Andreas Baumgartner

Zu deiner Person, Geburtsjahr und Geburtsort?

Andreas Baumgartner: 1973 in Vöcklabruck.

Und du lebst in Linz?

Andreas Baumgartner: Ja.

Seit wann?

Andreas Baumgartner: Seit 1996.

Welche kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten und Funktionen übst du derzeit aus?

Andreas Baumgartner: Derzeit bin ich Geschäftsführer und künstlerischer Leiter vom Theater des Kindes.

Sonstige Funktionen, die irgendwie mit Kunst und Kultur in Verbindung stehen?

Andreas Baumgartner: Freischaffender Schauspieler nebenbei noch.

Und wenn man deine Tätigkeit bezeichnen sollte, was soll da dabeistehen?

Andreas Baumgartner: Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer, das sind meine zwei Hauptpositionen, also sowohl die ganze künstlerische Verantwortung für dieses Haus als auch die komplette Finanz-Verantwortung für dieses Haus.

Zur Einrichtung, Gründungsjahr 1973 glaube ich und 1991 eingezogen, wenn mich nicht alles täuscht.

Andreas Baumgartner: Genau, 1973 ist es gegründet worden, das Theater des Kindes, 1991 hier in die Langgasse 13 ins Haus des Kuddelmuddel eingezogen.

Welche Zielgruppen werden durch die Arbeit des Theater des Kindes besonders angesprochen?

Andreas Baumgartner: Unsere Hauptzielgruppe liegt zwischen 3 und 12 Jahren, das heißt aber, wir produzieren nicht Stücke, die von 3 bis 12 sind, sondern wir produzieren zielgruppenorientiert. Also ab 3, ab 4, ab 5, ab 7, ab 9, unterschiedliche Stücke, weil natürlich die Stoffe unterschiedlich aufbereitet sind und auch der Anspruch der Stoffe unterschiedlich ist.

Vom geografischen Wirkungsbereich, wo zielt da die Arbeit in erster Linie ab? Würdest du sagen Linz, Großraum Linz, Oberösterreich, darüber hinaus, wie würdest du das sehen?

Andreas Baumgartner: Es ist eigentlich ganz Oberösterreich, weil wir einerseits viel für Gruppen spielen untertags, das heißt Kindergärten, Schulen aus dem Ballungsraum, aus dem Großraum Linz, aber auch darüber hinaus, aber wir spielen, was bei uns ganz speziell ist, von Februar bis Juli eine Abendserie. Das ist ein bisschen ungewöhnlich, um 19 Uhr 30, für die vierten Klassen der Volksschulen, die nach Linz kommen und die Landeshauptstadt kennen lernen bei den Linz-Tagen. Und somit erreichen wir eigentlich alle oberösterreichischen Volksschulen, und das ist eine super Sache für uns. Darüber hinaus fahren wir mit vielen Stücken auch hinaus, das heißt sind mobil unterwegs. Wir sind aber nicht nur auf Österreich bezogen, sondern fahren auch nach Liechtenstein, in die Schweiz, nach Deutschland etc.

Wenn du in eigenen Worten beschreiben musst, in welchen künstlerischen Disziplinen oder kulturellen Arbeitsfeldern ist das Theater des Kindes hauptsächlich tätig?

Andreas Baumgartner: Wir machen professionelles Theater für Kinder, so würde ich das beschreiben.

Gibt es in Bezug auf die vorhandene räumliche oder technische Infrastruktur aktuell einen Handlungsbedarf? Das heißt den Wunsch nach quantitativer oder qualitativer Erweiterung?

Andreas Baumgartner: Ja, es gibt den Wunsch nach quantitativer Erweiterung, weil wir hier sehr beschränkt sind, das heißt wir haben nur einen Saal zur Verfügung, wo Proben und Aufführungen stattfinden. Wir spielen sehr viele Aufführungen, rund 300 im Jahr, das ist wirklich viel, und wir haben keine Probenräume zur Verfügung. Wir haben zum Glück als Kooperationspartner das Theater Phönix, wo wir unsere Proben abhalten, aber wir suchen eigentlich ein größeres Haus, wo wir in Zukunft alles geballt an einem Platz haben. Ein weiteres Problem sind die Lagerräume bei uns. Wir haben absolut keine Lagerräume für unsere Bühnenbilder etc.

