Sylvia Amann

Geburtsjahr und Geburtsort?

Sylvia Amann: 1968 in Lustenau in Vorarlberg.

Du lebst in Engerwitzdorf. Hast du einmal in Linz gelebt?

Sylvia Amann: Nein, ich habe eigentlich nie in Linz gelebt, aber immer am Stadtrand. Also ich habe in Altenberg und Engerwitzdorf gelebt, praktisch immer mit Blick auf Linz oder in unmittelbarer Nähe.

Seit wann wohnst du da?

Sylvia Amann: Seit 2002.

Welche kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten und Funktionen übst du derzeit aus?

Sylvia Amann: Im Prinzip habe ich ein eigenes Büro, das spezialisiert ist unter anderem auf kulturelle Regionalentwicklung, Kreativwirtschaft und europäische kulturelle Zusammenarbeit. Kultur zieht sich wie ein roter Faden eigentlich durch das Ganze.

Bist du in irgendwelchen Funktionen, in Jurys, Gremien tätig, die Linz oder Oberösterreichbezug haben?

Sylvia Amann: Oberösterreichbezug ja, aber der hängt eher mit der Regionalentwicklung zusammen. Ich bin teilweise in Ausschüssen oder in Gremien drinnen, in denen eine lokale Projektauswahl mit involviert ist. Aber sonst in keinen Gremien in Linz.

Wie würdest du deine eigene Tätigkeit am ehesten bezeichnen?

Sylvia Amann: Kulturelle Regionalentwicklung.

Über die kulturelle Entwicklung, Situation und Zukunft von Linz. Kurzes Assoziationsspiel: Welche Begriffe fallen dir ein, wenn du an „Kulturstadt Linz“ denkst?

Sylvia Amann: Das sind eigentlich Bauten wie das Lentos und das AEC. Das sind Dinge, die das Bild für mich die letzten Jahre irgendwie geprägt haben. Da sehe ich eher diese leuchtenden Fassaden, auch ein bisschen als Symbol, dass sich doch etwas verändert und weiterentwickelt hat.

Wenn du die letzten zehn Jahre, also die Jahre 2000 bis 2010, betrachtest: Was lief deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung der Stadt Linz?

Sylvia Amann: Ich glaube, es gibt ein paar Ansatzpunkte, die recht spannend sind, aber – ja, es gibt gleich ein aber dazu – obwohl diese Sachen spannend sind, sind sie eigentlich nie wirklich in der Intensität umgesetzt worden, wie es eventuell für die Stadt gut gewesen wäre. Das hängt jetzt natürlich auch mit meiner Perspektive, dieser europäischen, zusammen. Ich bin ja eigentlich da und ich bin gleichzeitig nicht da durch das. Ich brauche immer den Blick von Außen, weil ich viel unterwegs bin. So Sachen wie zum Beispiel LinzEXPOrt, das wäre glaube ich wirklich – und ich glaube, wenn ich es noch richtig im Kopf habe, dass es aus dem ersten Kulturentwicklungsplan heraus entstanden ist, diese Initiative – etwas gewesen, was nicht nur hätte münden sollen in dieser kleinen Förderaktion, sondern das wäre wirklich aus meiner Sicht etwas, das viel breiteren Raum einnehmen hätte sollen, einfach diese Öffnungen. Da kommt man immer wieder auf das selbe Phänomen. Es ist viel leichter zu kritisieren als wie zu sagen, was wirklich gut ist. Aber LinzEXPOrt ist gut, aber zu wenig. Das ist auf jeden Fall ein Bereich. Dann glaube ich auch, was bisher zu kurz gekommen ist, aber wo es Ansatzpunkte gibt, wenn man jetzt gerade im Vergleich mit anderen Städten das sieht, der ganze Bereich der Kreativwirtschaft. Linz hätte da großes Potenzial. Das hat man auch von den Studien her gesehen. Es gibt Initiativen, aber das ist auch alles … also man hat einen Anfang gemacht, aber es ist immer nicht in der Intensität oder in der Konsequenz gemacht worden, wie es eigentlich so eine Stadt brauchen würde. Oder auch mit den Bauten: Ok, man assoziiert jetzt … oder ich halt jetzt einfach heute, wenn du mich an einem anderen Tag fragst, vielleicht assoziiere ich vielleicht etwas anderes, aber heute das. Man hat es gemacht, aber man hat trotzdem nicht diesen Kulturraum Donau in dem Ausmaß gelernt zu bespielen. Es sind die selben Events geblieben, man hat es vielleicht intensiver gemacht, aber es ist von dem her nicht mehr daraus gemacht worden. Irgendwie immer einen Schritt vor und dann aber erschrocken stehen geblieben und danach wieder ein bisschen Luft geholt und doch nicht weitergemacht. Oder auch die Europäische Kulturhauptstadt. Ich glaube, dass manche Dinge nicht gut waren. Ich habe mich selber einfach als Kulturkonsumentin dabei ertappt, dass ich eigentlich sehr viel häufiger am Wochenende … ich fahre beruflich nach Linz und habe Termine und gehe, was weiß ich, ins Museum, ins Theater oder sonst irgendwo hin. Aber während dem Kulturhauptstadtjahr, was sicher gut war, sind viele Leute auch am Wochenende nach Linz gelockt worden, was der Stadt gut getan hat, weil sie hat ja oft gerade am Wochenende ein ganz anderes Gesicht. Aber auch dort ist wieder das selbe Phänomen. Man hat es gemacht und danach war es fertig und dann war es aber wirklich fertig. Also immer das: es geht eigentlich gut, die Ansatzpunkte sind da und man tut es auch ein Stück weit, aber dann traut man sich nicht, den Schritt weiter zu machen und das ist einfach furchtbar schade. Ich glaube einfach, bei so einem – ich würde das auch eher nicht als Stadt alleine sehen – Zentralraum, der eine halbe Millionen Einwohner hat, der mehr als nur dieser kleine Kern ist, da könnte man sich mehr trauen. Und das sind die paar Punkte, die gut sind und die mir auch ad hoc in den Sinn kommen. Wenn ich länger nachdenke, kommen mir vielleicht noch mehr in den Sinn, aber es gibt immer dieses Schaumgebremste dabei.

Also das ist die andere Seite der Medaille. Du hast jetzt gleich in Differenz gedacht und kulturelle Entwicklungen genannt, mit denen du überhaupt nicht oder eher nicht zufrieden bist, diese Halbherzigkeit, dieses Schaumgebremste. An was würdest du das festmachen, an was das liegt?

Sylvia Amann: Ich glaube, dass man eventuell mit einem solchen Entwicklungsplan jetzt gemeinsam ambitionierte Ziele festsetzen kann, dass man vielleicht mutiger ist, als man beim ersten Kulturentwicklungsplan war. Also mehr und das aber auch schon konkreter macht, dass man eigentlich nicht immer wieder Grundsatzdiskussionen von vorne anfangen muss, dass man den Prozess auch dazu nützt, dass man viele Dinge einfach festschreibt, einmal festlegt und dass die dann Konsens sind und man eben nicht wieder in dieser kleinen Verhandlerei wieder ist. Wie könnte man das am besten … ich überlege jetzt gerade ein konkretes Beispiel, wie man das eventuell … bleiben wir einmal bei LinzEXPOrt, dass man halt von vornherein während so eines strategischem Prozesses am Schluss eine operative Liste macht von Aktivitäten, wo dann auch durchaus drinnen stehen kann: Für LinzEXPOrt-Aktivitäten, und dann listet man auf, was das alles sein kann, da soll insgesamt x, y Budget des Gesamtkulturbudgets ausgegeben werden. Nicht dass man dann jetzt wieder diese Exportgeschichten hat und dann wieder intern jede einzelne Maßnahme mit der Politik verhandelt werden muss. Und ich glaube, das bringt es. Weil natürlich wird dann immer wieder neu abgewogen und dann ist man immer wieder in einem spezifischen Kontext und dann hat man vielleicht irgendwelche Budgetsorgen und dann sagt man: Na ja, aber heuer machen wir es ein bisschen kleiner. Und dann kommt man eigentlich nicht weiter. Vielleicht muss man einfach auch einmal überlegen … ich meine, die Budgets werden halt nicht größer und wenn man neue Dinge machen will, muss man eventuell gleichzeitig überlegen, alte Dinge, die man vielleicht nicht mehr machen will, nicht mehr zu machen oder weniger Dinge zu machen, aber die dann auch konsequenter und breiter und vertiefender, damit dann mehr herauskommt. Auch dann mehr herauskommt nicht nur in der Kulturpolitik, sondern auch in der Stadtentwicklungspolitik und in dieser internen und externen Wahrnehmung der Stadt, dass man einfach stärker wird, dass man sich dann leichter tut, diese Frage zu beantworten, Linz: und was kommt danach? Damit die Stadt einfach auch ein Image gewinnt, neumodern gesagt, ein Branding.

