Gerfried Stocker

Zu deiner Person, Geburtsjahr und Geburtsort?

Gerfried Stocker: 1964 in Judenburg in der Steiermark.

Und du lebst seit wann in Linz?

Gerfried Stocker: Seit Juni 1995.

Neben der künstlerischen Leitung der Ars Electronica, welche kunst- und kulturbezogenen Funktionen übst du sonst derzeit noch aus?

Gerfried Stocker: Im Moment nichts Permanentes. Ich habe natürlich im Laufe dieser Jahre, die ich da tätig bin, in vielen Ausschüssen, Beiräten und Jurys in Linz bis irgendwohin in die Welt immer wieder gedient oder mitgearbeitet, auch dem entsprechend viele Vorträge gehalten, auch wieder regional, national, international. Ich halte mich möglichst zurück, was Verpflichtungen im universitären Bereich anbelangt, weil ich das zeitliche Commitment nicht wirklich aufbringen kann, aber ich habe mir angewöhnt, das ich zumindest eine Universität oder Fachhochschule pro Jahr begleite, das bringe ich irgendwie unter. Aber es sind keine permanenten oder dauerhaften Engagements, Verpflichtungen oder sonst irgendetwas.

Wie würdest du deine Tätigkeit am ehesten bezeichnen?

Gerfried Stocker: Ich glaube, was sich eingebürgert hat, und was die passendste Formulierung ist, ist einfach künstlerischer Leiter der Ars Electronica. Natürlich ist es formal so, dass ich als Geschäftsführer angestellt bin, habe dementsprechend gemeinsam mit meinem Kollegen, Diethard Schwarzmair, die gesamte, auch kaufmännische Verantwortung für das Unternehmen. Wir sind zwei Geschäftsführer unter einem Vier-Augen-Prinzip und handelsrechtlich, sozusagen formal beide für alles zuständig. Aber in der Arbeitsaufteilung ist es dann natürlich so, dass mir die ganzen inhaltlichen künstlerischen Belange zukommen und er sich um die kaufmännischen, organisatorischen Belange primär kümmert. Darum ist, glaube ich, die Bezeichnung künstlerischer Leiter eigentlich ganz in Ordnung.

Zur Einrichtung interessieren mich insbesondere zwei Fragen. Gibt es in Bezug auf die vorhandene räumliche Infrastruktur aktuell einen Handlungsbedarf, also einen Wunsch nach quantitativer oder qualitativer Erweiterung.

Gerfried Stocker: Ich meine, nachdem wir das Haus gerade relativ neu und frisch eröffnet und erweitert haben, auch sehr großzügig jetzt auf 6.500 Quadratmeter … aber es ist durchaus so, dass in bestimmten Bereichen die Expansion unserer Tätigkeiten und Unternehmen damit auch wieder zugenommen hat. Also wir haben das Haus erweitert, auch mit dem Ziel zum Beispiel, im ganzen Schulbereich, Workshops, Kurse und diese Vermittlungs- und Bildungsangebote stärker zu forcieren. Das hat dann jetzt entsprechend in den letzen beiden Jahren Früchte getragen, ist ziemlich intensiviert, und da kommt es durchaus schon wieder zu Engpässen, wo man sagen könnte, da wäre es klasse, wenn man mehr hätte. Wir haben im Bereich unserer Futurelab-Tätigkeiten eine Expansion in den letzten beiden Jahren, wo auch wieder eine neue Division aufgebaut wurde, wo man dann wieder das Problem hat, wo bringt man die Leute unter? Wir haben im Festival diesen Bereich, die Abteilung für internationale Ausstellungen, die mit Ars Electronica Export betitelt ist, die auch ständig zunimmt. Wir haben jetzt wieder seit 2009 – wo wir uns ja auch zwei Jahre, 2008 und 2009, total auf Linz konzentriert haben mit unseren Aktivitäten – sehr stark diese Auslandsaktivitäten aufgenommen. Von dem her ist es natürlich so, dass immer dann, wenn du wächst eine neue Dynamik entsteht, die sofort wieder weiteres Wachstum eigentlich erfordern würde. Aber das hält sich jetzt alles in überschaubaren Grenzen und ich glaube, wir sind von dem her im Moment schon noch sehr gut aufgestellt, vor allem was unsere Kernaufgabe anbelangt, nämlich die Vermittlung hin zum Publikum. Das Museum ist, glaube ich, für die Region, für die Größe, die man jetzt publikumsmäßig an einer Location wie Linz generieren kann, sehr gut ausgestattet. Beim Festival – also wenn ich diese zwei Kernaufgaben hernehme – sage ich, da geht es … wir sind ja dafür da, damit wir für die Öffentlichkeit arbeiten. Beim Festival ist es so, dass wir eigentlich nie eine eigene Festival-Location hatten, sondern aus der Natur der Sache heraus immer schon darauf gesetzt haben, an möglichst vielen Orten in Linz zu spielen. Das ist ein Netzwerk, das nach wie vor extrem gut funktioniert. Auch von dem her, glaube ich, haben wir in Linz ziemlich gute Voraussetzungen. Was nicht heißt, dass nicht mehr gehen kann oder dass es nicht besser gehen kann, aber im Vergleich zu vielen anderen Orten oder Institutionen stehen wir, glaube ich, sehr gut da.

Weil du es angesprochen hast. Vom Zielpublikum, von den Zielgruppen her, beim Museum, insbesondere durch den Neubau, durch den Zubau. Hat sich da etwas geändert von den Zielgruppen? Oder ist das nur in allen Bereichen vermehrt worden in allen Bereichen?

Gerfried Stocker: Ich glaube, von dieser Grundausrichtung, die unsere Basisidee und -strategie auch ist, dass wir eben mit diesen wesentlichen vier Elementen – Festival, Prix, Center und Futurelab – dass unterschiedliche Dinge abdecken … dass wir sagen, beim Festival und Prix geht es um das internationale, künstlerisch avancierte, wissenschaftliche Publikum und Themenstellungen, das Center ist kein Kunstmuseum, sondern eine Bildungseinrichtung, die primär ein lokales und regionales Zielpublikum hat, und das Futurelab macht die Entwicklung und die ganze Zusammenarbeit mit dem Forschungs- und Industriebereich, von dem her hat sich jetzt durch 2009 eigentlich nichts geändert, durch das neue Haus, sondern eigentlich ist das neue Haus auch in seiner Planung auf diese sehr erfolgreiche Strategie hin ja fast maßgeschneidert worden. Was sich beim Haus, also beim Museum, geändert hat, ist, dass wir, wie ich vorher schon gesagt habe, diesen Schwerpunkt Bildung, Jugend, Schulen wirklich ganz massiv ausbauen haben können, und dass wir, und das natürlich auch in Verbindung mit den Ergebnissen der Kulturhauptstadt Linz09, schon stärker eine überregionale Ausstrahlung haben und überregionales Publikum hereinbekommen. Da haben wir, was weiß ich, im Schulbereich aus Bayern, aus Tschechien, aus Südböhmen und so weiter kommen Schulklassen wirklich zuhauf mittlerweile. Aber das ist natürlich eine andere Form von internationalem oder überregionalem Publikum als wir es mit dem Festival ansprechen. Von dem her hat es sich qualitativ glaube ich verändert, vergrößert, aber auf jeden Fall qualitativ verstärkt und verbessert, aber nicht von der grundlegenden Ausrichtung.

Soweit zum Einstieg. Im Hauptblock, wo es um die kulturelle Entwicklung, Situation und Zukunft von Linz geht, würde ich gerne mit einem kurzen Assoziationsspiel beginnen. Wenn du dir vorstellst, irgendwo steht „Kulturstadt Linz“: Was würdest du frei damit assoziieren? Egal ob es Einrichtungen, Namen, Themen oder Inhalte sind?

Gerfried Stocker: Ich glaube, dass das Verständnis einer Kulturstadt Linz sehr stark geprägt ist von einer Kultur, die auch Teile einer Bildungslandschaft und Bildungsaufgabe ist, die den Einsatz und die Entwicklung, die Förderung von Kunst und Kultur sehr ernst nimmt, aber nie als reinen Selbstzweck betreibt. Ich glaube, Linz ist wirklich ein Paradebeispiel dafür, wie der Umgang, die Förderung, der Einsatz von Kunst und Kultur oder der künstlerisch-kulturellen Kräfte ganz absichtsvoll auch als Teil einer Stadtentwicklung gesehen wird. Und das ist etwas, was ich jetzt zum Beispiel mit anderen Kulturstädten, wenn ich an Salzburg oder Graz denke, eigentlich nicht damit verbinde. Ich meine, Graz vielleicht jetzt in den letzten Jahren, da hat sich ein bisschen etwas getan, aber sicher nicht früher. Wo natürlich die Kultur auch eine starke Rolle für die Stadt spielt, aber nicht im Sinne eines Entwickelns, Explorierens, Weiterbringens, sondern halt eher im Sinne des Absicherns oder im Sinne des „Absahnens“, dass man sagt: Super, da kann man auch touristische Potenziale heben. Das ist das, was eigentlich der stärkste Punkt ist, und das ist diese Verbindung mit gesellschaftlichen Zielen. Was dann immer wieder in diesen Schlagwörtern auftaucht wie Kultur für Alle, was immer das dann seinerzeit bedeutet hat und jetzt bedeuten soll. Oder wie Ermöglichungs-Kultur und all diese Schlagwörtern. Ich glaube, da ist wirklich eine Grundidentität dahinter, die sich Linz angeeignet hat. Ich glaube auch nicht, dass das eine Identität ist, die von Anfang an gezielt aufgebaut wurde, mit dem strategischen Ziel: Da wollen wir hin. Aber wo eine Dynamik und ein Potenzial zunehmend erkannt wurde und dann hat man gesagt: Super, wenn wir das dann haben, dann nehmen wir es doch an, übernehmen wir es, integrieren wir das in unser Selbstbild. Und ich glaube, dieses Stolzsein darauf, auch eine Kulturstadt zu sein, das ist in dem ganzen Prozess mit Linz09 eigentlich dieses Hauptgefühl, das ich mit Linz als Kulturstadt verbinden würde.

Wie siehst du das? Wird Linz überhaupt als Kulturstadt wahrgenommen? International? Auch abseits der Ars Electronica?

Gerfried Stocker: Da hat sich sicher viel getan. Ich glaube, grundsätzlich muss man natürlich realistisch bleiben in den Dimensionen, von denen man da spricht. Zuerst muss man einmal die Größenordnung anschauen, wie Linz überhaupt überregional oder international wahrgenommen wird. Und wofür. Ich glaube, wenn, dann am ehesten als Kulturstadt. Natürlich hat da die Ars Electronica eine große Rolle gespielt, einfach durch die Kontinuität. Weil wenn es irgendetwas einmal 30 Jahre lang gibt, dann spricht sich das herum und setzt sich auch durch. Aber jetzt in den letzten Jahren sicher ganz massiv durch die Kulturhauptstadt, das ist schon ein Image-Faktor. Ich bin viel unterwegs im Ausland und ich sage, dort wo Linz wahrgenommen wird, wenn es überhaupt wahrgenommen wird, das ist als eine österreichische Stadt, als eine Kulturstadt. Das ist sowieso schwierig, die ganzen Klischees, dass man Austria mit Australien verwechselt, das passiert ja wirklich ständig, wenn man unterwegs ist. Das heißt, in diesem sehr engen Spektrum an Möglichkeiten, die überhaupt gegeben sind, für Österreich in Erscheinung zu treten, wird Linz schon als Kulturstadt wahrgenommen. Ich merke es ganz stark natürlich, wenn man zum Beispiel mit irgendwelchen ausländischen Botschaften oder Handelsdelegationen oder mit so jemandem zu tun hat. Jetzt kann man sagen, das sind Insider. Aber ich meine, vor fünf oder zehn Jahren war selbst in diesen Kreisen Linz, wenn es viel war vielleicht … weil man das mit der Klangwolke und mit der Ars Electronica einmal mitbekommen hat im Fernsehen. Da hat sich schon sehr viel getan. Wir merken das sehr stark an der Frequenz von Anfragen, auch aus diesen professionellen Bereichen, wenn man so will, bei Kulturleuten, die österreichische Kultur nach außen repräsentieren. Da hat sich Linz wirklich jetzt auch verankert. Und ich glaube, dass zunehmend auch so Dinge wie Crossing Europe … ich meine, natürlich sind das Nischen, aber das ist ja auch wahrscheinlich die einzige Chance, die man in solchen Locations hat, dass man Nischen kompetent und nachhaltig besetzt. Ich glaube, dass da schon sehr viel passiert ist eigentlich. Ich würde auch den Eindruck durchaus teilen, wenn man sagt, vor fünf oder zehn Jahren, war das Ars Electronica oder man hat halt irgendjemanden gehabt, der sich mit Musik auskennt und für den Bruckner ein Begriff war. Aber das hat sich von dem her schon weiter entwickelt.

Wenn man einen Vergleich mit anderen Städten macht, Salzburg und Graz hast du bereits genannt … Ich finde es vermessen, wenn Linz mit Wien oder Berlin verglichen wird, aber mit gleich großen Städten im europäischen Raum oder im österreichischen Zusammenhang mit Innsbruck, Salzburg oder Graz. Mit was kann Linz deiner Meinung nach in kultureller Hinsicht punkten gegenüber derartigen Städten?

