante Wahrzeichen, die Linz bestimmen, wie das Ars Electronica Center, das auch wirklich ein Vorzeigeding ist und auch mehr global wahrgenommen wird und immer schon wurde. Das finde ich ein wirkliches Beispiel für … so kann man es richtig machen. Dass da dann innenpolitisch und innenorganisatorisch irgendwie mal etwas schief läuft, das gehört nicht hierher. Aber das finde ich einen ganz markanten Punkt in Linz. Die diversen Museen, die haben zwar, was ich weiß, einen schweren Stand, aber sind auch immer wieder genannt und glaube ich auch bekannt, weltweit, Lentos und Landesgalerie, und da passiert auch viel. Die Landesgalerie zum Beispiel erlebe ich als eine sehr lebendige, da sind immer wieder Veranstaltungen. Ich bekomme das halt mit, wenn ich wieder einmal dabei sein darf oder wenn spezielle Sachen sind, so man hingeht. Es ist ein beeindruckendes Gebäude, da rührt sich etwas. Das Land ist sowieso sehr rührig, da gibt es auch sehr stolz und selbstbewusst diese Bühnenkulturpreise und Annerkennungspreise, das finde ich cool. Solange das Land noch Geld hat, dann soll es das machen, weil das ist dann schon ein Beitrag für die kleinen, feinen Sachen. Über den Musentempel freue ich mich sehr, dass die den Annerkennungspreis bekommen haben, neben Eike Baum. Da sind schon einige Sachen. Da müsste ich auch länger überlegen, was mir wirklich gut gefällt.

Und nochmals nachgefragt: mit welchen kulturellen Entwicklungen der letzten zehn Jahre bist du überhaupt nicht zufrieden? Neben dieser Entwicklung der Festivals und der Spektakel?

Thomas Pohl: Darf man erwähnen, dass man die Qualität der führenden Zeitungen wenig beachtlich findet? Das Zeitungswesen in Linz ist einfach unter aller Sau. Deswegen nehme ich auch keine zur Hand und ich bin leider kein versierter Zeitungsleser. Dass ich mir die Süddeutsche bestelle, mit der ich aufgewachsen bin, mit diesem Großformat, oder die Neue Zürcher Zeitung, die lese ich auch nicht. Ich oute mich jetzt als fauler Zeitungsleser. Mir ist ja der Standard schon zu viel, aber der ist auch so Wien-lastig, dass ich den auch gar nicht lesen mag, das ist immer sehr ärgerlich, dass die Bundesländer da so wenig vertreten sind. Sonst in Linz … ich finde es sehr schade, dass die Oper nicht in den Berg kam damals. Da haben sie wirklich eine Chance vertan. Das hätte ein Wahrzeichen werden können wie das AEC in meinen Augen. Irgendwer hat da gesagt: „Ja, seid froh, das hätte eh nicht geklappt, bautechnisch.“ Aber das glaube ich nicht, weil wenn man die Straßenbahn untertunneln kann und wenn man eine Oper dahinstellen kann, fast da, wo Hitler sie auch hinstellen hätte wollen, und man Autobahnen bauen kann, Tunnels, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass das nicht hingehaut hätte, da im Berg. Das finde ich sehr schade, da bin ich der Linzer Bevölkerung sehr nachtragend, dass sie das abgewürgt hat. Das hätte wirklich cool werden können, mit der passenden Garage dazu und jetzt bauen sie diese Umfahrung da. Da hätte ein Theater, glaube ich, locker reingepasst.

Womit kann Linz deiner Meinung nach im österreichischen Städtewettbewerb punkten, vor allem im Vergleich zu ähnlich großen Städten wie Graz, Salzburg oder Innsbruck, oder deutschen Städten wie Regenburg? Ist das nur die Ars Electronica oder ist es etwas anderes auch?

Thomas Pohl: Nein, da ist viel mehr und da bin ich froh, dass ich letztens mit Erika Baldinger vom OK geredet habe, die sich da gut auskennt und mir erklärt hat, warum im Zentrum so viele Kirchen sind und dass in Linz immer schon früher als in anderen Städten Gewürze oder Stoffe oder Materialien waren, einfach durch die Schifffahrt am Fluss, das war einfach die Lebensader von Linz und die waren immer vorne weg. Die hatten immer alles zuerst, und deswegen so viele Kirchen. Da ist dann ein Machtkampf entstanden und jeder musste sichtbare Zeichen setzen, dass es die Kirche noch gibt. Punkten kann Linz damit, dass es eine große Vielfalt bietet, eine interessante Altstadt, eine ganz große Nähe zur Natur. Die Natur fängt ja hinter Urfahr an, also das Mühlviertel, das liebe ich heiß und innig. Damit kann man groß punkten. Es gibt, glaube ich, auch diese Wanderwege, die populär gemacht werden. In Innsbruck bekommt man Rappel, weil man von den Bergen umgeben ist, da bekommt man den Kollaps, weil man eingeschlossen ist. Graz ist zwar sehr hübsch, aber wenn man das flache Land nicht mag, dann ist man auch aufgeschmissen. Salzburg ist auch so klein, so eingeschlossen. Gott sei Dank fließt da die Salzach durch. Ich habe dort zweieinhalb Jahre gelebt, meine Ausbildung gemacht und wenn die Salzach nicht gewesen wäre, wo man spazieren gehen kann und wo es durchlüftet, dann wäre das so ein geschlossenes Ding, wo man auch einen Rappel bekommt. München hat auch schöne Flecke, ist inzwischen sehr schnöselig geworden. Ich würde nicht freiwillig nach München zurückgehen, weil da jetzt einfach die Schnösel leben, die Menschen, die beweisen müssen, dass sie es sich leisten können, in München zu leben und alle echten Münchner leben sowieso im S-Bahn-Bereich und fahren mit der S-Bahn in die Arbeit oder in die Stadt, wenn sie nicht dort arbeiten müssen. Also Linz kann mit sehr vielen Sachen punkten. Es ist in der Historie begründet und zwischen Alt und Neu ist einfach eine riesige Spanne, vom Schloss und der ganzen Anlage da oben und der Altstadt bis hin zum Ars Electronica Center, einer Oper, einem Musiktheaterhaus, das hoffentlich gefüllt werden wird, der Bahnhof – mir ist es manchmal leid um den steinernen Saal, aber wir leben in einem Wandel und in einer Zeit der Erneuerung. Was in Linz gebaut wird, wenn man offenen Auges durch Linz fährt, mit dem Fahrrad, mit dem Auto oder zu Fuß geht, ist ja unglaublich. Was da jetzt an Bauvorhaben umgesetzt wird. Linz kann mit vielem punkten, mit der direkten Nähe zur Natur, auch in Richtung Süden, mit den Auen und diversen Seen, das hat schon eine große Attraktivität.