Wie sieht es aus mit den personellen Ressourcen? Wie viele Personen waren mit Stand 1. Jänner 2011 insgesamt beschäftigt, das heißt haben in irgendeiner Form Entgelt erhalten für die Arbeit?

Andreas Baumgartner: Wir haben zwölf Angestellte, wobei Vollzeitäquivalente sind das sieben Personen, die mit 38,5 Wochenstunden angestellt sind und der Rest ist unterschiedlich, teilweise geringfügig, teilweise 20 Stunden aufgeteilt.

Gibt es freie Dienstverträge, Werkverträge da auch noch dazu?

Andreas Baumgartner: Sehr viele freie Dienstverträge, weil Regisseure, Regisseurinnen, Ausstatterinnen, Musiker werden alle zugekauft auf Honorarbasis.

Wenn man ein typisches Projekt oder einen typischen Arbeitsmonat sich ansieht, je nachdem was praktikabler ist: Gibt es Personen, die auf ehrenamtlicher Basis, also freiwillig noch mitarbeiten, engagiert sind?

Andreas Baumgartner: Das ist nur im Vorstand. Das Theater des Kindes ist als Verein organisiert und die vier Personen im Vorstand sind ehrenamtlich tätig.

Zum Hauptblock, zur kulturellen Entwicklung, Situation und Zukunft von Linz. Was würdest du mit dem Begriff „Kulturstadt Linz“ assoziieren?

Andreas Baumgartner: Mir fallen die Kulturbauten ein, sprich die Museen, die neu gebauten, Lentos, der Südtrakt vom Schlossmuseum. Mir fällt das Landestheater ein, mir fällt das neue Musiktheater ein. Mir fällt dazu ein, dass Raumnot herrscht in Linz für die Freie Szene. Freie Szene aber nicht nur bezogen auf Tanz und Theater, sondern auch auf Musik, Literatur etc., sprich Proberäume und Aufführungsräume sind, glaube ich, ein langes Thema und beschäftigen uns sehr stark in der Szene.

Wenn wir uns die letzten 10 Jahre in etwa ansehen, was würdest du sagen, ist in der kulturellen Entwicklung dieser Stadt besonders gut gelaufen?

Andreas Baumgartner: Ich finde, auch wenn es viele gegenteilige Meinungen gibt, dass das Kulturhauptstadtjahr gut gelaufen ist und das Kulturhauptstadtjahr zumindest in diesem Jahr viel an Bewegung gebracht hat. Was nicht passiert ist bisher, meiner Einschätzung nach, ist diesen Schwung mitzunehmen vom Kulturhauptstadtjahr, wobei für mich dieser Zug noch nicht abgefahren ist. Speziell bei uns war es so, dass wir viele internationale Kontakte geknüpft haben in diesem Jahr und diese Kontakte auch weiterhin pflegen und noch ausbauen, aber ich finde es insgesamt für die Stadt Linz im Moment ein bisschen eine vertane Chance.

Noch einmal nachgefragt, bevor ich auf die kulturelle Entwicklung eingehe, mit der du überhaupt nicht zufrieden bist: Gibt es sonst noch etwas, was dir einfällt, was in der kulturellen Entwicklung der letzten 10 Jahre besonders gut gelaufen ist?

Andreas Baumgartner: Ich glaube dass die Stadt insgesamt und die Bevölkerung der Stadt offener geworden ist für Kultur. Ich kann erkennen, dass die Kultur im öffentlichen Raum präsenter ist, in unterschiedlichen Bereichen.

Gibt es kulturelle Entwicklungen, mit denen du überhaupt nicht zufrieden bist in den letzten Jahren?