Womit kann Linz deiner Meinung nach im österreichischen Städtewettbewerb punkten, vor allem im Vergleich zu ähnlich großen Städten wie Graz, Salzburg oder Innsbruck, oder Regensburg oder Kassel?

Sylvia Amann: Wenn ich so herum komme, da fragt man ja immer: Woher kommst du und was gibt es bei euch? Und dann erklären die Leute auch oft, was sie selber kennen, sprich in dem Sinn, mit was hat Linz und Oberösterreich schon gepunktet? Das ist da ein bisschen die Frage. Oder mit was wird es praktisch assoziiert? Und da ist schon die Ars Electronica nach wie vor etwas, was man sehr schnell hört. Das ist da auf jeden Fall etwas, wo überregionale Bekanntheit da ist und wo sicher eine der Stärken liegt. Das ist vor allem auf dem internationalen Parkett. Wenn man ein bisschen weiter kommt wie Regensburg, danach hört man eigentlich sehr häufig Ars Electronica. Ich war auch heuer im Dezember mit einem Vertreter der Europäischen Kommission in Linz, den ich auch privat kenne. Wir haben uns am Sonntag im AEC getroffen und dann habe ich ihm ein bisschen erzählt vom Future Lab und von den ganzen Sachen und das hat ihn sehr beeindruckt. Weil dort natürlich auch Dinge passieren, die jetzt gerade auch auf europäischer Ebene intensiv diskutiert werden. Wie bringt man praktisch Kunst, dann eben Kultureinrichtungen, aber auch die Wirtschaft und die Wissenschaft, weil das ist einer der Bereiche, wo sich mehr entwickeln könnte, unter einen Hut. Und das führt einfach das Future Lab vor, wie das geht und wie es erfolgreich geht. Da war mehr oder weniger die Reaktion – und das ist nicht jemand, der sonst mit dem Bereich nichts zu tun hat – die, dass er gesagt hat: „Aha, also diese Dinge, die wir da theoretisch diskutieren, die gibt es wirklich und das interessiert mich brennend.“ Also von dem her ist das sicher etwas, wo man punkten kann. Dann auch andere Dinge, wo wir überregional wahrgenommen werden. Wenn ich mit internationalen Gruppen da bin, geht es denen eigentlich ähnlich wie mir heute beim Einstieg ins Gespräch, dass die Bauten durchaus gut ankommen. Das war an sich, glaube ich, eine Investition, die in Richtung Imageentwicklung für Linz sicher einen Sinn gemacht hat. Auch wenn ich dann schaue, was tun die Besucher, wenn wir ein Seminar machen und die haben nachher einen Nachmittag oder einen halben Nachmittag Zeit, um irgendetwas zu tun. Dann gehen sie eigentlich durch die Bank jeder ins AEC oder ins Lentos. Das ist etwas, was ins Auge sticht, was von dem her interessant ist. Was auch in die selbe Kategorie passt, aber jetzt weniger ins bauliche, sondern eher in Richtung Initiativen, das ist auch … also bei so einer Kurzexkursion haben wir Pixelhotel vorgestellt und das war eine internationale Gruppe aus zehn verschiedenen, europäischen Ländern und das war auch etwas, was total beeindruckt hat. Also wäre eigentlich noch viel mehr da, wenn das auch entsprechend an die Öffentlichkeit gebracht würde. Es schlummern ja da so nette Dinge teilweise ein bisschen dahin, weil sie nicht unbedingt in dem Ausmaß, was ich wahrnehme, in Werbelinien von der Stadt wirklich Einfluss genommen haben. Wenn man da mit dem Tourismus, dem Kongresstourismus stärker zusammenarbeiten könnte, wäre da wahrscheinlich noch mehr drinnen. Das sind jetzt Sachen, wo ich überlegt habe, was haben mir die Leute in den letzten Monaten oder in den letzen Jahren an Feedback gegeben, wenn sie da waren und was hat ihnen gefallen. Das hängt aber auch natürlich davon ab, wo man jetzt gerade war und mit wem man unterwegs war.

Und wie ist das so? Wird da in deinen Kreisen oder bei deinen Kontakten Linz auch mit Kulturstadt verbunden?

Sylvia Amann: Ja schon, wobei das ist natürlich verzerrt. Ich habe es schon einleitend gesagt. Das sind immer Kulturprojekte von mir, das sind immer Leute, die in irgendeiner Form natürlich Interesse haben an Kultur. Im privaten Kreis habe ich auch andere Kontakte und da ist es eher, glaube ich, nach wie vor – von Leuten die keinen Bezug zum Kulturbereich haben – immer noch eine Industriestadt. Wenn man herreist, ist es das erste, was man sieht. Wenn man einen privaten Besuch macht, wenn man schon jemanden beim Bahnhof abholt und wir fahren dann auf die A7, dann hast du eigentlich eine andere Botschaft vermittelt. Man darf überhaupt nicht unterschätzen, was eigentlich das Bauliche, was in der Stadt sichtbar ist, was das ausmacht. Und vielleicht hat man da, wahrscheinlich, ziemlich sicher auch Fehler gemacht, jetzt rund um das ganze Areal um den Bahnhof, wie man das städtebaulich weiterentwickelt hat. Dort hätte man natürlich auch, sage ich einmal, mit Kultur punkten können. Auch wenn das Musiktheater jetzt dahin kommt, aber erstens ist es jetzt noch nicht wirklich erkennbar, außer halt die Plakate, die dort hängen, und es ist natürlich nicht direkt, wenn man kommt. Der Wissensturm ist auch nicht unbedingt als das erkennbar, obwohl er das vielleicht spielen könnte. Es sind natürlich administrative Bauten, Finanzamt, Landesdienstleistungszentrum, Bezirkshauptmannschaft glaube ich, das IBIS-Hotel ist auch nicht gerade unbedingt … Also die Sprache vom Bahnhof ist eigentlich technisch und genauso ist die Sprache am Flughafen. Das habe ich während der ganzen Kulturhauptstadt zum Beispiel nicht verstanden, wer am Flughafen ankommt, dann danach … ich meine, es hat dann schon ein paar Folder gegeben und einen Prospektständer, wo Linz – Europäische Kulturhauptstadt, irgendetwas drinnen war, aber man hat den Flughafen nicht bespielt. Im Prinzip wäre Linz zumindest das und was bespielt wird, ist eigentlich nur ein ganz kleiner Bereich, das kleine Stückchen an der Donau entlang und dann halt dort und da noch verstreut in der Stadt. Das ist eigentlich dort, wo Kultur oder Kunst passiert. Es ist alles extrem zentral und der Rest ist eigentlich weit entfernt, eben Flughafen zum Beispiel, wo überhaupt nichts bespielt wird und wo man das Image überhaupt nicht weiterentwickelt. Das beeinflusst natürlich maßgeblich die Außenwahrnehmung, oder? Auch der Flughafenshop, oder? Man findet, was weiß ich, irgendwelches steirisches Kernöl dort, aber nicht irgendwie … ja gut, die Linzer Torte findet man auch, aber jetzt, was andere Städte sehr viel machen, im Bereich der Kreativwirtschaft, dass sie zum Beispiel neue Arten von Souvenirs machen oder neue Arten von Mitbringseln oder sonst irgendetwas. Das sieht man alles nicht.

Linz09 hast du schon ein paar Mal angesprochen. Zuvor auch mit dem Flughafen.

Sylvia Amann: Ja klar, weil so eine große Initiative mit dem riesigen Marketingbudget bietet sich an, dass man mehr tut als wie normal, oder?

Es gibt ja nur die drei Einfahrmöglichkeiten, Flughafen total konzentriert, Zug, Bahn, total konzentriert und dann drei bis vier große Einfahrmöglichkeiten mit dem Auto, glaube ich.

Sylvia Amann: Im Prinzip hast du die Schilder gehabt, in diesen unterschiedlichen Sprachen. Wenn man daran denkt, wie jetzt zum Beispiel Graz als Kulturhauptstadt den Bahnhof bespielt hat damals, oder? Das war ein ganz anderes Signal.

Zu Linz09. Ein kurzes Resümee anhand von drei Punkten?

Sylvia Amann: Vielleicht ein ganz kurzes Resümee. Gute Idee sich zu beteiligen. Manche Chance während der Umsetzung genützt und dann leider vergessen.

Vergessen hat mit Nachhaltigkeit auch zu tun?