Jetzt hast du kurz geschildert, wie du von München nach Linz gegangen bist, als du von Freunden oder Bekannten fast für verrückt erklärt wurdest. Du gehst sicher auch öfters aus Linz raus, du bist sicher öfters überregional oder international unterwegs. Inwieweit denkst du, dass Linz international als Kulturstadt wahrgenommen wird? Welche geografische Reichweite hat die internationale Wahrnehmung? Reicht die Wahrnehmung bis München, oder ist es nur in ganz speziellen Segmenten?

Thomas Pohl: Das habe ich schon länger nicht mehr überprüft, aber es gab Zeiten, wo man sagen musste, Linz liegt zwischen Salzburg und Wien: „Ach ja, da bin ich schon einmal vorbei gefahren.“ Manche haben dann erzählt, sie haben in der VÖEST gearbeitet oder Kollegen gehabt, die dort gearbeitet haben. Aber das habe ich jetzt schon länger nicht mehr überprüft. Die Freunde, die ich in der Nähe von Hamburg besucht habe, die wissen, dass ich da bin seit einiger Zeit. Einige kommen mich besuchen und staunen dann, wie hübsch und attraktiv und abwechslungsreich Linz ist. Freunde aus Berlin waren jetzt vor kurzem da, zum wiederholten Male. Das kann ich jetzt nicht so genau beantworten. Da bin ich jetzt auch in Hamburg nicht mit den richtigen Leuten zusammen gewesen.

Beschreib bitte dein Resümee von Linz09 anhand von drei Punkten. Egal ob positiv oder negativ.

Thomas Pohl: Linz09 begann für mich mit einer sehr peinlichen Eröffnungsshow, wo wir sehr froh waren, dass der Gebärdendolmetscher größer zu sehen war als der Bundespräsident. Die Silvesternacht selber war dann ok mit den Darbietungen. Es waren ganz ausgezeichnete Sachen dabei, wo ich sehr froh bin, dass ich sie gesehen habe, eine spanische Produktion in der Hafenhalle, die hat mich nachhaltig beeindruckt. Dann war auch viel Schlechtes dabei, wo man gedacht hat: „Ok, wer hat das vorher beurteilt bitte und eingeladen?“ Dann kann ich mich sehr gut an diesen Ärger erinnern, den sie sich aufgezogen haben mit der Freien Szene, die nicht involviert war. Ich habe das so verstanden, dass diese T-Shirts mit vorne „Linz09“ und hinten „Ich war dabei!“ eine Antwort waren auf diesen Zoff, den es gab, dass man dann stolz irgend so ein T-Shirt tragen durfte, wenn man irgendwo involviert war. Wo ich auch sehr froh war – das war zwar sehr kurzfristig – dass war diese australische Produktion im Volksgarten, wo die Leute mit Kopfhörern herumgegangen sind und die Spieler … da waren Menschen mit Beeinträchtigungen dabei und dann wurden Gruppen mit Menschen mit Behinderungen aus dem Umfeld und aus Linz geholt, die waren verwanzt und die Leute haben alles über Kopfhörer gehört. Da war ich auch froh und glücklich, obwohl das dann eine Woche meines kostbaren Sommerurlaubes gekostet hat. Was mich erstaunt, in Sachen Linz09, dass jetzt noch so viel Geld zur Verfügung stand. Mir hat dann jemand erklärt, dass war das, was sie zurückhalten mussten für etwaige Klagen, wegen des Ausfalls dieser Oper und noch ein paar anderer Sachen, die nichts geworden sind. Was ich gehört und Gott sei Dank nicht erlebt habe, war das Klima im Linz09-Büro. Da muss es ja ordentlich unterkühlt gewesen sein und nicht sehr gruppenfreundlich oder teamfreundlich. Anfänglich hat man ja mitbekommen, dass da alle nasenlang jemand wieder gekündigt hat und sie immer wieder neue eingestellt haben. Da musst man schon einmal den Magen und die Nerven dafür haben, dass man da geblieben ist. Man redet schon noch immer über Linz09, also ab und zu tauchen im Gespräch ein paar Namen von Produktionen oder Erinnerungen auf, was man gesehen hat, was man toll fand. Ich bedauere sehr, dass ich von diesem Circus, der gewandert ist und dann zweimal in Linz war an verschiedenen Plätzen, nur den letzten Abend erwischt habe und sonst keinen anderen. Das kann damit zu tun haben, dass ich da selber gespielt habe im Sommertheater oder auch nicht da war. Das habe ich fast übersehen, das finde ich im Nachhinein sehr schade, weil das waren tolle Sachen. Nicht nur die große Dinge, sondern auch fast aus dem Verborgenen, eben dieses kleine Zirkuszelt da. Das indische Theater war auch eine coole Location unter der Autobahnbrücke, da war es leider schon ein bisschen kalt, weil das war dann schon im Spätherbst. Das war schon sehr außergewöhnlich, aber das geht natürlich im Rahmen eines Kulturhauptstadtjahrs. Ein bisschen etwas in den Alltag zu übernehmen oder in die laufenden Jahre wäre natürlich wünschenswert, aber kann man sich viel wünschen. Oder die Geschichte mit dem Theater Phönix, das war nur noch peinlich.

Ich hätte noch drei Fragen, die haben mit der strukturellen Beschaffenheit des Kunst- und Kulturfeldes in Linz zu tun. Wie schätzt du das Verhältnis von Hochkultur – Subkultur – Volkskultur in Linz ein?

Thomas Pohl: Nicht ausgewogen. Bei der Volkskultur weiß ich nicht, wie das ist. Ich glaube, diese ganzen Blasmusikkapellen, die organisieren sich großteils selber. Ich weiß nicht, ob es da Förderungen gibt, da müsste ich mal einen Freund von mir fragen, der ist Stabführer in Sankt Magdalena bei der Blasmusik. Im Stadtkulturbeirat wird immer gejammert, dass sie nicht gesehen werden und dass Mietzahlungen bei Volkshäusern verlangt werden, wo mit Nachdruck freier Zugang zu den Volkshäuser für Volkskulturgruppen gefordert wird. In Salzburg ist das anders. Ich weiß, dass hinter dem Neubau der Elisabethbühne, die jetzt im Petersbrunnhof ist und jetzt Schauspielhaus heißt, unten ein Raum eingerichtet wurde für Volkskulturgruppen. Ich weiß jetzt gar nicht, was die machen, singen oder tanzen oder sonst was. Und die Subkultur … deshalb sage ich, ich freue mich so, dass der Musentempel den Anerkennungspreis bekommen hat, weil sie sichtbar sind und sie sich wohl überlegen, dass sie nicht nur so einseitig fördern können, weil sonst machen sie eine hässliche Figur. Aber ich glaube, dass das in einem ganz schlechten Missverhältnis steht und Brucknerhaus und Posthof sicher da stehen, auch das Theater Phönix von Stadt, Land und Bund gleichermaßen gefördert wird und glaube ich, sollte nicht irgendetwas Schlimmes passieren, keine weiteren Sorgen vorläufig hat. Und Subkultur … ja, definiere Subkultur. Also die kleinen, feinen Sachen, da bin ich fest der Überzeugung, dass sich da etwas ändern muss in Sachen Fördervergabe.