Andreas Baumgartner: Ich vermisse von der politischen Seite her … man hat nicht das Gefühl, dass die Stadt Linz sehr aufgeschlossen ist den Künstlerinnen und den Künstlern gegenüber. Und auch den Institutionen gegenüber. Man hat den Eindruck, dass man froh ist, von Seiten der Politik, wenn das alles abläuft und ruhig läuft und wenn wir keine Probleme machen. Und wenn wir die Zahlen liefern, die gebraucht werden.

Wenn wir einen kurzen Blick über den Tellerrand von Linz hinaus machen und vergleichbare Städte uns ansehen in Österreich, jetzt also nicht Wien, das ist zu groß, sondern Graz, Salzburg oder Innsbruck betrachten. Womit kann da deiner Meinung nach Linz von kultureller Seite her in diesem Städtewettbewerb punkten?

Andreas Baumgartner: Ich glaube, dass Linz speziell im Theaterbereich sehr stark punkten kann, weil wir eine starke Theaterszene haben, einerseits das Landestheater, andererseits das Theater Phönix, und was noch dazukommt im Kinder- und Jugendbereich, wo wir eine einzigartige Situation in Österreich haben, weil wir zwei fixe Häuser für Kinder und Jugendliche haben. Da ist einerseits der u\hof: am Landestheater als ausgewiesene Spielstätte für Kinder und Jugendliche und andererseits das Theater des Kindes. Das finde ich eigentlich eine sehr schöne und einzigartige Situation in Österreich.

Fällt dir sonst noch etwas ein, wo Linz punkten kann im Vergleich zu Graz, Salzburg oder Innsbruck?

Andreas Baumgartner: Ich glaube schon, dass wir gerade im Bereich der Neuen Medien mit allem was dazu gehört, sprich mit dem AEC, eine einzigartige Situation haben in Österreich und Linz da schon eine gewisse Vorreiterrolle spielt, auch international, nicht nur in Österreich gesehen.

Kannst du ein kurzes Resümee von Linz09 geben anhand von höchstens drei Punkten?

Andreas Baumgartner: Als erstes fällt mir ein, dass die Kultur zu den Leuten gekommen ist, mit unterschiedlichen Projekten. Natürlich fällt mir Bellevue ein, aber auch zum Beispiel das schäxpir-Theaterfestival, das einen besonderen Stellenwert hatte für uns als Haus, aber auch für die Kinder, für die Eltern, für die Lehrer, wo es viele Aktionen gegeben hat, wo man in den öffentlichen Raum gegangen ist, wo die Kultur zu den Leuten gekommen ist. Das finde ich sehr gut und sehr positiv und ich finde, dass das auch sehr gut angenommen wurde. Und ich persönlich war mit dem Leitungsteam von Linz09 sehr zufrieden und konnte im Gegensatz zu vielen anderen eine große Offenheit, eine Weltoffenheit und auch eine Offenheit gegenüber uns Künstlern wahrnehmen.

Ich hätte drei Fragen, die zielen auf strukturelle Merkmale ab, die das Kunst- und Kulturfeld in Linz betreffen. Wie schätzt du das Verhältnis von Hochkultur zu Subkultur zu Volkskultur in Linz ein?

Andreas Baumgartner: Da ist eine große Schere, würde ich einmal sagen, weil auch die Hochkultur sehr stark propagiert wird seitens des Landestheater. Zum Beispiel jetzt der neue Musiktheater-Bau erscheint mir sehr elitär und sehr volksfern, also nicht volksnahe, sondern es wird sehr elitär alles dargestellt und da vermisse ich eigentlich die Offenheit, die es haben sollte.

Verbunden damit der Stellenwert der von der Stadt, von den Entscheidungsträgern der Stadt, diesen drei Bereichen entgegengebracht wird, wie würdest du das einschätzen? Also jetzt der Stellenwert der Hochkultur, der Volkskultur und der Subkultur.