Sylvia Amann: Ja genau, im Prinzip. Es war gut, dass sich Linz beworben hat. Es war aber schlecht, dass es sich nicht in Konkurrenz hat bewerben müssen, weil ich sehe, wie das europaweit sonst funktioniert und wie das die Applications, die Bewerbungsunterlagen massiv verbessert. Weil man muss sich anstrengen, man will sich keine Blöße geben, man will nicht schlechter dastehen wie die anderen Städte. Das hat leider in Österreich nicht funktioniert, das wäre wichtig gewesen. Während der Umsetzung waren ein paar total lässige Sachen. Das Gelbe Haus oder der Kepler Salon oder „I like to move it move it“, dass man in den Schulen wirklich mit Künstlern zusammenarbeitet, und zwar massiv und breit. Das sind jetzt nur die, die mir schnell eingefallen sind, da war noch mehr. Aber nachher hat man den Schlüssel geholt und zugesperrt. Das ist der Wahnsinn. Ich investiere doch nicht so viele Millionen, dass ich nachher praktisch das zusperre. Ich meine, das ist eine riesige Chance. Bei meinen europäischen Kontakten hat das eigentlich überall eine Rolle gespielt: Ah, ihr seid im Moment Kulturhauptstadt? Und was tut sich in der Kulturhauptstadt? Und was tut sich weiter? Und da musst du sagen: Ja, eigentlich ist nichts geblieben. Es ist ein bisschen Geld übrig geblieben, das hat man dann nachher verteilt oder man ist am Verteilen. Aber was ist sonst noch? Ein Höhenrausch kommt jetzt ein zweiter, wo man sieht, wie es wird. Den Kepler Salon gibt es noch ein bisschen. Die Bauten. Aber sonst eigentlich? Also dass man jetzt wirklich in eine Richtung gekommen wäre? Im Prinzip geht es ja bei so einem europäischen Projekt darum, dass man in Europa ankommt. Das hat auch wieder mit dem zu tun, was ich vorher als eines dieser Good Practices gesagt habe, mit LinzEXPOrt. Das hat eigentlich ganz massiv mit dem zu tun. Im Prinzip wäre es eine Chance gewesen, wirklich Linz in der europäischen Kulturszene zu verankern. Nur für das muss ich länger arbeiten, für das muss ich wirklich Netzwerke aufbauen, die ich nachher auch weiter betreue und die einen entsprechenden Stellenwert haben. Dann helfe ich auch der Szene, dass sie nämlich auf Dauer international bleiben kann. Weil jetzt ist es eigentlich wieder so, es sind die ganzen Strukturen weg, es sind die ganzen Kontakte weg und wenn man jetzt ein EU-Projekt aufbauen will, dann sucht sich halt jeder wieder seine Partner, macht sein Projekt, aber es ist nicht in eine Strategie eingebunden. Auch für die Co- Finanzierung, da suche ich dann halt wieder individuell an. Es ist nicht einmal irgendein Topf geblieben für … außer dem LinzEXPOrt, aber das ist ein Mini-Topf, wo ich sagen kann, für internationale Aktivitäten ist zum Beispiel kein Geld da. Das ist einfach nicht da. Ich meine, diese Netzwerke und diese Projekte, das hätte man strategisch aus meiner Sicht planen müssen, dass man vom vornherein gesagt hätte: Ok, da ist das 2009er-Jahr und danach fangen mindestens fünf strategische EU-Projekte an, die dann auch zwei bis fünf Jahre laufen, je nachdem, in welchen Programmschienen die dann sind, und dadurch sichere ich die Nachhaltigkeit und habe – also das ist jetzt nur für die EU-Förderungen gedacht – die EU-Mittel auf der einen Seite und verwende diese übriggebliebenen Mittel zur Co-Finanzierung. Dadurch stabilisiere ich diese Initiativen und habe auf Dauer eine europäische Perspektive drinnen. Was man auch versäumt hat aus meiner Sicht, dass man die internationale Community nach wie vor nicht in die Stadt gebracht hat und in die ganze Umsetzung. Also Stichwort Borealis usw. Da sind ein Haufen Leute, die von wo anders herkommen. Wir hatten das tolle Projekt mit den Kulturlotsinnen, aber da gibt es verschiedene Ebenen und dass die im Kulturleben auch sichtbar geworden wären, auch mit ihren verschiedenen kulturellen Backgrounds. Und ich rede jetzt nicht von Folklore, sondern wirklich über Kulturarbeit. Oder im Kepler Salon, dass das da aufgetaucht wäre. Gut, jedes Programmdetail kenne ich nicht, aber so ist es mir halt aufgefallen. Das sind viele Dinge, die da versäumt wurden. Im Prinzip hat man einen totalen Brain Drain zugelassen. Das ganze Büro, was da aufgebaut wurde, da waren ja total gute Leute dabei. Nicht alle, ist klar, aber da hätte man zumindest eine kleine, strategische Gruppe bilden sollen, wo man gewisse Sachen weiter fortgesetzt hätte. Das wäre aus meiner Sicht ganz, ganz wesentlich gewesen. Da kommen wir auch auf etwas anderes noch zu sprechen, nämlich dass so ein Projekt und vor allem wenn man es nachhaltig verankern kann, auch eine Chance ist. Es gibt, wenn man die europaweite Diskussion verfolgt, den Wettstreit um die kreativen Köpfe, weil das ist die Zukunft. Dort, wo Wettbewerbsfähigkeit, Innovation, wo also Unternehmen entstehen und wo nachher praktisch auch Umsätze erwirtschaftet werden beziehungsweise Leute durch eigene Selbstständigkeit Geld verdienen und nicht irgendwie abwandern. Und über so ein Projekt hätte man zumindest wieder einen kleinen Impuls setzen können, dass mehr Leute da bleiben. Weil wir haben nach wie vor das Problem, dass ein Haufen lässiger Leute aus Oberösterreich in Wien die kreative Szene mit beleben, oder? Das geht wieder in die selbe Richtung. Über Großprojekte schafft man es dann, dass die von mir aus ein Jahr wieder da sind, aber dann sind sie wieder weg, weil es eigentlich keine Perspektive nachher gibt. Das wäre auch eine wichtige Aufgabe gewesen, zumindest einen Teil zu halten. Ich verstehe es schon, so ein großes Büro und man hat dann viele Personalkosten und da gibt es Grenzen, das ist klar, aber dass man zumindest manche da behalten hätte.

Nächste Frage. Wie schätzt du das Verhältnis von Hochkultur – Subkultur – Volkskultur in Linz ein?

Sylvia Amann: In Salzburg wäre es viel einfacher. Da haben wir natürlich den großen „Dinosaurier“ und dann ist auch klar, was das für Auswirkungen hat in der Stadt und auf die ganze Kulturpolitik und den Fokus der Kulturpolitik usw. Aber vielleicht umgekehrt gesagt. Ich glaube, es ist der Vorteil von Linz, dass eigentlich die schwierig bis gar nicht abgrenzbaren Begriffe in Linz nicht wirklich richtig greifen. Das würde ich eher elegant umschiffen, diese schwierige Frage und sagen, das ist der Vorteil und eher ein Kennzeichen von einer Kultursituation im 21. Jahrhundert. Wo man vielleicht noch dazusagen müsste, jetzt im Vergleich zu Salzburg, dass Salzburg über die Hochkultur doch zumindest auf einer Ebene diese gewisse Internationalität hat. Das ist vielleicht jetzt im Vergleich zu Salzburg etwas, was in Linz fehlt. Und was man am ehesten im Bereich Subkultur erzielen könnte, dass man da schnell Ergebnisse erzielen könnte. Da gibt es eine breite Szene, dass das irgendwie noch ein bisschen das Markenzeichen werden könnte für Linz. Dass da durchaus etwas da wäre. Weil Hochkultur, was will man? Zwischen Wien und Salzbug, also wenn es jetzt wieder um die überregionale Positionierung geht? Und Volkskultur? Ich sehe Linz überhaupt nicht als Volkskulturstadt. Das hat eine ganz andere Tradition, von der Industrie her und so. Ich meine, wenn man das auch – da sind wir wieder bei den Begrifflichkeiten – dann wieder als Volkskultur bezeichnen will, aber normalerweise wird es ein bisschen anders verwendet, eher diese traditionelle Kultur. Das würde ich gar nicht so recht als Schwerpunkt sehen. Was für mich irgendwie anders ist, im Vergleich zu anderen österreichischen Städten, ist wirklich diese doch seit Jahren zwar unterschiedlich intensiv aber doch bestehende und sichtbare Freie Szene. Und das sehe ich im Bereich der Subkultur. Aber es ist schwer.

Wenn du dir künstlerische Disziplinen wie Malerei und Grafik, Tanz, Theater, Musik, Literatur, Film, Fotografie usw. vor Augen führst: Wo würdest du meinen, wäre in der Stadt noch besonderes Entwicklungspotenzial vorhanden? Wo schon etwas da ist, das man entwickeln kann, das zur Stadt passen würde?