Wenn du einzelne künstlerische Disziplinen wie Malerei und Grafik, Tanz, Theater, Musik, Literatur, Film, Fotografie usw. betrachtest: Wo würdest du meinen, wäre in der Stadt noch Entwicklungspotenzial vorhanden?

Thomas Pohl: Beim Tanz zum Beispiel. Ich finde es super, dass es Red Sapata gibt und dass die initiativ genug sind und sich stark genug fühlen, sich da auf die Beine zu stellen. Die TanzTage im Posthof gibt es ja, glaube ich, schon länger, ich weiß jetzt nicht wie lange, ich weiß aber, dass sie nicht immer wahnsinnig gut besucht sind, weil es noch eine ganz spezielle Nische ist, die jetzt auch eben kein großes Publikum verträgt. Wenn man da Abo reinsetzen würde, ich weiß nicht, ob Wilfried Steiner das tut, bei einer Tanzveranstaltung, die gehen da sicher nie wieder hin, wenn sie vorher nicht vorbereitet wurden, was sie da erwartet und wie das aussehen wird und wie sich das anfühlt. Aber da ist sichtbar Potenzial. Ich bin jetzt auch kein Tänzer und ich bin jetzt nicht der … ich gehe halt, wenn ein Bekannter etwas macht und wenn es im Rahmen eines Festivals ist und ich mir denke, das ist jetzt wirklich spannend, man kann sich auch als Schauspieler etwas mitnehmen oder überhaupt als Künstler. Ich bin jetzt nicht speziell der Tanzveranstaltungsbesucher, aber da ist ein großes Potenzial da, das ist spürbar, und die brauchen Platz. Mich wundert es, was mit der Hafenhalle derzeit ist. Da gibt es unterschiedliche Antworten, wem das jetzt gehört und ob die da noch stehen bleibt oder ob die abgetragen oder weiterverkauft wird. Also das auf jeden Fall. Und an freien Gruppen, die sich da teilweise aus einer Not herausbilden … ein Kollege von mir, der halt auch einmal im Landestheater gespielt hat und verschiedene kleine Häuser bespielt hat, das ehemalige Chamäleon und jetzt in Traun Produktionen macht, der hat den Raum gefunden, aber es entsteht immer wieder etwas an Theaterproduktionen. Shows gibt es jetzt nicht so viele, würde ich einmal sagen. Um das zu erleichtern, wäre ein Proberaum, der irgendwie verwaltet wird, gut verwaltet wird, sodass alle eine Chance haben, da rein zu kommen, notwendig. Alles andere ist recht fein und klein. Es gab in Wels vor kurzem dieses Gruppentheaterfestival, Figurentheaterfestival, das hat sich schon herauskristallisiert als Anlaufpunkt einmal jährlich. Ich weiß gar nicht, wie das zustande kam, dass das in Wels ist. Da gibt es in Linz das Kuddelmuddel, da passieren verschiedene Sachen, auch aufsehenerregend mit Marina Koreimann und ihrer Kollegin, diese Wassertropfen, da habe ich ganz tolle Sachen gehört. Ich habe es leider nicht gesehen, ich hoffe, ich kann es mir noch anschauen. Da ist auch etwas da und das braucht dann halt auch Platz und das kann dann auch vom Kuddelmuddel in den Posthof wandern und dann sollen Leute kommen und sich das anschauen.

Welche drei thematischen Schwerpunkte mit Kunst- und Kulturbezug werden zukünftig die größten Herausforderungen für die Stadt darstellen?

Thomas Pohl: Eines, das mir auf den Nägeln brennt, ist der Umgang mit den Jugendlichen und wie sie Umgang zur Kultur haben können und wie die Raum bekommen können in der Stadt. Ob jetzt mit Betreuung oder Anleitung oder einfach Platz haben. Es gibt so viele Notwendigkeiten, die angemeldet werden. Ich habe jetzt mit einem gesprochen, der es im Franckviertel geschafft hat, dass sie eine Skaterbahn bekommen, weil die dort einfach keinen Platz haben oder die Plätze, die es gibt, nicht für Skater geeignet sind und da auch nicht gerne gesehen sind. Der hat das jetzt durchgesetzt, dass sie da einen bekommen. Stadtrat Klaus Luger hat angeblich zugesagt. Es liegt jetzt nur noch daran, das umzusetzen. Allein das, wie die an Kultur herangeführt werden, da reichen, glaube ich, reine Schülervorstellungen nicht mehr. Mir hat letztens jemand erzählt, ein Lehrer, der war mit seinen SchülerInnen in einer Vorstellung am Landestheater, Frühlingserwachen, und da war eine Schulklasse drinnen, die hat sich derartig arg aufgeführt, dass ein Schauspieler dann spät aber doch unterbrochen hat und gesagt hat, sie können eh auch hinausgehen, wenn es sie nicht interessiert. Über diesen Zugang hinaus, der bereits existiert, dass Jugendliche ins Theater gehen, muss man mit den Jugendlichen selber Zukunftspläne entwickeln. Ich komme eben deswegen darauf, weil ich viel mit Jugendlichen zu tun habe und wir diskutieren da immer wieder, weil es sich ergibt, dass sie so motivationslos sind, sie sind so antriebslos und alleine gelassen in einer Gesellschaft, die ihnen nur Druck auferlegt und nur vormacht, dass jeder der Beste sein muss, die Schönste, der Schnellste. Ein Miteinander gibt es gar nicht mehr. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal einer werden würde, der sagt: „Bei uns damals gab es wenigstens noch die Tatsache, dass man jemandem die Türe aufgehalten hat.“ Ich sage nicht, dass bei uns alles besser war. In meiner Generation denken jetzt viele so und wenn man die Jugendlichen heutzutage anschaut, die können einem fast leidtun, weil sie halt viele Sachen nicht mehr beigebracht bekommen, weil die Eltern wahrscheinlich arbeiten und kaum Zeit haben und die Kinder halt dann irgendwie ruhigstellen mit Essen oder mit Klamotten oder mit anderen Geschenken und sich selbst überlassen mehr oder minder. Die Jugendlichen mit migrantischem Hintergrund, die dritte Generation, gehört dringendst eingebunden von Seiten der Stadt. Mit den Lehrlingen machen sie es einem vor, da ist es glaube ich so 50 Prozent zu 50 Prozent mit den ÖsterreicherInnen und mit nichtösterreichischen Eltern, was ich da so erlebe in der kleinen Gruppe von zehn Jugendlichen. Wie die in Zukunft überhaupt sich in der Stadt bewegen und als Erwachsene eine Chance haben, in der Stadt zu bestehen, was jetzt nicht alles in der Innenstadt sein muss, sondern halt in der Stadt Linz. Wie kann ein Jugendlicher in der Stadt Linz bestehen, ohne permanent von den Alten angemotzt zu werden, dass er da die Füße bitte runter geben soll und dass er das jetzt aufheben soll, sondern irgendeine Antriebsmöglichkeit oder irgendeine Perspektive erwächst, die sie wieder interessant macht, für die Stadt, in der sie leben. Weil jetzt hängen sie am PC und gehen zu McDonald’s und zu H&M. Das könnte überall sein, wenn ihre Freunde halt nicht tatsächlich in derselben Straße wohnen oder irgendwie gerade mal zwei Busstationen weiter, die sie ja doch immer mal wieder real treffen und mit denen sie sich in der Schule auseinandersetzen, aber sonst könnte es ja egal wo sein. Ich habe meinen Laptop, ich habe mein Internet, ich habe mein Facebook, ich habe meinen Mc Donald’s und die Läden, wo sie halt einkaufen gehen, aber der Bezug zur Stadt geht verloren, fürchte ich. Vielleicht unke ich da jetzt zu sehr, aber die gehören einfach eingebunden, wenn sie weiter hier leben sollen. Sonst können sie, wenn sie einen Job bekommen, alle auswandern und dann ist die Heimatstadt komplett egal. So sieht es teilweise ja auch aus. Was mir halt auffällt, ist die Tatsache, dass keiner mehr Mistkübel benützt, sondern alles auf Autos stellt oder Fensterbretter oder auf Zählerkästen und dann habe ich es halt nicht weggeworfen, sondern dann habe ich es halt dahin gestellt oder hinter etwas hineingequetscht. Ich glaube es manchmal einfach nicht. Oder das Verhalten in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich meine, ich bin jetzt 43 und höre mich an wie der ärgste Spießer, aber das Miteinander ist einfach so bestimmend und ich mag nicht in einer Stadt leben, wo mich die Jugendlichen anmotzen und sagen: „Oida, hoit die Pappn!“ Das ist in der Schule so, die Lehrer klagen da, die haben einen Mangel an Grundrespekt, an Interesse, an Haltung, die haben eine Unmotiviertheit. Er bekommt die teilweise nicht einmal so weit hin, dass sie „Muh“ und „Mäh“ und „Guten Morgen“ sagen. Die hängen drinnen, in den Sesseln, stehen nicht auf, wenn ein Fremder die Kasse betritt. Die beklagen das alle und wenn ihnen keine Perspektiven eröffnet werden, selber erfinden sie sich keine.