Andreas Baumgartner: ich glaube, der Stellenwert für die Hochkultur ist seitens der Stadt ein sehr hoher. Da zähle ich auch die Museen dazu, das Lentos etwa, was sehr stark immer propagiert wird als Vorzeigeprojekt der Stadt Linz oder das AEC. Volkskultur erscheint mir auch sehr wichtig zu sein und ich denke, da ist auch … meiner Einschätzung nach wird da auch Geld dafür aufgewendet. Subkultur, wo ich jetzt die ganze Freie Szene dazuzählen würde, erscheint mir etwas stiefmütterlich behandelt. Auch seitens der Finanzen.

Wenn du einzelne künstlerische Disziplinen betrachtest, also die gesamte Bandbreite, Malerei, Grafik, Film, Fotografie, Tanz, Theater, Musik und so weiter und so fort, also wirklich das ganze Kaleidoskop der künstlerischen Disziplinen. Wo würdest du meinen, wäre in der Stadt noch besonderes Entwicklungspotenzial vorhanden?

Andreas Baumgartner: Ich glaube, der Bereich Film wäre ein Bereich, wo ich zumindest nicht sehr viel mitbekomme, wo etwas passieren könnte. Wo es auch Leute gibt aus meinem Umfeld, die dort arbeiten und sehr schwierige Arbeitsbedingungen vorfinden. Im Bereich der Freien Tanz- und Theaterszene, weil da habe ich natürlich viel Einblick, erscheint mir Handlungsbedarf, nämlich auch um das Potenzial zu nutzen, das wir da haben und nicht, wie es passiert, ständig Abwanderungen von guten Leuten zu haben. Zu anderen Orten hin, in andere Städte hin. Und abgesehen von den großen Häusern, was die Museen betrifft, finde ich das Galeriewesen nicht sehr präsent in der Stadt.

Wenn wir uns von den Disziplinen weg und mehr Richtung Themen und thematische Schwerpunkte uns bewegen. Welche kulturellen, thematischen Schwerpunkte würdest du sagen, werden die Stadt in den nächsten Jahren vor die größten Herausforderungen stellen?

Andreas Baumgartner: Ich glaube, ein großes Thema ist das Migrantenthema: Wie beziehen wir sowohl aktiv als auch passiv Migrantinnen und Migranten ins Kunst- und Kulturleben ein? Wir merken einfach, dass es oft schwierig ist, Migrantinnen und Migranten ins Theater zu bringen, abgesehen von den Gruppen, weil da kommen sie automatisch, bei Kindergartengruppen und Schulgruppen, aber im Freiverkauf ist diese Gruppe schwer zu erreichen. Ein weiteres Thema wäre für mich, das ist vielleicht ein bisschen hochgestochen, ich kann es gerade nicht besser sagen, aber der Umgang mit den Menschen. Wie gehen wir miteinander um? Das ist einfach so ein großes Thema, was ich auch immer wieder mitbekomme. Wie geht man miteinander um? Und ein drittes Thema, was von der politischen Seite her immer wieder diskutiert wird, aber man hat es ja, glaube ich, jetzt erst geschafft irgendwie, die Kinderrechte in die österreichische Verfassung aufzunehmen. Und da auch nicht alle Punkte, die Stellung des Kindes in der Gesellschaft. Wo einfach in anderen Ländern, speziell in den skandinavischen Ländern oder in Frankreich oder in den Benelux-Ländern, das Kind in der Gesellschaft eine andere Stellung hat. Weil da ist das Kind von Geburt an ein Mitglied der Gesellschaft und nicht erst ab dem 16. Lebensjahr, wenn sie wählen gehen können.

Zu den einzelnen Themenbereichen: Förderung und Finanzierung ist der erste Bereich. Welche Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten nutzt du für sich selbst bzw. für das Theater des Kindes?

Andreas Baumgartner: Wir sind gefördert von Stadt, Land und Bund. Da haben wir jeweils Jahresförderungen für den Gesamtbetrieb.

Welche positiven Punkte fallen dir in Zusammenhang mit Förderung von Kunst und Kultur durch die Stadt Linz ein?

