Kathrin Paulischin

Dein Geburtsjahr und Geburtsort?

Kathrin Paulischin: 1982, Linz.

Du lebst in Linz? Falls ja, seit wann?

Kathrin Paulischin: Ja. Wieder seit Februar 2010. Davor in Wien.

Welche kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten und Funktionen übst du derzeit aus?

Kathrin Paulischin: Abteilungsleiterin bei der Linz Kultur.

Und wie würdest du die eigene Tätigkeit am ehesten bezeichnen? Genau so, oder?

Kathrin Paulischin: Ja. Aber auch Festivalleitung Linzfest und Pflasterspektakel – das sind doch zwei sehr große Projekte. Daneben Projekte die städtische Kulturentwicklung und Kulturmaßnahmen betreffend.

Ok, zur Einrichtung: in diesem Fall Büro Linz Kultur. Ich stelle die Fragen genau so wie für jede andere kulturelle Einrichtung.

Kathrin Paulischin: Passt.

Welche Zielgruppen werden durch die Arbeit besonders angesprochen?

Kathrin Paulischin: Kultur- und Kunstschaffende in Linz, sowie die kulturinteressierte Linzer Bevölkerung.

Auf welchen geografischen Wirkungsbereich zielt die Arbeit in erster Linie ab?

Kathrin Paulischin: Hauptsächlich auf Linz bzw. Ballungsraum Linz.

In welchen künstlerischen Disziplinen bzw. kulturellen Arbeitsfeldern ist die Einrichtung hauptsächlich tätig?

Kathrin Paulischin: Die kulturellen Arbeitsfelder sind eigentlich der Servicebereich für beide Zielgruppen, das heißt Kulturfördermaßnahmen und Service für Kulturschaffende und auf der anderen Seite, Service in der Vermittlung und Schaffung von Kulturangeboten für die BürgerInnen.

Wie viele Personen waren in der Einrichtung mit Stand 1. Jänner 2011 insgesamt beschäftigt? In welchen Arbeitsverhältnissen (Vollzeit, Teilzeit, freie Dienstverhältnisse, …) befanden sich diese Personen?

Kathrin Paulischin: Bei der Linz Kultur waren es 8 Vollzeit Beschäftigte, 1 Teilzeit Beschäftige, 3 Lehrlinge – hoffe ich hab mich nicht verzählt.

Wenn ein durchschnittliches Arbeitsmonat oder ein typisches Projekt betrachtet wird: Wie viele Personen sind schätzungsweise für die Einrichtung auf freiwilliger Basis tätig?

Kathrin Paulischin: Auf freiwilliger Basis sind grundsätzlich keine Personen tätig. Ausnahme ist die Friedensinitiative Linz, hier sind alle ehrenamtlich tätig – zwischen 5 – 15 Personen. Durchschnittlich werden hier zwei Projekte im Jahr umgesetzt.

Weiter zum Hauptteil, zur kulturellen Entwicklung, Situation und Zukunft von Linz. Kurzes Assoziationsspiel: Welche Begriffe fallen dir ein, wenn du an „Kulturstadt Linz“ denkst?

Kathrin Paulischin: Das ist gar nicht so leicht wenn man mitten drinnen steckt. Ganz allgemein: Technologie, Bruckner und natürlich Kulturhauptstadt.

Wenn du die letzten 10 Jahre, also die Jahre 2000 bis 2010, betrachtest: Was lief deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung der Stadt Linz?

Kathrin Paulischin: Ich finde, dass sich die Stadt gut profiliert hat. Einen Selbstfindungsprozess durchgemacht hat, der im Kulturhauptstadtjahr gegipfelt ist. Linz und die Kulturschaffenden haben sich geöffnet, experimentiert, sind sehr aktiv – es hat sich extrem viel entwickelt die letzten 10 Jahre – und zwar sehr schnell. Vermutlich auch durch Linz09. Alles in allem ist das Kulturangebot vielfältig – kleines Feines, aber auch herausragende Projekte mit Breitenwirksamkeit auch über Linz hinaus.

Und mit welchen kulturellen Entwicklungen der letzten 10 Jahre bist du überhaupt nicht zufrieden?