Jetzt hast du gleich mehrere Themen in eines verpackt. Das hat jetzt alles einen Zusammenhang gehabt, Jugendliche, Zugang zur Kultur, Partizipation, Raum, Platz haben, Perspektiven, Identitätsfragen, Respektsfragen, Migrationshintergrund ist auch gefallen. Sonst noch ein Zukunftsthema, wo du sagen würdest, das müssen wir unbedingt noch besprechen?

Thomas Pohl: Ich denke mir schon, wer zahlt unsere Pensionen, also die wirtschaftliche Situation. Wir machen immer den Scherz, wir gehen dann ins Künstleraltersheim, weil in Baden bei Wien gibt es dieses berühmte, geführt von der einen mit den blauen Haaren und der blauen Brille. Nur, wer würde das finanzieren? Also wir Künstler selber nicht. Wenn nicht irgendwie ein superreicher, berühmter Künstler eine Stiftung aufmacht, wo mittellose alternde SchauspielerInnen und TänzerInnen unterkommen, ich wüsste nicht, wer in Linz ein Künstleraltersheim finanzieren könnte. Aber ernsthaft, ich meine, ich arbeite sowieso, bis ich umfalle. Das hat man immer so im Spaß gesagt, solange ich selbstständig bin und solange ich selber aus der Dusche komme und wieder hinein und mir Sachen einkaufen kann, brauche ich es eh nicht. Aber viel dringender sind jetzt Pflegekräfte, die mit der ersten Generation umgehen können. Jetzt gehen die ersten Gastarbeiter dann in Pension und haben Pflegebedarf. Das wird auch noch lustig zum Beispiel. Also überhaupt die Migranten, abgesehen von welcher Generation jetzt immer. Da tun sich Probleme auf, an die denkt man noch gar nicht. Ich meine, manche haben schon daran gedacht, weil sonst wüsste ich es nicht. Es war einmal ein Radiobeitrag darüber. Aber wir sind uns dessen einfach nicht bewusst. Die erste Generation der Gastarbeiter geht in Pension und kann noch immer nicht Deutsch, speziell die Frauen, und da muss Personal her, die das können, da muss man entweder junge Türkinnen motivieren und fragen, ob sie nicht Altenpflegerinnen werden wollen. Wir brauchen mehr und mehr. Die will natürlich dann Kauffrau werden und irgendwo eine schicke Führungsposition haben und nicht irgendwo Altenpflegerin sein.

Zu den einzelnen Themenbereichen. Zuerst zu Arbeitsbedingungen, Arbeitsverhältnisse, Sozialer Lage. Wenn du dein näheres kulturelles bzw. künstlerisches Umfeld betrachtest: Welche Arbeitsverhältnisse (Vollzeit, Teilzeit, Freie Dienstverträge, …) dominieren hier?

Thomas Pohl: Ja das ist das Anstrengende, dass das keine Kontinuität hat. Ich weiß nicht, was man für ein Modell kreieren muss, dass man gesichert sein kann. Da bin ich überfragt, wie man das ändern oder optimieren kann. Ich bin jetzt gerade in der glücklichen Lage, dass ich ganz viel arbeiten darf, was natürlich wahnsinnig anstrengend ist, weil es lauter verschiedene Sachen sind und verschiedene Gruppen von verschiedenen Menschen in verschiedenen Situationen.

Und dort auch verschiedene Arbeitsverhältnisse?

Thomas Pohl: Ja, das Eine ist ein Werkvertrag und das andere ist auf Honorarbasis, dann bin ich für zehn Stunden bei pro mente angestellt, habe am Landestheater einen Vertrag für die Jugendlichen, zahle irrsinnig viel Steuern, also für das vergangene Jahr viel und werde wahrscheinlich Sozialversicherung nachzahlen müssen. Ich bin eh in der glücklichen Lage, dass ich momentan viel Arbeit habe und freue mich darüber, wie es halt ist. Wenn jemand nicht so viele Baustellen hat und auch nicht eine fixe Anstellung, aber im kulturellen Bereich arbeitet, ob man da Kontinuität herstellen kann, das weiß ich nicht.

Wie würdest du die Arbeitsbedingungen beschreiben, unter denen du arbeitest?

Thomas Pohl: Das weiß man. Da gibt es Erfahrungswerte, dass das immer sehr hart an der Grenze der Belastbarkeit ist, an der Grenze zur Armut ist, an der Grenze zum Ausgegrenzt sein. Wenn man so viel arbeitet, dass man keine sozialen Kontakte mehr hat, dann bringt mir die Arbeit auch nicht viel, vor allem wenn sie schlecht bezahlt ist. Ob es da irgendeine Grundsicherung geben kann oder wer ist dann verantwortlich für dich als Freischaffender, wer sagt, ich hebe die Hand über dich und gebe dir Schutz, indem ich dir eine Mindestanstellung biete, wenn man nicht einen direkten Vertrag schließt für ein Projekt auf eine gewisse Dauer, das weiß ich nicht.