Gerfried Stocker: Jetzt vielleicht gar nicht so sehr aus meiner Sicht, als jemand, der da agiert, sondern im Versuch, das zu reflektieren, wie ich es von außen erfahre. Wenn mir die Leute erzählen, wie sie Linz wahrnehmen oder wenn man selber beobachtet, was von Linz wahrgenommen wird, dann ist es einfach dieser Punkt der Dynamik, der Moderne. Was wirklich, glaube ich, Anerkennung und Wahrnehmung findet, ist, dass das für Linz ein aktiver Prozess war. Das ist eine Geschichte, eine Idee, auf die jemand, wenn er über Salzburg redet, gar nie kommen würde. Salzburg hat quasi diesen Nimbus und weitgehend ist es ja auch die Geschichte, dort ist einem die Kultur in die Hände gefallen. Das ist halt die ganze alte Geschichte von den Erzbischöfen dort und dem lieben Mozart und so weiter, und damit war das nie etwas, was man sich erarbeiten musste. Ich glaube, das ist etwas, wenn man über Linz als Kulturstadt spricht und wenn man es auch vergleicht mit anderen Städten, dann kommt immer wieder das Linz da etwas geschafft hat. Das wird als Leistung wohlwollend anerkannt und erhält eine Wertschätzung und ein sehr positives Feedback, dass es Linz geschafft hat, sich da hoch zu arbeiten. Das finde ich, ist eine unheimlich gute Ausgangssituation. Das spiegelt, glaube ich, auch zunehmend in die Stadt und in das Bewusstsein vieler Protagonisten in der Stadt rein, dass Stolz darauf entsteht, dass man Schritte gemacht hat, dass man sich bewegt hat, dass man etwas weiter entwickelt hat. Das finde ich, ist ein unheimlich großes Potenzial für die weitere Zukunft, weil es am ehesten auch garantiert, dass man nicht sagt: Super, wir haben jetzt etwas erreicht und das müssen wir jetzt bewahren, sondern wofür man gelobt wird, gestreichelt wird, wofür man Pluspunkte bekommt von außen, das ist die Dynamik, die man an den Tag gelegt hat. Das muss man auch immer wieder betonen, weil das ist auch etwas, das weitergehen soll. Das ist wirklich der Unterschied zu anderen Städten. Graz versucht das jetzt in letzter Zeit, gerade mit dieser Initiative, Designstadt zu werden. Das ist schon eine ziemlich gute Geschichte gewesen, dass man da nicht nur geredet hat, sondern relativ schnell und mit viel Commitment das ganze umgesetzt hat, das ist auch so eine ähnliche Dynamik, finde ich. Dass man gemerkt hat, man kann sich nicht nur auf dem ausruhen, dass man ein großes kulturelles Umfeld hat, sondern man muss das einfach zielgerichtet betreiben. Jetzt wird es da wahrscheinlich weiterhin viel Diskussion pro und contra geben, ob das gut oder schlecht ist oder wie immer man das bewertet, dass man Kunst- und Kulturschaffen in einer gewissen Weise einsetzt oder instrumentalisiert, um Stadtentwicklung zu machen, um gesellschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Das ist dann wahrscheinlich sehr schnell eine ideologische Frage. Aus meiner Sicht sage ich immer, das ist letztlich das beste, was der Kunst überhaupt passieren kann, wenn irgendwo jemand einen Wert an ihr findet. Und dann muss man als Kunstschaffender selbst schauen, dass das jetzt nicht nur ausgebeutet wird und all diese problematischen Punkte. Aber grundsätzlich, dass man überhaupt dort hin kommt und so Dinge wie Kunst, Kreativität, Design – jetzt wirklich in diesem großen und schwammigen Bereich – als Instrumente zu sehen, als Werkzeuge, mit denen man eine Stadt nach vorne bringen kann, das ist schon ziemlich was. Das ist auch eine Wahrnehmung, dass Linz die Stadt ist, wo dieses Rezept jetzt nicht erfunden wurde, aber die eine der ersten war, die einen Erfolg mit diesem Rezept vorweisen konnte. Wir haben, weiß ich nicht, mehrere Delegationen, jedes Monat da in Linz, die zu uns kommen, weil sie irgendwo – von Korea über Finnland und Frankreich bis nach Spanien – ähnliche Aufgabenstellungen haben. Es soll irgendetwas weiter gehen, es muss die Stadt weiter entwickelt werden und muss aus einer Krise heraus kommen oder eine Krise vermeiden. Diese ganzen typischen Szenarien einer Neuentwicklung und Neupositionierung von Stadt. Und die enden nahezu alle dabei, dass sie sich Linz als Modell anschauen. Das trägt dann schon auch zu dieser internationalen Wahrnehmung bei, wo man natürlich immer sagen muss, das sind nicht die Quantitäten, die jetzt vielleicht für den Tourismus interessant wären, dass da dann 100.000 Nächtigungen dadurch entstehen. Das sind vielleicht 100 oder 150 Leute, aber das sind natürlich sehr interessante Leute, weil sie in dem Bereich selber tätig sind und da natürlich die Wahrnehmung einen entsprechenden Wert darstellt.

Du hast davon gesprochen, auf was man stolz sein kann in kultureller Hinsicht, wo man die Stadt loben kann. Mich würde interessieren, auf was du stolz bist, wenn man sich die kulturelle Entwicklung der letzten höchstens zehn Jahre ansieht. Was ist deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung dieser Stadt gelaufen?

Gerfried Stocker: Ich bin so sehr ein Teil dieser kulturellen Entwicklung der Stadt, ich bin seit 15 Jahren in einer doch relativ einflussreichen … jetzt wieder alles mit diesen minihomöopathischen Dosen, mit denen Kunst und Kultur überhaupt eine Rolle spielt … aber als jemand, der die großartige Chance erhalten hat, so eine wichtige und dynamische Einrichtung wie die Ars Electronica in der Stadt zu leiten, ist für mich natürlich mein Bild, was mich interessiert, worauf ich stolz bin, und das, wie ich die Kulturentwicklung der Stadt Linz sehe, ziemlich deckungsgleich. Aber ich glaube, das ist aus dieser Geschichte heraus gar nicht anders zu erwarten. Woran man das vielleicht festmachen kann, das sind solche Dinge, wie dass es vor vielen Jahren diese Initiative gegeben hat, einen Kulturentwicklungsplan zu machen, die Energie und Aktivität, die Siegbert Janko da angestoßen hat, an das kann ich mich noch sehr gut erinnern. Das war generell eine sehr spannende und aufregende Zeit für uns alle und das hat schon unheimlich etwas bewirkt. Da kann man jetzt 100 Mal darüber reden, was alles für Kompromisse gemacht wurden und was dann wirklich umgesetzt wurde, aber … das ist vielleicht das gleiche wie bei einer Kulturhauptstadt. Das viel wichtigere als das, was dann wirklich passiert, ist was vorher an Dynamik und an Dialog angezettelt wird. Dann gehören natürlich schon dazu … ich finde, für die Stadt schon sehr gut und auch großzügig gemacht, der Ausbau von Infrastruktur. Dass man so etwas wie das Lentos gebaut hat. Ich finde auch nach wie vor die Entscheidung, die man damals gemacht hat, dass man als Direktorin jemanden wie Stella Rollig geholt hat, ist etwas, worauf man stolz sein kann. Einfach in dieser Kombination, man geht her, baut da ein sehr teures, repräsentatives Kunsthaus mitten an die schöne Donau und geht nicht quasi gleich auf Nummer sicher und holt sich einen „gschamsten Diener“, der ein schönes Kunsthallenprogramm macht, sondern traut sich dann – auch mit dem ganzen Bauchweh, das man vielleicht nachher hatte – und sagt, man will diese Einrichtung, diese ganz neue, schöne Einrichtung, dieses glänzende Haus gleich so positionieren, dass es wirklich eine zeitgenössische Prägung erhält. Manchmal ist es vielleicht so, dass sich die Politiker im Nachhinein selber fürchten vor ihrer Courage oder ihrem Mut, aber alleine, dass es dazu kommt, ist schon ein Aspekt, der in anderen Städten irgendwie fehlen würde. Ich glaube, dass da generell viele Dinge dazugehören, wenn man die letzten zehn Jahre hernimmt, was sich da entwickelt hat. Dass es jetzt so etwas wie das architekturforum gibt zum Beispiel, mit einem sehr aktiven, dynamischen Programm. Wenn man sich ansieht, wie sich die Kunstuniversität weiter entwickelt hat, wo man jetzt in vielen Bereichen … was ein Michael Shamiyeh macht, was eine Christa Sommerer macht, die jetzt mit uns mehr zu tun haben, aber ich denke auch, was eine Elsa Prochazka macht und so weiter. Das sind ja alles Besetzungen und Positionierungen gewesen, die ganz stark nach vorne gehen und viele von denen haben letztlich schon ein bisschen Mut gebraucht, dass man dort hin gegangen ist. Ich glaube, das ist schon auch etwas, was dieses Umfeld wieder zum Ausdruck bringt und dahinter steckt für mich immer wieder dieser Punkt, dass man … und da war diese Aktivität von Siegbert Janko mit dem Kulturentwicklungsplan ganz wichtig, um das dann heraus zu kristallisieren, dass man das, was immanent da war, nämlich diese Rolle von Kunst und Kultur als Teil der Stadtentwicklung, dass man das dann erkannt hat, formalisiert hat und sich dazu bekannt hat und gesagt hat: Das ist bei uns ein Teil, der eben als aktiver Player, als aktive Dynamik, auch für die Stadtentwicklung, zum Einsatz gebracht werden soll. Das ist mein Stolz oder das finde ich klasse oder extrem positiv.

Wenn wir uns die andere Seite der Medaille ansehen. Gibt es kulturelle Entwicklungen der letzten höchstens zehn Jahre, mit denen du überhaupt nicht zufrieden bist in der Stadt?

Gerfried Stocker: Natürlich ist es immer wieder so, dass man viel mehr machen könnte. Und ich glaube, so sehr ich das toll finde, dass man irgendwie schon so ein Selbstverständnis bis in die politischen Spitzen hinein herausgebildet hat, dass Kultur nicht nur irgendetwas ist, was man halt auch macht, sondern ein Teil von Stadtentwicklung sein kann, dass man das auch noch viel stärker aufnehmen hätte können. Dass man sich manchmal fast denkt, dass eigentlich Politiker durchaus auch ein bisschen selbstbewusster agieren könnten, um letztlich diese Reibungsflächen, diese Konfliktzonen zur Geltung zu bringen. Da ist manchmal fast ein bisschen eine zu vornehme Zurückhaltung, vielleicht sogar aus Angst, aus Unsicherheit, aus einer defensiven Position, dass man Kultur als etwas sieht, mit dem man gut in der Öffentlichkeit punkten kann, aber den Konflikten eher aus dem Weg geht. Das ist aber ein ganz ein wichtiger Bestandteil dieser Dynamik, die man von Kultur haben will. Wenn man sich wirklich als etwas sieht und betrachtet, was Konflikte hervorbringt und man sich dann an diesen Konflikten abarbeitet, hochzieht oder weiterentwickelt oder was auch immer, nur dann, glaube ich, nimmt man diese Idee von Kultur als Teil einer gesellschaftlichen Entwicklung wirklich ernst. Da gehört eigentlich noch eine Spur nachgesetzt. Da ist dann doch vielleicht einiges an Bildungs- und Bewusstseinsarbeit notwendig, dass man … und da denke ich an die Politik, dass man die stärker in das herein nimmt. Das war für mich dann auch rund um Linz09 – so gut ich das am Anfang gefunden habe, diese Idee „Wir mischen uns da überhaupt nicht ein, da gibt es einen Intendanten und der soll das machen, und Freiheit der Kunst“ – gar nicht so sehr Freiheit der Kunst, sondern nur Feigheit der Politik. Das ist dann wieder schade, weil da gibt es so ein Potenzial und dann nutzt man es nicht zur Gänze. Ich glaube, dass da aber in den letzten Jahren ohnedies schon ein Nachholprozess gemacht wurde. Wenn man es über einen längeren Zeitraum sieht, von mir aus in den letzten 20 Jahren, dann ist es relativ lange in Linz so gelaufen: Wenn es um irgendetwas gegangen ist, was mit Neuheit, Modernität, Zeitgenossenschaft in Kunst und Kultur zu tun hatte, dann war da immer gleich: Nein, wir haben eh die Ars Electronica. Und damit war alles andere … nicht niedergebügelt, aber irgendwie einmal aus dem Weg geräumt oder ist nicht hinreichend ernst genommen worden. Da haben die letzten fünf Jahre schon eine andere Dynamik gebracht. Es gibt einfach mehr Festivals, es gibt mehr Szenen, es gibt eben nicht mehr nur, so wie es lange Zeit war, die Ars Electronica und die Stadtwerkstatt und damit ist das erledigt. Das hat vielleicht auch deswegen funktioniert, weil der Bedarf lange Zeit nicht größer war. Und damit war die eine Szene zufrieden, und die andere damit. Aber dann ist aus dem heraus etwas entstanden, es hat sich immer mehr verästelt und differenziert und da war es dann schon so, finde ich, dass eine Zeit war, wo man Angst haben musste, dass diese Pluralität der Entwicklung in der Stadt dann nicht läuft. Aber ich finde, das hat sich mit dem Lentos und den Programmen dort sehr stark weiter entwickelt, oder mit architekturforum oder mit Crossing Europe oder ob nextComic oder 4020 und all diese Dinge. Da ist quasi rund um dieses Spitzenprodukt, wo man immer eine Tafel hochgehalten hat, Ars Electronica, schon auch eine generelle Verbreiterung eines zeitgenössischen, aktuellen Kulturschaffens passiert. Auch im Tanz-Bereich haben sich einige Dinge getan. Das ist ein Nachholprozess gewesen, der nicht zuletzt auch durch die Dynamik von Linz09 ganz gut geschafft wurde.

Was war Linz09 für dich, wenn du ein kurzes Resümee ziehen müsstest anhand von höchstens drei Punkten?