Andreas Baumgartner: Positiv ist, dass es immer wieder spezielle Fördertöpfe gibt von der Stadt Linz. Das finde ich gut. Sprich LinzIMpORT, LinzEXPOrt und die ganzen Geschichten, die es da jedes Jahr gibt, wobei diese immer so formuliert sind, dass sie eigentlich für uns nicht in Frage kommen, was ich sehr schade finde. Da würde ich mir ein bisschen mehr … ein bisschen eine breitere Formulierung wünschen, dass auch wir als Betrieb, die für Kinder und Jugendliche arbeiten, vielleicht doch einmal auch rein kommen könnten. Positiv und negativ zugleich ist die Drei-Jahres-Förderung der Stadt Linz. Positiv insofern, dass man eine Sicherheit auf drei Jahre hat, negativ insofern, dass man eingefroren ist auf drei Jahre und man eigentlich nicht mehr fordern kann.

Wo siehst du Handlungsbedarf in Bezug auf Förderungen von Kunst und Kultur durch die Stadt Linz?

Andreas Baumgartner: Es bräuchte ein Mehr an Förderungen, damit nicht nur das Überleben der Institutionen gesichert ist, sondern damit auch ein Arbeiten der Institutionen möglich wird.

Inwieweit bist du eigentlich mit der Vergabe von Kunstwürdigungspreisen und Kunstförderungsstipendien durch die Stadt Linz zufrieden?

Andreas Baumgartner: Ich bin zufrieden damit, dass es sie gibt, aber wiederum fehlt mir zum Beispiel … im darstellerischen Bereich gibt es meines Wissens nach, was Tanz und Theater betrifft, keine Stipendien. Das finde ich einen großen Aufholbedarf. Gerade in Zeiten, wo es in unserem Bereich kaum mehr Jobs gibt und wo man vielleicht dann wirklich auch einmal einem Abgänger von der Bruckneruniversität, einem jungen Schauspieler oder einer jungen Schauspielerin die Möglichkeit geben könnte, sich einmal ein Jahr lang auszuprobieren in einer der Institutionen, ohne dass die Institution mit großen Kosten belastet ist.

Fallen dir irgendwelche besonderen, strukturellen Fördermaßnahmen ein, welche die Stadt setzen könnte, die jetzt nicht nur eine einzelne Einrichtung betreffen, sondern den gesamten Kunst- und Kulturbereich, sei es Förderprogramme oder andere strukturelle Fördermaßnahmen?

Andreas Baumgartner: Eine Fördermaßnahme wäre sicher, im Bereich der Migranten spezielle Fördertöpfe zu machen, um wirklich den Institutionen zu ermöglichen, sich mit diesem Thema gezielt auseinander zu setzen. Weil dazu braucht es spezielle Fördertöpfe, um vielleicht auch Leistungen zukaufen zu können.

Leerstände und Zwischennutzungen ist der zweite Themenbereich. Inwieweit denkst du, dass Leerstände allgemein interessant für Kunst- und Kulturschaffende in Linz sind?

Andreas Baumgartner: Sie sind sehr interessant in Bezug auf die Raumnot. Es werden Ateliers gebraucht, es werden Proberäume gebraucht, es werden aber auch Aufführungsräume gebraucht. Ich habe mich jetzt witzigerweise gerade dieses Wochenende wieder damit beschäftigt. Ich bin durch die Stadt gefahren und habe mir Leerstände angesehen. Es gibt ja nicht nur den Leerstand Tabakfabrik, es gibt ja auch den Leerstand Zollamtsgebäude, es gibt den Leerstand – das ist jetzt zwar Privatbesitz – hinter den Wimmer-Medien, die ehemalige Berufsschule für gewerbliche Wirtschaft, glaube ich, war das, was ein großer Leerstand ist. Das sind alles Leerstände, die man auch adaptieren könnte, um die Raumnot zu lindern. Und in unserem konkreten Fall brauchen wir über kurz oder lang, wenn wir die Zahlen weiterhin so ausbauen wie wir sie jetzt immer ausgebaut haben die letzen Jahre, eine größere Möglichkeit, zu spielen. Weil wir bringen auch mehr, ein Mehr an Besuchern und ein Mehr für die Statistik für die Stadt Linz, was den Theaterbereich betrifft. Und wir können und wollen noch mehr spielen.