Sylvia Amann: Na ja, ich glaube, das ist auf verschiedenen Ebenen. Ich spiele jetzt ein paar gewisse Sachen durch. Eine Geschichte, wo ich glaube, das ist der Bereich Architektur, durchaus. Aber der ist natürlich von mir verzerrt gesehen, da ich mich immer wieder eben mit Regionalentwicklung beschäftige und auch mit Branding, Image usw. Da liegt es irgendwie auf der Hand. Aber das ist irgendwie etwas, wo – das haben wir vorher auch schon diskutiert, mit dem Pixelhotel zum Beispiel – eigentlich mehr Dinge da wären, aber die nicht so wirklich in der Stadtentwicklung und in der touristischen Vermarktung ihren Niederschlag finden. Das würde aber zusammenpassen mit dem, also die Architekturklasse an der Kunstuniversität mit ihren internationalen Projekten und mit den Ökogeschichten, was ja eigentlich sonst zum Image vom Land und von der Stadt passen würde, also diese ökologische Kombination. Da glaube ich, dass durchaus einiges an Potenzial da wäre. Da wäre sicher, ich sage einmal, von dem her gibt es einen Anknüpfungspunkt. Das andere, was überregional glaube ich, auch schon sehr gut läuft, ist Crossing Europe. Da würde ich eher den Bogen spannen zwischen Film und Neuen Medien, also dieser ganz breite Bereich, nicht nur rein das Festival. Aber das ist, glaube ich, diese Richtung, wo man mehr machen könnte und wo jetzt auch … also das spannt dann den ganzen Bogen von der Ars Electronica über Klangwolke bis eigentlich hin zu … da hat man schon eine Positionierung und da gibt es eine Szene und da gibt es rege Leute, die auch europaweit vernetzt sind. Das wäre durchaus etwas, wo man … und die dritte Achse, die de facto durch bisherige kulturpolitische Entscheidungen gegeben ist, ist der ganze Bereich Musik. Da haben wir eigentlich jetzt auch mit dem Neubau … also das Haus muss ja bespielt werden, auch wenn ich dort jetzt nicht viel Potenzial hätte. Aber ich glaube, es ist Potenzial da. Dann muss ich mir Konzepte überlegen, wie ich das bespielen kann und das heißt also, dass durchaus eine Stärkung vom Musikbereich glaube ich, möglich wäre. Das wären die drei Bereiche, wo ich am ehesten eine Möglichkeit sehe. Mir gefallen sonst auch die Sachen teilweise, eben was an Ausstellungstätigkeit usw. gemacht wird, aber das ist jetzt nicht so anders als wie in anderen Städten. Wo ich das Gefühl habe, das gibt es irgendwie so ähnlich oder in ähnlicher Art wo anders auch. Dazu kommt noch, wenn man jetzt den ganzen Bereich bildende Kunst ansieht, dass Galerien ja eher Schwierigkeiten haben. Das ist eher etwas, wo man nicht weiß. Und es ist vielleicht auch Linz nicht unbedingt so eine Galerienstadt, da brauche ich auch Käufer. Da ist einfach von dem her ein bisschen … also ganz plakativ gesagt: Der Linzer geht, glaube ich, eher ins Theater oder ins Konzert bevor er in Galerien geht und Kunst kauft und da auf einer Vernissage herumsteht.

Geld wäre wohl da, aber das Verständnis fehlt.

Sylvia Amann: Ja, da müsste man eine breitere Initiative starten, dass einfach, was weiß ich, eine Heranführung zu Kunst stattfindet. Das müsste dann irgendwie in den Bildungseinrichtungen besser verankert sein, dass das über Jahre Kunstkäufer anziehen würde. Aber bei den drei Bereichen würde ich da eher bleiben.

Letzte Frage in dem Themenblock. Welche drei thematischen Schwerpunkte mit Kunst- und Kulturbezug werden zukünftig die größten Herausforderungen für die Stadt darstellen?

Sylvia Amann: Das ist der Bereich Kunst im öffentlichen Raum und wieder der Bereich Stadtarchitektur und Stadtteilentwicklung, jetzt faktisch mehrschichtig gesehen. Dann ist es der Bereich Kreativwirtschaft inklusive konkrete Perspektiven zu ermöglichen und kreative Köpfe in Linz, Oberösterreich zu halten. Und der dritte Punkt ist, glaube ich, kulturelle und kreative Bildung. Weil das einfach total viele Zugänge öffnet. Und wenn ich Zugänge nicht öffne, dann mache ich Zukunft kaputt. Auch wenn ich weiß, dass es nicht Landes- oder Stadtkompetenz ist, dass ich in die Bildungseinrichtungen hineinkomme. Aber ich kann ja außerschulisch und Jugendkulturarbeit und solche Sachen machen. Und ich glaube, dass ist ganz, ganz wesentlich. Das sind im Prinzip die drei Bereiche.

Gerade im letzten Bereich gibt es große Defizite, oder?

Sylvia Amann: Ja, enorm und auch nicht unbedingt ein wahnsinniges Bewusstsein, dass es so wichtig ist. Da gibt es schon total viele Initiativen europaweit, was weiß ich, zum Beispiel in der Architekturvermittlung gibt es größere Initiativen. Oder auch die Niederösterreichische Kreativakademie, wo es dann in Richtung Schauspiel geht zum Beispiel. Von Oberösterreich und das betrifft jetzt nicht nur Linz, ruht man sich eigentlich auf den Lorbeeren des Musikschulwerks aus. Natürlich ist die Musik ein Schwerpunkt. Man hat solche Schwerpunkte, aber eben dann zumindest einmal anfangen mit Theater dazu und ans Musiktheater denken und dort einen großen Pädagogikbereich mit hinein nehmen in eine Programmierung zum Beispiel. Das schafft dann auch wieder Arbeitsplätze und gerade für Absolventen der Kunstuniversität, die vielleicht eine Zusatzausbildung haben in Kunst- und Kulturvermittlung. Da habe ich schon wieder jemanden da gehalten, der ist mir dann nicht abgewandert. Das hängt dann natürlich auch zusammen. Über den ersten Punkt mache ich das natürlich auch attraktiv, mache ich es sichtbar, mache ich es spannend. Es wäre gar nicht so schwierig.

Zu den Themenbereichen. Zur Kreativwirtschaft, Grafik, Design, Architektur usw. Welche Maßnahmen zur Förderung von Kreativwirtschaft in Linz sind dir eigentlich bekannt?

Sylvia Amann: Da gibt es hauptsächlich die Geschichten der Creative Community, also diese GründerInnenzentren gibt es, dann gibt es Weiterbildungsveranstaltungen und dann gibt es dieses Creative Community Coaching. Das sind jetzt einmal drei, die recht prominent sind. Sonst gibt es dann noch Dinge vom Netzwerk Design & Medien, auch Weiterbildungsveranstaltungen oder kleinere Förderungen. Dann gibt es noch an der Kunstuniversität diese Weiterbildung in Richtung wirtschaftlicher Tätigkeit. Also viele, ein bisschen zerspragelte, kleinere Einzelmaßnahmen.

Glaubst du, dass diese Maßnahmen treffsicher sind?

Sylvia Amann: Es gibt da eine Studie von der WKO, dass gewisse Sachen recht gerne angenommen werden, aber dass es trotzdem noch große Defizite gibt, dass das überhaupt einmal bekannt wird. Ich glaube, das hängt einfach auch mit dem zusammen, dass die so zerspragelt sind. Man kennt sie dann gar nicht, sie sind oft nicht aufeinander abgestimmt, also nichts irgendwie aufbauend, wo man jetzt irgendwo zu einer Tür hineingeht und nachher praktisch weiter begleitet wird. Es gibt sogar, glaube ich, Anstrengungen, dass man sie stärker vernetzt, aber das ist halt bis jetzt noch nicht passiert oder noch nicht irgendwie sichtbar. Was auch immer noch nicht gelungen ist, ich glaube, die Aktivitäten der Kreativwirtschaft sind in vielen Bereichen sehr spezifisch. Das liegt auch daran, dass sie eben so zerspragelt sind, aber sie kommen quasi von einer Seite, das ist das Ressort der Stadt Linz oder vom Netzwerk Design & Medien. Und was da, glaube ich, auch nicht wirklich gelungen ist, jetzt die Kreativwirtschaftler in ihrer Breite überhaupt zu erreichen und überhaupt einmal mit ins Boot zu holen oder mit in eine Initiative einzubinden. Dann läuft das natürlich auch wieder viel einfach leer. Es ist ganz komisch. Ich war teilweise bei Veranstaltungen der Creative Community. Manchmal sind sie echt gut besucht, aber dann sitzen teilweise wieder de facto 20 Leute drinnen. Da fehlt einfach die ganze Basisarbeit, dass man halt einmal vernetzt, die Leute zusammen bringt, gemeinsam plant, auch mit den Betroffenen plant. Eben wirklich, wie ich vorher das schon gesagt habe, diese Einzelmaßnahmen, die haben einfach eine beschränkte Wirksamkeit. Das hängt vielleicht auch mit politischen Gegebenheiten zusammen, aber wo man einfach nicht wirklich strategisch an einer Sache zielgerichtet, Schritt für Schritt, weiter arbeiten kann, sondern wo man mit zerspargelten Einzelmaßnahmen aktiv ist. Es hat letztens eine Studie der arge creativ wirtschaft austria gegeben und da hat man die Struktur der Kreativwirtschaft untersucht, die sozialen Netzwerke der Kreativen oder so hat das geheißen. Das Oberösterreichergebnis war dann irgendwie so, es gibt abgeschlossene Zirkel, die sich zwar innerhalb kennen, aber wo sich keine Verbindungen dazwischen ergeben. Das widerspiegelt, glaube ich, die aktuelle Situation. Und das war ganz massiv. Das ist zum Beispiel in Wien oder in Graz ganz anders, weil es dort einen Kulminationspunkt gibt, wo praktisch die Fäden bis zu einem gewissen Grad zusammen laufen.