Gerfried Stocker: Ein Haufen Arbeit, aber im positiven Sinn. Es war eine großartige, euphorische Zeit einfach. Für mich war es natürlich ganz stark dadurch geprägt, dass wir diese riesige Chance hatten, unser Haus nicht nur architektonisch neu hinzustellen, sondern damit auch in einer gewissen Weise neu zu positionieren und neue Dynamik zu gewinnen oder uns neu zu erfinden, wie das dann irgendwie so schön heißt. Da bin ich einer von ganz, ganz vielen in der Stadt, die zumindest für ein paar Jahre lang Möglichkeiten und Dynamiken verspürt haben, die es ohne Kulturhauptstadt nicht gegeben hätte. Natürlich gibt es bei allem Gewinner und Verlierer und es ist nicht jeder zum Zug gekommen und man kann mit gutem Grund viele dieser Programmentscheidungen kritisieren, aber darum geht es nicht. Es geht ja nicht um den Kuchen, der dabei raus kommt, sondern um das Backen des Kuchens. Und die Dynamik ist schon großartig, ich merke das in ganz vielen Dingen. Es hat bei Leuten, die jetzt eher im Operativen tätig sind, diese ganze Kulturmanager-Szene in der Stadt, Professionalisierung, Augen-Öffnung, Geistesöffnung, Weltöffnung an so vielen Fronten gebracht. Wenn man sich ansieht, wie selbstverständlich, unverkrampft und gut im Moment noch immer zum Beispiel die Kommunikation zwischen Kunsteinrichtungen und Tourismus funktioniert. Ich meine, vor fünf oder zehn Jahren war das eher so, dass man sich aus dem Weg gegangen ist, irgendwie sich nicht sicher war, ob man mit denen überhaupt etwas zu tun haben will, wechselseitig, also nicht nur von der Kunstseite. Aber das hat eine wirklich tolle, unverkrampfte Dynamik bekommen. Man hat auf beiden Seiten mitbekommen, dass Kunst wirklich etwas bewirken kann, also dass man mit Kunst vielleicht wirklich mehr Besucher in die Stadt bekommt als mit irgendwelchen anderen Aktivitäten, auf die man sich bis dort hin konzentriert hat. Ich glaube, dass jetzt in unserem Bereich, im Kunst- und Kultursektor, das auch relativ positiv und selbstverständlich wahrgenommen wird, dass einem die Tourismusbranche oder die Tourismuswerbung durchaus dabei helfen kann, jetzt nicht einfach nur Quoten zu bringen, sondern Publikum, Menschen zu bringen. Das ist dann letztlich doch für die ganzen Häuser, die wir haben, für die Museen, Einrichtungen, Konzerthäuser und so weiter – das meine ich jetzt gar nicht so sehr im Sinne einer Quote – die Aufgabe, zu einer Öffentlichkeit zu kommunizieren, mit einer Öffentlichkeit zu arbeiten, für eine Öffentlichkeit Programm zu machen. Und ich finde, dass sind diese ganz spannenden Dinge. Es ist wirklich so, einfach ein paar Jahre unheimlicher Dynamik, unheimlicher Präsenz. Ich habe es während der Zeit sehr positiv erlebt und bin nach wie vor absolut der Meinung, dass Kulturhauptstadt eines der besten Dinge war, die Linz überhaupt passieren konnte.

Ich hätte noch drei Fragen, die mit den strukturellen Gegebenheiten des Kunst- und Kulturfeldes in Linz zu tun haben. Die erste Frage teilt sich dabei in drei Fragen auf: Wie schätzt du den Stellenwert ein, den Hochkultur in Linz hat?

Gerfried Stocker: Wenn man sieht, was wir da für eine riesige Burg hin bauen für etwas, was zweifelsohne der Hochkultur zuzurechnen ist, das neue Musiktheater, dann sieht man den Stellenwert, also da braucht man dann nur zu vergleichen, wobei Linz natürlich keine Ausnahme ist, sondern das repräsentiert einfach das gut tradierte, europäische Bildungsbürger-Kulturimage: Wo brauche ich große Hütten und dementsprechend viel Geld für das Haus und für den ganzen Betrieb, und wo komme ich, selbst wenn ich es gut und großzügig mache, wie das Linz macht, mit im Vergleich dazu kleinen, sparsamen Varianten aus? Wenn ich mir ein Kunstmuseum vorstelle oder dann geht man noch weiter runter, was weiß ich, zu Einrichtungen wie einem architekturforum – darin bildet sich eine Priorisierung, eine Hierarchisierung der Wertschätzung von Kultur ab, die in Linz nicht anders ist wie in ganz Europa. Du hast halt diese Kurve normalerweise und in Linz ist halt der untere Teil ein bisschen abgeflachter, weil man sich sehr darauf konzentriert oder spezialisiert hat, dem Zeitgenössischen, dem Unkonventionellen vielleicht ein bisschen ein stärkeres Augenmerk zu geben und auch mehr investiert, aber trotzdem sind wir im Vergleich in Linz nicht anders als sonst auch überall. Es ist halt immer eine Frage der Perspektive. Wenn ich jetzt in diesem letzten Teil der Kurve mich bewege, dann ist Linz ganz anders wie Salzburg, wenn ich das aus der Distanz sehe und den ganzen Verlauf der Kurve betrachte, dann hat es halt dort unten einen Buckel, der ein bisschen überraschend ist.

Der Bereich der Subkultur, der Alternativkultur, hat schon etwas mehr Stellenwert gehabt in der Stadt, oder? Was würdest du dazu sagen? Welchen Stellenwert hat Subkultur, Alternativkultur in Linz?

Gerfried Stocker: Wie immer man da darüber spricht, das ist sehr davon bestimmt, wie man den Fokus und den Ausschnitt legt. Wenn ich auf gesamtgesellschaftliche Größenordnungen blicke, dann sind das marginale Schwankungen. Wenn ich mich jetzt aber rein bewege, mit dem Mikroskop, in diese kleine Nische von 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung, die sich überhaupt für Kunst und Kultur interessieren, und dann noch einmal reinzoome in den Bereich, wo es überhaupt eine Unterscheidung zwischen Hochkultur und Alternativkultur oder Subkultur gibt – da müssen wir uns so rein bewegen, damit wir überhaupt Unterschiede wahrnehmen – dann sieht man natürlich schon solche Verschiebungen. Da glaube ich auch, dass deine Sicht richtig ist. Ich kann es auch nicht wirklich selber beantworten, weil meine Befasstheit mit der Kunst und Kultur da eher auf der anderen Seite liegt. Ich bin ja nicht aktiver Teil dieser subkulturellen oder Freien Szene. Wir haben Kontakte und Berührungen, von dem her kann ich es natürlich nicht so authentisch beurteilen, aber ich glaube, dass es viel damit zu tun hat, -wenn man vergleicht mit vor 10 oder 15 Jahren, was in Linz passiert ist – dass es da nichts anderes gab. Da gab es die Ars Electronica und die war sowieso für alles da, was irgendwie schräg, verrückt und neu war. Das war damit abgedeckt und fast eine Art Monopol, ob man es jetzt in Anspruch genommen hat oder ob es einem gegeben wurde, das ist etwas anderes. Und dann gab es im Wesentlichen die Stadtwerkstatt und das war es. Und das waren die Symbole und durch diese Bündelung, diese Fokussierung, ist schon ein Eindruck entstanden, der dieses Feld sichtbarer gemacht hat als es dann im Laufe dieser Zeit passiert ist. Das ist etwas aus meiner eigenen Erfahrung, ich bin 1995 nach Linz gekommen, ich kann mich erinnern, ich kannte vorher in Linz außer der Ars Electronica eigentlich nur Just Merrit mit seiner Geschichte damals am Schrottplatz, bevor sie zum Hafen hinunter gegangen sind, und das war eigentlich mein Bild von der Kulturszene in Linz. Gut, und Tommy Lehner und die Stadtwerkstatt, aber das war es dann. Und in dieser Zeit hat sich schon extrem viel getan, es sind unheimlich viele Abspaltungen passiert, zum Teil wirklich im Bedürfnis, sich zu differenzieren, von der Stadtwerkstatt, wenn man gesagt hat: „Wir sind jetzt die Jungen oder die Anderen.“ Es hat immer mehr Aktivitäten gegeben, die sich dann ihre eigenen Lokalitäten, ihre Örtlichkeiten, den ganzen Prozess durchgemacht haben. Das war in dem Sinn schon eine starke Vervielfältigung dieser Szene. Viele dieser Protagonisten haben sich jetzt im Laufe der Zeit professionalisiert und etabliert, sie agieren in ganz anderen Zusammenhängen. Wir haben Rainer Zendron, der früher bei der Stadtwerkstatt war, und jetzt Vizerektor der Kunstuniversität ist. Er ist ein gutes Beispiel, ich meine, es haben viele aus dieser Szene in dieser Zeit es zu etwas gebracht und sind produktive Kulturschaffende oder Künstler, Künstlerinnen. Bei ihm ist es halt ein gutes Beispiel, weil er so sehr in der Institution gelandet ist. Jetzt kann ich das aus zwei Perspektiven sehen. Ich kann das auch so sehen, dass eigentlich die Rolle, der Einfluss, die Wichtigkeit dieser alternativen, subkulturellen Szenen enorm zugenommen hat, weil aus diesem Potenzial heraus sich so viel ergeben und entwickelt hat. Was ich nicht machen kann, und wahrscheinlich wäre das die einzige Form, das ein bisschen zu objektivieren, ist, dass man sich anschaut, wie viel Geld ist wo hin gegangen? Aber das müsste man dann wieder vergleichen mit anderen Dotierungs- und Finanzierungskurven. In einer gewissen Weise passiert das fast automatisch. In dem Moment, wo man angefangen hat, zu sagen, die Freie Szene ist unser Asset, damit ist es gleichzeitig auch schon wieder eine Frage dessen, was definiere ich überhaupt. In dem Moment, wo das umarmt wird, vereinnahmt wird als Element einer städtischen Kulturpolitik, einer städtischen Kulturentwicklung, ist die Frage, wie wirkt sich das aus? Kann man dann überhaupt noch mit so etwas entsprechend operieren und umgehen? Aber eine Wirkung hat es auf jeden Fall entfaltet. Auch durch dieses Bekenntnis, das passiert ist, wo ich glaube, dass das sehr stark von Siegbert Janko ausgegangen ist und geprägt war. Dadurch finde ich schon, dass die Präsenz, die Auswirkung dieses Denkens und dieser Ideen, die da rein gekommen sind, zugenommen hat und in einer gewissen Weise jetzt stärker ist als damals. Die entscheidende Frage bei all diesen Dingen ist nur: Was tut man jetzt und was tun wir in den nächsten 10 Jahren dafür, dass es wiederum solche Freiräume gibt, wo Dinge entstehen können bevor man noch überhaupt draufkommt, ob man die Dinge haben will oder nicht. Früher ist das ja auch nicht absichtlich passiert. Es hat vor 20 Jahren niemand wirklich strategisch in Linz gesagt: Moment einmal, wir brauchen jetzt einen gedanklichen, kreativen Freiraum, weil daraus kommt vielleicht einmal der Vizerektor unserer Kunstuniversität heraus oder so etwas. Das hat sich niemand gedacht, braucht sich auch keiner denken, wichtig ist nur, dass eine Gesellschaft so weit Kunst und Kultur fördert oder das als wesentlichen Teil ihrer Kunst- und Kulturpolitik sieht, dass solche Freiräume entstehen können. Das finde ich eine der spannendsten Fragen überhaupt in der Erstellung dieses neuen Kulturentwicklungsplanes. Da haben wir uns damals leichter getan, wie Siegbert Janko den ersten KEP initiiert hat, da war das irgendwie klar, weil da hat es diese mehr oder weniger überschaubare Zahl an Protagonisten und an Szene gegeben und man hat sich irgendwie denken können: Ok, die fördern wir, weil dann geht das so weiter. Jetzt ist es vielleicht etwas schwieriger, weil man sich mehr darüber Gedanken muss: Wie muss man strukturell fördern, damit etwas entstehen kann, von dem ich nicht einmal weiß, was es genau ist und wo es genau ist? Das ist sicher der spannende Punkt, ob man das dann hinbekommt.

Der dritte Bereich, der mich noch interessiert: Welchen Stellenwert hat der Bereich der Volkskultur in Linz?

Gerfried Stocker: Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt. Da muss ich zugeben, dass sich meine Teilnahme an diesem Spektrum des kulturellen Lebens in der Stadt und Region insofern in Grenzen hält, weil ich mehr als genug zu tun habe mit dem, was mich wirklich interessiert und wofür ich verantwortlich bin. Ich kann das schwer einschätzen. Es gibt da immer wieder Zahlen, was da alles gefördert wird, und wenn es dann um die Freie Szene geht, dann wird die Blasmusik und so weiter auch plötzlich wieder als Freie Szene gewertet. Ich meine, da sind wir bei dieser ganzen Unschärfe der Begriffe. Ich glaube, dass es – wenn man wieder so ein bisschen herausgeht, wie ich es vorher auch bei der Hochkultur gesagt habe – in Linz genauso ist wie in jeder anderen Stadt. Das gleiche gilt für die Volkskultur. Wir haben die größte Musikschule Österreichs. Jetzt ist die Frage: Ist das Volkskultur? Ich finde schon, also die Geschichte, dass Menschen Musikinstrumente lernen und das nicht unbedingt deswegen machen, weil sie eine professionelle Karriere anstreben, sondern weil sie ihre Freude, ihren Spaß an Musik ausleben wollen, das wäre für mich ein Aspekt der Volkskultur. Was einfach schon sehr schön ist – jetzt mit Ausnahme von verunglückten Versuchen, die ja wirklich nur lächerlich sind, wie den Urfahranermarkt zum Dirndlmarkt zu machen und so einen Quatsch – ist auch, dass dieser Aspekt der Volkskultur – und man neigt dann in Linz sofort dazu, Populärkultur zu sagen – wesentlich weniger von diesem „altvaterischen“, ideologisch anrüchigen Geschmack hat als das sonst irgendwo passiert. Das ist schon gut, dass man, zumindest wenn man nicht will, nicht das Gefühl haben muss, dass man in irgendeiner Lederhosen- und Dirndlstadt lebt. Ich weiß aber nicht, ob es nicht trotzdem so ist. Aber es ist schon unheimlich schön, dass man super in der Stadt leben kann ohne quasi von dem belästigt zu werden oder da zu viel damit zu tun hat. Ich glaube, dann – aber das ist vielleicht auch wieder ein Idealisieren – ist Volkskultur in Linz wirklich diese Kultur für Alle, die Klangwolke, das Pflasterspektakel und das LinzFest und solche Dinge. Und die haben schon den großen Vorteil, dass sie nicht so miefig sind wie so manch andere Sachen, die es in Österreich unter diesem Titel Volkskultur gibt. Aber ich muss sagen, ich habe nichts gegen Gesangsvereine uns sonst irgendetwas, die sollen das oberösterreichische Volksliedgut weiter pflegen.