Inwieweit sind diese Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbedingungen, die du soeben skizziert hast, typisch für den Kunst- und Kulturbereich in Linz?

Thomas Pohl: Ich glaube, weil Bund, Land und Stadt gleichermaßen aktiv sind im Kulturellen und die Anlaufstellen beziehungsweise die Vertragspartner einfach so unterschiedlich sein können. Ich habe jetzt zum Beispiel einen Vertrag mit dem Land, für ein temporäres Projekt einen Vertrag mit der Stadt und ich bin angestellt bei der pro mente. Letztes Jahr habe ich das Geld vom Bund bekommen, weil ich am Theater Phönix war mit dieser „Gewalt Macht Schule“-Sache. Ich bekomme von allen Geld und wer ist dann verantwortlich für mich, wer würde im Falle – ich habe ja gar nichts – sagen, ich halte die Hand über dich? Ich meine, jemand der Schauspieler ist und gerade gar nichts hat. Ich bin gespannt, wie es wird, wenn ich einmal aufs Arbeitsamt gehe, was sie mir dann geben.

Welche Maßnahmen könnte die Stadt Linz setzen, um die Arbeitsbedingungen und die soziale Lage für Kunst- und Kulturschaffende zu verbessern? Ist das jetzt nur die ausreichende Förderung von Vereinen und Verbänden oder gibt es andere Möglichkeiten?

Thomas Pohl: Ich glaube, man kann über das Pekuniäre hinausgehen und die ideelle Aufwertung anstreben, dass man ein anderes Renommee verschafft. Da kommt man wieder zurück auf diese Massenspektakel, die halt so Aushängeschilder sind für Linz. Dann gibt es aber einzelne herausragende Künstlerinnen und Künstler, die vom Land geehrt werden, aber von der Stadt noch nicht ausreichend gepflegt werden. Das gehört ja zum Stadtbild dazu, dass man berühmte Kinder der Stadt Linz hat, auch wenn sie jetzt schon älter sind oder auf die Pension zugehen. Ich weiß nicht, wer dafür zuständig ist, ob Georg Steiner vom Tourismusverband allen StadtführerInnen mitteilt, welche KünstlerInnen erwähnt werden sollen. Also dass man das Ansehen ideell hebt, über das Monetäre hinaus womöglich. Ob es da einen Sozialfond gibt, wenn lauter arbeitslose KünstlerInnen in Linz herumhängen, das wage ich mir nicht auszumalen.

Nächster Themenbereich. Kulturentwicklung, Kulturplanung, Evaluierung. Inwieweit bist du über die Inhalte des Kulturentwicklungsplan aus dem Jahr 2000 informiert?

Thomas Pohl: So weit etwas im SKB bekannt gemacht wurde. Ich habe ihn nicht noch einmal gelesen.

Ist es mehr oder weniger, um es provokant zu formulieren, totes Papier?

Thomas Pohl: Das war es ganz lange. Jetzt bietet es wieder eine Grundlage für die neue Evaluierung. Ich fürchte, dass das jetzt lange in der Lade lag und jetzt wieder hervorgeholt wird, um eine Unterstützung zu sein für die jetzigen Arbeiten. Ich glaube auch nicht, dass das Kulturleitbild des Landes Oberösterreich jeder zu Hause und parat hat, wenn jemand an die Tür klopft und fragt: „Können Sie mir einmal das Kulturleitbild vorlesen?“

Was bringt Kulturentwicklung und Kulturplanung für eine Stadt wie Linz eigentlich?

Thomas Pohl: Dass jetzt das folgt, was sie eben bemüht sind, zu machen, von dem Renommee einer Stahlstadt, einer grauen, stinkenden Stahlstadt wegzukommen. Es bringt, glaube ich, schon den Blick auf die Stadt: Wie bleibt sie kulturell am Leben? Das ist ein wichtiger Bestandteil in der zivilisierten Welt. Wenn wir keine Kultur haben, können wir sowieso kollektiven Suizid begehen. Ich glaube, dass das dann immer wieder das Licht auf verschiedene Stadtteile, Ecken, Bereiche der Stadt scheinen lässt, wenn man sich damit beschäftigt. Und immer wieder, wo ein Brennpunkt auftaucht, wo man gar nicht damit gerechnet hat, dass man in einer kulturellen Studie dann drauf kommt. Ich glaube, dass das sogar schwer zu trennen ist von verschiedenen Sachen, dass da so der Lebenssaft einer Stadt ist und dass man dann drauf kommt, wo fließt zu wenig und wo fließt genug? Das ist, glaube ich, für die Stadtentwicklung und für die Sicht auf die Dinge ganz wichtig, dass man sich damit auseinandersetzt.

Detailfrage: Wie bewertest du die Möglichkeit der Kulturverträglichkeitsprüfung, die im alten Kulturentwicklungsplan festgeschrieben ist?

Thomas Pohl: Nicht bekannt.

Wie soll sichergestellt werden, dass die Maßnahmen im neuen Kulturentwicklungsplan umgesetzt werden?

Thomas Pohl: Indem jemand bestimmt wird, der das in bestimmten Intervallen überprüft und sofern der nicht vom Auto überfahren wird oder einem Krebsleiden erliegt, sich dann immer wieder zu Wort melden muss und den Auftrag erfüllt, das zu überprüfen.

Wäre da so ein Gremium wie der Stadtkulturbeirat am besten? Oder das Büro Linz Kultur? Oder Externe?

Thomas Pohl: Das müsste jemand Externes sein, der dazu eingeladen wird. Der mit Linz etwas zu tun hat, aber nicht in solchen Gremien geschluckt wird, sondern der expliziert dafür abgestellt wird, das zu überprüfen in bestimmten zeitlichen Abständen, ganz knallhart, sonst geht es nicht, bin ich der Meinung Sonst verschludert das wieder so und dann hat man es gemacht und dann liegt es am Tisch und dann sind alle froh und alle sind entkräftet nach dieser Leistung und dann hält man sich nicht daran. Ich glaube, dass es ganz schlicht gesprochen, ein Kontrollorgan braucht, das dafür ausgewählt wird, nur das zu tun.

Nächster Themenbereich. Kunst in Verbindung mit dem Sozial- und Gesundheitswesen. Welche Verbindungen zwischen Kunst und Sozial- und Gesundheitswesen fallen dir in Linz ein?