Neben der eigenen Einrichtung, weil da geht es mehr um eine langfristige Nutzung. Sind dir Initiativen oder Personen aus dem Kunst- und Kulturbereich bekannt, die auf der Suche nach Zwischennutzungen sind? Und falls dir wer einfällt, kannst du diese Suchbewegung vielleicht auch beschreiben?

Andreas Baumgartner: Es gibt einige Initiativen, die ich persönlich kenne, also zum Beispiel das Theater Stellwerk, das eine Zwischennutzung machen wollte in der Tabakfabrik, die jetzt in das Quelle-Areal übersiedelt sind. Es gibt den Musentempel, AkteurInnen aus dem Theater Phönix, die immer wieder suchen, wo sie spielen können. Die haben jetzt die letzten zwei Jahre im Parkbad gespielt, ein Sommertheater und werden heuer, wie ich jetzt erfahren habe, anscheinend in den Tabakwerken spielen können. Wir waren konkret für die Lange Nacht der Bühnen, wo ich auch im Vereinsvorstand bin, in Verhandlung mit der Stadt Linz für die Tabakfabrik. Hätten wir bekommen, da ist es aber dann an den Folgekosten gescheitert, sprich die Adaptierung für eine Nacht wäre einfach so teuer gekommen, dass wir uns das nicht leisten können. Jetzt müssen wir wieder raus, bevor wir rein gehen. Es gibt einige Initiativen, speziell im Sommer, einzelne Gruppen, Gruppierungen, Schauspieler, Schauspielerinnen, Regisseure, die immer wieder auf der Suche sind nach Spielorten.

Es gibt ja auch Leerstände – du hast es vorher schon angesprochen – die in Privatbesitz sind, oder Bundesimmobilien. Kann die Stadt deiner Meinung nach überhaupt etwas tun, um die Nutzung von Leerständen zu erleichtern?

Andreas Baumgartner: Ja, die Stadt könnte Raum zur Verfügung stellen, denke ich mal. Das stelle ich mir jetzt ganz naiv und einfach vor, aber es könnte doch eine Absichtserklärung geben: Wir stellen jetzt für die Freie Szene 4.000 Quadratmeter zur Verfügung, adaptieren die und. ..

Jetzt auf die Tabakfabrik bezogen oder darüber hinaus?

Andreas Baumgartner: Das kann auch ein anderes Areal sein. Die Tabakfabrik ist so ein riesengroßer Berg, der im Moment nicht bewältigbar erscheint für die Freie Szene.

Was würdest du dir hinsichtlich der Tabakfabrik, als größter städtischer Leerstand, wünschen?

Andreas Baumgartner: Ich würde mir eine Adaptierung der Räume wünschen. Ich glaube, dass das nur dann möglich ist, wenn man die Räume so adaptiert und so zur Verfügung stellt, dass darin ein Arbeiten möglich ist. Die Räume einfach aufzumachen und zu sagen. „Kommt rein und macht und spielt!“ – das stellt jede Gruppe vor ein fast unlösbares Problem.

Inwieweit sollte überhaupt Kunst und Kultur in der zukünftigen Nutzung der Tabakfabrik eine Rolle spielen, deiner Meinung nach?

Andreas Baumgartner: Ich glaube, es muss eine von mehreren Rollen spielen. Ich glaube, das ganze Areal mit Kunst und Kultur zu bespielen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Dafür ist Linz zu klein, behaupte ich.

Letzter Themenbereich. das Verhältnis von Stadt, Land und Bund. Wie schätzt du eigentlich das derzeitige Verhältnis zwischen Stadt Linz und Land Oberösterreich ein, wenn es um kulturelle Angelegenheiten geht?