Wenn wir uns einzelne künstlerische Disziplinen ansehen, von der Medienkunst angefangen, Film, Fotografie, bildende Kunst, Grafik, Malerei, Literatur, Musik, und so weiter und so fort, könnte man meinen, in Linz wäre mehr oder weniger überall Entwicklungspotenzial vorhanden. Gibt es deiner Meinung nach Disziplinen, wo besonderes Entwicklungspotenzial vorhanden ist, irgendetwas aus einer Reflexion, einer Diskussion der letzten Monate oder der letzten Jahre, wo du sagen würdest, da würde es auf der Hand liegen, diese Disziplin stärker zu entwickeln, da wären junge Talente da, das würde zur Stadt passen, das würde sehr nahe liegen, das zu entwickeln?

Gerfried Stocker: Nicht überraschend von mir zu hören, dass ich glaube, dass dieser Aspekt von Kunst und Technologie, Kunst und Wissenschaft etwas ist, wofür Linz meiner Ansicht nach die besten Voraussetzungen hat, weil es ein Selbstverständnis dafür gibt, weil es mittlerweile diese mehr als 30- jährige Tradition der Ars Electronica gibt. Das ist eine Voraussetzung, die es sonst irgendwo nicht gibt. Auch die künstlerische und kulturelle Arbeit an dieser Schnittstelle von Veränderungen, die durch neue Technologien und Wissenschaften ausgehen, ist etwas, das unheimlich großes Potenzial hat, die kritische Auseinandersetzung vor allem von jungen Künstlerinnen und Künstlern herauszufordern, und auch genau das am stärksten benötigt. Und weil ich glaube, dass dort einfach die größtmögliche Schnittmenge ist zwischen vielen tollen und spannenden Aspekten, die ein zeitgenössisches, ein lebendiges Kunstschaffen mit sich bringt. Und auf der anderen Seite etwa ist für eine Stadt, die auch für die nächste Zukunft vor allem ein Industrie- und Wirtschaftsstandort sein wird. Mit all unseren Erfolgen und Bemühungen, da Kunst und Kultur stärker rein zu bringen, die wirtschaftliche Zukunft dieser Stadt liegt in der Industrie, liegt in technologienahen, innovationsnahen Wirtschaftsbereichen. Da diese Schnittfläche auszunutzen, damit dafür zu sorgen, dass man eine überregionale Sichtbarkeit hat, dass man diesen so genannten USP weiter entwickelt, das halte ich schon für sehr wichtig. Man muss aber immer aufpassen. Ich habe es vorher angesprochen, es hat eine bestimmte Phase gegeben, wo ich den Eindruck hatte, die Ars Electronica führt dazu, dass man glaubt, man braucht nichts anderes mehr und alles was mit modern und Experiment zu tun hat, da sind wir eh die Weltmeister in Linz, weil wir haben die Ars Electronica. Das darf es auf keinen Fall sein. Aber ich glaube, als Kernregion, als thematische Kernregion, wo man Identität aufbaut, fördert, wo sich eine Kunstuniversität positionieren kann, wo man vielleicht auch spannend werden kann für Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt, wenn schon nicht für immer, aber für ein paar Monate oder für eine bestimmte Zeit nach Linz zu kommen und nicht nur nach Amsterdam oder Berlin zu gehen, ist das am ehesten der Bereich, wo wir Chancen haben. Da sollte man sich schon sehr stark darauf beschränken. Das heißt aber überhaupt nicht, dass ich jetzt sage, das muss alles Ars Electronica sein. Wenn ich das sage, ist das immer ein bisschen gefährlich, weil dann sofort der Tenor mitschwingt: Na klar, der will einfach nur seinen Bereich vergrößern. Ich glaube, dass das letztlich für alle Kunstgattungen, also zumindest für alle, die mit einem zeitgenössischen Kunstschaffen zu tun haben gelten kann, dass man sich eben auf diese Dynamiken, diese Veränderungen unserer Gesellschaft stärker bezieht. Wenn man jetzt mit der Open-Commons-Region sagt – ich meine, das ist ja auch eine gute Geschichte, dass es so etwas in Linz gibt – wir sind die erste Universität, die jetzt Web-Wissenschaften hat, wir haben einen Gemeinderat, der beschlossen hat, dass wir alles mit Creative Commons machen, wir haben eine Open-Commons-Region, die wir pushen, die Kunstuniversität wird heuer im Herbst, glaube ich, dieses Studium für Medienbildung einführen, obwohl es noch nicht einmal ein Lehrfach an den Schulen gibt. Trotzdem geht man her und sagt: Das ist etwas ganz Wichtiges, Mediengestaltung zu unterrichten. Das sind viele Dominosteine, die eine ganz starke Position bilden können, die uns nicht nur sichtbar macht, sondern auch attraktiv für junge Leute, damit sie eher da bleiben oder zumindest nach dem Studium in Wien möglichst bald wieder zurückkommen und in der Stadt tätig sind. Das ist schon – in dieser ganzen Diskussion um Standortentwicklung und um städtische Kulturentwicklung – für Linz nach wie vor ein wichtiger Aspekt für die Zukunftsentwicklung, wie man junge, gute Leute in der Stadt halten kann. Jetzt sagt man oft, die sollen alle raus gehen und wenn sie dann etabliert sind, dann kommen sie eh wieder gerne zurück. Aber vielleicht brauchen wir gerade die Zeit, wo sie noch nicht etabliert sind, vielleicht brauchen wir sie gerade in der Phase, wo sie am liebsten nach Wien, Berlin oder sonst irgendwo hingehen, um sich auszuleben, zu erproben. Vielleicht muss man schauen, dass man gerade die Phase stärker an die Stadt bindet.

Wir sind schon direkt bei der nächsten Frage, bei den Themen. Mich würde interessieren, welche kulturellen Themen, Themenschwerpunkte, kulturpolitischen Themen es deiner Meinung nach sind, wo du zu den Kunst- und Kulturschaffenden der Stadt sagen würdest: Liebe Leute, diese drei Themen müssen wir unbedingt diskutieren, weil sie kommen mit Sicherheit in der nächsten Zeit auf die Stadt Linz zu. Dafür müssen wir Lösungen finden.

Gerfried Stocker: Ich würde versuchen, dass man über diese von mir schon angesprochene Rolle und Aufgabe von Kunst und Kultur als integraler Teil unserer Stadt- und Zukunftsentwicklung spricht, weil ich finde, dass es eine der wichtigsten Grundlagen ist, wieso ein Kulturentwicklungsplan überhaupt Sinn macht, wieso es um einen Kulturentwicklungsplan geht und nicht um irgendein Förderprogramm für die nächsten Jahre. Dass man da versucht, ein gemeinsames Verständnis dafür zu bekommen, dass es nicht nur darum geht, wer wie viel Geld bekommt – von dem sowieso immer zu wenig da ist – sondern dass es auch darum geht, ein bestimmtes Verständnis der Rolle von Kunst und Kultur und der damit beschäftigten Leute in diesem größeren Bild zu erwirken. Dann halte ich es für extrem wichtig, dass man über den Aspekt der Jugend spricht, und einen Aspekt wie kulturelle Bildung. Ich meine, das ist ein grausliches Wort, leider gibt es irgendwie kein besseres noch dafür. Ich meine, das ist ein Schlüsselfaktor. Und wie ich vorher gemeint habe, das wirklich Wichtige ist, wenn man Kulturentwicklung betreiben will, dann geht es nicht so sehr darum, dass man die Bedürfnisse der Etablierten, der Älteren, der Erwachsenen noch weiter bedient und abdeckt. Ich glaube, da sind wir relativ gut abgedeckt. Aber das ist vielleicht etwas, wo ich mit dem reinen Diktum der Freien Szene und der Subkultur auch nie ganz zufrieden bin, weil das zum Teil wieder eine hermetische Definition oder ein hermetisches Verständnis ist. Aber dieses Kultur als Aspekt der Bildung, der Vorbereitung der jungen Leute darauf, mit den Herausforderungen, die auf uns zukommen, besser umzugehen. Ich glaube, dass die Sorge um die nächste Generation so wichtig ist, dass man diesen Shift von „Kultur für Alle“ zu einer Kultur für die nächste Generation machen müsste, auch auf Kosten dessen, dass vielleicht ein paar andere zu kurz kommen. Aber die Priorität ist so wichtig, dass man … und das wird ja irgendwie auf das hinauslaufen. Wenn wir einen Kulturentwicklungsplan machen, der alle gleichmäßig bedient, dann ist schade um die Zeit. Man wird Prioritäten herausarbeiten müssen. Ich weiß jetzt nicht, ob man einzelne Bereiche wirklich herausgreifen muss, aber wahrscheinlich wird man um das nicht umhinkommen. Ich habe es da natürlich leichter als die Hauptverantwortlichen, wie zum Beispiel Julius Stieber, der sich dann wirklich bemühen muss, das zu polarisieren. Ich kann mich in dem Fall zurücklehnen und sagen: Ok, ich habe meine Spezialbereiche, die sind wichtig, auf die werde ich natürlich versuchen, hinzuweisen. Was ich vorher gesagt habe, ich glaube, dass in dem Zusammenhang Kunst und Technologie, Kunst und Wissenschaft ein extrem wichtiger Bereich ist. Schlichtweg weil die großen Dynamiken, die großen gesellschaftlichen Problemstellungen der nächsten Jahrzehnte alle unmittelbar mit Technologie und Wissenschaft zu tun haben. Ob das die Lösung der Umwelt- und Energieproblematik ist, ob das die großen ethischen und moralischen Fragen unseres Menschenbildes sind, die aus der Gen- und Biotechnologie kommen. Das finde ich, sind Dinge, wo sich die Kunst positionieren muss, wo sie mitwirken muss und wo Linz eine gute Chance hätte, das als USP auszubauen. Ohne dass deswegen Fotografie, Literatur und diese Sparten weg gehen, aber eine Art Querschnittsthema zu finde. Und auch wenn der Begriff Innovation im Moment nicht mehr zum Aushalten ist, aber Kunst als Aspekt gesellschaftlicher Innovation, das ist schon nach wie vor eines der spannendsten Dinge.

Zu den einzelnen Themenbereichen. Zuerst zu Interkulturalität, Migration und Integration. Mich würde interessieren, unabhängig davon, wie viel Einblick du in den Bereich hast, wie du die Entwicklung der migrantischen Kulturarbeit in den letzten zehn Jahren in Linz einschätzt?

Gerfried Stocker: Ich würde sagen, es ist von nahezu unauffällig zu doch sehr präsent geworden. Also wenn man es über einen Zeitraum von zehn Jahren sehen kann, ist das recht schmeichelhaft, weil da hat sich wirklich etwas getan, was aber nicht heißen soll, dass das auch nur annähernd ausreichend ist, was da passiert ist. Ich glaube, dass es zwei Schwerpunkte geben muss. Das eine ist die Unterstützung und Förderung der Kulturarbeit von migrantischen Gruppen und das andere ist, dass das Thema Migration und Integration als absolut wichtiges Thema für Kultureinrichtungen noch viel, viel stärker positioniert werden muss. ich glaube, wir können uns als Kultureinrichtungen nicht länger den Luxus leisten, dass wir sagen, wir sind eh die Guten, weil wir kommen von der Kunst und Kultur und wir haben euch eh alle gern und dann putzen wir uns ab dabei. Es sind gerade die Kultureinrichtungen, und da bin ich dann wieder fast identisch mit dem, was ich für kulturelle Bildung so wichtig halte, die ganz massiv da einfach eine gesellschaftliche Verpflichtung haben. Das ist etwas, wo auch die Stadtpolitik noch viel stärker und rigoroser Vorgaben machen muss, weil natürlich, das was man da zu tun hat, auch mit einer Priorisierung von Mitteln und Ressourcen zu tun hat, die man vielleicht jetzt als Verantwortlicher für eine Kultureinrichtung so nicht treffen würde, weil man primär trotzdem einmal eine andere Verantwortung spürt. Dementsprechend gehört über die Eigentümerstruktur eine Verantwortung für eine aktive Bearbeitung dieses Themenbereiches den Kultureinrichtungen quasi fix in die Geschäftsordnung oder in die Satzung geschrieben, weil da am ehesten auch etwas weitergehen kann. Die ganze Frage den Leuten, vor allem auch da wieder den jungen Leuten, klarzumachen, dass diese Stadt nicht nur etwas ist, wo sie irgendwie da sein dürfen und wenn sie brav arbeiten, dann werden sie in Ruhe gelassen, sondern dass das ihre Stadt ist, mit allen ihren Einrichtungen. Das passiert einfach viel zu wenig und das muss aktiv passieren, mit allen Schwierigkeiten, die das hat und Hürden, die zu nehmen sind.

Bewusstseinsarbeit wäre also zu wenig?

Gerfried Stocker: Nein, es braucht konkrete Maßnahmen. Ich glaube, das ist gerade im Kulturbereich so gefährlich, dass wir immer den Eindruck haben und sagen, wir sind eh nicht das Problem. Wir sind aber mindestens genauso das Problem, weil wir gemessen an dem Potenzial, das wir als Kultureinrichtungen haben, nicht genug tun, und wenn ich es ein bisschen aus der Distanz sehe, dann sage ich, wir tun genauso wenig wie der Rest der Gesellschaft, wir sind genauso schlecht und unbefriedigend im Umgang mit dem Thema wie die Schulverwaltung und die einzelnen Volksschulen, Hauptschulen und sonst irgendetwas, wo nichts passiert, weil wir zwar grundsätzlich schon ein bisschen mehr tun, aber das ist nur mehr, wenn ich es in der Skala zu den anderen sehe. Wenn ich es zu dem sehe, was man von einer Kultureinrichtung erwarten sollte und welches Potenzial da wäre, dann ist das wirklich ein Versäumnis. Seit eineinhalb Jahren machen wir uns recht intensiv darüber Gedanken. Es ist auch sehr schwer, da mit guten Ideen daherzukommen und etwas weiterzubringen, aber es reicht, wie du sagst, bei weitem nicht aus, dass man sagt, wir machen ein bisschen Bewusstseinsbildung, sondern da müssen, was immer dann am Ende ist, ganz aktive, fördernde Maßnahmen passieren, damit man meiner Ansicht nach vor allem den Jugendlichen aus den migrantischen Bereichen wirklich nicht nur die Arme irgendwie aufmacht, sondern noch aktiver wird und schaut, wie man die einfach reinholen kann.