Thomas Pohl: Mein Auftritt als Spielleiter an diversen Schulen, die dann über den Stundenplan hinaus etwas anderes erleben, wo alle Sinne und der ganze Körper gefragt ist, wo die Lehrer oft sagen, es ist so spannend, die mal zu sehen als ein Ganzes. Die sehen sie immer als Portrait hinter dem Tisch. Dann werden die Tische rausgeräumt und dann ist das Klassenzimmer leer und dann müssen die sich bewegen, sprechen, miteinander agieren, Augen verbinden, den anderen blind durch die Klasse führen, sodass der nirgendwo dagegen rennt, dass der sich nicht weh tut. Das ist so spannend, sie zu sehen, wie die sich bewegen und miteinander tun. Im Fach Präsentation und Kommunikation jetzt ganz konkret, aber über den Stundenplan hinaus einfach einmal etwas anderes zu machen. Wenn man dann die Reflexionsrunde macht, am Schluss, „Was nehme ich mit aus diesem Nachmittag?“, dann ist immer ganz erstaunlich, was jemand sagt, was er konkret mitnimmt. Und die Hoffnung ist immer, das formuliere ich dann teilweise auch, wenn ich dann ganz radikal von ihnen fordere, dass sie ganz gerade dastehen, was sie inzwischen teilweise nicht mehr können, dann ist der Satz immer: „Du musst mich nicht mögen dafür, aber ich verlange, dass du dich bemühst, grade da zu stehen. Ich wünsche mir, dass du vielleicht in zwei Jahren einmal an den Herrn Pohl denkst, der das gesagt hat, und das dann auch tust, wenn die Maggy Schlesinger einen Breakdance-Workshop in einem Freizeitheim macht oder so.“ Ich bin jetzt ganz viel an Schulen. pro mente ist natürlich mein Alltag an zwei Tagen in der Woche. Es gibt schöne Berichte, erstens über die Clowns, die in Krankenhäuser kommen oder in Seniorenheime und auch in Heime für Demenzkranke. So etwas braucht es im Moment, glaube ich, einfach mehr. Ich bin ja auch Leseonkel, beim Lese-Tandem. Einmal in der Woche gehe ich in die Goetheschule und lese mit der ASO oder spiele fangen oder male an die Tafel. IBUK versucht jetzt, Kindergärten und Altersheime zusammen zu bringen, dass da die Omi in den Kindergarten kommt und vorließt und dass die Kinder ins Altersheim kommen, da ist gerade ein Versuchsballon gestartet worden. Ich glaube, dass das mehr so sein muss, dass da Sachen zusammengeschlossen werden, die über eine Bezahlung hinaus organisiert werden. Ich meine, so lange Geld da ist und ich als Experte eingeladen werde an eine Schule oder an eine Firmunterrichtsgruppe, ist mir das ja egal, mache ich ja gerne, aber für die Zukunft, glaube ich, dass man da mehr zusammen bringt, um dieses familiäre Gefüge wieder annähernd herzustellen, was halt lange Zeit einfach da war, drei Generationen unter einem Dach, und dann sitzt halt der Enkel bei der Oma, wenn die Mama arbeiten geht und der Papa und sie hat etwas davon und er hat etwas davon.

Welche Maßnahmen könnte die Stadt Linz setzen, um den Zugang zu Kunst und Kultur für armutsgefährdete oder in Armut lebende Menschen zu vereinfachen? Ist es genug über den Aktivpass oder Initiativen wie die Aktion Hunger auf Kunst und Kultur, da etwas zu machen oder braucht es mehr?

Thomas Pohl: Es braucht erstmals mehr im Kampf gegen die Armut. Ich glaube, dass das ein ganz gutes Werkzeug ist, dieser Aktivpass und dieser Hunger-auf-Kultur-Pass. Ich glaube auf jeden Fall, dass es mehr braucht. Ich glaube auch, es braucht mehr Bewusstsein, generell, dass die auch aus dieser Angst herauskommen, zu wissen, dass sie nicht überall ausgegrenzt werden. Also die SchülerInnen haben echt die Augen aufgerissen, wie ich gesagt habe: „Es gibt genügend Familien in Linz und in Österreich, Oberösterreich, von denen wir keine Ahnung haben, ob sie sich etwas zu essen kaufen oder ob sie Heizen können.“ Große Hundeaugen. Wir wissen es nicht. Es ist so, es werden ab und zu verschämt Zahlen genannt, wie schlimm es schon ist. Es gehört unterbunden, dass Familien in die Armutsfalle tappen. Ich meine, teilweise ist es oft selbst verschuldet, weil sie halt wirklich diesen Verführungen erliegen, mit Handys und mit auf Raten zahlen und sonst irgendetwas. Andererseits können wir als BürgerInnen schon verlangen, dass da ein Auffangsystem da ist, um es gar nicht zum Allerletzten kommen zu lassen. Und der Aktivpass gehört unbedingt erweitert. Ich weiß nicht, wie man das macht, ob man dann die Einnahmegrenze variiert oder wieder erhöht, da kenne ich mich nicht aus. Aber es ist ja eine Schande, dass es das überhaupt geben muss. Dann kann man sagen: „Ok, es ist gut, dass es das gibt.“, wenn man das erweitert. Der Hunger-auf-Kultur-Pass beinhaltet auch schon viel. Das sind ja nicht nur Theatervorstellungen, sondern auch Museen und dergleichen, und der Aktivpass ist dann für öffentliche Verkehrsmittel und Kultureinrichtungen, Theaterrestkarten. In beide Richtungen gehört gearbeitet, Verhinderung dieses Zustandes und Unterstützung, wenn es dann so weit kommt.

Wie schätzt du das kultur- und kunstbezogene Angebot für physisch und psychisch beeinträchtigte Menschen in Linz ein? Was muss deiner Meinung nach in diesem Bereich noch getan werden?

Thomas Pohl: Ich glaube, dies bedingt eine mutige Stellungnahme, dahingehend, dass das einfach eine ganzheitliche Förderung ist für Menschen mit Beeinträchtigungen und die Ergebnisse sichtbar sind, in Wien etwa die Premiere einer neuen Tanzproduktion von der Gruppe „Ich bin OK“. Da habe ich nur die Ankündigung gesehen, einfach das Statement. Das ist unbedingt wichtig, weil es ganzheitlich ist und wir vergrößern das Angebot für die Menschen, die es brauchen. Dann kann es die Wahl geben, mache ich bei dem Tanzworkshop mit oder mache ich bei dem Pantomime-Workshop mit oder bin ich ein Clown oder mache ich Improvisationstheater oder mache ich eine Inszenierung oder verbinde ich alles miteinander oder will ich trommeln. Kann man ja dann spezialisieren, aber generell gehört die Bereitschaft her, dass man sagt: „Das ist die Sache wert und das hat einen direkt sichtbaren Nutzen.“ Hat es ja auch bei Menschen ohne Beeinträchtigung. Und das Angebot attraktiv machen. Ich weiß gar nicht, was für eines besteht momentan?

Ich wollte dich gerade fragen. Meine Kenntnis ist, wenn es etwas in diese Richtung gibt, dass es eher vom Land gefördert wird, ein Theaterfestival Sicht:wechsel zum Beispiel oder über Landesförderungen läuft wie bei pro mente oder der Diakonie. Aber von der Stadtseite?