Andreas Baumgartner: Undurchschaubar. Teilweise steht man verständnislos davor. In der öffentlichen Wahrnehmung ist es so, dass Landeshauptmann und Bürgermeister sich so präsentieren, dass alles wunderbar und schön ist, aber wenn man dann konkret mir den Sachbearbeitern im Gespräch ist und Projektanträge oder Förderanträge stellt, kommt man immer wieder in das alte Spiel: zuerst eine Zusage der Stadt Linz oder zuerst eine Zusage des Landes Oberösterreich, dann können wir fördern und die Frage: Wie hoch ist die Fördersumme? Was wir geschafft haben, jetzt konkret auf unseren Betrieb, und was uns ein großes Anliegen ist, dass wir über unsere Institution hinaus mit anderen Institutionen, konkret zum Beispiel mit der Landesgalerie oder mit dem Schlossmuseum Projekte verwirklichen. Da ist eine große Bereitschaft da. Da ist die Bereitschaft aber bei den Landesinstitutionen größer als bei den städtischen Institutionen, kann man feststellen.

Also wenn es um die Kooperation auf Einrichtungsebene geht, dann funktioniert es, aber sobald es in Richtung Verwaltung oder Politik geht, dann würdest du sagen dort …

Andreas Baumgartner: Auf Einrichtungsebene funktioniert es leichter, ja.

Was müsste getan werden, um dieses Verhältnis zu verbessern, deiner Meinung nach?

Andreas Baumgartner: Ich glaube, dass die Kommunikation zwischen diesen beiden Ebenen verbessert werden muss und der Austausch, der inhaltliche Austausch. Und dass man sich auch in Stadt und Land gemeinsam überlegen müsste, welche Institutionen und welche Projekte sind uns beiden wichtig? Das könnten sie sich nämlich auch schon vorher überlegen. Und was ist förderungswürdig und was ist nicht förderungswürdig? Was wollen wir? Weil Linz ist immerhin die Landeshauptstadt von Oberösterreich und es läuft halt viel in Linz zusammen.

Und vom Verhältnis Stadt, Land, Bund. Welche Rolle spielt deiner Meinung nach überhaupt die Kulturpolitik auf Bundesebene in einer Stadt wie Linz?

Andreas Baumgartner: In unserem Fall wurde es viel besser in den letzten Jahren. Also wir konnten den Bund von unserer Arbeit und von unserer Arbeitsweise überzeugen.

Gibt es irgendwelche Veränderungen, die du dir in dem Zusammenhang wünschen würdest? Irgendetwas, was du dir in Bezug auf die Kulturpolitik des Bundes wünschen würdest?

Andreas Baumgartner: Ja, eine angemessene Förderaufteilung. Wenn es wirklich zu einer Drittel-Finanzierung kommen könnte, wäre das natürlich gut. Ein Drittel Stadt, ein Drittel Land, ein Drittel Bund an den Förderungen, das wäre eine Möglichkeit.

Ok, danke, ist dir irgendetwas noch abgegangen? Willst du irgendwas noch mitteilen?

Andreas Baumgartner: Nein.

Worauf sollten wir bei der Erstellung des Kulturentwicklungsplans noch achten?

Andreas Baumgartner: Wichtig finde ich, für die Kunstschaffenden an sich … es gibt ja immer so den großen Neid: „Der hat mehr Förderung erhalten wie ich.“ Was vielleicht noch eine Aufgabe wäre, vielleicht kann man das auch über den Kulturentwicklungsplan noch irgendwie fördern: die Kommunikation zwischen den Kunstschaffenden an sich und auch Spartenübergreifend finde ich sehr spannend oder fände ich notwendig, auch um Linz als Gesamtes besser präsentieren zu können. Weil wenn ich als darstellender Künstler eine Ahnung davon habe, oder eine Wertschätzung der Malerei gegenüber habe, oder die auch kenne, die in diesem Bereich arbeiten, dann werde ich das in Gesprächen oder in meinem Haus anders kommunizieren, wie wenn mir das egal ist, was die machen. Und dass man das vielleicht auch in den Workshops schon so gestalten könnte, spartenübergreifend, dass nicht nur die darstellenden Künstler an einem Tisch sitzen.

Danke für das Interview.

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