Das wäre deine akute Maßnahmenempfehlung, wenn ich das richtig interpretiere, da ein strategisches Scharnier zu installieren, das genau diese Verbindungen herstellt?

Sylvia Amann: Genau. Und das einfach dann auch, was noch dazu kommt, die Einzelmaßnahmen genau aufeinander abstimmt, strategisch aufgebaut. Das ist ganz wichtig. Und überhaupt einmal alle mit an Board zu holen. Da gibt es teilweise Verwerfungen, wenn man mit einzelnen Personen spricht, die sagen dann: „Nein, da gehe ich sicher nicht hin. Propagandaveranstaltung oder sonst irgendetwas, das habe ich nicht Not, da habe ich zu viel um die Ohren.“ Das muss man aufbrechen, dass es einfach von dem her strukturell aufgebaut wird.

An was liegt das, dass das nicht passiert? An der Dotierung? Oder an der fehlenden Bündelung? Creative Community, Netzwerk Design & Medien und dann gibt es noch die Kreativwirtschaft GesmbH. Sind die vielleicht nicht gebündelt genug?

Sylvia Amann: Na ja, die GmbH ist eigentlich noch nicht operativ, die gibt es derzeit nur praktisch in Gründung, oder? Und so wie ich die Idee dahinter verstanden habe, war nämlich genau bei der GmbH die Idee, die bestehenden Initiativen zu bündeln, dass diese Koordination entstehen kann. Das wäre eigentlich auch unsere Empfehlung, wie wir damals die Studie gemacht haben. Dann hat es eine Art Benchmarking-Papier gegeben, über Support Structures in der Kreativwirtschaft in Österreich und Deutschland. Da ist eigentlich relativ klar herausgekommen, dass dort eine koordinierende Struktur da sein muss, welche die verschiedenen Initiativen bündeln kann und das muss langfristig aufgestellt sein. Nur so kann man eigentlich wirklich Politik machen. Bei der Struktur können dann auch Budgets zusammen laufen bzw. können auch Verhandlungen zusammen laufen und dann kann man das entwickeln. Das ist eigentlich relativ klar und es ist praktisch jetzt auch der Wille da, offensichtlich von Stadt und Land, weil sonst hätte man die Strukturen nicht geschaffen, dass man das einmal versuchen will. Das sieht man dann im Detail, wie das wirklich operativ laufen wird, aber von dem her glaube ich, wäre das ein Signal in die richtige Richtung. Nachher hängt es halt dann von den handelnden Personen ab, ob es wirklich funktioniert zwischen Stadt und Land. Da müssen beide natürlich bis zu einem gewissen Grad über ihre eigenen Schatten springen, sonst wird es nicht gehen. Wenn man dann wieder anfängt, Lagerpolitik zu machen, dann ist eine Struktur auch sinnlos.

Inwieweit würdest du im Rahmen einer Kulturentwicklungsplanung das Thema Kreativwirtschaft forcieren? In der Bewertung der Kunst- und Kulturschaffenden rangiert das Thema relativ weit unten. Nicht nur der negative Reflex auf Wirtschaftsthemen hat damit zu tun, sondern wahrscheinlich auch Verfehlungen, die bislang gemacht worden sind. Dann gibt es noch diese Diskrepanz, ist das jetzt ein wirtschaftliches Thema, das dann im Wirtschaftsressort angesiedelt werden muss oder ein Kulturthema, dass im Kulturressort angesiedelt werden sollte?

Sylvia Amann: Ich würde sagen, sowohl als auch, weil die handelnden Personen können wir nicht einfach in der Mitte auseinander schneiden. Wir haben diese kompletten Überschneidungen. Wer jetzt an die Kunstuniversität geht und Architektur studiert, fühlt sich eigentlich der Kulturszene und auch Linzkultur zugehörig, sage ich jetzt einmal, zum ersten. So lange er oder sie studiert. Dann nachher werden sie fertig und dann fragen sich: „Wo geht der Weg hin?“ Und dann fängt eigentlich schon Kreativwirtschaft an. Weil es geht ja darum, dass die Person dann in irgendeiner Form entweder sich in dem Bereich selbständig macht oder in dem Bereich irgendwo eine Anstellung findet. Dann geht es eigentlich um Beschäftigung im Architekturbereich, also sind wir in einem klassischen Kreativwirtschaftsbereich: Wie schaffen wir dort Einkommen? Dass der Mensch dann eine berufliche und wirtschaftliche Zukunft hat? Dann geht es weiter, jetzt in zwei Richtungen. Das eine ist Stadt- und Regionalentwicklung und das andere ist Kulturentwicklung. Bei der Stadt- und Regionalentwicklung, bleiben wir beim Beispiel Architektur, weil wir das so schön machen können, will ich möglichst viele gute Architekturbüros oder Architekten bei mir haben, weil das macht quasi mein Image aus und das macht aber auch aus, dass meine Stadtteile zum Beispiel von einer anderen Lebensqualität und von einer anderen kreativen Qualität sind als wie wenn ich jetzt keine guten Leute da habe, weil ich doch hauptsächlich mit regionalen Kräften umsetzen werde, was Realität ist. Und bei der Kulturentwicklung will ich kulturell wertvolle Bauten haben, die mein Kulturleben bereichern. Ich kann im Prinzip diese Sache nicht trennen und deshalb sind beide Ressorts im Prinzip gleichermaßen wichtig. Das eine ist wichtig, das Wirtschaftsressort, wenn Leute Selbständigkeit anstreben, dass die kreativwirtschaftlich spezifisch unterstützt werden, dass sie das auch können und dass sie möglichst dann auch in Linz oder Oberösterreich bleiben, da ihre Steuern zahlen und ihr Leben aufbauen. Das andere ist eben die kulturpolitische Zielsetzung, dass ich sage, aber die schaffen mir auch die kulturellen Werte, von denen ich dann in der Kulturpolitik profitiere. Darum ist es ein Thema, das beide de facto gleichermaßen beschäftigen sollte und eigentlich kann dann auch die Umsetzung nur funktionieren, wenn die zwei an einem Strang ziehen, weil sonst zerreißt man das in der Mitte.

Zweites Thema. Neue Infrastruktur, neue Formate. Du hast zu Beginn zur Assoziation gesagt, dass man sehr viel in Bauten denkt. Da geht es um Hardware einerseits und Software andererseits, die kulturelle Arbeit, die kulturelle Software der Stadt. Wie beurteilst du die vorhandene kulturelle Infrastruktur (Hardware) in Linz? Inwieweit siehst du da noch quantitativen oder qualitativen Ausbaubedarf?

Sylvia Amann: Ich glaube, das hängt jetzt wieder mit allem zusammen, was wir vorher schon gesagt haben, im Hinblick gesagt haben auf die Freie Szene und was wir gesagt haben im Hinblick auf Kreativwirtschaft usw., dass ich durchaus glaube, dass freie Räume fehlen, also eher dort, wo Platz ist für Experimente und Freiräume. Das ist ja, glaube ich, einmal rund um die Tabakfabrik ein bisschen andiskutiert worden, wobei es da natürlich gewisse Limits gibt, weil das einfach unter Denkmalschutz steht oder große Teile unter Denkmalschutz stehen. Aber da sieht man schon Beispiele aus anderen Städten, wenn man Räume, Freiräume ermöglicht, dass eigentlich sehr viel in einer Stadt passieren kann und dieser Raum eben nicht der hochglanzpolierte Raum ist, sondern eher die Werkstatt und eher der Probenraum und eher was weiß ich. Das kommt mir eher vor, dass das Infrastruktur ist, die fehlt.

Warum denkst du, abgesehen von der Tabakfabrik, das ist eine eigene Diskussion, warum sich gerade diese Stadt so schwer tut mit dem Thema Leerstände, Brachflächen, experimenteller Freiraum?