Wie weit würdest du da gehen von den aktiven Maßnahmen? Ich meine, so etwas in die Satzung schreiben, geht schon sehr weit oder wenn man vorschreibt, nicht nur bei den öffentlichen Einrichtungen, sondern genauso bei den freien Einrichtungen, dass zehn Prozent der Mittel für interkulturelle Aktivitäten verwendet werden müssen.

Gerfried Stocker: Ich glaube, eine Festschreibung der Mittel ist immer dann problematisch, wenn ich nicht wirklich einen guten Konsens darüber bekomme, woran ich die Erfüllung dieser Quote messe. Ich habe das auf interessante Weise bei uns auch gemerkt. Da gab es vor zwei Jahren Studierende, die haben eine Studie gemacht darüber, inwieweit sich Kultureinrichtungen in Linz um Migration kümmern.

Das waren unsere Studierenden.

Gerfried Stocker: Ah ja. Wir haben da überraschend gut abgeschnitten, was mich total gewundert hat, weil in meinem Selbstverständnis … also ich habe so etwas von einem schlechten Gewissen gehabt bei den Interviews, weil ich eigentlich da erst so richtig drauf gekommen bin, was wir in dem Bereich selber für „Nudeldrucker“ sind. Also genau das, was ich jetzt sage, ist mir eigentlich durch das Interview und die Studie bewusst geworden. Aber wir haben da relativ gut abgeschnitten, weil es doch viele Maßnahmen gibt. Wir haben alles zweisprachig, wir bieten Führungen in Tschechisch an, in was weiß ich, in allen möglichen Sprachen, nicht? Dann kann ich sagen, ich habe so viele interkulturelle Aktivitäten, also die zehn Prozent habe ich locker erfüllt und bin quasi wieder draußen. Von dem her glaube ich, dass das nicht wirklich der effiziente Weg ist und eine Quote von Mitteln, die man dann in das investiert, eigentlich nur Widerstand hervorbringt und irgendwie dazu verführt, wie ich das umgehen kann. Nachdem wir da einen relativ überschaubaren Kreis haben, jetzt in dieser Gruppe von Leuten, die in Linz wirklich tätig sind, wenn man es jetzt einmal von der Stadt aus sieht, wenn man sagt, da ist die Stadt Eigentümer oder zumindest in entsprechender Weise über Fördermittel irgendwie daran beteiligt und involviert, kann man, glaube ich, relativ schnell eine Bewusstseinsbildung und ein Commitment unter den handelnden Personen herbeiführen. Die Stadt Linz hat ja innerhalb der Unternehmensgruppe Linz so einen Prozess gemacht im Laufe des letzten Jahres, wo dann eben Migration als eines der Schlüsselthemen für die Unternehmensgruppe sich herauskristallisiert hat, ohne dass jetzt irgendwo damit gleich gesagt wird, ihr müsst so und so viel Geld dafür ausgeben. Aber es ist zumindest jetzt dort verankert und bei allen Überlegungen kann es wieder eingebracht werden oder wird eingebracht. Dann gibt es jetzt sogar ein Projekt, dieses Import-Export-Projekt, wo Videoportraits gemacht werden, wo in allen Unternehmen der Stadt Linz Leute, die einen migrantischen Hintergrund haben, also nicht alle Mitarbeiter, aber ausgewählte Mitarbeiter, die von den Unternehmen nominiert werden, in diesen Videos portraitiert werden. Einfach um das Thema einmal positiv zu besetzen und zu zeigen, da gibt es wunderbar viele Menschen, die total aktive Leistungsträger in dieser wunderbaren Stadt sind und wir reden bei Migration jetzt nicht immer nur darüber, dass man in den Zeitungen die negativen Dinge hört. Das ist eine Geschichte, die sich ganz konkret daraus entwickelt hat. Ohne dass es diesen Beschluss von der UGL gegeben hätte, das zu einem Thema zu machen, wäre das Projekt nie entstanden, ohne das hätte Klaus Luger sicher nie die ganzen Betriebe dazu vergattern und sagen können, das kostet euch aber etwas. Dieses Projekt wird von den einzelnen Einrichtungen mitfinanziert, weiß ich nicht, wie viel da jeder dazuzahlen muss, und das sind schon Beträge, wo man sagt, das hätten wahrscheinlich viele von uns sonst nicht in die Richtung gemacht. Da ist zumindest einmal ein Projekt relativ schnell passiert und von dem her finde ich das Modell ganz gut. Ich glaube, es reicht auch von dem her, im Sinne dessen, etwas in die Satzungen schreiben, dass man das einfach ganz klar deklariert und sagt, wir als Stadt Linz, als Eigentümer dieser Einrichtungen, als was weiß ich, Hauptfördergeber dieser Initiativen, erwarten uns einfach, dass diese Schwerpunktsetzung kommt. Und das dann nicht nur sagen, sondern ich weiß nicht, dann muss man nach einem Jahr irgendeinen Bericht abgeben, was hat man gemacht dafür? Und dann würde ich es aber schon eher, gerade im Kulturbereich, glaube ich, kann man das so machen, den einzelnen Einrichtungen überlassen, kreativ zu sein und sich etwas einfallen zu lassen, wie man das am Besten machen kann.

Es gibt eine ganze Reihe an Initiativen in Linz, die migrantische Kulturarbeit durchführen. Da denkt man in erster Linie an maiz oder Pangea, aber es gibt eine ganze Reihe anderer Vereine und Initiativen, die Black Community, türkische, kurdische Vereine, der serbische Kulturverein Vidovdan, bulgarische Vereine, Hungaro Media, ein ungarischer Verein, und so weiter und so fort. Mich würde interessieren, wie du die Verbindungen zwischen all diesen Initiativen einschätzt und als zweites, welche Verbindungen es zu den nicht-migrantischen Einrichtungen gibt?

Gerfried Stocker: Viel zu wenig, also das ist strukturell viel zu wenig. Wie gesagt, ich bin da deswegen so direkt in der Kritik, weil ich mich selber da überhaupt nicht aus der Schusslinie nehmen kann. Man ist viel zu sehr beschäftigt mit dem, was man für die Aufgaben hält, die man mit seiner Einrichtung irgendwie erfüllen muss, und nachdem das eben noch viel zu wenig oder jetzt auch viel zu kurz noch ist, der Zeitraum, wo das jetzt zumindest innerhalb der UGL einmal Thema ist, ist da auch noch kaum das Netzwerk geflochten. Ich glaube, das wäre eine Sache, wo man durchaus über die Kulturverwaltung, über die Stadt Linz einfach stärker aktiv werden könnte, zu schauen, wie bringt man mich und andere Leute aus dieser Einrichtung, aus dem AEC, das gleiche gilt für alle anderen, zusammen mit diesem Netzwerk oder in einen Austausch mit solchen Gruppierungen. Dazu muss man, glaube ich, Leute wie mich unterstützen auch, weil es sehr schwierig ist und dann schnell einmal eine Hürde darstellt. Das sind ja so viele, nicht? Die ersten drei oder vier, das geht noch, und mit denen hast du dann schnell einmal Kontakt, aber die Erfahrung ist natürlich, dass du merkst: Wie bekomme ich da einen Zugang? Wo geht es jetzt weiter? Wo geht es nicht weiter? Du musst sehr viel Zeit investieren, damit du selber ein Gefühl dafür bekommst und die Erfahrungswerte, wer steht wofür, wer kann mit wem? Das ist ja ein nicht unbedingt homogenes Feld, dem man sich da gegenüber sieht, nicht? Und das ist dann sehr schnell die Geschichte, dass man sagt: „Na ja, ist irgendwie eh zu kompliziert, die sollen selber einmal einig werden, was sie wollen.“ Also diese klassischen Kurven, die man dann irgendwie nehmen kann, wo man das auf die lange Bank schiebt. Ich denke, wenn man dieses Thema als ein wichtiges Thema macht, und da sind wir mitten in der Kulturentwicklungsplan-Diskussion, dann muss man da einmal vor allem daran arbeiten, dass man die Leute zusammenbringt, auf der Ebene der handelnden Personen, das geht nie anders, und in einen Austausch bringt. Wahrscheinlich bräuchte es auch mehr erfahrene, vertrauenswürdige Kompetenz, jetzt innerhalb der Stadt, der Kulturverwaltung, die eine Verantwortung, eine Anwaltschaft, eine Mentorenschaft zwischen diesen Kulturvereinen und den Kultureinrichtungen eigentlich bieten kann. Ich glaube, gerade im Kulturbereich ist das nicht nur eine Lässlichkeit, sondern wirklich eine Sünde. Da müssen wir an den Kulturbereich und an uns selber einfach noch höhere oder härtere Maßstäbe anlegen, wenn ich sage, in der Stadtverwaltung, wie bringe ich, die und die Firma dazu, dass sie sich über das irgendwie Gedanken machen. Wir müssen da eine ganz aktive Rolle übernehmen, das halte ich für ein ganz zentrales Thema für die nächsten Jahre.

Nächster Themenbereich. Kunst- und Kulturvermittlung. Wenn man das derzeitige Angebot an Kunst- und Kulturvermittlung in Linz ansieht, wie würdest du das einschätzen? Mit was bist du besonders zufrieden und wo siehst du Verbesserungsbedarf, also mit was bist du nicht zufrieden?

Gerfried Stocker: Ich habe jetzt nicht so wirklich einen tiefen Einblick in das, was in den verschiedenen Institutionen dann tatsächlich alles passiert und von dem her muss man natürlich ein bisschen mit der Kritik daran sparen, aber ich habe einfach den Eindruck, dass es generell in Ordnung ist. Es ist ein gutes und bemühtes Programm, aber mir sind jetzt wenige Projekte untergekommen, aber das kann auch an meinem nicht ausreichend gründlichen Blick liegen, die wirklich ein bisschen über das hinausgehen als … ich spreche jetzt wieder hauptsächlich über den Schulzusammenhang, muss ich dazusagen, das ist natürlich auch wieder einseitig. Aber in dem Bereich, was für Schulen, Schüler gemacht wird, sind, finde ich, viel zu wenig Dinge, die über das hinausgehen, die Schüler gut und ordentlich zu betreuen, während sie in der eigenen oder in der jeweiligen Institution oder Einrichtung drinnen sind. Ich denke, dass man da viel mehr an Aktivierungspotenzial noch hätte, in allen Bereichen, in den Museen genauso wie in den Konzerthäusern, auch im Landestheater und so weiter. Es gibt ein tolles Projekt. Ich glaube, in Graz am Schauspielhaus haben sie das angefangen, wo Kinder einzelne Szenen von Stücken oder Produktionen selber erarbeiten und dann mit diesem Wissen und dieser Begeisterung und dem Involviertsein in so ein Stück selber in die Vorführungen gehen und für sich vergleichen, wie sie selber die Szenen oder die Passagen interpretiert, verstanden und so weiter haben und wie das dann auf der Bühne gemacht wird. Das ist zahlenmäßig beachtlich, ich müsste noch einmal nachschauen, ich habe es mir extra wo aufgeschrieben, aber unheimlich viele Jugendliche werden da in die Vorführungen hineingebracht und sitzen mit einer Teilnahmebereitschaft und einer Aufmerksamkeitsbereitschaft dann in diesen Vorführungen, die man sonst überhaupt nicht erreichen könnte. Jetzt gibt es in Linz viel. Ich glaube, Linz hat da ein, wieder aus dem Selbstverständnis dieses „Kultur für Alle“ heraus, eigentlich ein ganz gutes Vermittlungsprogramm. Das Landesmuseum macht unheimlich viel, das Lentos macht auch sehr viel. Was mir an all diesen Dingen einfach ein bisschen zu kurz gegriffen scheint, ist, dass es sich weitgehend darauf beschränkt, wie gesagt, den eigenen Inhalt zu vermitteln, also jetzt mache ich Vermittlungsarbeit zu einer Ausstellung, zu einem Thema, zu einem Maler, zu einem Künstler oder sonst irgendetwas. Und ich glaube, man müsste noch viel stärker an dem arbeiten, dass das, was die Kultureinrichtungen anbieten, zu einem Art integralen oder komplementären Teil auch des Lehrplans in den jeweiligen Schulen werden kann. Das ist natürlich ein Prozess und – das ist glaube ich ganz wichtig – der kann nicht nur von den Museen oder von den Kultureinrichtungen alleine bestritten werden. Da muss ganz massiv daran gearbeitet werden, dass die Schulen, die Lehrer aufmachen. Das tun sie in einzelnen Fällen und ich bin mir auch ganz sicher, wenn man nur lange genug schaut und genau genug schaut, dass man auch in Linz eine Reihe von super Beispielen finden wird, wie diese Kultur- und Kunstvermittlung extrem gut funktionieren kann und das dann vielleicht wirklich dazu führt, dass eben nicht nur Kunst vermittelt wird oder jetzt nicht nur eine ausstellungspädagogische Betreuung eines Museumsbesuchs gemacht wird, sondern wirklich daran mitgearbeitet und mitgewirkt wird, dass die Kinder eine komplementäre Ausbildung erhalten, die ihnen auch hilft, mit den vielen Herausforderungen des Lebens besser umzugehen. Wo die Kultureinrichtungen die traditionellen Bildungseinrichtungen, sprich die Schulen, dabei unterstützen können, dass die Kinder die Dinge lernen, den Umgang mit Öffentlichkeit, den Umgang mit Ausdrucksformen. Das schließt dann direkt an in unserer Zeit an den Umgang mit Medien, den sie so dringend brauchen in ihrem weiteren Leben. Wir sehen, dass die Schulen selbst zu überfrachtet sind mit ihren Lehrplänen, aber es ist einfach verdammt viel, was da irgendwie drinnen sein muss und was in einem Schuljahr alles abgearbeitet und abgewickelt werden muss. Ich glaube, dass viele der Dinge, die man sich so dringend wünscht in einer schulischen Ausbildung, von den Schulen selber nicht geleistet werden können, aber dann eben von anderen Einrichtungen. Da müsste man einfach noch mehr hin und ich denke da müsste man daran arbeiten, dass es eine intensivere Kooperation zwischen den Schulautoritäten und dem Kulturbetrieb gibt. Ich glaube, dass man viel machen könnte auch in dem Bereich, was diese ganzen Horte, die Nachmittagsbetreuung und so weiter anbelangt. Auch in dieser nicht einfachen Frage der Kinderbetreuung in den Ferien könnten städtische Kultureinrichtungen sehr wohl die städtischen Bemühungen unterstützen, für die Kinder ein sinnvolles Programm anzubieten und damit eine Art von Umwegrentabilität schaffen, damit generell diese Nachmittagsbetreuung oder Kinder-Ganztages-Betreuung auch in den Ferien ein bisschen mehr und etwas spannender wird als quasi nur eine einigermaßen gut organisierte Verwahrstelle für Kinder von Eltern, die halt nicht zwei Monate Urlaub haben im Sommer. Ich finde, das ist es, wo man hinarbeiten müsste. Ich muss ein bisschen vorsichtig sein in meiner Analyse, ob es das nicht zum Teil schon gibt und ich würde rein vom Gefühl her meinen, es gibt sicher ein paar gute Beispiele. Aber alleine, dass man nicht so richtig Bescheid weiß darüber. Und ich glaube, dass wäre auch wieder im Sinne dessen, was setzt man als strategische Eckpunkte auf, wo will man hin, ein guter Punkt.