Thomas Pohl: Das ist mager, also mir fällt da nichts ein. Gibt es in Linz überhaupt Einrichtungen? pro mente ist klar, aber das ist eher eine Landessache, Exit Sozial auch.

Ich meine, der Kunstraum Goethestraße xt ist schon Linzbezogen und wird auch von der Stadt Linz gefördert, aus dem Kulturbudget auf alle Fälle.

Thomas Pohl: Gestern war die Eröffnungseinladung für „the inner Circle of the Friends of the Kunstraum“. Sie sind jetzt finanziell anders aufgestellt. Der Geschäftsführer war da, der hat irgendetwas in die Wege geleitet. Sie sind schon noch der pro mente zugehörig, aber finanziell jetzt irgendwie anders aufgestellt. Das Team bleibt stehen und der Kunstraum bleibt offen und bleibt weiterhin diese Schnittstelle, aber das ist jetzt auch nicht wirklich ein künstlerisches Angebot für Menschen mit Beeinträchtigungen. Es ist ein generelles Missverständnis, das jetzt auch behoben ist, als der Kunstraum entstand, dass unsere Klienten immer geglaubt haben, sie können da ihre Bilder regelmäßig aufhängen und ausstellen.

Aber in so einem Bereich gibt es das quasi gar nicht, was in selbstorganisierte Zusammenhänge reingeht …

Thomas Pohl: Nein, mir wäre jetzt immer nur der Kunstraum dahingehend eingefallen, weil er einfach so speziell ist vom Angebot und eben gar nichts so mit dem zu tun hat. Aber es ist wieder vom Land aus, dass wir da den Aktionsraum haben. Jetzt war gerade eine LehrerInnenveranstaltung für das Shakespeare Festival, was ja auch vom Land ausgeht, und da ist halt eine Schiene für die Jugendlichen heuer erstmals eben der Kunstraum, dass die da eine Station haben, wo sie erstens Leute treffen, zweitens ihre Ideen verwirklichen, was wir jetzt schon seit September machen und die auch dort präsentieren während des Festivals und von dort aus sich auch Vorstellungen anschauen können. Da sind jetzt schon einige Gruppen am Laufen, die sich da gefunden haben, aber das ist alles vom Land.

Letzter Themenbereich. Leerstände und Zwischennutzungen, im Bewusstsein, dass die Tabakfabrik hier beinhaltet ist. Inwieweit denkst du, dass Leerstände interessant für Kunst- und Kulturschaffende in Linz sind?

Thomas Pohl: Höchst interessant, weil man weiß, wie es funktionieren kann in anderen Städten. Man hat ja Vergleiche herangezogen, wie es woanders funktionieren kann und das ist einfach eine Mutsache. Wir fordern einfach eine mutige Entscheidung für Sich Zeit lassen, was jetzt die Tabakfabrik angeht, jetzt da nicht hudeln und irgendetwas hineintun, damit die Bevölkerung dann sagt, „Ah, das ist jetzt drinnen.“, sondern da sich wirklich Zeit zu lassen und zu sondieren und die Stimmen zu hören, die sich jetzt zu Wort melden, um dann ein Ergebnis zu erzielen, mit dem möglichst alle in Linz leben können und sagen: „Ok, ich gehe dahin, weil da trinke ich mein Bier und schaue den Wahnsinnigen zu, wie sie sich am Boden wälzen und habe meine größte Freude.“ Und die, die sich über den Boden wälzen sagen: „Endlich haben wir einen Platz zum Tanzen.“ Und die anderen gehen hin, weil man vielleicht dort gut essen kann und die anderen gehen einfach hin, weil es einfach geil ist, dort zu sitzen und auf den Schlot hinauf zu blicken, vielleicht kommt der Falke vorbei, also Tempo rausnehmen und sich da wirklich einlassen auf eine einmalige Chance einer Gestaltung eines ganzen städtischen Areals. Da fängt ja das Niemandsland an, da dahinter, Petzoldstraße, Schlachthof. Wenn du da wohnst, hast du vielleicht ein nettes Häuschen – das ist ja kurios, was da an Häuschen herumsteht – oder du wohnst in diesem Neubau am Winterhafen. Das zähle ich nicht zu Linz, an das muss ich mich erst gewöhnen, dass da Leute leben, die ich kenne. Das ist schon fast Peripherie. Dass man da einen ganz gewaltigen positiven Einfluss auf die Atmosphäre in Linz machen kann, dessen müssen sie sich einfach bewusst sein, weil wenn wir das verhauen, dann schießen wir uns echt ins Knie.

Sind dir Initiativen oder Personen aus dem Kunst- und Kulturbereich bekannt, die „auf der Suche“ nach Möglichkeiten für Zwischennutzungen sind? Und wenn, könntest du diese Suchbewegung skizzieren? Also ist das dann eine einfache Geschichte oder ist es schlicht unmöglich, einen Leerstand für Zwischennutzung zu nutzen?

Thomas Pohl: In den Tabakwerken wird es einem ja schwer verunmöglicht, da etwas zwischendurch zu machen. Außerdem kommt es darauf an, wer sucht und ob man dann den geeigneten Raum findet, weil es ist ja alles so riesig, dass man ja …

Jetzt auch unabhängig von der Tabaktrafik?

Thomas Pohl: Das ist auch wieder so eine Mutsache, dass man einfach sagt, ich springe selber über meinen Schatten und vergebe das Projekt jetzt nicht für drei Jahre oder vielleicht ist es kommerziell jetzt noch eine andere Zeit, sondern ich springe über meinen Schatten und vergebe dieses Objekt unter anderen Vorzeichen mal für diese vier Monate, wo diese Truppe da rein will. Mit der Sicherheit, die sie praktisch leisten, dass sie es nicht zerbomben, nicht verdrecken lassen und nicht vollsprühen, sondern so hinterlassen, wie sie es bezogen haben. Das wird erschwert. Das ist jetzt die Erfahrung aus dem SKB. Es gibt natürlich keine öffentlich einsehbare Liste, was in Linz alles leer steht. Die Stadt Linz behauptet, sie habe gar nicht so viele Leerstände, Gebäude und da müsste man sich bei dem Herrn Sowieso melden, und dann aber immer Fallbezogen. Und die Suche geht dahin, dass ich halt jetzt weiß, dass es einen Zugang gibt und wenn ich etwas höre von den KollegInnen, werde ich sagen, macht Druck, geht zu dem Herrn Sowieso, Kathrin Paulischin hat auch gesagt, diesen Menschen gibt es, geht hin und sagt was ihr braucht. Dann kann der sagen, was in Frage kommt und entweder es ist dann zu klein oder es ist zu groß. In der Hoffnung, dass man dann auch etwas findet, das bespielbar und betanzbar ist. Wenn ich mir vorstelle – gut das ist nicht die Frage – aber ich habe eine Etage in der Tabakfabrik und was mache ich damit? Da verliere ich mich ja.

Welche Maßnahmen könnte die Stadt setzen, um die Nutzung von Leerständen zu erleichtern?