Sylvia Amann: Es ist mir eigentlich unerklärlich, weil im Prinzip die Stadt von dem her, wie sie strukturell da steht, prädestiniert für das wäre. Wir haben nicht etwas wie in Salzburg, diese Hochkultur, die alles erdrückt und wo man nicht zu viel anecken darf, weil sonst das schöne Image kaputt geht und die Kulturtouristen nicht mehr kommen. Da hätten wir eigentlich den Raum, wo man jetzt in dem Sinn ohne großes Risiko experimentieren und Dinge zulassen könnte. Vielleicht ist es die Angst vorm Wähler, dass da ein Skandal passieren könnte, der dann die regionalen Medien mitbeschäftigt und wo dann irgendwie eine komische Diskussion los getreten wird. Aber im Prinzip, die Stadt hätte eigentlich alles, sie hätte die Leerstände, sie hätte die Räume, sie müssten eigentlich nur freigegeben werden in dem Sinn. Und ich glaube, sie würden genützt. Da hat es eh dieses Projekt gegeben, da habe ich auch mit der europäischen Gruppe angefangen bei der Besichtigung, die Nomadenetappe. Die waren dann in einem alten Gebäude, das inzwischen abgerissen wurde, das war letzten Sommer noch. Ich glaube, das war recht geschickt, das war ja nichts, was jetzt irgendwie gefährlich gewesen wäre. Ich meine, es gibt in anderen europäischen Ländern schon auch Probleme mit so etwas. Ich weiß von einer Initiative in Finnland, die versuchen auch, eine alte Fabrik schon länger zu nützen, das ist eine kreativwirtschaftliche Initiative. Da gibt es jetzt sogar einen Prozess mit den Anrainern, weil die alles verweigern und sagen, das wollen sie auf keinen Fall dort haben. Dann habe ich ein anderes Projekt gesehen, in Schweden, das super funktioniert und mitten in der Stadt ist und schon relativ alt, also wo das gut funktioniert. Dann gibt es eh die berühmten Beispiele in Berlin und in den Niederlanden usw. und im Prinzip haben die Städte, die das zugelassen haben, davon profitiert. Ich glaube, das wäre gut und würde zum Image von Linz dazu passen. Das wäre in keinster Weise schädlich, weder von außen noch von innen, man würde irgendwie, wenn man das touristisch sieht, sicher neue Leute sogar anlocken. Wenn so Räume zur Verfügung gestellt werden oder benützt werden können, dann ist das etwas Attraktives.

Das hat mit dem zu tun, was du vorher gesagt hast, dass man mit relativ einfachem Mitteleinsatz ein Potenzial in dem Bereich halten kann oder sogar entwickeln kann …

Sylvia Amann: Richtig, genau. Oder mit dem, was wir vorher gerade gesprochen haben, mit dem Beispiel, dass die gerade mit der Universität fertig sind und eine Perspektive suchen. Die können sich jetzt nicht irgendwie Mords einen Raum mieten und sich dann da in Schulden stürzen. Aber wenn da irgendwie Ateliers zur Verfügung stehen, wo man relativ einfach einmal ein Projekt machen kann oder irgendetwas … Was ich auch weiß, dass von der Bruckneruniversität sehr viele einfach ganz verzweifelt nach Probenräumen suchen. Sicher macht das ein bisschen Lärm, aber wenn das jetzt irgendwie so gestaltet ist, dass es nicht zu viel stört, dann wäre das … oder was weiß ich, auch die Tänzer, die dann oft wieder nicht wissen, wohin sie gehen sollen. Da wäre ein gewisser Nährboden, so wie ein Frühbeet. Man hegt und pflegt es und aus manchen Dingen wird dann etwas und das geht dann weiter. Vor allem entsteht auch Vernetzung, etwas, wo wir nämlich auch ein Manko haben und wo wir wissen, dass genau das hilft, dass eigentlich Neues und mehr entsteht. Das ist klar. Wenn wir miteinander reden, jeder von uns, der hat wieder neue Gedanken im Kopf und denkt sich … In die Richtung. Und wenn wir nicht miteinander reden, dann hocken wir jetzt nicht da und sinnieren darüber nach, wie sich Linz weiterentwickeln könnte.

Die Softwareseite, speziell, wenn man sich Formate wie Festivals oder Biennalen ansieht. Wie schätzt du da die Situation in Linz ein, jetzt nur rein von der Quantität. Ist das zu viel für die Stadt, genau richtig, zu wenig?

Sylvia Amann: Nein, zu viel nicht. Was mir auch gefällt, dass zunehmend kooperiert wird. Ich finde das wahnsinnig gut. Auch jetzt der Bereich Mode zum Beispiel, wo es jetzt das erste Mal diese Art Modemonat gegeben hat, Mitte November, das finde ich ganz super. Was mir auch gefallen hat, war die Triennale, wo die größeren Häuser zusammen gearbeitet haben. Es ist einfach attraktiver, wenn sich an verschiedenen Standorten etwas tut. Die andere Sache ist das, aber dass ich natürlich die Sachen einfach jetzt auch als jemand ansehe, der natürlich einen Bezug hat zu Kunst und Kultur und dass sich das natürlich nicht niederschlagen muss bei Besucherzahlen. Ich weiß auch, bei der Triennale, da haben wir diese Kinderführung in Anspruch genommen und da waren wir praktisch zwei Kinder. Sie haben dann gesagt, dass es einfach schwierig war und dass es nicht so gut gelaufen ist. Ich weiß, dass es schwierig ist – da komme ich jetzt schon so ein bisschen auf das nächste Thema – wenn man dann in den Bildungsbereich hineinkommen will, dass es sich doch auf wenige Lehrer beschränkt, dass die jetzt dann solche Angebote an ihre Schüler weiter vermitteln oder halt mit denen etwas machen. Das ist Knochenarbeit. Von dem her glaube ich, es ist nicht zu viel. Ich glaube, dass die Vernetzung, die weitere Vernetzung der richtige Weg ist, dass man da praktisch mehr an Sichtbarkeit und bessere Angebote zustande bringt. Einschränken würde ich es nicht. Vielleicht, wen man es von den verschiedenen Formaten ansieht, wir haben jetzt eher die neuen Sachen, was natürlich in der Natur der Sache liegt, die kleiner sind und auf eher wackeliger bis teilweise gar keiner finanzieller Basis stehen, sondern eigentlich vom Engagement von Einzelpersonen abhängen und wo natürlich die Gefahr besteht, dass im Prinzip die alten Dinge immer weiter gemacht werden und dass die kleinen, neuen, die kommen, wieder sterben, wenn einfach irgendwann einmal den Leuten die Luft ausgeht, wenn du das nebenbei organisieren musst. Wenn es jetzt dann in Richtung Kulturpolitik geht und Kulturförderung, wäre es notwendig, dass man vielleicht die Konzepte dieser eher kulturtouristischen Aktivität stärker in Frage stellt oder sich da vielleicht einen Finanzierungspartner aus dem Tourismus holt. Dass man einfach sagt, das ist eigentlich bis zu einem gewissen Teil auch Stadtmarketing und weniger Kunst- und Kulturentwicklung, und dass man versucht, bei der Kunst- und Kulturentwicklung auf diese kleineren Initiativen finanztechnisch stärker einzugehen, gerade Crossing Europe oder Modezone usw., dass die auf solide Beine kommen oder auf soliden Beinen bleiben und nicht wieder sterben. Das macht eigentlich das junge und moderne Image von Linz auch aus, etwas, was nicht austauschbar ist. Weil ein Stadtfest mit kulturellen Aktivitäten gibt es halt überall. Aber die Modezone, sicher gibt es das auch dort und da, aber in der Art und Weise, wie es da gemacht wird und der Bezug zur Ökologie, das ist doch etwas, was es nicht in dem Ausmaß gleich wo anders gibt. Oder Crossing Europe mit diesen verschiedenen Schwerpunkten, die sie haben, das ist eigentlich ein anerkanntes, regionales Filmfestival mit internationaler Ausrichtung und das ist etwas Spezielles. Und dass man eher auf das Spezielle schaut, . also nicht insgesamt das Budget reduzieren, aber vielleicht anders verteilen und die Schwerpunkte anders setzen. Das haben wir vorher ein bisschen besprochen, bei diesen strukturellen Sachen, dass man eventuell die personellen Ressourcen, auch jetzt innerhalb der Kulturverwaltung, nicht so stark auf diese klassischen Aktivitäten setzt, sondern eher auf die strategischen, zukünftigen und das könnten auch solche Sachen sein, oder?

Sind dir kunst- und kulturbezogene Formate aus anderen Städten bekannt, deren Umsetzung auch für Linz interessant sein könnten?

Sylvia Amann: Das ist jetzt ein bisschen schwierig, weil natürlich viele dieser Veranstaltungen einfach aus einem Kontext heraus entstanden sind, von den handelnden Personen abhängen. Aber eine Geschichte fällt mir ein, war es Dresden oder Leipzig, ich glaube, da geht es um Design, wo so eine Art Designfestival gemacht wird und das kombiniert wird mit den Leerständen.

Ich glaube, das ist in Leipzig.

Sylvia Amann: Da ist mir einmal durch den Kopf geschossen, das wäre jetzt auch etwas … oder wenn man so etwas eventuell vielleicht sogar dezentral machen würde mit den verschiedenen Leerständen, dass das eventuell interessant wäre, dass man so einen Parcours hätte, dass das vielleicht etwas wäre, wo man den Bereich den Leuten näher bringen könnte. In Ansätzen wird es eh gemacht über die Modezone, die machen dann die Exkursionen zu den Ateliers, aber dass man solche Sachen aufwertet. Sonst ad hoc … da müsste ich jetzt ein bisschen länger nachdenken.

Letzter Themenbereich. Schule und Bildung, Wissenschaft. Wie schätzt du das Interesse von Linzer Schülerinnen und Schülern am bestehenden Kunst- und Kulturangebot ein?