Jetzt hast du auf die Frage nach Kunst- und Kulturvermittlung sehr stark institutionsbezogen reagiert und es ist ja auch so, dass Kunst- und Kulturvermittlung sehr stark mit den Häusern zu tun hat. Welche neuen Formate und Programme der Kunst- und Kulturvermittlung würden deiner Meinung nach benötigt werden in der Stadt? Es hat ja nicht zuletzt durch Linz09 einige neue Ansätze gegeben in der Kunst- und Kulturvermittlung, ich denke da nur an das Schulprogramm I like to move it move it oder an die Kulturlotsinnen.

Gerfried Stocker: Zwei Projekte, die ja extrem erfolgreich waren und viel Resonanz gefunden haben. Ich glaube, der Punkt ist sicher noch wichtig, dass man es über die Institutionen hinaus denken müsste. Ich denke deswegen bei meinem Zugang stärker an Institutionen, weil das alles mit Aufwand auch zu tun hat. Der Grund, wieso es vielfach nicht mehr gibt, liegt auf der Hand. Man braucht Personal dafür, das ist extrem personalintensiv und dementsprechend schwierig ist es, das ganze zu finanzieren und nichts leichter wird das für irgendwelche privaten oder unabhängigen Initiativen sein, solche Ideen zu finanzieren. Dort wo, glaube ich, auch ein wichtiger Punkt wäre, dass ich in ähnlicher Weise, wie wir es bei dieser Integrationsthematik hatten, das Gefühl habe, es wäre für die etablierten Einrichtungen, sprich die Institutionen der Stadt, gleichermaßen natürlich auch des Landes, die da sind, wahrscheinlich sehr hilfreich, da mit Dritten zusammenzuarbeiten, sprich mit externen Expertinnen und Experten, die helfen, den richtigen Zugang zu finden, die den einen oder anderen Umweg schon von vornherein verhindern können, weil sie schon wissen, wer sind die Player in so einem Feld, welche Modelle haben sich gut bewährt. Ich denke da zum Beispiel an das sehr alte Modell, das der ÖKS gemacht hat und KulturKontakt auf Bundesebene nach wie vor macht, also zu schauen, Künstler in die Schulen zu bringen. Da muss man natürlich die ganze Vorbereitung, dass man das für die Lehrer aufbereitet, bedenken. Ich denke, da könnte auch wieder in einer Allianz zwischen den größeren Häusern und den Schulautoritäten etwas aufgebaut werden, das dann aber in der Umsetzung sehr wohl von Kunstschaffenden selbst gemacht werden könnte, wo dann das Problem nicht so groß ist, dass die einzelnen Häuser und Institutionen mit ihren Personalressourcen nicht auskommen. Ich glaube auch das Reintragen, wenn es dann wirklich vor allem um Kunstvermittlung geht, dieser Frage, kulturelle Bildung, was ist das eigentlich? Und was ist der Unterschied von einer reinen Kunstvermittlung hin zu einer kulturellen Bildung und auch der mögliche Mehrwert? Der Grundstock dieser ganzen Idee der kulturellen Bildung ist ja die Auseinandersetzung mit Kunst, dass Kunst eine bestimmte Art fördern und befördern kann, an Probleme heranzugehen, die Welt zu betrachten und das etwas ist, was sich dann in weiterer Folge in kulturelle Bildung verwandeln kann. Da wäre es sicher sehr sinnvoll, wenn man solche Programme stärker wieder in den Vordergrund bringt. ich meine, das war ja auch, was Airan Berg sehr stark gemacht hat mit seinem Projekt bzw. Erwin Dorn, glaube ich, war das dann konkret. Das waren, finde ich, die interessanten Ansätze und ich merke, dass immer noch – das klingt jetzt übertrieben, aber ich meine, es ist trotzdem schon zwei Jahre her – vielfach in Gesprächen mit Lehrern oder im schulischen Umfeld diese Projekte von Linz09 als Referenz herangezogen werden. Da hat man schon den Eindruck, dass es noch Bedarf, Nachfrage und Interesse geben würde, ähnliche Dinge auch in Zukunft wieder umzusetzen.

Was kann die Stadt darüber hinaus noch machen, um die Kunst- und Kulturvermittlung zu verbessern? Welche Anreize kann sie setzen, um begleitend über die Häuser hinweg Initiativen oder Maßnahmen im Bereich der Kunst- und Kulturvermittlung zu initiieren?

Gerfried Stocker: Ich tendiere natürlich immer wieder dazu, selbst als eine Institution zu sagen, lasst uns nur arbeiten und wir tun schon. Ich glaube aber, genauso wie beim Migrations- und Integrationsthema, dass es eine entsprechende Willensäußerung, eine programmatisch-strategische Ausrichtung seitens des Eigentümers, des Betreibers, sprich der Stadt, für diese Aktivitäten geben sollte. Ich denke, dafür ist der KEP ein gutes Instrument. Aber es stimmt natürlich, dass gerade dieser Bereich, der mit Vermittlung und Bildung zu tun hat, wo die Qualität unheimlich stark von persönlichem Engagement abhängt, wahrscheinlich ein Bereich ist, wo es in manchen Punkten vielversprechender wäre, über die Institutionen hinauszuschauen, wo interessierte, qualifizierte Leute sind, die man dann auch entsprechend strukturell fördern müsste. Was halt immer das Problem ist, das ist schnell einmal gesagt, aber wo nimmt man die Mittel her, wo nimmt man das Geld her? Ich glaube, dass es von der Stadt her schon viel bewirken würde, eben in dem Einflussbereich. Die Stadt hat ja im Schul- und Bildungsbereich wenig zu sagen. Sie darf die Schulen bauen und der Rest läuft wo anders, aber es gibt dann doch im schulischen Bereich bestimmte Einflusssphären, die Horte und die Kinderbetreuung, in die das genauso einfließen könnte. Da zum Beispiel zu schauen. Jetzt könnte man provokant sagen, dass man nicht nur schaut, dass die Kinder nicht nur ein gesundes Essen bekommen in den Horten und in den Kindergärte, und das idealer Weise sogar noch gratis oder auf jeden Fall zu leistbaren Preisen, sondern dass man in einer ähnlichen Weise auch sagt, es muss die geistige Nahrung genauso hier angeboten werden. Ich denke, das ist halt, wie gesagt, leicht als Forderung, aber man müsste es wahrscheinlich auch entsprechend, da bin ich wieder bei den Institutionen, in Kooperation mit den Institutionen machen. Ich fände so etwas ehrlich gesagt spannender und sinnvoller als jetzt herzugehen und zu sagen: „Jetzt machen wir einfach Gratiseintritt für Schulen.“ Ich meine, das ist gut und ich will niemanden kritisieren, aber das ist auch ein Ausdruck von Phantasielosigkeit. Was tun wir? Die Museen haben zu wenig Besucher, die Kinder sollen etwas von der Kunst sehen, also machen wir einen Gratiseintritt. Das ändert nirgends etwas daran, nicht? Deswegen geht kein einziges Kind lieber ins Museum, merkt sich mehr davon, geht irgendwie klüger raus. Und die Preise der Museen sind jetzt zumindest bei uns in Linz ohnedies nicht in solchen Dimensionen, dass man damit wenigstens quantitativ viel bewegen würde. Ich weiß nicht, wie die Ergebnisse dann sind, weil das jetzt auf Bundesebene ja auch durchgezogen wurde. Da wird es Möglichkeiten zum Evaluieren geben, aber ich denke, mit dem Geld, das man trotzdem verliert, wenn man nichts mehr verlangt von Schulklassen, wenn man das gleiche Geld in die Hand nehmen würde und dafür Mehrwert bieten würde oder dann schaut, dass man auch in diese schulnahen Bereiche wie zum Beispiel eben die Nachmittagsbetreuung oder Ferienbetreuung und in solche Dinge mit Programmen reingehen würde, man viel mehr eigentlich bewirken kann mit mehr oder weniger dem gleichen Mitteleinsatz. Kosten tut das ja auch etwas, dass man die Schulen gratis hineinlässt.

Letzte Frage in dem Zusammenhang. Wie nimmst du die Vernetzung der Kunst- und KulturvermittlerInnen der verschiedenen Häuser in Linz wahr?

Gerfried Stocker: Gibt es eine? Das liegt vielleicht bei uns auch daran, dass wir nicht so in den klassischen Kunstbereich reinfallen. Ich denke, jemand der Kunstvermittlung in der Landesgalerie macht, kann sie genauso gut im Lentos machen, aber bei uns ist es dann schon wieder eine andere Geschichte, weil du einfach aus dem reinen, ich sage jetzt einmal kunsthistorischen Wissenszusammenhang doch wieder rausfällst. Es gibt interessante, einzelne Initiativen, die durchaus auch auf Ebene der handelnden Personen in den Vermittlungsabteilungen der Häuser passieren. Ich weiß, dass man zum Beispiel bei uns rund ums Festival, wo dann gerade im Bereich der Kunstvermittlung für Kinder und Jugendliche Allianzen gemacht werden zwischen Landesgalerie, Lentos, OK, StifterHaus, natürlich die Ars Electronica, dann das Festival als Anlass nimmt, um wirklich über die ganzen Häuser und Einrichtungen verteilt Ausstellungs- oder Kunsterlebnis-Parcours anzubieten, die schon eine entsprechend gute Resonanz haben. Was, finde ich, eine Win-Win-Situation für alle ist. Als Festivalbetreiber ist das eines der Themen, eine Kinderbetreuung anzubieten. Das ist eine Geschichte, dass vielfach für Eltern das einfach angenehm ist, wenn man sich zwei Stunden in Ruhe in ein Symposion reinsetzen kann und weiß, die Kinder sind derweil versorgt, in guten Händen und machen sogar noch ein qualitativ hochwertiges Kunstprogramm durch. Das sind Dinge, die wirklich allen etwas bringen und so Sachen funktionieren schon ganz gut. Aber ich denke, da könnte man auch noch wahrscheinlich viel mehr machen. Wobei ich es natürlich jetzt auch wieder eher aus der Direktorensicht sehe, weil während ich das sage, denke ich schon wieder, siehst du, da reden wir jetzt wieder mit Peter Assmann und Stella Rollig. Also die Sichtweisen sind natürlich immer geprägt von dem, was die eigenen Handlungsspielräume sind. Das Klasse ist aber an dem, was man schon gemerkt hat, dass dann eigentlich, auch wenn es von oben herab initiiert wird, die Direktoren und Direktorinnen sagen, das wollen wir jetzt machen, dass gerade diese Programme auf sehr fruchtbaren Boden bei den handelnden Personen gestoßen sind. Wie weit man da auch Dinge machen könnte, wo man über die Häuser hinausgeht in eine freie oder unabhängige Kunst- und Kulturszene, warum nicht? Ich denke, dass das wahrscheinlich gerade für die Jugendlichen unheimlich spannend wäre und vielleicht manchmal spannender ist, weiß ich nicht, einen Ausflug zu Time’s Up hinunter zu machen als zum dritten Mal in eines unserer Häuser zu gehen. Natürlich muss man schauen, was hat das für einen Aufwand und so weiter? Aber üblicherweise sind solche Sachen, finde ich, schon eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Bei Festivals und ähnlichen Formaten funktioniert es ansatzweise schon, strukturell noch wenig, was im Tourismus Gang und Gäbe ist, nämlich individuelle Packages zu schnüren, die quer durch verschiedene Ebenen laufen.

Gerfried Stocker: Ich bin da nicht immer unbedingt ein Verfechter davon, dass man gleich alles strukturell aufbauen und organisieren muss. Linz ist eh, das ist ja auch der Vorteil, so überschaubar klein. Wenn es gelingt, eine Hand voll interessierter Personen auf etwas anzusetzen und die dann ein bisschen dabei zu unterstützen, hat das oft mehr Ergebnis als wenn man große strukturelle Zielsetzungen formuliert, die man dann versucht, durchzupeitschen, wo sich jeder dann wieder nur vorkommt, wie wenn er verpflichtet ist, da mitzumachen. Das denke ich, ist in diesen Bereichen eine der Aufgaben auch für den ganzen KEP-Prozess, dass man die Leute, die Interesse haben, Dinge zu machen, die wirklich bereit sind – natürlich geht es nicht darum, zu sagen, die alles umsonst machen, ich meine, dass das alles auch irgendwie honoriert werden muss, das ist keine Diskussion – etwas zu tun, dass man die auch wieder stärker nach oben bringt, sichtbar macht und einfach an diesen Vernetzungen arbeitet. Jetzt nicht notwendigerweise im Sinne von irgendwelchen Verordnungen, die dann erlassen werden dafür.

Letzter Themenbereich. Neue Medien, Freie Medien, Open Source, Open Commons. im alten KEP sind Neue Medien und Technologien als einer der Hauptschwerpunkte der kulturellen Entwicklung festgeschrieben. Inwieweit meinst du, dass die Stadt Linz dem Schwerpunkt gerecht geworden ist?