Kathrin Paulischin: Das sich eine Eventkultur entwickelt, die nicht auf Qualität sondern Quantität setzt und an der das gesamte Angebot gemessen wird. Hat zwar alles eine Daseinsberechtigung, aber das wird halt dann auch oft nicht gesehen (bei qualitativen Projekten, Initiativen). Außerdem, dass viele Entwicklungen, die von der öffentlichen Hand ausgehen – also Entscheidungsprozesse – oft sehr lange dauern und dann doch manche Entscheidungen nicht langfristig durchdacht scheinen.

Womit kann Linz deiner Meinung nach im österreichischen Städtewettbewerb punkten, vor allem im Vergleich zu ähnlich großen Städten wie Graz, Salzburg oder Innsbruck?

Kathrin Paulischin: In Linz gibt es das extrem interessante Spannungsfeld Industrie und Kultur, dass viele spannende Themen aufwirft. Für mich steht Salzburg für einen sehr klassischen Kulturbegriff. Linz und Graz zeigen mehr abseits des Mainstreams und sind experimentierfreudiger. Innsbruck kann ich leider gar nicht einschätzen – hat für mich kein kulturelles Profil. Von Graz hebt uns vielleicht das Stahlstadt-Image ab, ansonsten sehe ich die beiden Städte als sehr ähnlich, nur mit kleinen Unterschieden.

Inwieweit denkst du eigentlich, dass Linz international als Kulturstadt wahrgenommen wird? Und welche geografische Reichweite hat die internationale Wahrnehmung deiner Meinung nach?

Kathrin Paulischin: Linz selbst wird meiner Meinung nach nur über spezifische Projekte international wahrgenommen. Das heißt angefangen von Ars Electronica über das Kulturhauptstadtprojekt bis zu Pflasterspektakel, Schäxpir oder Höhenrausch. Allerdings findet diese Wahrnehmung meiner Meinung nach sehr zielgruppenspezifisch statt, das heißt eigentlich innerhalb einer bestimmten Community. Ich glaube, für Linz ist eine europäische Reichweite eben innerhalb der Communities nicht vermessen. Ansonsten sehe ich sie eher im geografischen Umland – also an Oberösterreich angrenzende Regionen. Manches hat nicht mal eine große Reichweite innerhalb von Österreich.

Ohne zu konkret zu werden, an was denkst du dabei?

Kathrin Paulischin: Es gibt ja doch zwei Festivals in Linz, die seit Jahrzehnten stattfinden, international innerhalb der Community sehr massiv wahrgenommen werden und wirklich globale Reichweite haben, aber von denen man im restlichen Österreich noch nichts gehört hat (außer vielleicht man gehört selbst zur Community oder dem Kulturuniversum).

Stichwort Kulturhauptstadt: Beschreib bitte dein Resümee von Linz09 anhand von drei Punkten.

Kathrin Paulischin: Mein Resümee ist sehr stark von einer Außensicht geprägt, weil ich zu der Zeit in Wien tätig war. Aber vielleicht umso spannender. Linz wurde (auch innerhalb Österreichs) wahrgenommen, es fand eine Öffnung statt – Strukturen wurden aufgebrochen, geistige Haltungen, etc. Und der dritte Punkt ist sicherlich die Konfrontation der lokalen Kultur-Community mit Außen (im weitesten Sinn – also durch Kooperationen aber auch den maßgeblichen Entscheidungsträgern bei Linz09).

Wie schätzt du das Verhältnis von Hochkultur – Subkultur – Volkskultur in Linz ein?

Kathrin Paulischin: Ich denke, es ist eigentlich ein relativ ausgewogenes Verhältnis, was das Angebot betrifft. Bei der Volkskultur ist die Zielgruppe größer, wobei ich hier wirklich von einem breiten Volkskulturbegriff ausgehe. Subkultur und Hochkultur sind trotzdem ganz stark in Linz – insbesondere die Subkultur ist in Anbetracht der Größe der Stadt sehr gut vertreten und aktiv.