Sylvia Amann: Es gibt verschiedene Ebenen. ich glaube einmal, primär, wenn man Linz anschaut, darf man nicht nur über die Linzer Schüler und Schülerinnen reden. Weil Linz im Prinzip der Andockpunkt für total viele Bildungseinrichtungen ist, wenn sie Kulturangebote mit ihren Schülern oder Studierenden wahrnehmen. Das sehe ich auch, meine Tochter geht in den Kindergarten da und die fahren dann immer mit den Schulanfängern zum Beispiel nach Linz ins Theater. Ich glaube, dass muss man schon im Vorhinein bedenken, also das ist trotzdem die Landeshauptstadt mit den größten Kultureinrichtungen und ich glaube, man sollte das von Vornherein von einer breiten, geografisch breiten Perspektive ansehen und nicht nur die Linzer Schüler und Schülerinnen. Und dann – ich kann es jetzt nicht in Bezug auf Schüler aus der praktischen Erfahrung sagen – in Bezug auf das, was ich mit meiner Tochter an Kulturangeboten in Linz wahrnehme, da sehe ich gewisse Sachen, jetzt über die Jahre. Sie ist noch nicht im Schulalter, sie ist fünf. Und es gibt gewisse Sachen, wo es immer schwierig ist, Plätze zu bekommen, wo sie sehr gut angenommen werden und andere, wo es irgendwie nicht so gut geht. Was gut geht, sind auf jeden Fall alle diese Theaterangebote. Die sind wie warme Semmeln. Wenn man in den Kammerspielen eine Kindertheatervorführung hat, dann sind die voll. Oft ist es so, dass man gar keine Karten mehr bekommt und halt auf die nächste Vorstellung warten muss. Das wäre, glaube ich, sicher etwas, wo das Angebot ausgeweitet werden kann. Bei den Museen, da habe ich es vorher schon erwähnt, ist es eigentlich ein Nischenangebot. Das geht aber vielleicht konform mit dem, was wir vorher gesprochen haben, die ganzen Sparten und bildende Kunst und Galerien, dass da irgendwie der Boden nicht aufbereitet ist für das. Im Musikbereich ist, glaube ich, in Oberösterreich ein recht breites Verständnis da, dass man das mit Kindern und mit Schülern tut. Das muss ich dazu sagen, vom Kindergarten aus gehen sie auch ins Museum, aber weniger dann in ein Kunstmuseum als in ein Naturmuseum. Also die gehen eher ins Schlossmuseum als dass sie dann ins Lentos gehen zum Beispiel. Von dem her glaube ich, ist das – wie in der Bevölkerung auch gewisse Kunstsparten mehr oder weniger verankert sind – auch da der Fall. Das heißt aber nicht, dass das ein Naturgesetz ist, das nicht geändert werden kann. Aber wenn, dann müsste man sehr intensiv versuchen, praktisch bei den pädagogischen Fachkräften Bewusstseinsarbeit zu machen. Ich weiß aber, dass die Museen sehr viel tun und dass es eine Knochenarbeit ist, dass es ganz schwer ist, da irgendwie vorwärts zu kommen und da muss man sich vielleicht teilweise Dinge überlegen, quasi wenn die Schule nicht ins Museum kommt oder zum Kunstbetrieb, ob der Kunstbetrieb nicht in die Schule kommen muss. Was man, glaube ich, beim Theater seit Jahren gemacht hat, dass man dann herumgefahren ist und praktisch vor Ort aufgetaucht ist und Schultheater gemacht hat. Dass man das allfällig bei anderen Sparten auch machen müsste. Das andere wäre eventuell und das könnte man durchaus auch, weil man ja praktisch auf die Regelschulen schwieriger Zugriff hat als Land und Stadt, dass man beim Musikschulwerk eine Weiterentwicklung macht, dass man dort versucht, andere Sparten hineinzubringen und dass das dort mehr Platz ist und man dadurch einfach Zugänge schafft. Aber wie man von Niederösterreich sieht, das muss qualitativ hochwertig sein. Die arbeiten dann halt mit bildenden Künstlern von der Akademie zusammen und nicht mit dem Hobbymaler vom nächsten Dorf. Das ist, glaube ich, in dem Sinn wesentlich.

Neben der Musikschule ein zweiter außerschulischer Bereich. Bei den Jugendzentren, ist dir da irgendetwas aufgefallen im Zusammenhang mit Kunst und Kultur in Linz?

Sylvia Amann: Da habe ich weniger Erfahrung, da wir nicht direkt in Linz wohnen und die eigenen Kinder nicht in dem Alter sind, dass sie dort hin gehen. Aber insgesamt, was ich die letzten Jahre beobachte und das ist jetzt sicher ein bisschen eine österreichweite Betrachtung, dass ich glaube, dass es vor ein paar Jahren sehr viel intensivere Bemühungen gegeben hat, einfach Kreativitätsförderung für Jugendliche in unterschiedlichem Kontext, nicht nur in der Schule. Da hat es einmal die Initiative mit den Kulturkontakten für Lehrlinge gegeben und ähnliches. Das ist allen möglichen Sparpaketen dann zum Opfer gefallen, das ist nie irgendwie konsequent weiterbetrieben worden. Ich glaube auch, das war eine Rolle, welche teilweise die Kulturvereine früher relativ stark noch wahrgenommen haben. Ich kann mich erinnern, in der KUPF haben wir einmal irgendeinen Schwerpunkt gemacht in diese Richtung, was relativ gut angenommen wurde, also so in Richtung Jugendkulturarbeit forcieren usw., wo das dann aber danach wieder eingeschlafen ist und die Vereine jetzt auch teilweise in die Jahre gekommen sind. Auch von dem her, dass jetzt Jugendarbeit nicht mehr diesen Schwerpunkt, diesen Stellenwert hat. Dort könnte man schon und sollte man eigentlich sehr viel tun. Das ist auf vielerlei Ebenen, also überhaupt einmal, dass man allen jungen Leuten das ermöglicht, den Zugang zu Kreativität wirklich zu haben, diese Freiräume auch zu erfahren und diesen Mehrwert zu erfahren. Das ist eigentlich etwas für die persönliche Entwicklung, jetzt nicht nur die verwertbare Entwicklung, sondern dass Lebensqualität etwas Wichtiges oder etwas Bereicherndes ist. Das andere geht natürlich schon in die Richtung. Ich meine, man will das im Prinzip, was wir vorher schon mehrfach angesprochen haben, dass es Personen gibt, die auch Angebote wahrnehmen und wenn sie keine Zugänge dazu bekommen haben, dann werden sie es nicht wahrnehmen. Das ist dann in Richtung Kunst und Kultur auf einer anderen Ebene, sich mit gesellschaftlichen Fragestellungen auseinander zu setzen, wo man in vielen Bereichen dann auch auf einer emotionalen Ebene ansprechen kann, wo man durch irgendwelche Infobroschüren bei weitem wahrscheinlich nicht die Effekte erreicht. Von dem her hätte es eigentlich so viele Ebenen und wäre eigentlich so wichtig für persönliche und gesellschaftliche Entwicklung, dass es wesentlich wäre, dass das aufgegriffen wird, dass das gemacht wird, dass die Leute dort abgeholt werden. Ich meine, eine andere Ebene wäre nicht nur auf Jugendzentren zu blicken, sondern de facto auch in den Kindergarten. Das ist diese ganze Ebene der vorschulischen Angebote. Es ist zum Beispiel total schade, dass das Schäxpir Festival im Prinzip nur mehr im Zweijahresrhythmus gemacht wird. Das ist für mich auch etwas, da sollte man in die ganz kleinen investieren, weil für die wird es dann selbstverständlich. Die denken sich dann gar nichts mehr dabei, das gehört dazu, Theater oder Museum oder sonst irgendetwas, wenn man es einfach vermittelt bekommt, und das hängt hauptsächlich immer noch von den Elternhäusern ab, also ob das zur Familienkultur dazugehört. Aber kümmern müsste man sich von der Kulturpolitik her vor allem um diejenigen, die das nicht von daheim mitbekommen und denen Zugänge ermöglichen. Ich glaube, dass das ganz wesentlich wäre.

Ich würde gerne noch einen Schwenk machen von den Kindern und Jugendlichen zu einem anderen Bildungsbereich, der wichtig ist, der Erwachsenenbildungsbereich. Welche Maßnahmen im Erwachsenenbildungsbereich (z. B. Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund, bfi, WIFI, Volkshochschulen, Bildungshäuser und -zentren, …) könnten deiner Meinung nach gesetzt werden, um das Interesse an Kunst und Kultur in Linz weiter zu fördern?