Gerfried Stocker: Wenn man sich jetzt ansieht, dass das dieser Zeitraum war, in dem es die Geschichte mit den Hotspots gegeben hat, die es ja noch immer gibt, dass die auch in den Volkshäusern, im Wissensturm und so weiter sind, auch beim Lentos, den Kultureinrichtungen und so weiter gemacht wurden, dass es da ein Projekt gegeben hat, wo wir federführend mitgewirkt haben, diese WikiMaps, die zum Beispiel von Schulklassen total stark angenommen werden, also die Möglichkeit, selber Informationen zu sammeln, zu erstellen und dann in einer interaktiven Stadtkarte im Internet zu verorten, zu aggregieren, wo ich sage, das ist eigentlich genau das, wie kulturelle Arbeit mit neuen Medien funktionieren sollte, dann fällt in die Zeit auch hinein – gut, das ist dann nicht unbedingt die Stadt, aber es trägt zu einem Klima bei – die Entwicklung der Kunstuniversität mit Mediengestaltung, die Webwissenschaften auf der JKU draußen – dann sind das schon alles Sachen, wo die Stadt auch eine Rolle spielt. Die Unterstützung, die Angelika Plank, glaube ich, von Stadtrat Mayr damals für die Mediengestaltung bekommen hat, um das anzustoßen, das sind alles Dinge, die, auch wenn es an einer Universität passiert und nicht selbst in den städtischen Einrichtungen, sehr stark von diesem Commitment der Stadt und der handelnden Personen, von der Politik bis zu den Institutionen hin, geprägt wird. Dass die Stadt hergeht und sagt, Liwest helfen wir ein bisschen nach, dass sie auf die Idee kommen, dass sie Hotspots einrichten sollen. Das passiert ja nicht ganz zufällig. Ich glaube, dass das schon alles Dinge sind, Vektoren, die zusammenlaufen und so ein Ansatz, wie er im KEP drinnen war, einfach auch geholfen hat, das umzusetzen. Ich glaube, dass es dadurch in die Diskussionen sehr stark reingekommen ist. Eigentlich finde ich, ist das relativ gut gelungen. Zumindest ist es so, dass es – auch wenn jetzt nicht überall nur mehr elektronische Medien oder digitale Medien drauf sind – ein Bewusstsein dafür gibt, auch mit diesem Imagewandel, worauf ist man stolz in Linz, worüber wir ein paar Mal gesprochen haben. Das sehe ich eigentlich relativ positiv. Ich glaube, wenn viel mehr wäre, wäre es schon wieder ein Problem, weil das ist ja dann gerade bei solchen Schwerpunktsetzungen auch immer wichtig, dass der Pluralismus nicht verlorengeht.

Einige Stärken zu Neuen Medien hast du jetzt genannt. Wo würdest du sonst noch Stärken und vor allem auch Schwächen in Bezug auf Neue Medien in Linz sehen? Wenn du drei Minus und drei Plus vergeben könntest, welche wären das?

Gerfried Stocker: Drei Minus würde die Kulturhauptstadt bekommen. Aber das hängt mit Martin Heller zusammen, der einfach das generell als Thema abgelehnt hat und, finde ich, in dem Sinn auch keinen adäquaten Zugang dazu gefunden hat, wie er seine persönliche Abneigung gegen das Thema mit der Wichtigkeit des Themas für eine Stadt wie Linz irgendwie zusammengebracht hätte. Ich finde, da ist insofern viel vergeigt oder vergeben worden. Nicht, dass es darum gegangen wäre, da noch mehr Geld hineinzubuttern. Wir haben eh ein neues AEC bekommen, sondern was leider auch nicht passiert ist, dass durch das Potenzial seiner kritischen Haltung ein Diskurs entstanden wäre, der das irgendwie weiter entwickelt hätte. Es ist eher nur eine Polarisierung gewesen und es war dann halt relativ schnell so, wir haben das AEC und damit ist das eh fast überproportional und gut abgedeckt und das sieht jeder groß und schön. Dadurch ist in anderen Bereichen das völlig außen vor geblieben. Jetzt mag er mit seiner persönlichen Position da recht haben oder nicht, aber die Realität ist einfach eine, dass die Welt um uns herum ganz massiv durch diese Entwicklung geprägt wird. Das ist für mich schon der nächste Schritt, die Forderung oder die Erwartungshaltung, wo wir hin müssen, dass eine Stadt wie Linz eben den Vorsprung, den sie hat, und sei es nur ein imagemäßiger, hält. Es wird ja auch immer wieder in Frage gestellt, ob wir wirklich eine Neue-Medien-Stadt sind. Da fängt die Diskussion an, was sind Neue Medien? Muss man da Filmfirmen in der Stadt haben oder irgend so etwas? Um auf das zurückzukommen, worauf es hier ankommt, ist die Entwicklung rund um diese Neuen Medien nicht einfach nur weiter zu analysieren und zu beobachten. Da sind wir sehr gut, nur da sind mittlerweile viele andere auch sehr gut. Worum es hier geht, ist wirklich zu schauen, was sind die Potenziale dessen? Wie kann man die Neuen Medien mit ihrem Thema „Open“, also mit ihrem Öffentlichkeitscharakter, dafür einsetzen und nutzen, wirklich so etwas wie neue demokratische Spielregeln, Modelle, gesellschaftliche Entwürfe aufzubauen? Das wäre eigentlich etwas gewesen, wo man, glaube ich, gerade mit der Kulturhauptstadt sehr viel machen hätte können, gerade auch mit diesem antigonalen Zugang von Heller, weil das ein Zugang ist, wo man einfach auch extrem diesen kritischen Moment braucht, weil ja sonst immer die Gefahr ist, dass die Protagonisten dieser Neuen Medien – da muss ich mich natürlich uneingeschränkt dazuzählen – immer dazu neigen, das positiver zu bewerten oder Entwicklungen schneller sehen zu wollen als sie wirklich möglich sind. Und da sich auf das wirklich zu konzentrieren, was sind die realen Umsetzungspotenziale für eine Gesellschaft? Ich finde, dass Linz da wirklich ein Potenzial hat. Ich meine, das sieht man daran, dass es jetzt so etwas wie Open Commons gibt, das sieht man daran, dass Creative Commons zumindest im Gemeinderat einmal diskutiert wurde und so weiter. Das sind Themen, die haben eigentlich mit Kultur zu tun, viel mehr als sie mit Neuen Medien zu tun haben. Ich glaube, das ist sicher ein Punkt, wo man mehr machen müsste. Da muss man daran arbeiten, dass man das alte Feindbild, die Analogen und die Digitalen, wo die Digitalen immer davon reden, dass sie das Analoge ablösen und sowieso alles besser ist, dass man mit der Rhetorik aufhört. Das ist auch wieder eine Kultur- und Bildungsaufgabe. Ich glaube schon, dass man einfach ein bisschen eine Erwartung dahingehend formulieren sollte in einer Stadt wie in Linz, weil es halt durch diese lange Tradition jetzt einer der Kernpunkte der Identität ist, generell vielleicht so eine Orientierung kulturpolitischen Handelns an dieser Frage von neuer, medialer, vernetzter Öffentlichkeit vorzunehmen. Das ist mir einmal mehr wichtig, das immer wieder zu betonen. Da geht es überhaupt nicht darum, das ist keine technologische Frage. Was ich da meine, ist eine ausschließlich gesellschaftspolitische, kulturpolitische Fragestellung.

Das ist wohl auch der Grund, warum es bei Linz09 keine Rolle gespielt hat.

Gerfried Stocker: Ja, das ist schade, dass das nicht gelungen ist, weil wir ja eigentlich wirklich, glaube ich, auch in punkto Nachhaltigkeit oder dessen, was die Auswirkung von Linz09 ist, ein Statement machen hätten können, wo man jetzt vielleicht dann zwei Jahre später sagt: „Wow, eigentlich haben wir vor zwei Jahren genau das diskutiert, was jetzt wichtig ist.“ Ich denke, so Dinge, die jetzt überall in den Feuilletons drinnen sind, dieses Nachdenken anhand von Ägypten und all diesen anderen Aktivitäten, was eigentlich diese Schnittmenge von gesellschaftlicher Entwicklung und technologischer Entwicklung ist, das hätten wir vor zwei Jahren in Linz super diskutieren können, da hätten wir alle Voraussetzungen dafür gehabt. Und dann würden wir heute sagen: „Wow, klasse war das.“ Und es täte uns auch etwas bringen, nicht nur, weil wir uns dann jetzt auf die Schultern klopfen könnten. Das ist ein Minus, das herauszustreichen wäre. Zu den Plus von vorher ist vielleicht auch noch die Entwicklung der Volkshochschule mit der E-Bibliothek und so weiter zu nennen, also wie man das beim Wissensturm jetzt auch hinbekommen hat. Ich finde, das ist ein klasses und so schön pragmatisches Modell, wo man, glaube ich, jahrelang weiter diskutieren und sagen hätte können: „Nein, das geht alles nicht, das ist alles viel zu kompliziert.“ Und so ist das eigentlich jetzt sehr gut durchgezogen worden. Ich weiß jetzt nicht, wie die Nutzungszahlen sind, aber ich finde es super. Es ist zum Beispiel jetzt überhaupt, seit es das gibt, das erste Mal, dass ich mir bei der Linzer Stadtbibliothek irgendetwas ausgeborgt habe. Analog wäre ich wahrscheinlich nie auf die Idee gekommen.

Du hast Open Commons angesprochen. Die Initiative der Stadt dazu steckt in den Kinderschuhen. Wie schätzt du diese Initiative ein, vor allem hinsichtlich der Auswirkungen auf die Kunst- und Kulturszene?

Gerfried Stocker: Was daran klasse ist, dass es so, wie es jetzt aufgezogen ist, eben nicht nur als gesellschaftspolitisches oder Kunst- und Kulturthema gesehen wird, was gerade in Linz wichtig ist, weil das Thema durch die Ars Electronica und damit durch künstlerische Zugänge geprägt ist, sondern dass es da einfach auch um ganz handfeste wirtschaftliche Dinge geht, wo man sich darüber Gedanken macht, was kann das für ökonomische Standortfaktoren mit sich bringen? Was bedeutet es für eine Art von Mikroökologie in der Region? Das ist, glaube ich, wirklich ein Potenzial, und damit wird das Thema noch einmal in einer viel größeren Breite sichtbar. Bezüglich der Auswirkung auf den Kunst- und Kulturbereich, auf die Szene, die du angesprochen hast, mache ich mir zum Beispiel viel mehr Hoffnungen hinsichtlich dieser Webwissenschaften, weil da wirklich der Bedarf ist, einfach einmal ein bisschen fundierter Konzepte, Modelle und Entwürfe anzufangen auszuarbeiten oder zumindest zu diskutieren und zu evaluieren, wie alternative Modelle und neue, konsensuale Modelle dieser verschiedenen Player in dem ganzen Match rund um Urheberrechte ausschauen können. Ich meine, so sehr ich ein absoluter Vertreter von „Open everything“ bin, aber klarerweise müssen Autoren irgendwie eine Möglichkeit haben, von ihrer Autorenschaft zu leben. Das ist genauso unabwendbar notwendig wie es notwendig ist, dass Information frei verteilt werden kann. Da sind wir an einem Punkt, dass einfach die alten Seilschaften am besten mit viel Energie hinausgetreten werden und abmontiert werden sollten. Aber das wird es nicht so einfach spielen, ganz im Gegenteil, also die AKM und solche Vereinigungen lobbyieren da wunderbar weiter, die ganze Musik- und Unterhaltungsindustrie nach wie vor. Da gibt es jetzt eine interessante Idee, ich glaube Lawrence Lessig hat das jetzt einmal die Tage irgendwo gepostet: Wieso geht Google eigentlich nicht her und kauft die ganze Unterhaltungsindustrie auf? Zumindest was die Musikindustrie anbelangt, ist das Portokasse eigentlich für Google. Die haben dann Vergleiche angestellt, wie irrelevant eigentlich von den Wirtschaftszahlen die Musikindustrie im Vergleich zur Computerindustrie ist und wie sehr aber dieses massive Lobbyieren der eingesessenen Platzhirsche der Unterhaltungsindustrie bestimmte Entwicklungs- und auch kommerzielle Entfaltungspotenziale der Computer- und IT-Industrie völlig behindert und dass man das anscheinend ganz gut durchrechnen könnte. Ich habe es jetzt nicht so genau nachvollzogen, aber es ist ein interessantes Denkmodell, eines der ersten, das darauf verweist, was ja wirklich passiert, dass wir einen ganz tiefgreifenden Paradigmenwechsel haben, dass man den durch nichts mehr verhindern oder rückgängig machen kann. Es gibt einen gesellschaftlichen Konsens bisher, dass über bestimmte Institutionen und Mechanismen das Geld vom Konsumenten zu den Autoren zurückkommt. Über das kann man mit Recht sehr viel schimpfen, weil es sehr einseitig ist und so weiter, aber immerhin, es gibt einmal etwas in dem Bereich. Aber für die Entwicklung einer so offenen Wissensgesellschaft gibt es eigentlich ganz wenig Konsens und Entwürfe. Ich meine, Creative Commons ist ein Ansatz, der auch seine Probleme hat, aber ich würde sagen, sind wir froh, dass es überhaupt einen gibt. Und ich denke, da wäre so etwas wie Webwissenschaften, gerade jetzt wieder für einen Standort wie Linz, eigentlich unheimlich spannend, dass man sich dort wirklich auch auf das konzentriert, was diese gesellschaftspolitische Dimension der digitalen Revolution oder des Web ist. Ich glaube, da könnte schon eine gute Allianz passieren, dass man sagt, mit Open Commons geht das auch stärker in diese regionale Wirtschaftswelt hinein, mit den Webwissenschaften geht es ein bisschen in den akademisch konzeptiven Teil rein und die Künstler können gute Beiträge dazu leisten. Profitieren werden wir so schnell weder vom einen noch vom anderen, das muss man auch sehen. Das sind Dinge, da werden leider noch viele Jahre drüber gehen. Vielleicht trägt es dazu bei, dass mehr Leute aus dem Kunst- oder dem Autorenbereich zumindest einmal erkennen, dass sie schon ein riesiges Potenzial haben, wenn sie bestimmte Dinge selbst in die Hand nehmen. Da gibt es ja in Linz auch einige, die das schon seit vielen Jahren gut machen, was weiß ich, so wie Wolfgang Dorninger, der auch sehr früh mit dem SRA solche Initiativen sehr stark immer befördert hat. Ich glaube, von dem her ist es nur gut, wenn das ein Kernthema für Kulturschaffende ist, und nicht mehr nur im Bereich unserer Welt, der Kulturschaffenden ein Thema ist und diskutiert wird, sondern eben in die Wirtschaftswelt und in die akademische Welt auch Einzug hält.