Thomas Pohl: Die wird sich nicht hinstellen und sagen: „In der Gruberstraße 54 ist etwas frei, wer will da rein?“ Das machen die nicht. Sie werden es auch vermeiden, auf Leute zuzugehen und zu sagen: „Wir wissen, dass ihr etwas braucht.“ Das einzige, was man verlangen kann, ist, dass sie sich mutig zeigen und halt sich auf solche Deals einlassen. Das ist legal abwickelbar, das kann notariell beglaubt werden und wenn die Gruppe dann doch das Haus verdreckt und vollsprüht hat sie halt die Konsequenzen zu tragen. Also ein offenes Ohr zu haben für Sachen, das ist ja quasi etwas in Residence eigentlich. Man sieht, die Stadt tut ja etwas. Ich habe das Salzamt zum Beispiel noch gar nicht betreten, seitdem es renoviert wurde und wieder aufgemacht hat. Damit können sie sich natürlich zurücklehnen und sagen: „Machen wir eh, da sind ja Artists-in-Residence, gehen sie halt hin ins Salzamt und schauen sich das an. Da gibt’s jetzt wieder die Ausschreibung.“ Also sie tun eh etwas und dann haben sie nicht mehr so den massiven Druck von Seiten der Subkultur und der Freien Szene, dass die da jetzt unbedingt etwas machen müssen. Sie können es natürlich jetzt vertröstend sagen: „Einmal schauen, was da mit den Tabakwerken werden wird, sie werden da schon Platz haben.“ Das traue ich ihnen zu, dass die das so formulieren, wenn da jetzt eine Bühne04 kommt. Das steht ganz dezidiert in dem Forderungspapier des SKB drinnen, dass es einfach eine Mutsache ist von Seiten der Stadt, sich auf solche Sachen einzulassen und wirklich einmal woanders hinzuschauen, wo das funktioniert. Dann hat er auf eine Kaution zu verzichten oder nicht zu verzichten, sondern die schon einzufordern, aber dann halt wirklich nach drei Monaten wieder zurückzugeben und dieses Ding halt einmal kurzfristig abzuwickeln, aber das wird ja wohl möglich sein. Bereitschaft zu zeigen, wir öffnen Räume. Das Landestheater hat immer den Slogan: „Diese Proben finden nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.“, was ein völliger Quatsch ist, weil in keiner Probe jemand aus der Zivilbevölkerung drinnen saß. Aber so ein Bekenntnis, und das darf halt dann kein Lippenbekenntnis sein, sondern muss auch eine Durchführung erfahren. Wenn das passiert, wird das auch publik und das kann ja nur dem Image förderlich sein, wenn es heißt: „Hey, das war total unkompliziert. Da bin ich zum Herrn Sowieso gegangen und das hat funktioniert.“ Das kann einen Schneeballeffekt erzeugen.

Was würdest du dir hinsichtlich des derzeit größten städtischen Leerstandes, der Linzer Tabakfabrik, wünschen? Inwieweit und in welcher Form sollte deiner Meinung nach Kunst und Kultur bei der zukünftigen Nutzung der Linzer Tabakfabrik eine Rolle spielen?

Thomas Pohl: Hinzufügen kann man, dass die das vielleicht auch erleben, dass sie sich mal umschauen, dass sie woanders hinfahren – mir fällt jetzt nur die Kommune in Berlin ein, wo das funktioniert – halt wirklich, die Beispiele werden herangezogen, die liegen ja am Tisch, schwarz auf weiß und dass sie sagen: „Ok, wir machen jetzt eine Dienstreise nach Berlin und schauen uns das an.“ oder: „Wir machen eine Dienstreise nach Bern oder Zürich oder keine Ahnung wohin, schauen uns das an und bekommen einen Eindruck davon, wie dann tatsächlich etwas anfangs Besonderes in den Alltag übernommen wird.“ Alles ist einmal neu und aufregend und dann ist es halt ein Stadtteil, der mit Leben erfüllt ist. Vielleicht kann man Wohnungen reinbauen, ich weiß es nicht. Bevor es nur Hotel ist, würde ich da auch noch Wohnungen sehen.

Inwieweit muss Kunst und Kultur deiner Meinung nach eine Rolle dort spielen?

Thomas Pohl: Eine große Rolle natürlich, also Platz für Festivals jeder Art. Wenn wir jetzt an die Volkskultur denken, dass da auch Maibaumfeste gemacht werden und dass da Lieder gesungen werden und die Blasmusik durchspaziert. Es wird sich dann schon ein Publikum dafür finden, also alles hat sein Publikum. Man kann ja den Disziplinen, den unterschiedlichen Ausformungen gegenüberstehen, wie man will, aber es hat alles ein Publikum. Das zeigt sich am Musikantenstadl genauso wie bei der Bühne04. Die Leute rennen hin, wenn sie es mögen, wenn es bekannt gemacht wird, rennen sie noch mehr hin, wenn die Werbung versagt, dann rennen sie halt nicht hin.

Wir sind am Ende angelangt. Ist dir irgendetwas abgegangen, willst du noch etwas hinzufügen?

Thomas Pohl: Was ist hinzuzufügen? Dass ich hoffe, dass das alles eine Schlagkraft entwickelt, die tatsächlich etwas verändert.

Willst du noch irgendetwas für die Kulturentwicklungsplanung anmerken, auf was besonders geachtet werden sollte? Wir legen sehr viel Wert darauf, dass das ABC der Partizipation entsprechend eingehalten wird, und das ganze transparent, effizient abgewickelt wird, dass es die Möglichkeit gibt, auch wenn man nicht dabei ist, dass man immer am Laufenden gehalten wird und sich einbringen kann. Das ist work-in-progress, dass man dem Kulturentwicklungsplan beim Wachsen zusehen kann, dass er kommentiert werden kann.

Thomas Pohl: Dringend. Das kann ich nur unterstützen, weil das Kulturleitbild des Landes Oberösterreich, war irgendwie … da waren wir zwar dann auch einmal eingeladen aber, das ist ein paar Jahre her, da sind wir dann im Redoutensaal gesessen, da war es dann auch schon zu spät, jeder durfte dann noch irgendetwas bemerken, aber eigentlich war der schon geschrieben, und dann ging es eben … Das war eigentlich mehr ein Kommentar und ich hatte dann überhaupt keine Einwirkung auf die Formulierung und auf den Inhalt. An das kann ich mich erinnern, das hat mir einen schalen Nachgeschmack hinterlassen. Was du jetzt gesagt hast, das ABC der Partizipation, das ist dringend notwendig, dadurch wird es attraktiv und dadurch bringen sich auch mehrere Leute ein und bringen auch Sachen ein, auf welche die Stadt vielleicht nicht käme. Also dass der Prozess sichtbar ist, ist dringend notwendig, glaube ich, weil alles, was hinter Türen passiert, mögen die Experten noch so vielseitig sein und ausgewählt, das ist ein Krampf. Wenn das hinhaut, das wäre super.

 

Danke.

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