Sylvia Amann: Eine Sache, die da sicher super wäre, wäre das Projekt Kulturlotsinnen. Das war vom bfi und das ist ein Beispiel, wie wir es machen sollen. Es ist relativ einfach gesagt, deckt viele Aspekte ab, hat eine spezifische Zielgruppe, hat Stadtteileffekte, hat touristische Effekte. Das ist ein richtiges Vorzeigeprojekt und es wundert mich nicht, dass es Preise dafür bekommen hat, aber in die Richtung sollten wir eigentlich weiter denken. Was wir vorher da rund um den demographischen Wandel besprochen haben, das würde sich anbieten, dass man das teilweise über diese Ebenen spannt. Was man vielleicht auch versuchen könnte, von der Kulturpolitik her, wirklich strategisch mit diesen Erwachsenenbildungseinrichtungen zusammen zu arbeiten, dass nämlich die Schwerpunktthemen, die man selber identifiziert in diesem Prozess, dann auch praktisch in den Bildungsangeboten ihren Niederschlag finden. Da haben wir einfach doch … wenn man die Kataloge durchblättert mit den Seminaren und man kommt dann zu diesem Bereich Kunst, Kultur, Kreativität, da passieren halt noch irgendwelche …

Töpferkurse?

Sylvia Amann: Ja, genau. Und das ist wieder so ein Nischenprodukt, wo nur ganz gewisse Personen angesprochen werden, aber es ist eigentlich nicht eine begleitende Bildung und Weiterbildung für die Kulturentwicklung einer Stadt. Es wäre vielleicht da auch die Chance, weil wenn ich es richtig im Kopf habe, die Agenden bei Linzkultur auch die Erwachsenenbildung mit einschließen. Es wäre praktisch unter einem Dach und dass man vielleicht strategisch da etwas zu Stande brächte, dass es auch in diesen Schwerpunktbereichen auf jeden Fall Angebote gibt und vor allem, was glaube ich ganz wesentlich ist, bei all diesen Ebenen, dass es, egal wer die Zielgruppe ist, ob alt, jung, von hier oder nicht von hier, qualitativ hochwertig ist, dass wirklich Fachkräfte arbeiten und dass durchaus jemand, der vielleicht sonst an der Kunstuniversität unterrichtet dann auch auf der Volkshochschule unterrichtet, dass die Zugänge geschaffen werden, weil das ist dann auch ein Teilbereich von Partizipation im Prinzip.

Und ein potenzieller Arbeitsmarkt außerdem für Künstlerinnen und Künstler.

Sylvia Amann: Ja genau, das kommt dann noch dazu, dass das dann nicht wieder der Hobbykünstler macht, bei allem Respekt für das, dass er sich für das engagiert und sich für das interessiert, aber es ist halt trotzdem ein Mehrwert, jemanden zu haben, der in diesem Bereich eine Ausbildung abgeschlossen hat, der doch in der Regel ein breiteres Wissen, einen breiteren Zugang zu dem ganzen Thema hat, Aspekte abdecken kann, die oft ein Autodidakt vielleicht nicht in dem Ausmaß abdeckt und, wie du eben richtig sagst, das dann auch honoriert wird und eine entsprechende finanzielle Abgeltung findet.

Letzte Frage. Welche Maßnahmen sollte die Stadt Linz deiner Meinung nach setzen, um die Verbindung des Kunst- und Kulturbereichs mit dem Wissenschaftsbereich zu stärken?

Sylvia Amann: Das ist nicht ganz einfach. Was natürlich immer zuerst auf der Hand liegt, mir kommt vor, dass der Austausch der Universitäten – und es gibt ja mehrere, auch künstlerischer Ausrichtung – eigentlich nicht sehr intensiv bis nicht existent ist. Die sitzen zwar in Linz, aber sind eigentlich wie schwebende Körper, die irgendwie auf eine eigene Art und Weise de facto funktionieren. Da liegt sicher ein Potenzial brach. Wie auch immer, ob jetzt einfach zur Stadtentwicklung an sich, dass das spürbar, erlebbar wird, dass diese Universitäten da sind, aber auch natürlich im Hinblick darauf, wenn man sagt, bei den Aktivitäten, wenn man temporäre Beiräte oder Plattformen oder so etwas macht, dass man da wirklich versucht, die einzubinden, wenn es Begleitforschung gibt, die nicht intern abgedeckt werden kann, durch interne Ressourcen, dass man da vielleicht intensiver an diese Universitäten herantritt und eher mit denen zusammen arbeitet. Das ist einmal der eine Bereich. Ansonsten Wissenschaft, ich bin eigentlich jetzt selber überrascht, ich habe mir das nie angesehen und hätte aber sicher gedacht, dass es irgendeine Zuständigkeit gibt für Wissenschaft in der Stadt Linz und wenn es sie nicht gibt, dann glaube ich, dass man sie braucht. Vielleicht kann man auch dann den Modebegriff Innovation noch dazu verwenden, aber ich glaube, eine Stadt, die sich nicht irgendwie mit Wissenschaft beschäftigt und dort nicht strategische Impulse setzen will, abgesehen von Auftragsforschung … einfach zu sagen, was hat jetzt eigentlich Wissenschaft bei uns in der Stadt für einen Stellenwert, wo soll sie eingebunden werden, wo brauchen wir sie, wo wollen wir uns eventuell strategisch weiter entwickeln? Natürlich gibt es dann immer diesen Streit um eine Medizinuniversität in Oberösterreich und ähnliches, aber im Prinzip brauche ich ja auch dort ähnlich wie bei der Kulturentwicklung eine Strategie. Das würde man eigentlich brauchen und im Rahmen einer solchen könnte man dann sagen, abgestimmt jetzt mit dem Kulturentwicklungsplan, wo sind die Schnittmengen, die man gemeinsam bearbeitet, weil die Dinge haben eins zu eins miteinander zu tun. Das wäre eher von dem her einmal mein Ding, wenn es das noch nicht gibt, was mich jetzt selber überrascht, aber ich habe nie nachgesehen. Bis hin zu Sachen wie einer Standortentwicklung. Da gibt es aber eh Probleme damit, wenn man weiter überlegt. Da hat es ja diese ganzen Diskussionen gegeben. Borealis ist eigentlich ein Forschungszentrum, die produzieren ja nicht, die forschen. Also im Prinzip hat man einen großen Player, um das Beispiel zu nehmen, und einen internationalen Player und das haben wir ja vorher schon gesagt, dass diese Community nicht richtig in der Stadt angekommen ist und dass man eigentlich dann diese internationalen Bildungsangebote erst mühevoll aufgebaut hat und die funktionieren, glaube ich, noch nicht ganz hundertprozentig. Das sind die ganzen Fragen, die man sich nicht gestellt hat, die jetzt die Probleme verursachen und jetzt fliegt man sozusagen mit Einzelmaßnahmen. Es würde eigentlich danach schreien, dass man sich das ansieht, also die Strukturen und Rahmenbedingungen in der Stadt, dann Perspektiven für die Weiterentwicklung, dann auch thematische Schwerpunkte, die müsste man sich auch überlegen, natürlich im Kontext von einem Programm „Innovatives Oberösterreich 2010plus“, quasi welche Rolle spielt da die Stadt drinnen und was sind für konkrete Maßnahmen notwendig, damit das funktioniert?

Das hat nichts mit der Größe der Stadt zu tun, oder? Da gibt es genügend Beispiele aus anderen Städten, wo das gemacht wird.

Sylvia Amann: Ja, das ist dann oft das, was wir vorher schon gesagt haben, dieses Durchstarten ein Stück weit und dann auch irgendwie ein bisschen geschreckt sein gleich wieder, sich einbremsen und sich klein vorkommen. Das ist furchtbar schade bei allen diesen Themen. Das soll man sich durchaus trauen, trotzdem das anpacken und die Kleinheit, die hat relativ wenig damit zu tun. Auch wenn du das mit Berlin vergleichst, ich meine, wenn das dann wieder nur ein Stadtviertel ist, dann ist das vielleicht auch nicht größer wie Linz, aber trotzdem wird dort irgendetwas Spezifisches gemacht und umgesetzt. Und wenn du den Großraum betrachtest, also das wirkt ja, oder? Es ist im Prinzip nämlich auch das, was jetzt an Wanderbewegung von Oberösterreich nach Wien geht, von der Distanz her so, dass ich es auch umdrehen kann. Ich kann umgekehrte Prozesse auch einleiten. Es sind ja nicht einmal mehr zwei Stunden mit dem Zug und es hat ja teilweise während Linz09 geklappt, dass die Leute hergepilgert sind für gewisse Veranstaltungen, also von dem her soll man es sich – das ist vielleicht ein bisschen die generelle Botschaft – nur trauen, Schwerpunkte definieren, Strategien und durchaus mutig sein und umsetzen. Aber was vielleicht auch dazu notwendig ist, um das Kleindenken aufzubrechen, man muss es irgendwie schaffen, dass viel mehr Leute aus Linz und auch Entscheidungsträger viel mehr hinauskommen und sehen, dass wo anders auch nur mit Wasser gekocht wird, dass es zwar anderswo auch gute Ideen gibt, aber auch nur mit Wasser gekocht wird. Und ich glaube, das wird die Perspektive ändern. Also es ist sehr, sehr viel einfach der Fokus zu sehr auf dem Bauchnabel.

Danke für das Interview.

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