Treibende Kräfte bei derartigen Entwicklungen sind ja oftmals freie, unabhängige Satelliten, nicht nur, aber trotzdem, die Querdenker, die als Pionierinnen und Pioniere in dem Bereich vorantreiben. Im Bereich der Medien sind das Freie-Medien-Initiativen beispielsweise. Wenn wir uns das in Linz ansehen, fallen einem servus, Radio FRO, dorf tv ein. Es ist fast so, dass es für jedes Medium, wenn man so will, eine Initiative im freien Bereich gibt und damit ist das irgendwie abgehakt. Ist es damit in Linz getan oder gibt es da schon noch Potenzial deiner Meinung nach?

Gerfried Stocker: Das ist immer das Problem mit der Größe von Linz, dass man schnell irgendwie dort hinkommt, dass man sagt, da haben wir eh die und damit ist es einmal getan, vor allem, was die öffentliche und damit auch städtische, fördernde Aufmerksamkeit anbelangt. Ich glaube dass man auch die ganze Entwicklung der Freien Szene beachten muss, wie sich das diversifiziert und auseinander entwickelt hat, zum Teil auch, wie ich immer sage, kannibalisiert hat. Es war auch eine Art Entwicklung, die dann schon dazu geführt hat, dass eigentlich dieser ganze Bereich vielleicht wichtiger ist oder dass es dem besser geht wie früher, wenn man es als Ganzes sieht, dass vielleicht einzelne Platzhirschen dann irgendwie weniger oder nicht mehr so das Revier dominieren. Das ist ja nicht immer etwas Negatives, allgemein gesprochen, ohne auch nur im Geringsten auf irgendjemand spezifisch einzugehen. Ich glaube, dass es wahrscheinlich auch in dem Bereich mehr Initiativen gibt als wenn man den üblichen Blick hat auf Radio FRO, servus und dorf tv hat, viele davon, die sich auch wieder rund um die gruppieren oder dort andocken. Das ist schon spannend, gerade Radio FRO hat, glaube ich, da eine sehr gute Erfolgsgeschichte von dem, wie sie interessierte Leute mit einbeziehen und Medienarbeit ermöglichen. servus sowieso. Ich meine, das finde ich einfach großartig, dass die wirklich aus dieser puren Not der Zeit damals entstanden sind, dass man überhaupt irgendwie als Nicht-Institutioneller an ein Netzwerk kommt, dass das so lange sich eigentlich erhalten und behaupten hat können. Da sieht man schon, dass es einen Bedarf trotz allem gibt, weil der technische Bedarf ist nicht mehr gegeben. Bandbreite kann ich mir überall zu jetzt wahrscheinlich besseren Bedingungen ganz leicht holen, oder Speicherplatz. Aber es ist natürlich ein wichtiger, mehr als nur symbolisch Faktor, dass es solche Keimzellen gibt, wo das halt nicht jetzt irgendwie zu Orange, Telekom oder sonst irgendjemand dazugehört.

Im Bereich der Neuen Medien, die vor allem mit Internet und Web zu tun haben, ist das nicht zu wenig für Linz?

Gerfried Stocker: Ja, es ist viel zu wenig, das stimmt schon. Wobei die Frage immer ist, wie man es wirklich sieht, weil was ein wirkliches Thema dabei ist, ist die – auch wenn ich es vorher versucht habe, schön zu reden – die tatsächliche Sensibilität dafür, wo und mit wem und über welche Infrastrukturen ich meine neuen Medienambitionen auslebe. Die ist natürlich schon, wahrscheinlich dem Opportunismus geschuldet, sehr gering. Jetzt bin ich entweder jemand, der in dieser ersten Initiative und Welle des ganzen bei servus gelandet ist und wenn ich jetzt eine bestimmte Verfassung oder Mentalität habe, dann bleibe ich auch dort dabei. Aber der Großteil oder ein großer Teil der Leute kümmert sich einfach überhaupt nicht darum. Das hat man, glaube ich, auch irgendwie gesehen, mit diesem Public-Space-Server von der Stadt, was ich von der Idee her für eine der wirklich spannendsten, also von all dem was wir da so besprochen haben wie Hotspots oder Open-Commons-Initiative oder sonst was, Geschichten halte nach wie vor, dass man es zumindest formal geschafft hat, das durchzuziehen. Ich halte das symbolisch für wichtig.

Ist es nicht beinahe anachronistisch, dass eine Stadt so etwas macht?

Gerfried Stocker: Es ist vielleicht anachronistisch, aber es ist genauso anachronistisch, wie wenn man servus eine Förderung gibt dafür, dass sie etwas machen, was andere besser können. Ich meine, ich war ja selbst zwei Jahre lang im Medienbeirat und habe mir das vier Mal im Jahr anhören müssen, wieso wir mur.at, subnet und servus nicht mehr fördern sollen und wo wir dann denen immer sagen mussten, dass sie Projekte reinschreiben sollen, weil sonst können wir sie nicht fördern. Mit dem Argument kannst du das einfach wegwischen, weil wenn ich Internet-Service-Providing brauche, dann gehe ich nicht zu servus.at.

Wobei das richtige Potenzial in dem zweiten Teil liegt, in den Projekten, die gerade von servus durchgeführt werden. Das andere ist mehr oder weniger business-as-usual.

Gerfried Stocker: Gut, aber trotzdem bleibt natürlich die Fragestellung, und das mag symbolisch sein, aber umso wichtiger, wer kontrolliert den Raum? Vielleicht gar nicht so sehr, wer den Raum kontrolliert, weil da ist man in diesen ganzen Verschwörungstheorien drinnen, sondern nach welchen Spielregeln läuft das? Und da ist es eben ein Unterschied, ob ich bei irgendeinem privaten Provider bin oder ob es überhaupt gelingt, so etwas wie einen öffentlichen Standard oder den Standard an Öffentlichkeit, den wir im realen Leben gewohnt sind und für den wir über Jahrhunderte in Europa viel Blut vergossen haben, und nicht nur in Europa, gibt. Ob und wie kann das überhaupt gelingen, so etwas ins digitale Zeitalter hineinzuretten? Vielleicht ist es eh schon zu spät und wir sind alle schon so vereinnahmt von der wunderbaren Servicequalität der ganzen Frei- und Gratisangebote der Werbeindustrie oder durch Google, dass wir da nicht mehr zurückkommen, dass das alles anachronistisch ist. Aber unter diesem Zeichen, wie das angefangen hat, was weiß ich, 2004 oder so hat die Diskussion begonnen, darüber nachzudenken und zu sagen, die Kommune, das ist eine Einrichtung, das ist eine gesellschaftliche Institution, eine gesellschaftliche Instanz, und die geht jetzt her und baut einen Serverplatz auf, baut bestimmte Dienstleistungen im Bereich der digitalen Welt auf, die damit, weil es von der Kommune selbst gemacht wird, automatisch den Spielregeln unterliegen, die aus dem bisherigen gesellschaftlichen Konsens erwachsen sind. Und ich kenne noch immer kein besseres Modell. Natürlich mit all diesen Problemen, dass dann die Stadt Linz servus, das sie ja auch fördert, irgendwie das Wasser abgräbt, was aber meiner Ansicht nach nicht wirklich ein Problem ist, weil die Leute die bei servus sind oder die sich weiterhin mit servus identifizieren, tun das nicht wegen der Bandbreite, die zur Verfügung gestellt wird, sondern wegen der interessanten Medienkulturarbeit, die über die Projekte geleistet wird oder weil sie sich weltanschaulich einfach lieber dorthin begeben als dort oder da hin. Ich kenne eigentlich kein interessanteres Modell und genau diese Frage der Rolle von Öffentlichkeit, was Öffentlichkeit im digitalen Raum überhaupt ist, zu thematisieren und in die allgemeine gesellschaftliche Diskussion auch hineinzutragen. Was nicht heißt, dass ich mit der Ausführung unbedingt zufrieden bin.

Aber der Ansatz stimmt deiner Meinung nach. Und die zentrale Frage, wer verfügt über ein öffentliches Gut? Ist es die Kommune, ist es eine freie Mediengruppe oder ist es im schlimmsten Fall Google?

Gerfried Stocker: Ich meine, ich finde es toll, wenn es eine freie Mediengruppe ist, aber es ist genauso fraglich. Der Vereinsvorstand von servus kann jederzeit irgendetwas beschließen und solange es nicht grundsätzlich illegal ist, was er beschließt, kann er das durchziehen. Genauso wie Google hergehen kann und sagen kann, bis Mai habt ihr noch Zeit, dass ihr eure Videos runter kopiert und dann drehen wir Google Video zu. Nur als Beispiel, weil es jetzt gerade zur Diskussion steht. Oder was die viel wichtigeren Beispiele waren, mit Murdoch und myspace, und wenn dann irgendwelche Dinge rausgeschmissen werden, irgendwelche homosexuellen Inhalte und so weiter, weil Murdoch das einfach nicht haben will. Der Bürgermeister, egal welcher Stadt, kann nicht hergehen und sagen, nur weil jemand homosexuell ist, darf er nicht in mein Rathaus rein. Das habe ich daran immer so toll gefunden, weil das Beispiel so super einfach ist. Nach welchen Spielregeln kann ich das nutzen? Damit konnte man schon diese ganze Frage nach Öffentlichkeit ganz gut diskutieren. Und ich finde, das ist leider viel zu wenig gemacht worden. Da hätte man eigentlich noch viel mehr nachlegen müssen zur Bewusstseinsbildung des Ganzen. Nochmals zurück zu der Frage, ob es im Netz-Bereich genug freie Medieninitiativen in Linz gibt. Ich hätte den Eindruck, dass es schon sehr viel gibt. Nur, wie gesagt, es ist natürlich nicht diese Sichtbarkeit gegeben, weil das, was wir sehen, sind einzelne Künstler oder Künstlerinnen, was wir sehen, sind einzelne Projekte, und nachdem es zumindest nicht mehr notwendig ist, das gleich damit zu verbinden, dass ich sage, da muss ich jetzt auch irgendeine Art Neue-Medien-Initiative oder irgend so etwas aufbauen, fällt das wahrscheinlich sehr leicht auf den ersten Blick in diese Kategorie „Individuelle Einzelprojekte“ und nicht so sehr in die Kategorie einer gesellschaftlichen Arbeit mit Neuen Medien. Ich glaube, dass das aber auch letztlich dem zu verdanken ist, wo man sieht – ich sehe es eigentlich sogar positiv – dass das Thema Infrastruktur halt kein Thema mehr ist, weil es so selbstverständlich ist. Mit genau den Problemen, die ich gerade vorher sehr ausführlich geschildert habe. Ich meine, ist ja egal, Gmail, wunderbar, Google Docs, alles da, ich bin selbst ein absoluter Fan davon, nutze es gerne, oder WordPress. Ich habe, weiß ich nicht wie viele Blogs auf WordPress oder ich organisiere viel inhaltliche Kommunikation mit meinen Mitarbeitern, wenn wir Ausstellungen planen, über WordPress, gar nicht über unsere eigenen Server. Und die Selbstverständlichkeit der Verfügbarkeit ist ein Problem, nicht? Aber das ist eine Problemstellung, wo du natürlich, egal wo du hinschaust, dir schwer tust, Leute zu finden, die sich wirklich intensiv damit auseinandersetzen, dann womöglich auch noch mit künstlerischer und kultureller Arbeit, das erfordert schon, dass du relativ weit und relativ lange in dieser Materie drinnen bist. Aber zur Frage selber noch einmal zurück. Also mir kann es eh nie genug sein, ich bin vielleicht da aber auch ein bisschen geprägt dadurch, dass ich mich viel zu oft verteidigen muss, dass immer der Eindruck entsteht, na klar, ihr von der Ars Electronica, ihr könnt nie genug Computer und Internet irgendwie bekommen. Vielleicht bin ich auch deswegen da jetzt nicht so negativ, weil ich eher darauf schon fast fixiert bin, das positiv zu sehen, dass es diese pluralistische Vielfalt einfach gibt.

Ok, das war’s, danke. Ist dir irgendetwas abgegangen?

Gerfried Stocker: Ich glaube, es reicht.

Auf was sollte bei der Entwicklung des neuen Kulturentwicklungsplans besonders geachtet werden?

Gerfried Stocker: Mir würde jetzt nichts Zusätzliches einfallen, weil das jetzt eh sehr gründlich und weitsichtig vorbereitet ist. Also die Themenlisten, die da sind, jetzt auch mit den Fragen und was sonst andiskutiert wird, da ist man, glaube ich, eh extrem gut dabei. Von dem her ist, glaube ich, die Fassung des Themas erfreulich breit, auch mit der besprochenen Erweiterung hin in den Bildungsbereich oder in den Wissenschaftsbereich. Was ich wirklich wichtig fände, wenn es nicht sowieso schon drinnen ist, dass man den Tourismus auch mit einbezieht. Und dass man halt klarerweise, trotz aller Breite, die wir brauchen, aufpassen muss, dass das Ganze nicht ein allgemeines Wischi-Waschi wird. Das ist die Kunst des Moderierens in diesem Prozess. Weil es geht ja nicht darum – auch wenn man sagt, man bindet den Tourismus ein – einen Tourismus-Entwicklungsplan zu erstellen, sondern es geht darum, was kann der Tourismus für die kulturelle Entwicklung tun? Die einzubeziehen heißt jetzt nicht, dass man eine Mandantschaft für die Interessen der Tourismusbranche übernimmt. Aber die Voraussetzungen sind, glaube ich, alle gegeben, was die notwendige Sensibilität anbelangt.

Herzlichen Dank.

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