Wenn du einzelne künstlerische Disziplinen wie Malerei und Grafik, Tanz, Theater, Musik, Literatur, Film, Fotografie usw. betrachtest: Wo würdest du meinen, wäre in der Stadt noch Entwicklungspotenzial vorhanden?

Kathrin Paulischin: Ich sehe großes Potenzial beim Film. Mag durch meinen persönlichen Background sein, aber es gibt zwei Universitäten in Linz, die im weitesten Sinne für den Film ausbilden, ein internationales Festival, aber Film wird noch immer woanders gemacht. Und in der Vermittlung wäre auch mehr drinnen – Kinosterben in Linz … Bei der Literatur und bei Tanz sehe ich auch noch mehr Potenzial.

Sonst auch noch wo, in anderen Disziplinen?

Kathrin Paulischin: Im Grunde ist Musik und Bildende Kunst sehr stark ausgeprägt und alle anderen Disziplinen folgen mit Abstand. Also ja, eigentlich gibt es Potenzial in allen anderen Disziplinen, wenn man es quasi von der anderen Seite angeht.

Welche drei thematischen Schwerpunkte mit Kunst- und Kulturbezug werden zukünftig die größten Herausforderungen für die Stadt darstellen? Begründe deine Einschätzung bitte kurz.

Kathrin Paulischin: Kunst und Kultur im öffentlichen Raum: etwas, woran Linz weiterarbeiten kann, weil hier noch viel mehr gemacht werden kann – es gibt in Linz einige tote Punkte, die in Wirklichkeit sehr zentral liegen. Medien: hier gilt eigentlich auch, dass vorhandene Schwerpunkte gestärkt gehören und auch weiterentwickelt. Und meiner Meinung nach geht es auch sehr stark um Kooperationen. Leider wird viel zu oft abgeschlossen und abgegrenzt agiert. Hier wäre viel mehr Potenzial vorhanden.

Zu den einzelnen Themenbereichen. Welche positiven Punkte fallen dir in Zusammenhang mit der Förderung von Kunst und Kultur durch die Stadt Linz ein? Und wo siehst du hier Handlungsbedarf?

Kathrin Paulischin: Positiv ist sicherlich die Bandbreite von geförderten Projekten. Gleichzeitig liegt hier aber auch die Schwäche, weil Förderzuschüsse nicht entsprechend dem Förderbedarf gegeben werden. Die Fördermittel in den einzelnen Sparten sind zum Teil sehr unausgewogen. Hier müsste man auch anders investieren, um gewisse Bereiche/Sparten zu stärken.

An welche Bereiche/Sparten denkst du dabei in erster Linie?

Kathrin Paulischin: Beispielsweise die Filmförderung ist so gut wie nicht vorhanden. Gleichzeitig führt ein sehr breiter Begriff von Volkskultur dazu, dass hier der Begriff Kulturförderung schwammig wird. Das sind eigentlich die beiden Gegenpole.

Inwieweit bist du mit der Vergabe von Kunstwürdigungspreisen und Kunstförderungsstipendien durch die Stadt Linz zufrieden?

Kathrin Paulischin: Die Vergabe erfolgt durch eine Fachjury, was ich für maßgeblich und unausweichlich halte. Die Stadt hält sich an die Vorschläge von ExpertInnen, was mich zufrieden stimmt. Grundsätzlich gehören meiner Meinung nach die Sparten zeitgemäß adaptiert, weil hier ein Ausschluss stattfindet.

Welche besonderen, strukturellen Fördermaßnahmen wären deiner Meinung nach in Linz sinnvoll, die nicht nur eine einzelne Einrichtung betreffen?

Kathrin Paulischin: Der Servicebereich der Stadt gehört ausgebaut. Hier lässt sich auf mehreren Ebenen anknüpfen – Geräteverleih, Beratung, Information. Die Schaffung von einer räumlichen Infrastruktur und damit Bündelung von Kompetenzen wäre eine weitere Fördermaßnahme.

Wir sind am Ende des Interviews angelangt. Ist dir noch etwas abgegangen? Willst du noch etwas Wichtiges mitteilen?

Kathrin Paulischin: Nein, hab‘ soweit alles gesagt.

Danke für das Interview!

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